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LEITARTIKEL aus FERNSEH- UND KINO-TECHNIK Nr. 2/1992

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HD-MAC - nur ein französisches Spiel?

Wenn vom 8. bis 23. Februar 1992 in und um Albertville die 16. Winterolympiade ausgetragen wird, ist nicht nur eine Olympiade des Sports, sondern auch eine der Technik zu erwarten.

Bevor jedoch das olympische Feuer während der Eröffnungszeremonie entzündet wird, steht ein Sieger bereits fest: Es ist das französische Organisationskomittee Savoie 1250, das im November 1990 gegründet wurde, HDTV-Aufnahmen und -Vorführungen in Europa zu organisieren, freilich in enger Abstimmung mit der "Organisation Radio Television Olympique 92", kurz ORTO 92 genannt.

Der Etat ist mit 44 Millionen Franc - umgerechnet etwa 15 Millionen DM - recht großzügig bemessen. France Telecom und TDF stellen außerdem Personal und technische Ausstattung für 22 Millionen FF, Vision 1250 beteiligt sich mit 18 Millionen FF, insgesamt stehen also 28 Millionen DM zur Verfügung.

"Damit werden wir einen Meilenstein im europäischen HDTV-Projekt setzen", versprach Michel Oudin, Präsident von Savoie 1250 und Generaldirektor von Vision 1250 kürzlich in Brüssel vor der Presse.

Bei Savoie 1250 sind die Ministerien für Industrie, Außenpolitik sowie für Post und Telekommunikation beteiligt, außerdem France Telekom, TDF, DIJO, ORTO 92, Antenne 2, SFP und die Firmen Thomson, Philips, Kodak, Bosch (Frankreich), Angenieux und Simavelec.

210 Stunden HDTV-Programm in 15 Tagen - durchschnittlich also 14 Stunden pro Tag - haben sich die Organisatoren vorgenommen, zu übertragen. 170 Stunden Sport, 20 Stunden HDTV-Filme, 10 Stunden Dokumentationen und 10 Stunden Musik - so sieht das derzeitige Übertragungsschema aus, Sendebeginn meist zwischen 10 und 11 Uhr, Sendeschluß gegen 24 Uhr.

Produktions- und Abspielzentrum ist Albertville.

Dort stehen sieben Aufnahme-, Übertragungs- und Endbearbeitungswagen. Eröffnungs- und Schlußveranstaltung, Eiskunstlauf und -wettlauf werden hier aufgenommen. Live zuschaltbar über 60km lange Glasfaserstrecken ist
das Skispringen in Courchevel; Eishockey und Damenabfahrt kommen aus Meribel. An vielen anderen Wettkampfstätten stehen ebenfalls HDTV-Ü-Wagen, die Geschehnisse werden als Mitschnitt zeitversetzt abgespielt.

Die Technik wird von Vision 1250-Mitgliedern bestritten - und da ARD und ZDF das nicht sind, bleiben sie bei diesem europäischen HDTV-Geschehen auf Statisten rollen beschränkt, ist doch die EBU nur für die Verteilung der Programme zuständig.

So einfach ist das. Man wartet lieber auf das digitale HDTV-Zeitalter. Doch das "Warten auf neue Technologien" hat Tradition - auch bei der Verkabelungsdiskussion gab es viele, die lieber auf die Glasfaser warten wollten als schon jetzt Kupfer in die Erde zu vergraben.

HD-MAC-Signale für 50 Geräte in ganz Europa

Von Albertville gibt es für die HD-MAC-Signale zwei Wege, einmal eine 140-Mbit/s-Glasfaser-Strecke nach Paris und zum anderen eine Satellitenverbindung zum Telecom II und/oder einen Eutelsat-Satelliten, um dann die Satelliten TDF2, Olympus und TV-Sat zu bedienen.

So weit, so gut und so europäisch. Doch dann beginnt die französische Variante des Spiels. Für die ursprünglich vorgesehenen 1000 HD-MAC-Empfänger gibt es erst 50 HD-MAC-Decoder, und auch die noch nicht alle gleich zu Beginn der Olympiade.

