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Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45

Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Der stereoskopische Film - der plastische Film (der 3D Film)

aus KINOTECHNIK Heft 9 / Sept. Berlin 1938 - von Prof. Dr. Walther Thorner
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Zahlreich sind die Versuche gewesen, dem Film außer der Bewegung, dem Ton und der Farbe auch die Körperlichkeit zu geben. Von allen vorgeschlagenen Mitteln haben nur zwei einigermaßen praktische Bedeutung erlangt, das "Anaglyphenverfahren" und die "Polarisationsmethode".

Ersteres benutzt für die beiden Augen verschieden gefärbte Filter, deren Farben sich gegenseitig ausschließen und mit denjenigen Farben übereinstimmen, welche die beiden aufeinander projizierten Bilder für das rechte und linke Auge besitzen.

Der Erfolg dieses Verfahrens wird hauptsächlich durch den unangenehmen Wettstreit der Gesichtsfelder beeinträchtigt, da die beiden verschiedenen Farbeindrücke in den beiden Augen niemals eine Mischfarbe ergeben, sondern ein periodisches Schwanken zwischen den beiden Farben hervorbringen.

Ein besseres Resultat ergibt das neuerdings in den Vordergrund gerückte Polarisationsverfahren, bei dem ebenfalls durch eine Brille gesehen werden muß, deren beide Gläser nur Strahlen hindurchlassen, deren Polarisationsrichtungen aufeinander senkrecht stehen.
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Das Polarisationsverfahren

Wenn die für die beiden Augen bestimmten Bilder mit den gleichen Filtern aufeinander projiziert werden, so erhält jedes Auge nur das ihm zukommende Bild, und es entsteht so in der Tat ein hervorragend guter stereoskopischer Eindruck.

Daß auch diese theoretisch gute Methode bisher nur sehr wenig Anwendung gefunden hat, liegt an der Komplizierung durch die Unterbringung der beiden Bilder auf dem Film, an der Lichtabschwächung, und vor allem an der Verwendung der Brille, welche für die meisten Kinobesucher eine unangenehme Belästigung darstellt.
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Der plastische Film

Außer dem stereoskopischen Film ist nun häufiger versucht worden, sich mit dem plastischen Film zu begnügen, bei dem durch irgendwelche Hilfsmittel, gekrümmte Bildschirme und dergleichen der räumliche Eindruck vorgetäuscht werden soll. Diese Versuche haben jedoch zu keinem bisher anerkannten praktischen Resultate geführt.

Aber abgesehen von alledem machen wir doch sehr häufig im Kino die Beobachtung, daß ein Film überraschend plastisch erscheint, besonders bei bewegten Gegenständen, bei sich drehenden Objekten oder bei Aufnahmen aus fahrenden Schiffen, Eisenbahnzügen und dergleichen.

Die "Scheinplastik "

Hier hat man nun bisher immer von einer Scheinplastik gesprochen, da ja beide Augen dasselbe Bild erhalten, und ein stereoskopisches Sehen ja nur möglich ist, wenn beide Augen ein verschiedenes Bild sehen. Im folgenden will ich zeigen, daß dies ein Irrtum ist.

Was wir bei solchen Filmen wahrnehmen, ist ein richtiges stereoskopisches Sehen, genau so körperlich, wie es nur je bei dem Sehen mit verschiedenen Bildern in beiden Augen auftritt.

Um dies zu beweisen, wollen wir einmal ganz vom Film absehen und eine Landschaft aus einem fahrenden Eisenbahnzuge heraus betrachten. Diese erscheint außerordentlich körperlich, besonders in Gebirgsgegenden.

Wir sehen, wie die einzelnen Hügel und Wälder wie Kulissen sich aneinander vorbeischieben. Schließen wir das eine Auge, so hört dieser körperliche Eindruck sofort auf, wie es ja theoretisch erforderlich ist.

Wenn wir uns aber nun ausrechnen, auf welche Entfernung wir überhaupt körperlich sehen können, d. h. bei welcher Entfernung die Netzhautbilder beider Augen sich noch voneinander unterscheiden, so erhalten wir als Grenze des stereoskopischen Sehens eine Entfernung von 240m, also eine Entfernung, die nur den nächsten Vordergrund umfaßt.

