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Günter Bartosch (1928 - 2013†) schrieb viel (sehr sehr viel) über und aus seine(r) Zeit beim ZDF in Eschborn und Mainz .....

Der ZDF Mitarbeiter Günter Bartosch war 30 Jahre beim ZDF - also von Anfang an dabei -, ebenso wie sein deutlich jüngerer Kollege Knapitsch. Angefangen hatte sie beide bereits vor 1963 in Eschborn, H. Knapitsch in der Technik, Günter Bartosch im Programmbereich Unterhaltung.

Und Günter Bartosch hatte neben seiner Arbeit und seinen Büchern so einiges aufgeschrieben, was er damals alles so erlebt hatte. In 2013 habe ich die ganzen Fernseh- und Arbeits-Unterlagen erhalten / geerbt und dazu die Erlaubnis, die (die Allgemeinheit interessierenden) Teile zu veröffentlichen.
Die Einstiegsseite zu den vielen Seiten beginnt hier.

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Konrad Zuse - 100 Jahre

von Günter Bartosch im Mai 2010

Es ist die Wissenschaft, die uns Menschen voranbringt. Seit je waren es Erfinder, Entdecker, Forscher, Tüftler, welche Ideen und Konstruktionen entwickelten, die zu Fortschritten führten. Viele Errungenschaften unseres Lebens aber benutzen wir mit der Selbstverständlichkeit der Alltagsroutine, ohne daran zu denken, dass an ihrem Anfang die Ideen und Taten von Pionieren standen.

Nehmen wir die Entwicklung unseres Mediums, des Fernsehens. Wir kennen die Wellen des Heinrich Hertz und den Bildschirm des Carl-Ferdinand Braun. Doch schon der Erfinder der rotierenden Lochscheibe, mit der alles anfing, Paul Nipkow, ist nur wenig bekannt, obwohl alle Welt fernsieht.

Als vor 75 Jahren in Deutschland das erste regelmäßige Fernsehprogramm begann, da übertrug dies noch der „Fernsehsender Paul Nipkow - Berlin". Heute vergessen, und das zu unrecht.
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Kennen Sie Konrad Zuse ?

Wohl kaum jemand, der einen PC besitzt, weiß von ihm, dem Erfinder des Computers ! Der in Berlin geborene Zuse hatte ein bewegtes Forscherleben hinter sich, als er 1995 starb. Am 22. Juni 2010 wäre er 100 Jahre alt geworden. Anlaß genug, um an ihn zu erinnern.

Zuses Schicksal war seine Jugend in der NAZI-Zeit und in den schrecklichen Tagen des Krieges. Schon früh hatte Zuse eine Vorliebe für Mathematik und Technik entwickelt. Er studierte Maschinenbau und Bauingenieurswesen an der Technischen Hochschule in Berlin und arbeitete dann als Statiker bei den Henschel-Flugzeugwerken in Schönefeld, dort ist heute der Berliner Großflughafen im ewigen Bau.

Wie er darauf kam, die universale Rechenmaschine zu erfinden, ist Konrad Zuse oft gefragt worden. Seine saloppe Antwort darauf war: „Zum Rechnen war ich zu faul."

1935 - Einen Haufen Ideen im Kopf

Er hatte einen Haufen Ideen im Kopf und entschloß sich, ein Rechengerät zu konstruieren. Seine Werkstatt wurde das elterliche Wohnzimmer in der Methfesselstraße in Berlin-Kreuzberg.

Beschäftigt waren seit 1935 er und ein paar Freunde Woche für Woche damit, Schaltpläne zu entwerfen, Material zu beschaffen und für das Gerät Bleche, die verschiedene Formen aufweisen mussten, mit der Laubsäge auszusägen.

Für die Operationsbefehle des Rechners wurde ein Lochsystem benutzt, die Stanzen dazu Loch für Loch von Hand eingegeben in alte Filmstreifen aus Abfall vom Ufa-Studio Babelsberg.