So können auch nur 50 "Euro-Receiving-Sites", also öffentliche oder semiöffentliche Vorführplätze für HD-MAC-Bilder, bestückt werden. Die Hälfte aller Geräte ist in Frankreich verplant, den Rest dürfen sich 15 andere europäische Länder teilen.

So gab es hinter den Kulissen einen heftigen Verteilungskampf, bei dem die Bundesrepublik - man muß es so drastisch sagen - auf dem Verlierertreppchen landete.

Der "Goldene HD-Meilenstein" und der "Olympiameister in HDTV"

Die nationale HDTV-Plattform konnte nur bei der Organisation der "Euro-Receiving-Sites" helfen. Der "Goldene HD-Meilenstein" geht an Savoie 1250, und damit wird Frankreich "Olympiameister in HDTV".

Die Begründung hierfür: Die Olympiade findet in Frankreich statt und das Interesse für HDTV ist in Frankreich besonders groß! Außerdem finanzieren TDF, France Telecom und die französische Regierung ein Großteil des hochzeiligen Spektakels.

Das mag alles stimmen, doch sollte es kein Grund sein, die anderen Länder HDTV-mäßig durch Unterversorgung zu "bestrafen". So gibt es in Deutschland Vorführmöglichkeiten nur in Berlin (Kurfürstendamm 25), Bremen (Hotel Marriot), München (Sport Scheck) und Stuttgart (Motorpresse), Mainz (ZDF), Köln (WDR), Baden-Baden (SWF), Hamburg (NDR) und Darmstadt (FTZ/BTS).

Immerhin ist einer der vier Stereotöne deutsch. Es sind vor allem drei Unternehmen, die sich um Öffentlichkeit mühen, nämlich Nokia, Philips und Thomson mit den drei Töchtern Nordmende, Saba und Telefunken.

Die Übertragung erfolgt exklusiv über den TV-Sat. Während der Olympiade wird nämlich der Kanal von 1plus aufgetrennt: Während das übliche Programm über ASTRA und Kopernikus in PAL abgestrahlt wird, steht der 1Plus-Transponder des TV-Sat nur für das bislang größte HD-MAC-Experiment zur Verfügung.

Außerdem werden die HD-MAC-Programme ins Kabel eingespeist und im Hyperband übertragen. Bis zum Sommer soll das 1000-Empfänger-Programm endgültig stehen, und dann dürfte es genügend HD-MAC-Decoder geben. Bis dahin spielt Frankreich in Europas HDTV-Spektakel die Hauptrolle - und auch die mit Bravour. Nur der Applaus fehlt noch.

Rainer Bücken
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LEITARTIKEL aus FERNSEH- UND KINO-TECHNIK Nr. 3/1992

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Meine Olympischen Winterspiele" in HDTV

Bei den Olympischen Winterspielen in Albertville stieg nicht nur der Adrenalinspiegel der Athleten, auch die europäische Fernsehwelt "zitterte", denn (Zitat eines Beteiligten) "noch nie seit Ramses Zeiten ist soviel an europäischem Equipment an einem Ort zusammengetragen worden wie bei der HDTV-Premiere in und um Albertville; wenn das schief geht, mein Gott! Schief gegangen im eigentlichen Sinne ist bei HDTV nichts (auf HD-MAC komme ich noch zu sprechen).

Im Gegenteil, wenn es eine Bewertung wie im Eiskunstlauf gäbe, würde ich die Note 5,8 verteilen. Es ist eine Goldmedaille wert, was in diesen wenigen Jahren an Geräten und vor allem an Problemlösungen entwickelt worden ist.

Kamen die bisherigen europäischen HDTV-Präsentationen in sportlicher Konkurrenz zum japanischen "Standard" betrachtet, nicht an deren Qualität heran, so kann man nun doch uneingeschränkt deutlich machen, daß dieser Abstand auf Null geschrumpft ist.

