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Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45

Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Februar 1938 - Filmtag in Wolfen und Halle

Im Rahmen der Gaukulturwoche Halle-Merseburg fand am 28. Februar 1938 ein Filmtag statt, der mit einer Besichtigung der Filmstadt Wolfen begann. Nach der Führung durch die Werksanlagen versammelten sich die Teilnehmer in dem 1.000 Personen fassenden Vorführungsraum.

Dort wurde nach Ansprachen des Beauftragten der Reichsfilmkammer für den Gau Merseburg, Gaufilmstellenleiter Czarnowski, und des Betriebsführers der Filmstadt Wolfen, Dr. Gajewski, ein unter Mitwirkung von Senta Schütz und Heinrich Berg, der Aufnahmeleitung von Morree und der Regie- und Kameraarbeit von Lagorio entstandener Farbenfilm auf Agfacolor-Neu-Material gezeigt.

Daran schloß sich folgende Ansprache des Präsidenten der Reichsfilmkammer, Staatsminister a. D. Prof. Dr. Lehnich:

Die Ansprache

In diesen Tagen veranstaltet der Gau Halle-Merseburg seine erste Gaukulturwoche und der heutige Tag ist dem Film gewidmet. Wir begehen diesen Tag des Films nicht in der Gauhauptstadt, sondern mitten in der Filmfabrik Wolfen der IG.-Farbenindustrie AG. Dafür bin ich der Gauleitung, vor allem Herrn Gauleiter Staatsrat Eggeling sowie der Werksleitung und den zuständigen Herren des Konzerns besonders dankbar.

Ihre Arbeitsstätte, meine Volksgenossen, ist der Mittelpunkt unserer Veranstaltung, deren Auftakt eine Besichtigung des Werkes war. Noch stehen wir alle unter dem Eindruck dessen, was wir hier gesehen haben und was hier in der Gemeinschaft des Betriebes geschafft wird.

Rein äußerlich schlagen wir auf diese Weise die Brücke von dem fertigen Filmwerk zu den Menschen, die uns das Rohmaterial liefern, von dessen Beschaffenheit in bezug auf die Qualität des Filmwerkes so sehr viel abhängt. So wird durch diese Tagung der enge Zusammenhang zwischen Filmkunst und Filmtechnik in eindringlicher Weise zum Ausdruck gebracht.

Der Film als Kunstwerk

Der Film als Kunstwerk unterscheidet sich von allen anderen Kunstwerken dadurch, daß in ihm die Technik eine ganz besondere Rolle spielt. Er wird nicht nur mit technischen Mitteln geschaffen, sondern kann auch nur mit technischen Mitteln wahrgenommen werden.

Insofern ist am Filmschaffen im weiteren Sinne auch ein wesentlich größerer Kreis beteiligt, als man oft anzunehmen geneigt ist. Das gesamte große Gebiet der Filmtechnik gehört zum Filmschaffen. Wir haben daher im Rahmen dieser Veranstaltung, die in einer Filmfabrik stattfindet, alle Veranlassung, derjenigen Mitarbeiter zu gedenken, die die technischen Voraussetzungen für das heutige Kunstwerk Film schaffen und geschaffen haben.

Die Entwicklung des deutschen Films

Betrachten wir einmal in kurzen Zügen die Entwicklung des deutschen Films von der technischen Seite, dann sehen wir deutlich jene enge Verbundenheit von Filmtechnik und Filmkunst.

Am Anfang des Films stand die Technik. Sie schuf und schafft die Ausdrucksmittel, deren sich der Künstler bedient, wie Optik, Lichtwirkung, Photochemie, Bewegungslehre, Elektro-Akustik, Verstärkerleistung u. a. m.

Oft trat in der Geschichte des Films der Künstler an die Technik mit Forderungen heran, die erfüllt werden mußten, wenn der Fortschritt in der Filmkunst gesichert werden sollte. Männer wie Oskar Meßter, Carl Frölich, Fanck sind leuchtende Beispiele für die enge Verbundenheit von Filmtechnik und Filmkunst.