Nach mühseligen Arbeiten war 1936 das Gerät A1 entstanden, zum ersten Mal „ein duales Rechenwerk, ein Speicher- und ein Plansteuerwerk für die Rechenvorgänge". Das fertige Werk war, wie Zuse es bezeichnete, „eine Rüttel-, Rassel- Rechenanlage", die nicht immer einwandfrei arbeitete.

Die Rüttel-, Rassel- Rechenanlage mußte verbessert werden

Also mußte verbessert werden. Dazu ergaben sich zwei Komponenten:

1. die Anwendung des sogenannten binären Zahlensystems, und 2. der Einsatz von Radioröhren, um die oft klemmenden Blechkonstruktionen zu ersetzen. Nacheinander entstanden die Geräte A2 und A3, wobei auch Telefonrelais für das Rechenwerk verwendet wurden.

Alles, das heute unter dem Begriff „Elektronische Datenverarbeitung" (EDV) abläuft, arbeitet nach dem Binär-System. Dafür gibt es nur die Ziffern Eins und Null, wobei die Eins für das Einschalten des elektrischen Stroms und die Null für das Ausschalten steht. Durch Ein und Aus in blitzschneller Folge ergeben sich alle Rechen- und Darstellungsvorgänge. (Ich erlaube mir, das komplizierte System so einfach darzustellen.)

Zurück zu Zuse.

An einem Maitag des Jahres 1941 konnte Zuse drei Herren der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt in seiner Werkstatt in der Methfesselstraße das Gerät A3 vorführen. Es funktionierte ausgezeichnet. Die Herren waren begeistert, und Zuse fand: „Sie riefen lauter als sonst Heil Hitler, als sie gingen."

Kriegswichtig wurden weder Zuses A2 noch die A3, worüber Zuse nach dem Kriege sehr zufrieden war. Es hätte allerdings Fördergelder und staatliche Unterstützung gegeben, die der Erfinder und Konstrukteur dringend gebraucht hätte. Aber die Bedeutung seiner Erfindung wurde nicht erkannt.

Zuse zitierte den offiziellen Standpunkt: „Eine Rechenmaschine für den Flugzeugbau ... da hieß es: Was wollen Sie, die deutsche Luftwaffe ist tadellos ! Eine Röhrenmaschine zur Flugabwehr ... Zwei Jahre brauchen Sie dafür ? Was glauben Sie denn, wann wir den Krieg gewonnen haben ?

Die A3 (später Z3 genannt) gilt heute als der erste funktionstüchtige Computer der Welt mit allen Komponenten, wie sie modern angewendet werden. A3 und auch A2 wurden im Bombenkrieg in Berlin zerstört. Inzwischen aber hatte Zuse schon an A4 gearbeitet, nun in einem eigenen Unternehmen. Auch dieses scheiterte im Bombenhagel. Retten konnte Zuse alles, was bis dahin für A4 bereits hergestellt war. Dies sowie seine Konstruktionsunterlagen und -pläne überstanden den Krieg. Auf abenteuerliche Weise !

Der Buchstabe A stand für „Anfang"

Die fortlaufende Bezeichnung seiner Geräte mit dem Buchstaben A galt ebenso für „Anfang" als auch in stiller Verehrung für eine englische Lady aus dem 19. Jahrhundert: Ada Lovelace, Tochter des Dichters Lord Byron. Sie war - zu ihrer Zeit ungewöhnlich - eine bedeutende Mathematikerin gewesen.

Ursprünglich allerdings hatte Zuse seine Geräte als Versuchsobjekte betrachtet und sie mit V1, V2, V3 bezeichnet. Nun rettete ihn sein Gerät V4 !