Das heißt nicht, daß die Entwicklung abgeschlossen ist. Nein, es bleibt noch eine Menge zu tun. Und das weiß man auch. Aber Albertville dürfte für alle an der Entwicklung Beteiligten - auch von der großen logislischen Leistung her - ein Ansporn zu weiteren Taten sein.
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Fast im Verborgenen - eine kleine HDTV-CCD-Kamera

Da werden zum Beispiel - fast im Verborgenen - kleine HDTV-CCD-Kameras mit europäischen CCD-Chips eingesetzt, deren Bilder exzellent sind. (Anmerkung : das war die ganz neue Philips LDK 9000) Nur Prototyp-Modellversionen verkündet BTS auf direkte Nachfrage.

Menschenskinder! Understatement kann man aber auch übertreiben. Als Sony letztes Jahr in Montreux seine HDTV-CCD-Kamera zeigte, sah ich einige bekannte Ingenieure, die mit ungläubigem Staunen aus dem Raum kamen. Heute, nach weniger als einem Jahr, ist die europäische Halbleiterindustrie dazu auch in der Lage.

Aufzeichnungsmaschinen waren in genügender Menge vorhanden, keine unhandlichen Quadriga-Lösungen, sondern fertige Modelle. Analog zugegeben, zu den Sommerspielen sollen die digitalen zur Verfügung stehen, und daran glaube ich jetzt auch.

Slow-Motion-Maschinen, zig Ü-Wagen (wir werden ausführlicher im nächsten Heft darüber berichten), Trickgeräte, Schriftgeneratoren, und, und. Kurzum alles, was man für eine solche Groß-Produktion braucht.

Die Olympischen Winterspiele, sie waren auch ein Erfolg für das europäische HDTV. Allen voran auf der Studioseite BTS; das sei mal so offen genannt, ohne die Leistungen der anderen Unternehmen in irgendeiner Weise schmälern zu wollen.

Ein so gewaltiges Unterfangen ist natürlich nicht Sache nur einer einzigen Firma, aber was von diesem Unternehmen mengen- und qualitätsmäßig in der zur Verfügung stehenden kurzen Zeit und mit einer eher klein zu nennenden Mannschaft geleistet wurde, das verlangt Hochachtung.
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HD-MAC und die Bewegungsumschaltung

HDTV mit HD-MAC gleichzusetzen wäre hingegen falsch. Das breitbandige HDTV-Signal in ein enges Kanalraster zu quetschen bleibt nicht ohne Folgen. Aber, um mit dem Guten zu beginnen, die bisher als problematisch angesehene Bewegungsumschaltung bei HD-MAC in einen der drei Bewegungszweige klappt recht gut; selbst bei den sehr unterschiedliche Bewegungen enthaltenden Sportszenen merkt man nur selten, daß scheinbar "die Schärfe aus den Bildern bricht".

Miserabale HD-MAC-Bilder

Nun zum Teil der Geschichte, die nicht so sehr zur Freude Anlaß gibt. Das Bild insgesamt ist nämlich, ja was denn nun?

Mit zwei Worten: "extrem unterschiedlich".
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HD-MAC Beispiel 1:

Telefunken lud zum HDTV-Erlebnis in die Fernsehstube am Kurfürstendamm in Berlin ein. Presse-Eröffnung, feierliche Reden, die ersten Lachsbrötchen, die ersten HD-MAC-Bilder.

Mir wird fast schlecht, aber nicht von den Brötchen. Flaue - ich setzte mir die Brille auf -, einwandfrei unscharfe Bilder (O-Ton der Telefunken-Leute: der Kameramann braucht 'ne Brille).