Wer hätte es geahnt, daß aus den ersten technischen Erfindungen auf dem Gebiete des Films, die mehr als technische Spielerei in Schaubuden auf den Märkten gezeigt wurden, einmal die Weltmacht Film entstehen würde, die heute das stärkste künstlerische Ausdrucksmittel und das wirkungsvollste Instrument zur geistigen Erfassung, Formung und Führung eines Volkes darstellt. Die Tiefenwirkung des Films ermöglicht es, auch den letzten und entferntesten Volksgenossen zu bewegen und dort Einfluß auszuüben, wo das Wort versagt, weil die Seele des Volksgenossen sich ihm verschließen kann.
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Von der Patentanmeldung auf einen Kinematograph

Von der Patentanmeldung auf einen Kinematograph, die in das Jahr 1895 fällt, bis zu den Gegenwartsfragen der Filmkunst ist eine große Reihe wichtiger Erfindungen zu verzeichnen.

Aus den „lebenden Photographien“ des Deutschen Ottomar Anschütz entstand Ende der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts fußend auf den gebrauchsfähigen Apparaten Oskar Messters die deutsche Kino- und Filmindustrie. In vielgestaltiger Kleinarbeit ist dann ein Gebiet nach dem anderen, die Aufnahme in den Ateliers, die Filmbearbeitung in den Kopieranstalten und die Wiedergabe in den Filmtheatern zu so hoher Vollendung gebracht worden, daß wir die Technik im Filmtheater kaum noch bemerken.

Dabei ist die deutsche Technik stets mit bestem Erfolg bemüht gewesen, sich vom Ausland unabhängig zu halten. Das gilt vor allem auch für den Rohfilm, der viele Jahre ausschließlich vom Ausland, insbesondere von Amerika bezogen werden mußte, bis die Agfa 1909 die große Filmfabrik in Betrieb nahm, in der wir jetzt stehen.

Dies gilt auch für den Tonfilm, der, ursprünglich eine deutsche Erfindung der Triergon-Gruppe: Vogt, Massolle und Engl des Jahres 1919 nach etwa 10 Jahren von Amerika als wirtschaftliche Erscheinung zu uns zurück kam und dann durch die deutschen Firmen, Tobis, Klangfilm und Ufa selbständig weiterentwickelt worden ist.

Der Farbfilm kommt

Gerade in der Gegenwart stehen wieder große filmtechnische Probleme zur Lösung heran: Der Farbfilm, der plastische Film und das Fernsehen. Es wird daher auch in Zukunft ganz besonders darauf ankommen, daß eine enge Arbeitsgemeinschaft zwischen Filmtechnik und Filmkunst besteht.

Gerade im Rahmen der Jahrestagung der Reichsfilmkammer steht ein Ereignis im Mittelpunkt, das mit besonderer Deutlichkeit zeigt, welch große Bedeutung das Dritte Reich der engen Verbindung von Filmkunst und Filmtechnik beimißt.

Es wird am nächsten Freitag der Grundstein zur Deutschen Film-Akademie gelegt, in deren Lehrplan die Filmtechnik eine der drei Säulen darstellt.

Der Film und das deutsche Volk und der Volksgenosse

Je weiter die Kunst mit Hilfe der Technik kommt, um so weiter dringt der Film in das deutsche Volk. Ist der Film schon seinem Charakter nach nicht eine Kunst, die für einen kleinen Kreis von Kunstfreunden und Kunstsachverständigen geschaffen wird, sondern für die Gesamtheit des Volkes, so wird er doch mit seiner weiteren Entwicklung immer mehr zu einer wahren Volkskunst.

Die Zahl der Filmtheaterbesucher, die sich auf etwa 400 Millionen beläuft, kann dann doch noch sehr erheblich gesteigert werden. Jeder Volksgenosse muß in die Lage versetzt werden, die bedeutendsten deutschen Filme zu sehen.

Bei den Bemühungen, dem Film eine immer größere Tiefenwirkung zu geben, kommt der Arbeit in den einzelnen Gauen ganz besondere Bedeutung zu. Wo das Filmtheater nicht hinreicht, haben die Gaufilmstellen dafür gesorgt, daß der Volksgenosse wenigstens die bedeutendsten Filme sieht.

