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Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45

Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Sicherheitsfilm im Normalformat

aus KINOTECHNIK Heft 10 / Okt. Berlin 1938 - von Dr. Joachim Graßmann
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1. Großversuch Sicherheitsfilm

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Der 1. Großversuch mit dem neuen Sicherheitsfilm

Der erste Großversuch mit Sicherheitsfilm im 35mm Normalformat, den die Reichsfilmkammer in Verbindung mit den drei Rohfilmfabriken Agfa, Kodak und Zeiß-Ikon in den Jahren 1936 und 1937 durch den Einsatz von 450.000m Positivfilm im praktischen Verleihbetrieb durchgeführt hat, hat als aussichtsreich erwiesen, daß der Sicherheitsfilm, d. h. schwer entflammbarer und schwer brennbarer Normalfilm, an Stelle des höchst feuergefährlichen Nitrofilms in die Filmindustrie eingeführt werden kann.

Vor dem gänzlichen Übergang auf Sicherheitsfilm in Deutschland sind aber noch einige Teilfragen besonders der zweckmäßigen Behandlung im praktischen Gebrauch zu klären.

Deshalb wird von der Reichsfilmkammer ein zweiter Großversuch durchgeführt, für den die drei Rohfilmfabriken Agfa, Kodak und Zeiß-Ikon 1.500.000m Sicherheitsfilm im Normalformat zur Verfügung gestellt haben und der mit der neuen Verleihsaison am 15. Juli 1938 begonnen hat.

Der 2. Großversuch

Für den zweiten Großversuch sind im Einvernehmen mit dem Ausschuß für Sicherheitsfilm der Deutschen Kinotechnischen Gesellschaft Richtlinien aufgestellt worden, bei deren verständnisvoller Beachtung namentlich in den Verleih- und Theaterbetrieben die noch offenen Teilfragen bald geklärt sein dürften.

Entsprechend diesen Richtlinien sollen von vermutlich gut gehenden Filmen je 7 Kopien auf Agfa-, Kodak- und Zeiß-Ikon-Sicherheitsfilm hergestellt werden, so daß also von jedem Bild 21 Kopien auf Sicherheitsfilm vorhanden sein werden, und zwar solange, bis der Sicherheitsrohfilm verbraucht ist.

Es werden also etwa von 7 bis 8 Bildern insgesamt 150 bis 160 Kopien einzusetzen sein, und zwar in jedem der drei Verleihbetriebe Ufa, Tobis und Terra.

Für die Berechnung ist je Kopie eine Filmlänge von 3000m zugrunde gelegt. Minderverbrauch führt dazu, daß ein weiteres Bild mit entsprechender Anzahl von Kopien eingesetzt wird.

Die verschiedenartigen Kopien sind miteinander auszutauschen, und zwar Nitrofilm mit Sicherheitsfilm der drei Fabriken sowie möglichst auch Koppelung der einzelnen Sicherheitsfilmfabrikate untereinander.

Die Filmpflege

Die Filmpflege wie Imprägnieren, Nachbehandlung, Entregnung, Beschichtung und wie man die Verfahren sonst nennt, soll bei beiden Filmarten so vorgenommen werden, wie es in dem jeweiligen Verleihbetrieb üblich ist, z. B. soll eine notwendig gewordene Entregnung eines Sicherheitsfilmteiles auf die ganze Filmrolle erstreckt werden.

Jeder Kopie ist ein Merkblatt über das Kleben des Sicherheitsfilms und den dafür geeigneten Klebeleim beizufügen. Jede Kopie und jeder dazugehörige Karton sind mit einer Lagernummer zu versehen. Für jede Lagernummer ist eine Laufkarte anzulegen, aus welcher chronologisch zu ersehen ist: Ort, Theater, Spieltermin, und auf der die Laufzeit in Staffelform errechnet ist.

In der Kleberei soll eine Befundskarte geführt werden. Jedesmal, wenn die Kleberin eine Kopie durchsieht, soll sie je Akt oder Rolle den Befund darauf notieren. Jede Behandlung der Kopie, jede Änderung, jeder Ersatz von Szenen muß entweder in der Befundskarte oder in der Laufkarte notiert werden.