Aber es sind ja mehrere Kameras im Einsatz und alle Kameramänner sollten ihre Brille vergessen haben? Nach einer Stunde halt ich's nicht mehr aus, nicht nur die unscharfen Bilder, nein, die weißen Schneeflächen auf der 92cm-Rechteck-Panoramaröhre (Anmerkung : wir haben im Fundus solch einen sehr teuren Telefunken HD Fernseher gerettet) zeigen ein Großflächenflimmern wie ich es bisher nur in Simulationen gesehen habe. Das soll das europäisches HD-MAC sein?
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Einige Telefonate, mehr Meinungen als Angerufene: Es wird am Coder liegen, die Einspeisung vom Coder ins Kabel ist eben noch problematisch und anderes mehr. Tatsache ist, daß es nicht an den Fernsehgeräten lag, ein Umschalten auf "normale" Kanäle zeigte ein sauberes Bild.
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HD-MAC Beispiel 2:

Nächster Tag, ab nach Darmstadt zu BTS. Sehr schöne, etwa 5m breite Großbildprojektion. Klare Bilder. Bei der Projektionswiedergabe erwartungsgemäß kein deutliches Großflächenflimmern zu erkennen.

Insgesamt sehr eindrucksvoll, erst der Vergleich mit einer Direktaufzeichnung zeigt, daß es ohne den MAC-Trichter doch noch besser geht. Aber man kann zufrieden sein.

Plötzlich wieder flaue, unscharfe Szenen. Mittendrin. Die kommen von den Kameras der Mitbewerber, weil ihre Kameras bis zum CCU mit Koaxkabei betrieben werden, die maximal 15 MHz Bandbreite durchlassen, während BTS mit Glasfaserkabel bis 30 MHz arbeitet.

Mag sein, aber HD-MAC schafft weder 15 noch 30 MHz, sollte das trotzdem so deutlich sichtbar sein. Ich weiß es nicht, man kann nicht alles wissen; zurück bleiben Gefühle, so gemischt wie die Qualität der Wiedergabe.

Und dan auch nich D2-MAC

Dann - in einer Pause - Blick in einen Nebenraum. Auch HD-MAC-Olympia ? Nein, kompatibler Monitor-Empfang der Signale über D2-MAC mit neuestem Decoder. Der Sekt schmeckt plötzlich sauer.

Kompatibel? Ein Bewegungsrucken in den Szenen, wie ich es vorher noch nie gesehen habe, selbst bei normalen Sprecherszenen mit nur geringer Kopfbewegung. Das kann doch nicht wahr sein.

Aber, wird mir versichert, das läge nur an meinem geschulten Blick, ein "gewöhnlicher Fernsehkonsument" würde das nie sehen. Also mein Blick ist schuld, jetzt weiß ich's.

Nur glauben tue ich es nicht. Nein, es liegt am Decoder, oder doch nicht, sollte es etwa an MAC ... nein, ach was, es lebe HDTV.

Ihr etwas verunsicherter N. Bolewski
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LEITARTIKEL aus FERNSEH- UND KINO-TECHNIK Nr. 6/1992

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HDTV in den USA - Ohrfeigen für Japan und Europa?

Auf der zweiten HDTV-World-Conference war in Las Vegas eines nicht zu überhören: Die Vereinigten Staaten spielen im Konzert der Broadcast-Techniken wieder eine Solistenrolle. Doch das Projekt ist gigantisch, gibt es in den USA doch 1.760 Stationen, deren Programme in erster Linie lokal orientiert sind.

Und alle müssen sich auf einen künftigen HDTV-Standard einstellen: Ist HDTV - in welcher Form auch immer - erstmal in der Luft, gibt es nur noch eine bescheidene Gnadenfrist für NTSC. In 15 Jahren soll dann für den weltweit ältesten Farbfernehstandard alles vorbei sein.
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Sehr "komische" Regularien in USA

Sobald der Startschuß für die Abstrahlung von Advanced TV gefallen ist, hat jeder Broadcaster nämlich nur zwei Jahre lang Zeit, sich für HDTV zu entscheiden. Und gelingt es nicht, kann die exklusiv für HDTV zugeteilte zweite Frequenz wieder weggenommen werden. "Use it - or lose it!" - so heißt die klärende Kurzformel der FCC.

In einer spektakulären Entscheidung wird - öffentlich - über das nordamerikanische Nachfolgesystem von NTSC verhandelt. Demokratisch soll entschieden werden. Das beste System soll gewinnen, darin sind sich alle einig.

