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Günter Bartosch (1928 - 2013†) schrieb viel (sehr sehr viel) über und aus seine(r) Zeit beim ZDF in Eschborn und Mainz .....

Der ZDF Mitarbeiter Günter Bartosch war 30 Jahre beim ZDF - also von Anfang an dabei -, ebenso wie sein deutlich jüngerer Kollege Knapitsch. Angefangen hatte sie beide bereits vor 1963 in Eschborn, H. Knapitsch in der Technik, Günter Bartosch im Programmbereich Unterhaltung.

Und Günter Bartosch hatte neben seiner Arbeit und seinen Büchern so einiges aufgeschrieben, was er damals alles so erlebt hatte. In 2013 habe ich die ganzen Fernseh- und Arbeits-Unterlagen erhalten / geerbt und dazu die Erlaubnis, die (die Allgemeinheit interessierenden) Teile zu veröffentlichen.
Die Einstiegsseite zu den vielen Seiten beginnt hier.

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Vor 60 Jahren:
Zum ersten Mal Olympische Spiele im Fernsehen

Es ist 60 Jahre her, daß alles begann. Schon oder erst ?
Eine Chronik vom Juni 1996 - von Günter Bartosch


Als 1936 die Olympischen Spiele in Berlin stattfanden, war das Fernsehen zum ersten Mal dabei. Mit diesem Ereignis verband sich aber auch eine zweite große Weltpremiere: Zum ersten Mal kamen elektronisch arbeitende Fernsehkameras zum Einsatz. Das elektronische Zeitalter des Fernsehens begann vor 60 Jahren !

Der 1. August 1936 ist der historische Tag

Der 1. August 1936 ist der historische Tag, an dem die erste elektronische Live-Sendung des Fernsehens erfolgte. Ausgestrahlt wurde die Eröffnungsfeier aus dem Berliner Olympia-Stadion. Dann übertrug das Fernsehen die Ereignisse täglich von mehreren Schauplätzen bis zum Ende der Spiele am 16, August 1936.
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Heimlich, still und leise war das Fernsehen aufgetaucht, und die Presse hatte es fast gar nicht zur Kenntnis genommen. Die absolute Sensation des direkten Dabeiseins am Bildschirm - wenn wir das Ereignis aus heutiger Sicht beurteilen - war nicht einmal ein Geheimtip, sondern eher eine nebensächliche Randerscheinung. Aber es war eine, die bei ihrem ersten Auftreten fast schon genauso gut funktionierte wie heute nach Jahrzehnten stürmischer Entwicklung !

Es gab sogar drei neue gänzlich verschiedene Kameras

Drei völlig neue, voneinander gänzlich verschiedene Kameras waren zum ersten Mal im Einsatz und mußten sich in der Praxis bewähren.
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Der Zwischenfilm-Reportagewagen

Als Ergänzung wurde das "Zwischen-Filmverfahren" eingesetzt. Das war ein besonders ausgeklügeltes System in einem eigens dafür geschaffenen Reportagewagen. Auf dem Fahrzeugdach befand sich eine Plattform für eine bewegliche Filmkamera und den Kameramann. Der aufgenommene Filmstreifen lief im Wagen durch eine Schnellkopiermaschine, wurde sofort getrocknet und unmittelbar danach über ein Filmabtastgerät gesendet. Der ganze Vorgang dauerte ca. 90 Sekunden - es war also fast eine Live-Sendung.
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Die Fese-Kamera mit der Bildsondenröhre

Die von der Fernseh AG gebaute, mit einer Bildsondenröhre ausgestattete Farnsworth-Kamera - so genannt nach ihrem Erfinder; die heute von einer Fernsehzeitschrift verliehene "Goldene Kamera" ist eine Nachbildung - fand ihren Platz im oberen Umgang des Stadions am Marathon-Tor.

Dann noch eine neue Kamera mit Ikonoskop-Röhre

Eine zweite, vom Reichspostzentralamt hergestellte Kamera, die die von Wladimir Zworykin entwickelte Ikonoskop-Röhre (besser Iconoscope) verwendete, wurde auf der Publikumstribüne des Schwimmstadions aufgestellt, "wo" (auf der) sie allerdings eine ungünstige Position einnahm.

Die "Olympia-Kanone" von Telefunken

Die größte der drei neuen elektronischen Kameras, von Telefunken gebaut, besaß Wechselobjektive mit 25, 90 und 160cm Brennweiten, um die verschiedenen Entfernungen des Geschehens im Stadion ins Bild bringen zu können. Die Gesamtlänge des Apparats bei eingesetztem Teleobjektiv betrug 2,20 Meter.

Das von der Firma Leitz hergestellte größte Foto-Objektiv aller Zeiten hatte einen Linsendurchmesser von 40cm und ein Gewicht von 45 Kilogramm.

Insgesamt benötigte die Anlage fünf Mann zur Bedienung des Geräts, der Verstärkeranlage und für den Objektivwechsel. Ihrer Ausmaße wegen ging die Kamera als "Olympia-Kanone" in die Fernsehgeschichte ein.