Aber nicht nur dieses unmittelbare Erfassen der kinolosen Orte ist die Aufgabe der Arbeit im Gau, noch wesentlicher ist, daß die Gauarbeit sich in die Werbung für den deutschen Film einschaltet. Auch in dieser Hinsicht stehen wir in Zukunft noch vor neuen organisatorischen Maßnahmen, die das Wirkungsfeld des Films erweitern werden.
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Der Film als Volkskunst

Was die Erfassung des gesamten Volkes betrifft, so können wir beim Film mit Recht von einer Volkskunst sprechen. Aber noch in einer anderen Hinsicht verdient der Film die Bezeichnung Volkskunst.

Der Film macht in immer stärkerem Maße das wirkliche Leben zum Gegenstand seiner Betrachtung. Er wählt die Stoffe aus dem Leben und Arbeiten des deutschen Volkes und bringt damit eine enge Verbindung zwischen Filmschaffen und Volk zustande. Es gibt eine Reihe von Künstlern, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, das alltägliche, nüchterne Geschehen zu einem künstlerischen Erlebnis umzuformen.

Das gilt für alle Arten von Filmen, vor allem aber für den Kulturfilm. An der Spitze dieser Künstler steht der Regisseur Walther Ruttmann, der eine Reihe wertvoller Filme gemacht hat, die unmittelbar das Leben darstellen, Filme, die mit dazu beigetragen haben, den Ruhm deutscher Filmarbeit in die Welt zu tragen.

Danach sprach der Regisseur W. Ruttmann über Kulturfilm und Farbenfilm.

Der Abend vereinigte die Teilnehmer in Halle au dem „Fest der Künstler 1938“ im Stadtschützenhaus
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Jahrestagung 1938 der Reichsfilmkammer

Im Reichstagssitzungssaal der Krolloper in Berlin wurde am 3. März 1938 die Jahrestagung der Reichsfilmkammer durch ihren Präsidenten, Prof. Dr. Lehnich, eröffnet. In seiner Rede führte er aus, daß die Ereignisse des vergangenen Jahres es rechtfertigen, von dem entscheidenden Filmjahr 1937 zu sprechen. Der deutsche Film ist künstlerisch und wirtschaftlich auf eine sichere und gesunde Grundlage gestellt worden.

Im Anschluß daran sprach Spielleiter Karl Ritter „vom Wesen echter Filmkunst".
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Der Film habe sich nicht nach dem vermuteten Geschmack eines vermuteten Publikums, sondern nach den Erwartungen des Staates zu richten.

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Er soll allein aus dem Gefühl zum Volk sprechen; schon die Uridee eines Filmwerks muß dichterischen Ursprungs sein.
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Die Fachgruppen Tagungen

Am 4. März 1938 tagten die Fachgruppen „Inländischer Filmvertrieb“, „Filmateliers“, „Film- und Kinotechnik“, „Filmherstellung“, „Filmtheater“, „Beiprogramm und Lichtspielstellen“ und „Fllmaußenhandel“.

In technischer Hinsicht interessierte besonders die Fachgruppe „Film- und Kinotechnik“, die gemeinsam mit der Fachgruppe „Filmateliers“ unter Vorsitz von Generaldirektor Lehmann tagte. Der Geschäftsführer der Fachgruppe „Film- und Kinotechnik“, Dr. J. Graßmann kennzeichnete in seinem Jahresbericht die Aufgaben der Fachgruppe: Betreuung der ständischen Berufsgruppen „Filmbearbeitung“ (hauptsächlich Kopieranstalten) und „Patenthalter“, Behandlung allgemeiner filmtechnischer Fragen, Fachverbindung mit den außerhalb der Reichsfilmkammer stehenden Wirtschaftsgruppen und ihren kinotechnischen Teilen, Zusammenarbeit mit der Deutschen Kinotechnischen Gesellschaft und deren Deutschen Fachnormenausschuß für Kinotechnik.

Aus dem Arbeitsgebiet der Fachgruppe seien genannt: Farbfilm, Tonfilmtechnik, Bildtechnik (Negativentwicklung, Bildwandbeleuchtung), Sicherheitsfilm, Filmschonung.
Dr.-Ing. W. Pape sprach über „Wünsche des Filmtheaterbesitzers an die Technik im Film“. Darüber wird näher im nächsten Heft berichtet werden.