Alles, das weiter abliegt als 240m, dürften wir also eigentlich nicht mehr körperlich sehen können. Daß dies nicht etwa daran liegt, daß doch die Bilder beider Augen sich etwas voneinander unterscheiden, können wir sehr einfach durch einen Versuch feststellen.
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Machen wir einen Versuch

Wir brauchen nur vor den beiden Augen L und R eine kleine Spiegelvorrichtung anzubringen, bestehend aus einem durchsichtigen Spiegel a und einem ihm parallelen undurchsichtigen Spiegel b, deren Wirkung aus dem nachstehenden Bild ohne weiteres hervorgeht.

Bei Benutzung dieser Vorrichtung haben beide Augen sicher identische Bilder, und trotzdem tritt beim fahrenden Zuge genau dieselbe Wirkung der Körperlichkeit der Gegend auf, solange wir beide Augen offenhalten, die aber sofort aufhört, sobald das eine Auge geschlossen wird.

Sehen - eine spezifische Sinnesempfindung

Um die Erscheinung zu erklären, müssen wir eine neue Annahme über das körperliche Sehen machen. Das körperliche Sehen ist offenbar eine spezifische Sinnesempfindung, die durch den Reiz eines besonderen Zentrums im Gehirn jedesmal dann ausgelöst wird, wenn beim Sehen mit beiden Augen optische Eindrücke auftreten, die die räumliche Anordnung der Gegenstände als logischen Schluß ergeben.

Dabei ist es ganz gleichgültig, ob diese optischen Eindrücke in verschiedenen Bildern der beiden Augen bestehen, oder in einer parallaktischen Verschiebung bei Bewegung der Gegenstände gegen den Beobachter oder des Beobachters gegenüber den Gegenständen.

So erklärt sich das stereoskopische Sehen der weit entfernten Gegend aus dem fahrenden Eisenbahnzuge. Aber auch für das Umgekehrte, die Körperlichkeit des bewegten Gegenstandes gegenüber dem ruhenden Beobachter haben wir Beispiele.

Man sieht häufig, daß eine Wolke sich vor anderen Wolken schnell bewegt. Dann erscheint die sich bewegende Wolke überraschend nahe, man glaubt sie körperlich sich aus dem übrigen Himmel herausheben zu sehen, obgleich sie in vielen Fällen sicherlich über 240m entfernt sein wird.
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und jetzt zum Film ......

Genau dieselbe Erscheinung tritt nun beim Film auf, und zwar nicht nur, wenn es sich um Aufnahmen aus fahrenden Zügen handelt, sondern überhaupt, wenn sich Personen vor einem Hintergrunde bewegen, oder wenn die Kamera bei den Aufnahmen mit den Personen mitgeht.

Diese Erfahrung ist schon längst gemacht worden und hat zu der "entfesselten Kamera" geführt. Wir haben also bereits in den meisten Fällen einen stereoskopischen Eindruck, der überhaupt nicht mehr verbesserungsbedürftig ist.

Höchstens in denjenigen Fällen, ("wo" ?? aber Hwerr Professor ...) in denen es sich um eine ruhende Landschaft mit ruhendem Vordergrund ohne bewegte Personen handelt, würde eine stereoskopische Projektion mit verschiedenen Bildern für beide Augen einen Nutzen bringen.

Solche Kinobilder wird es aber nur in den seltensten Fällen geben.
Noch stereoskopischer wirken bewegte Bilder in natürlichen Farben. So konnte man bei den Farbenaufnahmen des Parteitages, wie sie bei der letzten Jahrestagung gezeigt wurden, oft die merkwürdige Täuschung erleben, daß der Projektionsschirm als durchsichtige Glasscheibe erschien, weil man auf ihm einige Unreinlichkeiten wahrnahm, die man sich aber, da man die Personen sich hinter dem Schirm vorstellt, nur als auf einer Glasplatte liegend denken kann.