Keine Einigung wird es hingegen darüber geben, was das beste System ist. Und es entspricht durchaus US-amerikanischen Gepflogenheiten, gegen Entscheidungen zu prozessieren. Erst dann, wenn mit rechtlichen Mitteln die Einführung eines bestimmten HDTV-Systems nicht mehr zu verhindern sein wird, beginnt "Jahr Eins von HDTV" auf amerikanisch. Derzeit kann niemand vorhersagen, wann das sein wird. Fest steht nur, daß in diesem und im nächsten Jahr die ersten großen Entscheidungen falten.
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Fünf Systeme zeigen in den USA derzeit Flagge.

Leicht macht sich die Wahl keiner, billig wird sie nicht. Doch das Geld ist in jedem Falle gut angelegt, werden so neue Erkenntnisse gesammelt, mit denen sich wiederum eine Volkswirtschaft zumindest teilweise in Gang halten läßt.

Die geringe Bildwechselfrequenz war ein zentraler Kritikpunkt am europäischen System. "Die Generatoren laufen in Europa langsamer als in den USA - und nicht nur die Generatoren!"

Dieser etwas locker dahergesagte Spruch saß, die anwesenden Amerikaner hatten was zu lachen, wußten sich auf der sicheren Seite. Doch ganz so sicher ist die denn auch noch nicht.

Ausgestanden oder nicht ausgestanden

Wenn auch das Thema Bildwechselfrequenz ausgestanden scheint, so gibt es immer wieder Versuche, diese Debatte neu zu beleben. So war wiederholt von den bereits einmal in der Diskussion befindlichen 72 Hertz die Rede, einer Bildwechselfrequenz, die mit Film und Computer gut zu verkoppeln ist sowie eine ausgezeichnete Bewegungsauflösung und absolut flackerfreie Bilder verspricht; ein Kritikpunkt am europäischen System.

"Wir können leicht von 60 Bildern pro Sekunde einige wegwerfen, aber neue zu kreieren ist selbst mit Digitaltechnik nicht ganz einfach!"

Kein Widerspruch regt sich da, der schwarze Peter ist einmal mehr in Europa beheimatet. Da hilft es auch wenig, wenn die ersten bezahlbaren 16:9-Empfänger aus Europa kommen.

Die werden schon deshalb in den USA nichts zu suchen haben, weil sie für den Empfang digitaler Signale noch nicht geeignet sind.

Keine Zwischenlösungen geplant

Zwischenlösungen wie PALplus finden in den USA keine Akzeptanz, sie würden nur das Sterben einer überholten Technik verlängern und Geld binden, das besser in echtes HDTV gesteckt würde, war zu hören.

Nein, nahezu alles, was derzeit jenseits des Atlantiks ausgebrütet wird, ist nichts gegen US-amerikanische Technologie.

Das digitale Zeitalter scheint jetzt anzubrechen. "Going digital" heißt aber auch, digitale Komponenten in den 525/60- und 625/50-Studios zu nutzen. In den USA scheint sich das Drängen nach digitalen Komponenten jedoch in Grenzen zu halten, in Europa steht es - beinahe überfällig - auf der Tagesordnung.
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Die letzte Runde mit und um 525/60 bzw. 625/50

Jedenfalls wird nun definitiv die letzte Runde mit und um 525/60 bzw. 625/50 eingeläutet. Die Pferde, die dieses Rennen gewinnen müssen, kommen - selbstredend - aus dem digitalen Stall, wohl wissend, daß sie zugleich die Totenpferde von Systemen sein werden, die seit über einem halben Jahrhundert uns die Welt ins Haus brachten.

Beim Nachfolgesystem wird es eine ähnliche Systemkonstanz nicht mehr geben können, die technische Entwicklung schreitet zu schnell voran. Trotzdem - nichts schadet den Broadcastern und vor allem den Benutzern mehr als ständige "Zwischenlösungen".

Noch ist Zeit, eingeschlagene Pfade zu korrigieren, zumal das weltweit akkumulierte Wissen keine Provisorien oder Intermezzi zwingend macht.