Jetzt kommt in dieser Chronik ein Stück immer wieder lancierte Legende und samt Mythos, die so nicht stimmen !!

Sie war erst einen Tag vor Olympia-Beginn im Stadion eingetroffen, so daß kaum Zeit blieb, sie auszuprobieren.

Walter Bruch, der Konstrukteur (später Erfinder des deutschen PAL-Farbfernsehens), bediente sie deshalb gleich selbst als Kameramann.

Später berichtete er, die 16 Tage praktischer Erfahrung hätten soviele Erkenntnisse vermittelt, daß die Kamera anschließend eigentlich schon museumsreif war.

  • Anmerkung : Also Walter Bruch hat weder die Kamera entwickelt noch gebaut und ob er sie wirklich bedient hatte, ist nirgendwo ernsthaft belegt. Auch hat Walter Bruch weder das Farbfernsehen erfunden noch die PAL Variante erfunden. Das sind alles Märchen aus 1000 und einer Nacht. Walter Bruch war nachweislich als einer der Techniker beim Aufbau, der Verlegung der Kabel und später im Verstärkerraum unter der Kamera aktiv.

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Keinerlei Bildkontrolle an den Kameras

Jede der drei Kameras besaß ihre eigene Verstärkeranlage. Ein Wechsel des Sendebildes von einer Kamera zur anderen oder zum Zwischenfilmwagen mußte von Hand gesteckt werden.

Es gab zwar einen Einsatzplan, doch die Kameraleute hatten keine Kontrolle darüber, ob ihre Kamera gerade "auf Sendung" war oder nicht.

Sie mußten also ständig mit ihrem Bild präsent sein. Der Sprecher, der, neben der Kamera vor einem Mikrofon stehend, das Geschehen kommentierte, konnte selber das Fernsehbild nicht sehen. So schilderte er zuweilen Vorgänge im Stadion, die von der Kamera gar nicht erfaßt wurden. Dann war es meist ein Fußtritt des Kameramanns, der ihn merken ließ, daß etwas nicht stimmte.

Die baulichen Vorgaben im Stadion

Werner Maren, der Erbauer des Olympia-Stadions, verlangte, daß die große Kamera den Blick von der "Führer-Loge" nicht behindern dürfe. Deshalb konnte sie den inneren Umgang des Stadions nur um wenige Zentimeter überragen.

Um wenigstens etwas aus der Froschperspektive herauszukommen, erhöhten die Techniker, wie Walter Bruch erzählte, sofort nach der Eröffnung durch vorbereitete Zwischenringe die Stativsäule unerlaubt um 20cm.

Während heutzutage weit über 100 Kameras bei Olympischen Spielen im Einsatz sind, wickelten die Pernsehpioniere von damals mit ihren drei Kameras und dem Zwischenfilm-Reportagewagen eine Live-Berichterstattung ab, die kaum weniger umfangreich und attraktiv war als die heutige.

Insgesamt wurde 138 Stunden "gesendet"

Der Fernsehprogrammbetrieb, der normalerweise nur die zwei Abendstunden von 20 bis 22 Uhr umfaßte, wurde erheblich ausgedehnt. Während der 16 Olympischen Tage arbeitete der "Fernsehsender Paul Nipkow" (so der offizielle Name des Sendebetriebs) zusätzlich von 10 bis 12 Uhr und von 15 bis 19 Uhr in den Zeiten des Hauptgeschehens. In 138 Stunden wurden insgesamt 175 Kämpfe sowie die Eröffnungs- und Schlußfeiern gesendet.

Das Fernsehen "lief" über Fernsehbreitbandkabel

Rund 15km Fernsehbreitbandkabel waren zum und im Reichssportfeld verlegt worden. Übertragen wurde aus dem Olympia-Stadion, dem Schwimmstadion, der Dietrich-Eckart-Bühne (heute Waldbühne) und vom Maifeld.

Über einen Verstärkerraum wurden die Bilder per Kabel zum Sender Witzleben am Funkturm geleitet und von dort über Ultrakurzwelle ausgestrahlt.

Die öffentlichen "Fernsehstuben"

Den Fernsehempfang erlebten die Berliner in öffentlichen "Fernsehstuben". Dort standen die noch sehr großformatigen Fernsehgeräte mit der 40 x 30cm kleinen Bildröhre. Vor den Geräten konnten, ähnlich wie in einem Kino, etwa 30 Personen Platz nehmen.

Die Zahl der "Fernsehstuben" war in Berlin für die Olympischen Spiele auf 25 erhöht worden. Hinzu kamen eine in Potsdam vorhandene "Fernsehstube" und zwei neue in Leipzig, wohin bereits ein Breitbandkabel für den Fernseh-Telefondienst verlegt worden war.