Um also das Resultat noch einmal kurz zusammenfassen: Der echte stereoskopische Film braucht nicht mehr erfunden zu werden, denn wir haben ihn bereits.
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Die Bedeutung des stereoskopischen Bildwurfes beim Film

aus KINOTECHNIK Heft 9 / Sept. Berlin 1938 - von W. Pistor, Dresden
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(Dieser Aufsatz ist veranlaßt durch den vorhergehenden Aufsatz von Prof. Dr. W. Thorner: Der stereoskopische Film. Die Schriftleiturg)

Bei der ganz besonderen Stellung, die dem Film heute in seinen mannigfaltigen Anwendungsformen zukommt, ist die Forderung nach einer weiteren Vervollkommnung der Technik des Films mehr als selbstverständlich.

Es hieße den Film in seinen Entwicklungsmöglichkeiten beschränken, wollte man den heutigen Stand der Technik als das zu erreichende Endziel ansehen.

Das Ringen um den idealen Film ist deshalb kein sinnloses Spiel mit der Technik, das seiner inneren Berechtigung entbehrt, sondern die Arbeiten, dem bewegten Bild neben dem Ton auch die Farbe und die räumliche Gestaltung zu geben, bedeuten die notwendige Vergrößerung der Basis für einen immer weiteren Aufschwung des Films.

Die Bedeutung des technischen Fortschrittes bewerten

Wenn neuerdings, bedingt durch entsprechende Arbeiten, die Frage des plastischen Films zu einem Problem von allgemeinerem Interesse geworden ist, so erscheint es im Sinne einer vernünftigen Kritik durchaus berechtigt, die Bedeutung zu bewerten, die einem solchen technischen Fortschritt zuzumessen ist.

Es ist notwendig zu prüfen, ob z. B. die mit vervollkommneten Geräten und Hilfsmitteln gegebenen Möglichkeiten des stereoskopischen Bildwurfes mittels polarisierten Lichtes auf dem Gebiet des plastischen Films tatsächlich einen bemerkenswerten technischen Fortschritt darstellen, oder ob vielleicht nur mit einem zusätzlichen technischen Aufwand ein Effekt erzielt wird, der dem Film in seiner Eigenart der Vermittlung bewegter Bilder an sich schon längst eigen ist.

Es bedarf keiner Diskussion, daß das ablaufende Filmband einen bei weitem vollkommneren Eindruck ergibt, als er bei einer normalen Stehbildprojektion (wir nenne es Dia-Projektion) vorhanden ist, und daß die sich normalerweise auf den Größenverhältnissen, den perspektivischen Zusammenhängen, den Kontrastwirkungen aufbauende Anschauung über die Tiefenanordnung eines Bildes durch die Bewegung ganz außerordentlich unterstützt wird.

Die plastischen Wirkungen und Effekten beim Film

Die insbesondere bei Aufnahmen mit bewegter Kamera sich ergebende, noch gesteigerte Raumanschauung hat darum auch diese Art der Kameratechnik zu einem sehr beliebten Verfahren zur Erzielung von möglichst plastischen Wirkungen und Effekten beim Film werden lassen.

Wenn nun diese Möglichkeit einer plastischen Gestaltung der Körperlichkeit eines stereoskopischen Bildwurfes gegenübergestellt wird, so ist es wohl nicht ohne weiteres gegeben, die beiden Eindrücke für identisch zu erklären, ohne gleichzeitig die hierfür sprechenden physiologischen Gründe anzuführen.

Eine auf subjektiven Eindrücken und Beobachtungen beruhende Beweisführung berechtigt kaum zu dem objektiven Schluß, daß durch die mit der entfesselten Kamera erzielbaren plastischen Wirkungen „der stereoskopische Film nicht mehr erfunden zu werden braucht, sondern bereits existiert".

Die Vorgänge, die für einen durch Bewegung bedingten Tiefeneindruck maßgebend sind, stellen an sich kein neues Problem dar, sondern sind schon von Helmholtz *1) sehr eingehend untersucht und auch beschrieben worden.

*1) Vgl.H.v. Helmholtz, Handbuch der physiologischen Optik, S.Auflage, S. 246-248.

