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Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45

Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Gesunde Luft in Filmtheatern

aus KINOTECHNIK Heft 8 / Aug. Berlin 1938
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Wie dringend die Lösung der Frage guter Belüftung und Entlüftung auch für Filmtheater noch immer ist, geht aus den Ausführungen des Obmannes des Fachausschusses für Lüftungstechnik des Vereins deutscher Ingenieure, Dr. Gröber, Professor an der Technischen Hochschule Berlin, hervor *1).

*1) Vorwort zu den VDI-Lüftungsregeln, VDI-Verlag Berlin 1937

Darin heißt es u. a. „Trotz aller Fortschritte, welche die Technik der Lüftung und Klimatisierung in den letzten Jahrzehnten gemacht hat, trifft man heute durchweg in Gaststätten, Vereinssälen, Lichtspielhäusern und ähnlichen Versammlungsräumen Luftverhältnisse an, die den bescheidensten hygienischen Anforderungen nicht entsprechen."

Auch wenn über diese betrübliche Tatsache die Meinungen zwischen den Filmtheaterfachleuten und Lüftungsfachleuten kaum auseinandergehen dürften, so bestand doch bisher noch keine grundsätzliche Einheitlichkeit in der Auffassung, wann eine Belüftung bzw. Entlüftung als einwandfrei anzusehen ist. Es ist deshalb zu begrüßen, daß jetzt der Fachausschuß für Lüftungstechnik des Vereins deutscher Ingenieure hierzu genaue Lüftungsgrundsätze niedergelegt hat mit Mindestanforderungen, welche an eine Lüftungsanlage gestellt werden müssen.
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Der "gesundheitliche" Wert einer guten Luft

Sache der Filmtheaterbesitzer ist es nun, zu überprüfen, inwieweit die Luft in ihren Räumen diesen Lüftungsregeln entspricht und was getan werden kann, sie so gesund und einwandfrei zu machen, daß die Besucher sich wohl fühlen und darüber hinaus auch noch solche Menschen öfter kommen, die heute wegen der schlechten Luft ein Filmtheater nur selten besuchen.

Über den gesundheitlichen Wert einer guten Luft für die Atmung braucht in unserem "sportlichen" Zeitalter kaum noch gesprochen zu werden, es ist daher oft ein Opfer für viele Menschen, wenn sie, um einen guten Film zu sehen, sich in einer Raumluft aufhalten, die hygienischen Anforderungen nicht genügt.

Wie bekannt, besteht die atmosphärische Luft im allgemeinen aus 78,04% Stickstoff, 20,99% Sauerstoff, 0,03% Kohlensäure und im Rest aus Edelgasen.

Mehr über die Güte der Luft

Läßt sich also die Güte einer Luft nach ihrem Sauerstoffgehalt beurteilen, so ihre Schädlichkeit nach dem Gehalt an Kohlensäure. Zeigen sich hier schon beträchtliche Unterschiede zwischen Landluft und Stadtluft, so steigt in einem geschlossenen, von Menschen besetzten Raum, der nur schlecht gelüftet ist, der Kohlensäuregehalt ganz wesentlich; atmet doch jeder Mensch in einer Stunde 12 bis 15 Liter Kohlensäure aus.

Je mehr aber der Kohlensäuregehalt der für die Atmung zur Verfügung stehenden Luft anwächst, desto schädlicher wird diese für den menschlichen Organismus. Steigt der Kohlensäuregehalt der Luft bis auf 10% an, tritt bei den anwesenden Menschen Bewußtlosigkeit ein.

Diesem Zustand pflegt eine Reihe von Allgemeinstörungen voranzugehen, die sich in zunehmender Mattigkeit, in Kopfschmerzen und einem unangenehmen Hitzegefühl äußern. Darunter leidet natürlich die Aufnahmefähigkeit und bei den beschäftigten Berufskameraden die Leistungsfähigkeit.

In der Praxis kommen zu dieser allgemeinen Luftverschlechterung, die sich schon aus dem natürlichen Atmungsprozeß ergibt und die in Übergangsjahreszeiten mit einer Verpestung durch Krankheitskeime (Schnupfen, Grippe, Sommerruhr) verbunden ist, noch verschiedene andere Faktoren hinzu. Das kann z. B. unzulässig hohe Erwärmung und Befeuchtung der Raumluft durch die Wärme- und Wasserdampfabgabe der anwesenden Menschen sein.

Außerdem unangenehme Riechstoffe

Verschlechterungsfaktoren sind außerdem unangenehme Riechstoffe, wie sie als Körpergerüche sich entwickeln oder als Küchengerüche, sehr oft über die Lüftungsschächte hinweg, in den Zuschauerraum dringen, hier aber auch als Kohlenoxyd- oder Methangase schwelender Feuerführung in Öfen oder undichten Gasleitungen entweichen und lästig werden.