Doch auch im Olympiadorf Berlin-Köpenick war ein Fernsehgerät für die dort untergebrachten Ruderer aufgestellt. Darüber hinaus konnten wesentlich mehr Zuschauer das olympische Geschehen in zwei Großbildstellen Berlins verfolgen, und zwar in der Fernsehstelle des Reichspostministeriums, in welchem (wo) etwa 100 Personen Einlaß fanden und ein Projektionsbild von 100 x 120 cm sahen, sowie im Postamt NW 21, in dem vor 300 Sitzplätzen ein noch größeres Bild gezeigt wurde.

Schließlich konnten die Besucher der großen "Deutschland-Schau" in den Messehallen am Funkturm am Telefunken-Stand ebenfalls auf einer Projektionsfläche von 100 x 120 cm am Fernsehgeschehen teilnehmen.

180 Bildzeilen - mehr gab es damals noch nicht.

Die Übertragung erfolgte seinerzeit noch mit 180 Bildzeilen (gegenüber 625 Zeilen heute), ergab also kein sehr prägnantes Bild.

Zudem waren die Kameras sehr lichtabhängig; nur bei Sonnenschein brachten sie kontrastreiche Bilder. Auch die Wiedergabegeräte und besonders die Bilder auf den Projektionsflächen entsprachen nicht idealen Bedingungen und schon gar nicht heutiger Qualität.

Doch all das tat dem Miterleben keinen Abbruch; das Neue faszinierte die Zuschauer in den Fernsehstuben.
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Das Interesse der Presse war marginal

Presse und Öffentlichkeit schenkten dem Fernsehen allerdings kaum Beachtung, was im Rückblick erstaunlich ist, wenn man bedenkt, welchen Stellenwert heute das Fernsehen einnimmt, und ganz besonders bei Olympischen Spielen.

Lediglich ein Reporter der "Frankfurter Zeitung" berichtete schon am 2. August, daß er in einer Fernsehstube "ein Wunder" miterlebt habe. Und ein Berichterstatter der offiziellen "Olympia-Zeitung", die ansonsten das Fernsehen ignorierte, erzählte in der Ausgabe vom 6. August vom Geschehen im Stadion und bemerkte dabei

"Halt, - jetzt haben Sie etwas ganz Besonderes im Feldstecher ! Einen riesigen Apparat - eine richtige Kanone. Wenn Sie es noch nicht wissen: das ist der Fernsehapparat der Deutschen Reichspost. Lassen Sie sich Zeit, - vielleicht in einem Jahr schon haben Sie es gar nicht mehr nötig, sich auf einen Sportplatz zu setzen. Dann drehen Sie zu Hause Ihren Kasten an und bekommen alles haargenau auf Ihren Fernsehschirm serviert."

  • Anmerkung : Erst von Telefunken mit dem Wirbel um Walter Bruch ab etwa 1962 wurde uns allen suggeriert, die ganze Welt schaute 1936 auf das Deutsche Fernsehen und auf Walter bruch und alle Berliner strömten in die Fernsehstuben. Das alles stimmte überhaupt nicht, wie die ernsthaften Chroniste unisono berichteten.

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Dennoch, die Geburtsstunde des Fernsehens hatte geschlagen

Wahrscheinlich wußten nur die Pioniere des Fernsehens, die das Wunder möglich gemacht hatten, daß die Geburtsstunde der weltumspannenden Fernsehberichterstattung geschlagen hatte.

In der Absage der ersten Live-Übertragung am 1. August 1936 sagte Sprecher Graebke: "Achtung ! Achtung ! Der Fernsehsender Paul Uipkow, Berlin, brachte versuchsweise zum ersten Mal in Deutschland und als gewaltigstes Ereignis in der Welt die direkte Fernsehübertragung der XI. Olympischen Sommerspiele ...,!

Es ging natürlich rasant weiter - jetzt mit Ton

Die Fernsehindustrie verwendete die gewonnenen Erfahrungen für den Bau neuer Kameras und eines neuen Reportagewagens für zwei vollständige Kameraeinheiten mit Bild- und Tonmischpult, der 1939 fertiggestellt war.

Man faßte die für 1940 geplanten Olympischen Spiele in Helsinki ins Auge. Doch die fielen aus - es war Krieg. 12 Jahre mußten vergehen, bevor zum zweiten Mal bei Olympischen Spielen der Einsatz des Fernsehens stattfand - 1948 in London.

Und im Nachhinein wurde kräftig übertrieben

Den offiziellen Berichten nach hatten 1936 in den öffentlichen Einrichtungen 162.228 Menschen die Spiele "fernsehend" miterlebt. 1948 kam das Fernsehen in London und Umgebung auch in private Wohnstuben. Man schätzte, daß es damals 80 000 Geräte gab und daß etwa eine halbe Million Zuschauer die Sportereignisse vor dem Bildschirm verfolgten.

1996 bei den Übertragungen aus Atlanta rechnet man mit .............. Zuschauern in aller Welt.
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Schlußsatz:

Na denn. Genießen Sie also Anno 1996 die Olympischen Spiele aus Atlanta vor dem heimischen Fernsehgerät auf mehreren Kanälen, in vorzüglicher Bildqualität und in Farbe. Und denken Sie mal daran, daß vor 60 Jahren alles begann.

Schon oder erst
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