Es spielt dabei zunächst keine Rolle, wenn sich diese Betrachtungen nicht direkt auf den Film beziehen, denn die kinematographische Übertragung bewirkt grundsätzlich keine Modifikation, die für ein Zurückgreifen auf Helmholtz neue Voraussetzungen schafft.

Die Tiefenanschauung durch Bewegung bei zunächst einäugiger Betrachtung und die auf diese Art hervorgerufene plastische Wirkung beruhen darauf, daß sich durch die Fortbewegung im Räume eine Folge perspektivisch verschiedenartiger Eindrücke ergibt, die durch die Erinnerung miteinander verglichen werden.
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Die Raumanschauung mit einem oder mit beiden Augen

Diese nacheinander hervorgebrachte Verschiedenheit der Bilder ermöglicht es wohl, die Gegenstände vor verschiedenen Standpunkten aus zu sehen, wie man sie auch bei der beidäugigen Beobachtung aus verschiedenen Gesichtspunkten erblickt.

Da jedoch durch die Bewegung bei einäugiger Betrachtung das augenblickliche Bild verglichen wird, mit dem in der Erinnerung bewahrten, unmittelbar vorhergehenden perspektivisch etwas verschiedenartigen, und andererseits es sich bei einer beidäugigen Beobachtung um den Vergleich zweier gleichzeitiger perspektivisch unterschiedlicher Sinneseindrücke handelt, kommt schon Helmholtz zu dem Ergebnis, daß die Raumanschauung mit beiden Augen „viel vollkommener, sicherer und genauer ist, als sie durch Bewegungen, wenigstens innerhalb so geringer Distanzen, wie die Entfernung der Augen voneinander ist, gewonnen werden kann".

Es wird dabei die Einschränkung der Bewegung auf die Größe des Augenabstandes gemacht, da die Betrachtung eines größeren Bewegungsbereiches ein in bezug auf die Tiefenanschauung andersartiges Phänomen darstellt, das mit dem stereoskopischen Effekt nicht unmittelbar vergleichbar ist.

Eine Erklärung :

Für einen sich bewegenden Beobachter gleiten die einzelnen Partien im Gesichtsfeld "scheinbar" vorbei, und zwar nähere Objekte schneller als entferntere, während ganz entfernte sich praktisch nicht verschieben.

Die nun hieraus sich ergebende Raumanschauung beruht darauf, daß aus der Geschwindigkeit der scheinbaren Bewegung auf den Abstand geschlossen wird, denn die Verschiebungen sind immer umgekehrt proportional der jeweiligen Entfernung.

Es ist selbstverständlich, daß aus diesem Verschiebungseffekt eine weitgehendere Beurteilung der Entfernung möglich ist als bei ruhender stereoskopischer Betrachtung mit beiden Augen, daß also hierdurch ein Tiefenempfinden über die Grenze des stereoskopischen Sehens von 240m hinaus resultiert.

Es handelt sich dabei jedoch um einen Vorgang, der an die Erfahrung über die verschiedenen Winkelverschiebungen verschieden entfernter Gegenstände im Gesichtsfeld appelliert, während das beidäugige Sehen ein rein physiologischer Effekt der momentanen Vermittlung zweier Eindrücke ist.

Die "Vergleichung" perspektivischer Bilder ........

Die Betrachtung einer Fahraufnahme beim Film hat nun zur Voraussetzung, daß mit beiden Augen gleichzeitig eine identische Bilderfolge gesehen wird. Es ergibt sich demnach für beide Augen die Möglichkeit einer Vergleichung perspektivischer Bilder, wie sie auch bei der einäugigen Beobachtung und gleichzeitiger Bewegung gegeben ist.

Wird nun bei der beidäugigen Beobachtung einer sich verschiebenden Bilderfolge gegenüber dem Sehen mit nur einem Auge eine stärkere plastische Wirkung empfunden, so kann man eine allerdings nicht ohne weiteres zu bestätigende Begründung hierfür darin suchen, daß in der Erinnerung in verschiedenen Zeitabständen zurückliegende Bilder in den einzelnen Augen herangezogen werden, wodurch zweifellos ein vollständigeres Raumempfinden bedingt ist.

