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Günter Bartosch (1928 - 2013†) schrieb viel (sehr sehr viel) über und aus seine(r) Zeit beim ZDF in Eschborn und Mainz .....

Der ZDF Mitarbeiter Günter Bartosch war 30 Jahre beim ZDF - also von Anfang an dabei -, ebenso wie sein deutlich jüngerer Kollege Knapitsch. Angefangen hatte sie beide bereits vor 1963 in Eschborn, H. Knapitsch in der Technik, Günter Bartosch im Programmbereich Unterhaltung.

Und Günter Bartosch hatte neben seiner Arbeit und seinen Büchern so einiges aufgeschrieben, was er damals alles so erlebt hatte. In 2013 habe ich die ganzen Fernseh- und Arbeits-Unterlagen erhalten / geerbt und dazu die Erlaubnis, die (die Allgemeinheit interessierenden) Teile zu veröffentlichen.
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11. August 1999 - SONNENFINSTERNIS LIVE IM DEUTSCHEN FERNSEHEN - NICHT ZUM ERSTEN MAL !

ein Bericht von Günter Bartosch im Aug. 1999

Sonnenfinsternis - ein Jahrhundertereignis. Endlich wieder eine Mediensensation, bei der das Fernsehen einmal mehr seinen Wert und seinen Nutzen beweisen konnte. Es bot sich für alle Zuschauer dieser Welt die Möglichkeit, unmittelbar an dem großen Naturschauspiel teilzuhaben.

Gerade waren wir, wenige Wochen zuvor, daran erinnert worden, wie sehr wir vor dreißig Jahren vor dem Bildschirm bei der Mondlandung mitfieberten.

Und nun diese totale Sonnenfinsternis, die in unsere Wohnzimmer kam - zum Miterleben, sofern wir nicht selbst, Schutzbrillen benutzend, zum Himmel blickten.

In grauer Vorzeit - verbunden mit Schrecken und Entsetzen

In unserer modernen Zeit wird so etwas kurz zur Kenntnis genommen, quasi beim Mittagessen, während für die Menschen früherer Generationen, ja in grauer Vorzeit, dieses Phänomen der Verfinsterung der Sonne am hellen Tag Schrecken, Entsetzen und Weituntergangsstimmung hervorrief.

Im 19. Jahrhundert waren die Europäer zwar schon wissenschaftlich informiert und wußten um die Gesetzmäßigkeit des Naturphänomens, doch zu Zeiten, als es noch kein Fernsehen gab, konnten naturgemäß nur verhältnismäßig wenige Menschen den Ablauf einer Sonnenfinsternis an den Orten des Geschehens verfolgen.

Die übrige Menschheit war auf die Schilderung von Augenzeugen angewiesen, wie z.B. auf die des Dichters Adalbert Stifter, der am 8. Juli 1842 eine Sonnenfinsternis miterlebt hatte.

Obwohl er zu diesem Ereignis wohlunterrichtet und unbefangen einen Berg bei Wien bestieg, beeindruckte ihn das große, nur zwei Minuten dauernde Schauspiel so tief, daß er in ergreifenden Worten und in tiefer Ehrfurcht vor Gott, dem Schöpfer, davon berichtete.

Als dann das Fernsehen kam ...

In erster Linie ist es dem Fernsehen zu verdanken, daß dem Ereignis heutzutage alle Schreckensvision genommen ist. Was da am Himmel geschieht, wird uns eingehend erläutert.

Die wissenschaftliche Bedeutung wird uns erklärt, doch auch darauf hingewiesen, um was für eine Sensation es sich handelt. Man hält für einen Moment den Atem an, doch wenn das fantastische Geschehen vorbei ist, beschäftigt uns der Alltag wieder mit der Soap Opera am Abend im Fernsehprogramm.

Fernsehen als Ereignis zum miterleben. Das sind die besten Sendungen ! Diesmal war es die Sonnenfinsternis. Einmalig !

Ein Blick zurück in den Februar 1961

Doch Halt ! So groß die Sensation des unmittelbaren Dabeiseins bei der Direktsendung des Fernsehens auch war am 11. August 1999 - schon einmal wurde eine Sonnenfinsternis live vom Fernsehen bei uns übertragen !

Das war am 15. Februar 1961. Bereits damals, als es das Zweite Deutsche Fernsehen noch nicht gab und in der Bundesrepublik Deutschland nur etwa 4,7 Millionen Teilnehmer registriert waren, lieferte das Fernsehen Bilder einer Sonnenfinsternis in die Wohnstuben.

Es war eine Sendung der ..... "Eurovision".

Diese war offiziell im Juni 1954 für länderübergreifende Sendungen vom Europäischen Rundfunkverein (UER) geschaffen worden, nachdem es bereits vorher zu einer engen Zusammenarbeit bei epochemachenden internationalen Fernsehübertragungen gekommen war - wie z.B. der Übertragung der Krönungsfeierlichkeit für die englische Königin Elizabeth am 2. Juni 1953. Das System der Eurovision war zielstrebig ausgebaut worden.