In der Fachgruppe Filmtheater sprach Oberingenieur Kemna über „Filmtechnik als Grundlage der Filmkunst“. Auch darüber wird noch berichtet werden.
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Die feierliche Grundsteinlegung der Filmakademie

Der 4. März war noch durch zwei besondere Ereignisse ausgezeichnet: Am Nachmittag fand die

Feierliche Grundsteinlegung der Filmakademie

durch Reichsminister Dr. Goebbels in Neubabelsberg statt.
„Ich vollziehe hiermit“, sagte Dr. Goebbels, „die Grundsteinlegung der Deutschen Filmakademie. Ich verbinde damit den Wunsch, daß in der nun entstehenden Deutschen Filmakademie immer drei Erkenntnisse zu Hause sein mögen,
daß die Kunst mehr mit Können als mit Wollen zu tun hat, daß Wirtschaft und Technik der Kunst untertan sind und daß der Dienst am Volke die höchste Ehre und die höchste Pflicht unseres Lebens und unseres Arbeitens ist.“
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Kundgebung der Filmschaffenden

Am Abend sprach Reichsminister Dr. Goebbels in der "Kundgebung der Filmschaffenden"

Nach der Ouvertüre zu Coriolan von L. van Beethoven und nach der Begrüßung durch den Präsidenten der Reichsfilmkammer gab er in eindringlicher, häufig von stürmischem Beifall unterbrochener Rede die Richtlinien für die Filmarbeit des kommenden Jahres.

„Jetzt sollen die Künstler an die Front! Die großen Dichter und Regisseure, Manuskriptverfasser und Schauspieler sollen das Wort ergreifen und zu einem Volk reden, das auf sie wartet und das sie verstehen wird. Ich glaube, es gibt für sie alle für das kommende Jahr künstlerischen Schaffens keine bessere Parole als die, die der Dichter den Künstlern mit auf den Weg gegeben hat: Die Zukunft habt Ihr, Ihr habt das Vaterland, Ihr habt der Jugend glühendes Herz in Eurer Hand!“

Der 5. März 1938 im Ufa-Palast am Zoo

Am 5. März sprach im Ufa-Palast am Zoo Dr. W. Rahts, der Vorsitzende der Deutschen Kinotechnischen Gesellschaft über „Spitzenleistungen des deutschen filmtechnischen Schaffens“.

Sein Vortrag wird im nächsten Heft der „Kinotechnik“ wiedergegeben werden. Die Vorführungen, die sich anschlossen gaben den Ausführungen des Vortragenden erst volles Gewicht, indem sie deutsche Spitzenleistungen den Zuschauern und Zuhörern zur Wirklichkeit werden ließen.

Die die Bildgestaltung betreffenden Leistungen zeigte eindrucksvoll ein im Auftrag der DKG hergestellter Film, der aus in irgendeinem Sinne technisch wertvollen Szenen aus dem deutschen Filmschaffen der letzten jahre aufgebaut war.

Die Möglichkeiten und Leistungen der Tongestaltung zeigte ein weiterer Film, bei dem der Ton z. T. ohne z. T. mit Bild vorgeführt wurde.

Bei beiden Filmen handelt es nicht um Prüffilme, die wissenschaftlich einwandfrei etwa die Güte einer Wiedergabeapparatur oder die optischen und akustischen Eigenschaften eines Filmtheaters zahlenmäßig zu bewerten gestatten. Auch das Wort Lehrfilm ist nicht am Platze, - Lernfilm ist vielleicht der beste Ausdruck für diese Filme, die die DKG in Zukunft besonders pflegen will.

Danach kamen die deutschen Farbfilmverfahren zu Worte:
Das Agfa-Verfahren wurde vorgeführt in einem von A. von Lagorio gedrehten Spielfilm, der besonders in der Farbenwiedergabe lebhaften Beifall fand.

Das Berthon Siemens-Linsenraster-Verfahren wurde in einem Film vom letzten Reichsparteitag vorgeführt und gab eindrucksvolle Bilder von großen Ereignissen, Aufmärschen, Vorführungen der Wehrmacht usw.

Die Jahrestagung fand ihren festlichen Abschluß in dem Filmball in den Gesamträumen des Zoo, der noch einmal die deutschen Filmschaffenden und viele ihrer begeisterten Freunde vereinte.
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