Es würden dann Bildeindrücke zur Empfindung kommen, die sich perspektivisch unterscheiden, und wodurch man zweifellos dem Effekt des gleichzeitigen stereoskopischen Sehens perspektivisch verschiedener Bilder näher kommt.

Immerhin handelt es sich hierbei wiederum nur um eine vergleichende Verbindung von gegenwärtigen und in der Erinnerung bewahrten Eindrücken, die kaum so vollständig sein kann, wie der physiologische Effekt des momentanen stereoskopischen Sehens unterschiedlicher Bilder.
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Vergleichsversuche .....

Es ist demnach durchaus die Möglichkeit gegeben, daß durch einen Versuch, über eine Spiegeleinrichtung den beiden Augen gleichzeitig dieselbe Bilderfolge zu übermitteln, ein vollständigeres plastisches Empfinden entsteht, als wenn die gleichen Eindrücke nur von dem einen Auge wahrgenommen werden.

Wollte man jedoch behaupten, daß diese vollständigere Raumempfindung ein richtiges stereoskopisches Sehen ist, so kann dieser Versuch noch nicht als entscheidend gelten. Es müßte vielmehr der plastische Eindruck bei der Vermittlung gleicher Bilderfolgen für beide Augen über eine Spiegeleinrichtung verglichen werden mit dem direkten stereoskopischen Sehen, etwa derart, daß der vor dem einen Auge zur Umlenkung in der Betrachtungsrichtung des anderen Auges befindliche Ablenkspiegel wegklappbar eingerichtet ist.

Erst wenn dieser Versuch keinen weiteren Gewinn an Raumeindruck ergeben würde, wäre erwiesen, daß die Bewegungsaufnahme beim Film dem echten stereoskopischen Film gegenüber als gleichwertig anzusehen ist.

Erfahrung : spontaner Beifall bei Stereofilmvorführungen

Diese Frage hat nun in einer viel vollständigeren Form durch die Praxis schon eine Beantwortung erfahren. Es konnte festgestellt werden, daß bei Stereofilmvorführungen mit polarisiertem Licht das Publikum beim Erscheinen der ersten Bilder ganz allgemein überrascht war und in spontanen Beifall ausbrach.

Es ist dieses nun aber dasselbe Publikum, dem in der ganzen Zeit der Kinematographie doch schon eine große Mannigfaltigkeit von Fahraufnahmen in den verschiedensten Filmen gezeigt worden ist, und das eigentlich, wenn beide Verfahren als gleichwertig anzusehen wären, keinen Unterschied in der Auffassung zum Ausdruck bringen dürfte.

Das Publikum hat demnach offenbar die stereoskopische Projektion verschiedenartiger Bildfolgen doch einen erheblich eindringlicheren Raumeindruck zur Folge, als er sich mit der bewegten Kamera verwirklichen läßt, und es ist deshalb gegenüber der stereoskopischen Plastik die Bewegungsplastik nach wie vor nur als eine Scheinplastik anzusehen.

Kommen wir zur Farbe

Im Rahmen der Erscheinungen, die für eine plastische Wirkung beim Film maßgebend sind, ist weiterhin auch die Farbe von Bedeutung. Daß durch Farbenkontraste eine gewisse Abhebung einzelner Bildpartien vom Projektionsschirm vorgetäuscht werden kann, ist wiederum schon von Helmholtz *2) erkannt worden, indem er beschreibt, daß im gleichen Abstand befindliche, gegensätzliche Farben Rot und Blau einem Beobachter verschieden entfernt erscheinen.

Es wäre jedoch nur eine Folgerung "cum grano salis", wenn man die plastische Wirkung farbiger und bewegter Filmaufnahmen für so vollständig ansehen würde, daß eine zusätzliche räumliche Gestaltung ihrer Notwendigkeit entbehrt.

Der durch die Farbe bedingte plastische Effekt geht nach einer ganz bestimmten Farbenskala, und man kann doch nicht immer erreichen, daß die Objekte, die im Vordergrund liegen sollen, auch die entsprechenden Farben haben.