In diesem Licht betrachtet sollte die eine oder andere Entscheidung nochmals überdacht werden - auch wenn es angesichts der bislang geleisteten Arbeit schmerzt. Neun Monate Zeit hat sich die EBU gegeben, um endgültig zwischen analogem und digitalem Weg zu entscheiden. In neun Monaten Ist schon so manches Baby herangewachsen - warum sollte das nicht auch für eine europäische Fernsehtechnik ohne Wenn und Aber gelten?

Rainer Bücken
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LEITARTIKEL aus FERNSEH- UND KINO-TECHNIK Nr. 9/1992

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Olympiade in Lüchow/Dannenberg

Urlaub vorbei, Olympiade vorbei - es bleiben die Erinnerungen. Diesmal langen sie damit an, daß meine Familie und ich etwas für uns ganz ungewöhnliches taten - Urlaub in Deutschland.

Wir fuhren ziemlich streßfrei gemächliche drei Stunden von Berlin aus Richtung Richtung Nordwesten, in ein schönes Sommerhaus bei Lüchow/Dannenberg, Prima Wetter, Fahrradfahren, Schwimmen, Tennisspielen, Lesen - alles was man zur Erholung braucht, war da. Oder nicht?

Im Ferienhaus kein Fernsehempfänger

Gleich nach unserer Ankunft stellte meine jüngste Tochter (8 Jahre) mit Bestürzung fest; "Im Ferienhaus gibt es keinen Fernsehempfänger". Meine große Tochter (14 Jahre) machte sachlich geltend, daß das doch wohl nicht ginge, schließlich würden am nächsten Tag die Olympischen Sommerspiele beginnen und ohne Fernseher - ja, wo leben wir denn.

Selbst ich hatte Interesse daran, nicht zuletzt, weil ich kurz vorher die fernsehtechnischen Einrichtungen in Barcelona besichtigt hatte (s. Seite 590). So wurde meine Frau, die (aus erzieherischen Gründen) frohlockte, daß die Kinder nun mal nicht vor der "Glotze" sitzen konnten, demokratisch mit 3:1 überstimmt.
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Ein Fernseher mußte her.

Dieser Wunsch schien den dortigen "Ureinwohnern" nicht unbekannt zu sein. An der Rezeption eines Feriendorfes entdeckten wir ein ganzes Lager davon: 36cm-Farbportables von Yoko (?) plus Fernbedienung für 7,50 DM pro Tag. Also schien auch das geregelt, und ich "programmierte" das Gerät fachmännisch auf die Sender.

Die jüngste wußte, daß um soundsoviel Uhr ein Zeichentrickfilm auf Sat1 oder Tele5 oder wer weiß wo lief, der ungeheuer lustig sein sollte.

Groß war die Enttäuschung als ich ihr sagte, daß wir diese Sender hier nicht sehen konnten. Als kabelverwöhntes Großstadtkind mußte sie lernen, daß der Sender nicht nur aus der (Kabel-)Steckdose kommt, sondern auch "über die Luft" - praxisnaher Physikunterricht Im Urlaub.

Doch auch ich hatte meine Probleme.

Bis zur Eröffnungsveranstaltung der Olympiade, übertragen von der ARD, war es mir nicht gelungen, mit der Teleskopantenne und wechselnden Gerätestandorten ein brauchbares Bild zu empfangen.

Nur wenn ich mich selbst als Antenne "anschloß" konnte man erkennen, daß die Sendung in Farbe ausgestrahlt wurde. Für mich war das allerdings eine sehr ungünstige Betrachtungsposition, und irgendwo bin ich ja auch mal Egoist.

Also es blieb - den ganzen Urlaub - dabei: ARD-Empfang bedeutete Schwarzweiß bei höchstens 20% Nutz- und mindestens 80% Störsignalanteil.

Aber man konnte es bei etwa "20 bis 30 H" Betrachtungsabstand (vom Garten aus) ertragen. Nur beim Tennis war's schwierig, man sah den verdammt kleinen Ball nie.

