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Günter Bartosch (1928 - 2013†) schrieb viel (sehr sehr viel) über und aus seine(r) Zeit beim ZDF in Eschborn und Mainz .....

Der ZDF Mitarbeiter Günter Bartosch war 30 Jahre beim ZDF - also von Anfang an dabei -, ebenso wie sein deutlich jüngerer Kollege Knapitsch. Angefangen hatte sie beide bereits vor 1963 in Eschborn, H. Knapitsch in der Technik, Günter Bartosch im Programmbereich Unterhaltung.

Und Günter Bartosch hatte neben seiner Arbeit und seinen Büchern so einiges aufgeschrieben, was er damals alles so erlebt hatte. In 2013 habe ich die ganzen Fernseh- und Arbeits-Unterlagen erhalten / geerbt und dazu die Erlaubnis, die (die Allgemeinheit interessierenden) Teile zu veröffentlichen.
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WIEVIEL VERGANGENHEIT BRINGT DAS NEUE JAHR ?

von Günter Bartosch am 2. Dezember 1994

Man muß kein Prophet sein, um vorhersagen zu können, daß das gerade begonnene Jahr ein Fülle von Gedenkfeiern in aller Welt und Erinnerungssendungen im Fernsehen bringen wird.

Das Jahr 1945 war zu reich an denkwürdigen Ereignissen, als daß die Zeit 50 Jahre danach daran vorübergehen könnte. Die weitaus meisten werden bedrückende Rückerinnerungen sein, doch mischen sich auch ein paar positive darunter wie das Ende des möderischen Krieges und das Glück derer, die ihn überlebt hatten.

Wenn heute junge Menschen aber meinen, das sei alles vor ihrer Zeit gewesen und längst Vergangenheit, die sie nichts mehr angehe, so werden sie spätestens bei den 1995 anstehenden bitteren Erinnerungstagen "50 Jahre Atombombe" nachdenklich werden müssen.

Doch das sind alles Themen der Weltgeschichte.

Die anderen Themen und Ereignisse

Das Jahr 1995 bringt darüber hinaus noch ein paar andere, für das Fernsehen wichtige, ja zum großen Teil erfreulichere Jubiläen.

Das bedeutendste Ereignis ist der hundertste Geburtstag des Kinos, "Film" zu sagen, wäre nicht richtig, denn den perforierten Zelluloidstreifen, der zur Belichtung mit Bewegungsabläufen in einer Kamera mit Hilfe einer Kurbel gedreht wurde, gab es schon seit 1889.

Thomas Alva Edison

Auch Vorführapparate für Filme hatte der amerikanische Erfinder Thomas Alva Edison bereits hergestellt. Als "Kinetoskop" waren sie zu einer Rummelplatzattraktion geworden, doch die Apparate waren nur Schaukästen, in denen jeweils eine Person nach Einwurf einer Münze für wenige Minuten bewegte Bilder sehen konnte.

Jean und Auguste Lumiere

Die französischen Brüder Jean und Auguste Lumiere ließen sich am 13. Februar 1895 ihre Film- und Vorführtechnik "Cinematographe" in Paris patentieren, die eine Leinwandprojektion und damit die Teilnahme zahlreicher Zuschauer ermöglichte.

Die erste Filmvorführung veranstalteten sie am 22. Februar 1895 im Rahmen einer geschlossenen Gesellschaft; öffentlich präsentierten sie ihre kurzen Filmstreifen im "Grand Café" in Paris am 28. Dezember 1895.

Max und Emil Skladanowsky

Da waren ihnen aber bereits in Berlin die Brüder Max und Emil Skladanowsky zuvorgekommen. Mit ihrem komplizierten Doppelbildprojektor "Bioskop" zeigten sie ab 1. November 1895 im Programm des Berliner Varietes "Wintergarten" "lebende Bilder": 8 Szenen in 15 Minuten.

Mit der abgefilmten Straßenatmosphäre der Reichshauptstadt versetzten sie das Publikum in Staunen. Da den Skladanowskys das Schaustellergewerbe nicht fremd war, veranstalteten sie mit ihren Filmvorführungen auch Tourneen.

Und wenn dem Filmfreund bei den Erinnerungen an "100 Jahre Kino" die Namen Max und Emil Hamilton unterkommen und Rätsel aufgeben sollten, so sei ihnen gesagt, daß es sich um ein Pseudonym der Gebrüder Skladanowsky handelte, das sie zuweilen im Ausland benutzten.

Und unsere eigene (ZDF) Fernseh-Historie ?

Natürlich wird ein so bedeutendes Ereignis wie der hundertjährige Geburtstag des Kinos vom Fernsehen und auch von unserem Programm (dem ZDF) ausführlich behandelt und gewürdigt werden.

Wie ist es aber mit unserer eigenen (ZDF) Historie bestellt ?
Wird das Fernsehen seinen 60. Geburtstag gebührend begehen ?