Vorschläge und Möglichkeiten

Welche Möglichkeiten bestehen nun, die Raumluft im Filmtheater zu erneuern?

Wenn man von den großen Filmtheatern absieht, die bereits mit modernen Lüftungs- und Klimaanlagen ausgestattet sind, und einmal die große Masse der Vorstadt- und Kleinstadttheater betrachtet, so ruht hier das Schwergewicht der Lüftung auf Lüftungsschächten, Ventilatoren, Türen und Versprühen „ozonhaltiger" Flüssigkeiten.

Der Wert der Lüftungsschächte wird vom modernen Lüftungstechniker stark angezweifelt. Da Luftströmungen nur durch einen Druckunterschied entstehen können, so hat man bei den Lüftungsschächten die Wirkung des Windes dazu ausgenutzt und zu diesem Zweck noch besonders einen Saugkopf aufgesetzt.

Nun zeigt aber die Praxis, daß gerade bei schwülem Sommerwetter mit Windstille, "wo" eine Frischluftzufuhr besonders gebraucht wird, der Lüftungsschachft samt Aufsatz nichts nützt.

Umgekehrt wieder werden bei starkem Wind übermäßige Luftmengen geliefert, so daß, wie die Lüftungsgrundsätze des Fachausschusses für Lüftungstechnik ausführlich darlegen, von einer Gleichmäßigkeit der Luftlieferung keine Rede sein kann.

Und dann noch die Heizung

Auch durch Einbau von Heizkörpern in den Abluftschaft wird durchaus nicht in allen Fällen ein Temperaturgefälle auch bei hoher Außentemperatur sichergestellt, zumal dann nicht, wenn die Heizkörper aus Unachtsamkeit oder falscher Sparsamkeit nicht angestellt werden.

Sehr oft können aber auch in diese Abluftschächte aus Küchen oder Maschinenräumen Gerüche und schlechte Gase hineingezogen und dem Zuschauerraum zugeführt werden.
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Sogenannte Scheinanlagen - die Ventilatoren

Bei den Ventilatoren (Schraubenlüfter in Propellerform) handelt es sich meist nur um Scheinanlagen. Da hierbei meist nur die Abluft abgeblasen wird, Zuluftöffnungen aber fehlen, so kann von einem ausreichenden Luftwechsel nicht die Rede sein. Und selbst wenn für Zuluft gesorgt wäre, so kann doch infolge der geringen Pressung dieser Apparate die notwenhige Luftmenge nicht herangeschafft werden.

Zu den Lüftungsbehelfen zahlt natürlich auch das Lüften mittels geöffneter Türen oder Fenster. Auch wenn der Raum auf diese Weise zu Beginn der ersten Vorstellung oder in der Pause gründlich mit Frischluft durchspült wird, so sind doch bei voller Besetzung schon nach einer knappen Stunde die Grenzen der zulässigen Luftverschlechterung wieder überschritten.

Das Verspritzen von wohlriechenden Flüssigkeiten kann letztlich auch nur auf eine behelfsmäßige Unterdrückung der üblen Düfte durch bessere hinauslaufen. Frische Luft entsteht dabei nicht.

Eine moderne Lüftungs- und Klimaanlage muß her

Allen Anforderungen, welche die Lüftungsgrundsätze aufgestellt haben, werden nur die modernen Lüftungs- und Klimaanlagen gerecht. Mit ihrer Hilfe wird zunächst einmal jedem Besucher je Stunde der erforderliche Luftraum von 20 m3 (Anmerkung : das ist eine sehr vage Aussage) an ständig zuströmender Zuluft zur Verfügung gestellt. Diese Zuluft wird zugfrei und gleichmäßig jedem Besucher zugeführt.

Da sie dem Freien entnommen wird, erfolgt vorher ihre Reinigung durch Filter. Diese Lüftungsanlagen arbeiten so geräuschschwach, daß im Saal nichts davon zu hören ist.

Den Klimaanlagen fällt auch die Aufgabe zu, im Zusammenwirken mit der Heizungsanlage im Winter die Raumtemperatur ständig auf 20° C zu halten, während sie im Sommer der Möglichkeit starker Überwärmung und zu hoher Feuchtigkeit entgegenarbeitet, also für Kühlluftzufuhr sorgt.

Die Luft kann so völlig staubfrei und besser als „draußen" sein; ja im Sommer ist der Aufenthalt im laufend gekühlten Raum sogar eine Erfrischung.
E. Wagner
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