Sobald eine Kopie nicht mehr verwendungsfähig ist, soll sowohl auf der Befunds- als auch auf der Laufkarte vermerkt werden, aus welchem Grunde die Kopie nicht mehr lauffähig ist, z. B. „starker Anschlag" oder „stark eingerissen" oder „starke Schrammen".
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Die Chemisch-Technische Reichsanstalt ........

Die Chemisch-Technische Reichsanstalt, die mit ihrer Abteilung für allgemeine Chemie die wichtigen Zusammenstellungen der Ergebnisse des ersten Großversuchs vorgenommen hat, ist auch beim zweiten Großversuch sehr maßgeblich beteiligt, indem sie schon von Anfang an sowohl den Rohfilm als auch das kopierte und entwickelte Material jeder Sorte erprobt und während des Versuchs in den Verleihbetrieben gelegentlich einzelne Kopien überprüfen wird.

Merkblatt mit Angaben zur Sammlung von Erfahrungen

Über die Behandlung der Versuchskopien in den Vorführräumen der Filmtheater ist den Richtlinien ein Merkblatt beigegeben, in dem besonders auf folgendes hingewiesen ist:

Sauberkeit der Maschinen, rechtzeitiger Ersatz abgenutzter Teile, sauberes und ordentliches Kleben und Schneiden unter Beachtung der 600m-Rollen Anordnung der Reichsfilmkammer, Verwendung guten Filmleims, der Nitro- und Sicherheitsfilm leicht klebt.

Ein zweites Merkblatt behandelt die Pflege der Versuchskopien in den Verleihbetrieben. Danach sollen die Versuchsfilmkopien, die nach den Richtlinien der Reichsfilmkammer vom 1. Juli 1938 ganz oder teilweise aus Sicherheitsrohfilm hergestellt sind, nicht im Wege des sogenannten Überweisungsverkehrs oder Weiterversandes disponiert werden, sondern man soll sie möglichst zu dem jeweiligen Verleih zurückkommen lassen, um rechtzeitig Schäden zu erkennen, die nicht durch ein Versagen der Maschine oder durch Unaufmerksamkeit des Vorführers entstanden sind, sondern im Material begründet zu sein scheinen.

Kleben von Sicherheitsfilm

Über das im Verleihbetrieb wichtige Kleben wird ausgeführt, daß schlechte Klebestellen, die im Filmtheater vom Vorführer gefertigt worden sind, sofort entfernt werden müssen. Es gilt zu vermeiden, daß durch schlechte Klebestellen eine Kopie beschädigt wird.

Eine Klebestelle soll knapp 2mm breit sein. Der Schnitt an der angeschabten Stelle ist da zu machen, wo die unteren Kanten der beiden 4. Perforationslöcher liegen. Blankseite leicht aufrauhen!

Beim Fertigen einer Klebestelle ist darauf zu achten, daß flott gearbeitet werden muß, weil der Klebeleim dazu neigt, schnell zu trocknen. Es empfiehlt sich aber, bis die notwendige Fertigkeit erreicht worden ist, die Klebestelle etwas länger als üblich in der Klebelade zu belassen. Um schon von vornherein eine einheitlichere Auffassung über die Kopie und das Material selbst zu erzielen, sollen möglichst die gleichen Kleberinnen die Versuchskopien durchsehen. Auf die sorgfältige Ausfüllung der Befundskarten, in die auch jede Behandlung der Kopie, jede Änderung, jeder Ersatz von Szenen einzutragen ist, wird besonders hingewiesen.
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2. Internationale Normung


Die Einführung des Sicherheitsfilms in die Filmwirtschaft ist international von größter Bedeutung. Deshalb hat sich aut der internationalen Normentagung, Berlin 1938, das ISA-Komitee 36 Kinematographie, dessen Sekretariat Deutschland hat, u. a. auch mit der internationalen Normung des Sicherheitsfilms befaßt.

Die DIN-Mitteilungen des Deutschen Normenausschusses 1938, S. 4-34 geben darüber folgenden Bericht:

„Besonders wichtige Beschlüsse wurden für den Sicherheitsfilm gefaßt. Sicherheitsfilm ist bereits jetzt vorgeschrieben für Schmalfilm 16mm und 8mm; in allen Ländern besteht Bereitschaft, auch den 35mm Normalfilm nur noch als Sicherheitsfilm zu verwenden.