Zweifel sind angebracht, da unser Medium seiner eigenen Geschichte und Herkunft erstaunlich wenig Beachtung schenkt.

Im März 1935 begann das deutsche Fernsehen

Am 25. März 1935 begann das deutsche Fernsehen in Berlin sein reguläres Programm, und es war das erste der Welt, zumindest in dem Sinne, daß es sich kontinuierlich fortsetzte, während frühere Programmsendungen in den USA schon wieder eingestellt worden waren. Über "60 Jahre deutsches Fernsehen" wird ZDF-Kontakt (die ZDF Hauszeitschrift) noch ausführlicher berichten.

Film und Fernsehen sind kulturelle Medien .....

....... die miteinander verschmelzen, und heutzutage kann das eine nicht ohne das andere sein. So dürfen wir getrost auch andere Ereignisse in die Rückerinnerungen einbeziehen oder sie feiern.

Der 70. Geburtstag von Hildegard Knef

Da wäre bitteschön - selbst auf die Gefahr hin, ungalant zu erscheinen - der 70. Geburtstag von Hildegard Knef zu begehen am 28. Dezember 1995. Sie gehört zu den wenigen deutschen Filmschauspielern, die weltbekannt geworden sind.

Das ZDF hat mehrere Shows mit ihr produziert; sie liegen im Archiv und sollten zu Ehren der Künstlerin aus dem besonderen Anlaß wieder einmal ins Programm genommen werden.

Hans Rosenthal wäre 70 Jahre alt geworden

Bereits geplant ist eine Erinnerungssendung des ZDF an Hans Rosenthal, der am 2. April 1995 70 Jahre alt geworden wäre. Das ZDF hat ihm, der vor 30 Jahren seine ersten großen Erfolge im Fernsehen als Quizmeister in der Sendereihe "Gut gefragt ist halb gewonnen" erzielen konnte, viel zu verdanken. Er trug mit seinen amüsanten, temporeichen Quizspielen sehr wesentlich dazu bei, das ZDF durch solide Unterhaltung populär zu machen.

Der "Rosarote Panther" wird 30 Jahre alt

Betrachten wir noch kurz ein paar andere Ereignisdaten aus der Zeit des hundertjährigen Kinos. Hätten Sie gewußt, daß der "Rosarote Panther" 30 Jahre alt wird ?

Die Amerikaner David De Pati und Fritz Preleng erfanden ihn 1964 für die Vorspänne der Inspector Clouseau-Filme von Peter Sellers, und dann machte sich der Rosarote Panther selbständig.

Der Kino-Frankenstein wird 85, der filmische Zorro 75, und Tarzan starb vor 10 Jahren, jedenfalls in Gestalt seines ersten großen, inzwischen legendären Darstellers Johnny Weissmuller. Wenn das keine Gedenktage sind !

Es gab und gibt natürlich auch Mogelpackungen

Eine Jubiläumsankündigung aber, die auch unser Medium tangieren würde, sollte man mit Vorsicht betrachten.

Am 8. Juni 1995 bringt die Deutsche Bundespost gemeinsam mit der italienischen Post eine Sonderbriefmarke heraus: "100 Jahre Radio". Fast sieht es so aus, als suchten beide Postverwaltungen krampfhaft nach Anlässen und Motiven für ihre Sondermarken.

"100 Jahre Radio" ist ein bißchen Mogelpackung, denn vor hundert Jahren war es bestenfalls das Funken und in der Folge davon das Morsen, das auf der Basis der 1888 von Heinrich Hertz entdeckten elektromagnetischen Wellen von fleißigen Erfindern ausprobiert wurde - in erster Linie vom Italiener Guglielmo Marconi, während der Russe Alexander Stepanowitsch Popow funktechnische Versuche mit seinem "Gewitterwarngerät" anstellte, die ihm in den Zeiten der Großmannssucht der verblichenen Sowjetunion den Ehrentitel "Vater des Radios" eingebracht hatten.

Richtiges "Radio" gab es erst ab 1906

Demgegenüber wurde die erste Aktivität, die man als "Radiosendung" bezeichnen kann, erst am 24. Dezember 1906 unternommen.

Von einer Seefunkstelle in Brant Rock, Massachusetts/USA, sendete der gebürtige Kanadier Reginald Aubrey Fessenden ein selbstveranstaltetes Weihnachtsprogramm über den Äther, das innerhalb einer 8km-Zone von Schiffen aufgefangen wurde.

Wer also historisch korrekt sein will, muß die Sondermarke "100 Jahre Radio" der Bundespost 11 Jahre liegen lassen, bevor er sie benutzt. Merke: Selbst bei Jubiläen kann man nicht immer der Sache sicher sein.
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von Günter Bartosch am 2. Dezember 1994
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