Es wird also die Farbe wohl in ganz bestimmten Fällen die Plastik unterstützen, kann jedoch sehr häufig auch gerade die entgegengesetzte Wirkung haben, so daß eigentlich der Farbenfilm noch mehr als der Schwarz-Weiß-Film eine Ergänzung durch die räumliche Gestaltung erfordert.

Brauchen wir den stereoskopischen Film wirklich ?

Jedoch auch ohne Erwägungen über seine Notwendigkeit kann man dem stereoskopischen Film wegen der damit verknüpften Komplizierung der Technik und insbesondere der erforderlichen Brille vielleicht eine praktische Bedeutung absprechen.

Bezüglich der Brille ist es jedoch allgemein bekannt, daß auch Verfahren existieren, die diese nicht benötigen. Diese anderen Möglichkeiten bedingen aber tatsächlich einen Aufwand, der sicher schon von Anfang an den Weg in die Praxis vereitelt, während man doch bei der Doppelbild-Stereoprojektion einen neuerdings in überaus einfacher Form entwickelten Prismenvorsatz vor die Projektionsoptik nicht als eine untragbare technische Komplikation bezeichnen kann.

Zur Frage der Brille ist weiterhin zu bedenken, daß heute beinahe 30% der Kinobesucher schon eine solche aus Gründen der Fehlsichtigkeit trägt und zunächst für diese eine Beobachtungsbrille für den plastischen Film kein Objekt für eine Diskussion zu sein braucht.

Andererseits setzt jede hübsche, junge Dame beim blendenden Sonnenschein, "wo"? bei dem sie sich doch gerade im besten Licht zu zeigen vermag, eine Schutzbrille auf, um die Augen zu schonen; warum soll sie dann nicht auch im dunklen Lichtspieltheater eine Beobachtungsbrille für den Film annehmen, wenn sie dadurch gegenüber dem bisherigen Film eine noch beträchtlichere Verbesserung erzielen kann.

Ist es weiterhin möglich, die Stereobrillen in geeigneter Form zu einem hinreichend niedrigen Preise zu liefern, so brauchen diese durchaus kein dem steroskopischen Film entgegenstehendes Moment zu sein.
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Wir kommen zu dem Ergebnis .....

Eine kritische Prüfung des gesamten Problems der Plastik beim Film führt deshalb zu dem Ergebnis, daß der stereoskopische Film eine wesentlich vollkommenere Form der Vermittlung eines räumlichen Empfindens sein muß, als sie durch die Bewegung und die Farbe gegeben ist.

Zur Frage der Bedeutung, die dem plastischen Film nun zukommt, wäre es vermessen zu behaupten, daß die stereoskopische Projektion auf allen Gebieten des Films Eingang finden wird.

Die Tatsache, daß dem Film auch so schon eine gewisse plastische Wirkung gegeben werden kann, eröffnet dem stereoskopischen Film nur dort Aussichten, wo die Plastik ein tatsächlich wesentlicher Faktor ist.

Beim normalen Spielfilm hat der Raumeindruck im allgemeinen eine untergeordnete Bedeutung und tritt gegenüber der Wirkung der Handlung zurück. Beim Kulturfilm jedoch, ("wo") bei dem es sich z. B. darum handelt, Bauwerke in ihrer wunderbaren Gestaltung zu zeigen, beim technischen Film, wo z. B. die Arbeitsweise eines konstruktiven Gebildes übersehen werden soll, beim wissenschaftlichen Film, wo es auf ein Erkennen genauester Tiefenunterschiede ankommt und schließlich beim Werbefilm, wo man aus der Bildwand heraus direkt an jeden einzelnen Beschauer heranzutreten in der Lage ist, wird sicher die Anwendung des stereoskopischen Bildwurfes in Aussicht stehen.

Die Technik ist jedenfalls bestrebt, durch intensive Arbeiten die technischen Mittel hierfür bereitzustellen und dem Film diese neue Gestaltungsform zu eröffnen.
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