Das ISA-Komitee 36 beriet über die Begriffsbestimmung, die Prüfverfahren und die Kennzeichnung, und es kam zu einer vollen Einigung unter den Delegierten der beteiligten Länder; insbesondere wurde beschlossen, in die jetzt bestehenden Vorschriften noch eine neue Vorschrift aufzunehmen, nämlich daß Sicherheitsfilm nicht mehr als 0,36% Stickstoff enthalten darf.

Namentlich von den Delegierten Frankreichs und Italiens wurde begrüßt, daß Deutschland mit der Einführung des Sicherheitsfilms, besonders auch in den Lichtspieltheatern, voranschreitet, und daß von deutscher Seite die wertvollen Unterlagen ausgearbeitet wurden, die in den Sitzungen allgemeinen Beifall fanden und angenommen wurden *1)."
*1) vgl. auch Kinotechnik 20 (1938), Heft 9, S. 249
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3. Sicherheitsfilm in Frankreich


Auf dem Wege zum Sicherheitsfilm ist man jetzt auch in Frankreich weiter fortgeschritten. An sich besteht schon seit dem 10. April 1922 eine „Ordonnance" des Pariser Polizeipräfekten, derzufolge vom 1. Januar 1925 ab bei öffentlichen Filmvorführungen der Gebrauch von Zelluloidfilmen oder leicht entflammbaren Filmen untersagt ist.

Die endgültige Einführung des Sicherheitsfilms ist aber immer wieder hinausgeschoben worden. Immerhin ist auf Grund dieser Bestimmungen bei den Filmvorführungen auf der Pariser Weltausstellung 1937 verlangt worden, daß alle dort vorgeführten Filme auf Sicherheitsfilm kopiert waren.

Nunmehr hat die französische Regierung eine Verordnung erlassen, in deren drei Artikeln bestimmt wird, daß ab 1. August 1938 alle Filme, die nach dem 31. Juni 1938 kopiert werden, mit einem Aktanfang oder Startband von mindestens 6m Länge aus Sicherheitsfilm versehen sein müssen. Dieselbe Bestimmung gilt vom 1. September 1940 ab auch für alle die Filme, die vor dem 1. August 1938 kopiert worden sind.
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4. Einführung in Deutschland


Die baldige Einführung des Sicherheitsfilms in die gesamte deutsche Filmwirtschaft wird auch vom Standpunkte des deutschen Luftschutzes aus als dringlich angesehen.

Gemäß der am 1. September 1937 in Kraft getretenen dritten Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz ist die Ausnutzbarkeit der Dachgeschosse u. a. auch für die Aufbewahrung von Filmmaterial eingeschränkt worden.

Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz

Nach der genannten Verordnung ist die Aufbewahrung von „schwer beweglichen" Gebrauchsgegenständen in den Dachgeschossen verboten, soweit sie bei Aufruf des Luftschutzes nicht rasch von dem Besitzer oder seinen ihm ständig zur Verfügung stehenden Arbeitskräften in weniger brandgefährdete Gebäudeteile gebracht werden können.

Umfangreiche Filmvorräte, z. B. in den Lagern der Filmverleihanstalten, werden im Sinne dieser Verordnung als „schwer beweglich" angesehen.

In Deutschland werden die Bestimmungen für die ausschließliche Verwendung von Sicherheitsfilm im Normalformat erlassen werden, wenn man auch fabrikatorisch den bisher fast ausschließlich gebräuchlichen Nitrofilm durch einen in jeder Beziehung gleichwertigen Sicherheitsfilm allgemein ersetzen kann. Dieser Zeitpunkt dürfte durch die enge Zusammenarbeit aller hierfür in Betracht kommenden Stellen sehr nahe gebracht sein.

  • Anmerkung : Es ist doch seltsam, daß in 1938 auch hier beim Film bereits über die Luftschutz-Vorsorge intensiv nachgedacht wird. Wer ahnte da etwas ??????

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