Etwa 8 Wochen vor Kriegsende hatte Zuse unerwartet über die Henschel-Werke einen Helfer erhalten, der es verstand, sich und andere im Chaos des Zusammenbruchs durchzulavieren. Für Zuse war er ein „Organisationsgenie". Ihm hatte er zu verdanken, dass er mit seiner Frau und fünf Mitarbeitern sowie mit allem funktionsfähigen Gerät Berlin verlassen konnte in Richtung Westen.

1945 - nur nicht den Russen in die Hände fallen

Da Hitlers „Wunderwaffen" V1 und V2 hießen (Vergeltungswaffen), war es logisch, dass V4 gerettet werden mußte, und dass diese Konstruktion schon gar nicht den herandrängenden Russen in die Hände fallen durfte.

Zuse und sein „Organisationsgenie" erhielten sogar für das Gerät einen noch intakten Güterwagen der Reichsbahn. Unter der Gefahr von Tieffiiegerangriffen ging es - meist in der Nacht - nach Göttingen; die Fahrt dorthin dauerte viele Tage. In den Räumen der Aerodynamischen Versuchsanstalt wurde die A4/V4 versierten Professoren der Mathematik vorgeführt, die begeistert waren.

Zuse fühlte sich und sein Werk noch nicht gerettet. Die abenteuerliche Flucht ging weiter und endete schließlich - transportiert mit einem LKW der Wehrmacht und einer Benzinzuteilung - im Allgäu.

Die A4 wurde in einer Scheune versteckt und überlebte dort mit seinem Erfinder das Kriegsende. Das Gerät blieb versteckt, denn die Sieger hatten verboten, sich mit derartiger Technik zu beschäftigen. In der erzwungenen Muße ersann Zuse das Programmieren im allgemeinen und für sein Rechengerät im besonderen. Es war nichts anderes als eine Gebrauchsanweisung, sagte er.

1949 - Ein Neuanfang in Hessen

1949 gründete Konrad Zuse ein neues Unternehmen im hessischen Kreis Hünfeld. Hier wurde die A4 endgültig fertiggestellt, und Zuse konnte sie an der Eidgenössischen Hochschule in Zürich installieren. Mit großem, viel beachteten Erfolg !

Das war 1950 und für Konrad Zuse zum ersten Mal die offensichtliche Bestätigung für die Richtigkeit seiner Forschungen, Planungen und Konstruktionen. Die nun im Einsatz befindliche A4 war seinerzeit der einzige funktionierende Computer in Europa und der erste kommerzielle Computer weltweit.

Lange hatte Konrad Zuse Mühe, dass seine Erfindungen anerkannt wurden. Viele Erfinder und Mathematiker beschäftigten sich mit dem Problem „Rechenmaschine", schon seit dem ur-uralten Abakus, dem Rechenschieber, mit dem wir noch in der Schule Bekanntschaft machten zu einer Zeit, als Zuse bereits A3 vorführte. Der Fortschritt in modernen Zeiten führte über Walzen, Zahnräder und Lochkarten.

Der ENIAC (Electronic Numerical Integrator and Computer)

In Amerika wurde im Zweiten Weltkrieg begonnen, den ENIAC (Electronic Numerical Integrator and Computer) zu entwickeln. Beachtete man im kriegführenden Nazideutschland schon nicht die genialen Tüfteleien des Konrad Zuse, sondern beschäftigte ihn in den Henschel-Werken mit den Planungen für eine Gleitbombe gegen Schiffe, so wusste die übrige Welt von ihm überhaupt nichts.

Die Planungen und die Konstruktion von ENIAC hingegen fanden Förderung und Unterstützung von offiziellen Stellen, Forschungsinstituten und dem Militär.

Als ENIAC 1946 fertig wurde - und immer noch lange Zeit Kinderkrankheiten aufwies - war es ein riesiges Gerät in einer riesigen Halle, wog mehr als 30 Tonnen, beanspruchte eine Stellfläche von 140 Quadratmetern und verbrauchte pro Stunde 150 Kilowatt Strom.