Und so wurde für uns das ZDF, das ja täglich mit der ARD wechselte, der Olympia-Channel. Das Programm bekamen wir so gut, daß Boris Becker mindestens vier Zwillingsbrüder neben sich hatte, was uns als Tennisamateure mehr zu verwirren schien als ihn.

Neben den Geisterzwillingen brach ziemlich genau alle halbe Stunde die Übertragung zusammen. Star war dann ein beamtetes Formblatt der Deutschen Bundespost, auf dem nüchtern-sachlich zu lesen war, daß beim Sender Höhbeck eine Störung ist und wir zur Zeit nichts sehen und hören können.

Wir überlegten in der Zwischenzeit, ob sich die Post nicht mal ein Gutachtergremium zur Überarbeitung von im Fernsehrundfunk übertragenen Texttafeln leisten könnte. Doch da kam dann auch schon das Bild, manchmal sogar gleichzeitig der Ton - bis nach etwa 30 Minuten - na ja, sagte ich schon.
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Das ganze hatte auch positive Aspekte.

Als wir am Tag unserer Rückkehr den häuslichen 42cm-Portable einschalteten, war die Freude unbeschreiblich über dieses herrlich schöne und scharfe Olympiabild.

Ich erklärte meiner Familie, daß ich unser Modell - vor acht Jahren - auch eben deshalb gekauft hatte, weil es eine Short-Pitch-Röhre hat und ich von Anfang an auf Verkabelung setzte, was mir nun - wenn auch spät - die besondere familiäre Wertschätzung meiner fachlichen Kenntnisse einbrachte.

Diesen Abend hätte ich jeden Meineid geschworen, ein HDTV-Bild vor mir zu haben. Zwei Tage später hatte ich dann Gelegenheit, bei BTS und im FTZ tatsächlich Olympia in HDTV, pardon HD-MAC, zu erleben und war in meiner Begeisterung kaum noch zu bremsen (siehe Seite 594).
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Vergessen wir vielleicht manchmal die Gegenwart ?

Nun sitze ich wieder in meinem Redaktionsbüro, voller Tatendrang, und lese mit Interesse über HDTV, HD-MAC, PAL-plus ...

Aber bei all diesen wichtigen Dingen für die Zukunft schweifen meine Gedanken immer wieder hin zum Fernseherlebnis der besonderen Art im Urlaub. Ist unser Fernsehsystem wirklich so ausgereift oder ausgereizt ?.

Brauchen wir neue Systeme? Wie wär's denn mit Echokompensation (in Japan nichts neues), einer dichteren Kette von Füllsendern, eingebauter Aktivantenne mit engerem Bündelungsgrad, besserer Empfängerselektivität. Zu machen gäbs noch eine ganze Menge. Lohnt es sich nicht mehr oder vergessen wir vielleicht manchmal mit Blick auf die Zukunft die Gegenwart ?

Frank Müller-Römer und das digitale terrestrische Fernsehen

Sollen doch die Fachleute mal laut darüber nachdenken. Einer von denen, der das immer wieder mal macht, ist Frank Müller-Römer, der Technische Direktor des Bayerischen Rundfunks. Und so ist es auch kein Zufall, daß dieses Heft mit einem Beitrag von ihm eröffnet wird, der das digitale terrestrische Fernsehen zum Inhalt hat.

Dies könnte, insbesondere bei digitalem Gleichwellenbetrieb, alle oder zumindest viele dieser Probleme lösen. Aber das wird noch mindestens bis zum Jahr 2000 dauern.

Schade - aber nein - paßt ja. Denn wenn in Berlin im Jahre 2000 die Olympiade sein sollte und dann digitaler terrestrischer Empfang geboten werden kann, dann mache ich - ganz bestimmt - zu der Zeit wieder Urtaub in Lüchow/Dannenberg.

Ihr Norber Bolewski (nebst Familie)
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Bemerkenswert :

Seite 62/63 - 2 Laudatien Thiele und Professor Hausdörfer

Seite 132 Ardennne Laudatio  ?????

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