Zahlen von 1962, ein Jahr nach der Sendung der Sonnenfinsternis, lassen deutlich werden, welche technische Leistung seinerzeit erbracht wurde, da ja heute über Satellit die Verbindungen wesentlich einfacher hergestellt werden können.

Vernetzt waren 22 Fernsehdienste und mehr als 1.300 Sendestationen in 18 europäischen Ländern mit rund 12.000 km Koaxialkabel und mehr als 60.000 km Richtfunkstrecken. Damit konnten theoretisch mehr als 100 Millionen Europäer ein Ereignis gleichzeitig auf den Bildschirmen verfolgen.

Dabei sein, auf dem Weg, den der Mondschatten nahm

Die Eurovision mit ihrer Zentrale in Brüssel konnte schon auf eine bewährte Zusammenarbeit zurückblicken, als man das Projekt "Sonnenfinsternis am 15. Februar 1961" ins Auge faßte.

Auf dem Weg, den der Mondschatten, der die Sonne verdeckte, damals über Europa nahm, wurden Beobachtungsstationen eingerichtet.

Der etwa 200km breite Streifen, in dem die Sonne für Minuten ganz hinter dem Mond verschwand - die sogenannte Zone der Totalität -, begann frühmorgens in der Biskaya, lief dann über Zentralfrankreich, Mittelitalien, Rumänien und die Sowjetunion zum nördlichen Eismeer.

Sie überdeckte die Städte Avignon, Nizza, Pisa, Florenz, Ancona, Ragusa, Odessa und Stalingrad. Der am nächsten gelegene deutsche Ort war mit 96% Abdeckung Konstanz am Bodensee.

Von 8.20 - 9.00 Uhr übertrug die Eurovision am Mittwoch, dem 15. Februar 1961, aus Mailand "Die Totale Sonnenfinsternis 1961". (am Abend war von 21.20 - 21,50 Uhr die Aufzeichnung vom Vormittag im Programm).

(ARD)-Fernsehen gab es damals 1961 erst ab 17 Uhr

Normalerweise begann das Deutsche Fernsehen zu jener Zeit an Wochentagen erst um 17 Uhr; es handelte sich also ohnehin um eine außergewöhnliche Sondersendung.

An drei Stellen hatte sich das Fernsehen auf die Übertragung vorbereitet. Die erste Station befand sich im großen Observatorium von St. Michel in der französischen Provence, die zweite auf der Sternwarte Florenz und die dritte auf dem Berge Jastrebac, südlich von Belgrad.

Während die Menschen, die das Naturschauspiel direkt beobachteten, es nur einmal sehen konnten, hatten die Zuschauer an den Bildschirmen Gelegenheit, die totale Verfinsterung der Sonne zweimal zu sehen, nämlich von den Übertragungsstellen in Frankreich und Italien - in schwarz-weiß, versteht sich, denn Farbfernsehen gab es damals noch nicht in Europa.

Für Deutschland berichtete Dr. Winfried Petrie von St.-Michel "klar und instruktiv", wie es in der Kritik zu dieser "ausgezeichneten Eurovisions Schaltung" hieß, während Dr. Rudolf Kühn auf dem Berg Jastrebac in Jugoslawien, der dritten Station, Pech hatte, denn dort herrschte Nebel, so daß es keine Sicht zum Himmel gab.

Französische Fernseh-Bilder aus dem alten Bomber

Doch den Trick, den die heutigen Fernsehberichterstatter benutzten, die Sonnenfinsternis von einem Flugzeug aus zu beobachten, wendeten die Kollegen schon damals an: In Südfrankreich, dort herrschte klares Wetter, war vom französischen Fernsehen ein außer Dienst gestellter Bomber für Luftaufnahmen der Sonnenfinsternis eingesetzt worden.

Wer in Deutschland direkt zum Himmel sah, hatte wenig Chancen, da es vielfach neblig war. Lediglich im Voralpengebiet, in Norddeutschland und in Berlin konnte das Ereignis beobachtet werden.

Ein nebelfreier Berg, unser Feldberg im Taunus

Ziel vieler Frühaufsteher im Rhein-Main-Gebiet war der Feldberg im Taunus, von dem aus man über einer Schicht von Nebel und Sprühregen gute Sicht hatte. Zahllose Wissenschaftler aus aller Welt waren in der Zone der Verfinsterung zusammengekommen, und man war sich einig in der Erkenntnis, diese Sonnenfinsternis von 1961 sei die bisher am meisten beobachtete in der Geschichte der Astronomie und der ganzen Menschheit gewesen, nicht zuletzt durch das Eernsehen.

Und in den Zeitungsberichten vergaß man damals nicht, darauf hinzuweisen, daß dieses so überaus seltene Naturereignis erst wieder am 11. August 1999 stattfinden werde. - Fernsehen zum miterleben - Sie waren doch hoffentlich dabei vor dem Bildschirm.
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ein Bericht von Günter Bartosch im Aug. 1999
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