Das Monsterwerk - das allerdings erstaunliche Fähigkeiten besaß - brauchte eine Kühlanlage, und seine Röhren mussten häufig ausgetauscht werden. Man bedenke: Zuses A4 funktionierte schon 1945 und hatte Platz in einem LKW !

Ein Patent auf den Rechner wurde abgelehnt

Der Patentantrag für den ersten vollautomatischen Rechner A3, der 1941 eingereicht worden war und über den 1952 verhandelt wurde, erhielt eine Ablehnung. Dies war nicht nur eine Beleidigung für Konrad Zuse, sondern auch für Deutschland, aber ganz offensichtlich wollten Lobbyisten unter den Siegern eine Konkurrenz verhindern.

Und noch 1967 entschied das Bundespatentgericht, dass kein Patent erteilt werden könne „mangels Erfindungshöhe". Der Verlauf der Computergeschichte zeigt, dass hier von "Experten" geurteilt wurde, ohne das Projekt überhaupt begriffen zu haben.

Zuses Firma war inzwischen nach Bad Hersfeld verlegt worden, und bis 1967 baute und lieferte sie 271 Computer der verschiedensten Art. Die fortlaufend nummerierten Geräte wurden jetzt mit dem Buchstaben Z, für Zuse, versehen, und auch die alten Konstruktionen wechselten die Bezeichnungen.

Nach Jahrzehnten, in denen Zuse kaum Beachtung fand, wurde ihm endlich Anerkennung zuteil, auch die, dass er der Erste war, der einen vollautomatisierten Computer zur Welt gebracht hatte. Mit der nun erfolgten Wertschätzung ergab sich die Möglichkeit, die früheren Konstruktionen nachzubauen.

So befindet sich Zuses Z1, zusammen mit später hergestellten Geräten, im Deutschen Technikmuseum Berlin und ein funktionstüchtiger Nachbau der Z3 im Deutschen Museum München.

In Hoyerswerda (Bezirk Cottbus), wo Zuse das Gymnasium besuchte und das Abitur ablegte, gibt es ein Konrad-Zuse-Computermuseum. An Fachhochschulen und in Technologiezentren werden andere Computer von Zuses Firmen gepflegt.

1964 zog sich Conrad Zuse zurück

Zuse selbst hatte sich 1964 aus seinem Unternehmen zurückgezogen und widmete sich unter dem Pseudonym „Kuno See" seinem Hobby, der Malerei. Als Computer-Pionier sind ihm allerdings noch große Ehrungen zuteil geworden. Er hat viele Ehrendoktortitel und zwei Ehrenprofessuren erhalten, etliche Auszeichnungen sowie das Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterbund. Die anfangliche Ignoranz für seine Pionierleistung und den Umstand, dass er durch seine Erfindungen nicht zum Millionär geworden ist, hat Zuse im Alter mit sehr viel weiser Philosophie betrachtet, aber auch mit Gelassenheit, großer Bescheidenheit und einer gehörigen Portion Humor verarbeitet.

Zuse (22. Juni 1910) starb am 18. Dezember 1995 in Hünfeld bei Fulda.

Die geniale Erfindung des Computers, der heute und in Zukunft alle Welt beherrscht, wäre aber nichts ohne den Bildschirm ! Und der kommt vom Fernsehen. Und an seinem Anfang stand die Lochscheibe von Paul Nipkow, patentiert am 6. Januar 1884 in Berlin.

Sie hatte schon das Prinzip, nach dem die Computer arbeiten, das Binärsystem: Ein Loch = Einschalten für einen elektrischen Strahl - kein Loch = Ausschalten. Ein Loch - kein Loch, in ständiger Folge, als Spirale angeordnet und in schneller Drehbewegung.

Vielleicht ist nicht mehr der Krieg der Vater aller Dinge, sondern im modernen Dasein das Fernsehen !

Günter Bartosch im Jahr 2010
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