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Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45

Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Das Berthon-Siemens-Farbfilmverfahren (Der Opticolor-Film)

aus Kinotechnik Heft 15 - August 1936
Die Würfel sind gefallen - Deutschland hat sein Farbfilmverfahren, und zwar ein Verfahren, das zur Praxisreife durchentwickelt ist, das allen Voraussetzungen, welche für eine industrielle Auswertung nun einmal erfüllt sein müssen, weitgehend entspricht und das Resultate liefert, denen auch der Anspruchsvolle seine Anerkennung nicht wird versagen können.

Der Name Berthon weist den Fachmann bereits darauf hin, daß es sich um das Linsenrasterverfahren handelt; dieses System wurde im Prinzip schon früher so eingehend erläutert *1) und im Zusammenhang mit den Amateurverfahren (Agfacolor, Kodacolor) so viel besprochen, daß es seinem Wesen nach als bekannt angesehen weiden darf; eine nochmalige Behandlung der Grundsätze im Rahmen dieses Berichts erscheint deshalb entbehrlich.
*1) Vgl. „Kinotechnik" 1928, Heft 7, S. 193/194 und S. 592/594.
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1895 - Liesegang

Weniger bekannt dürfte es sein, daß R. E. Liesegang, Düsseldorf, im Jahre 1895 ein Verfahren veröffentlichte, welches bereits den Grundgedanken des Berthoschen Verfahrens enthält: Liesegang setzte ein Dreifarbenfilter in die Blende der Aufnahmeoptik, das durch die gleichsam als „Lochkameras" wirkenden Öffnungen eines Rasters auf der Schicht abgebildet wurde, so daß in dieser Farbauszüge entstanden.

1908 - Berthon

Im Jahre 1908 ersetzte Berthon das Spaltraster vor der Schicht durch das in den Schichtträger eingeprägte Linsenraster, und dieses System liegt auch dem neuen Berthon-Siemens-Verfahren zugrunde. Die prinzipielle Gangbarkeit dieses Weges zur Herstellung naturfarbiger Filme ist schon seit Jahren durch die obengenannten Amateur-Erfahrung erwiesen.

Wenn das Prinzip für die Zwecke der industriellen Farbenkinematographie bisher ungeignet erschien, so hatte dies in erster Linie seinen Grund darin, daß die fehlerlose Vervielfältigung der Originale, auf die der Amateur, nicht aber die Filmindustrie verzichten kann, bisher auf unüberwindliche Schwierigkeiten stieß.

Es ist der zähen, durch keinen Mißerfolg zu entmutigenden Arbeit der Firmen Siemens & Halske, Berlin, und Perutz, München, zu danken, wenn nicht nur die Fragen des Kopierens einwandfrei und in einer eleganten Weise gelöst, sondern auch eine große Reihe weiterer, recht erheblicher Schwierigkeiten restlos überwunden werden konnten.

Siemens & Halske und Perutz und Opticolor

Das Problem des Linsenrasterfilms wurde auf wissenschaftlicher Grundlage vollkommen neu angefaßt, nachdem sich Siemens & Halske bereit gefunden hatte, dem Vorschlage der Firma Perutz auf gemeinsame Entwicklung des Farbfilms nach Berthons Erfindung zu folgen und die Opticolor A.G. von den beiden Firmen unter Hereinnahme der ausländischen Inhaber Berthonscher Schutzrechte für einen großen Teil Europas gegründet worden war.

Siemens & Halske fiel bei der Entwicklungsarbeit der physikalisch-optische Teil, Perutz der photochemische Teil zu. Es konnte hierbei nicht ausbleiben, daß, wie meist, wenn einer so verwickelten Materie wirklich auf den Grund gegangen wird, immer neue Probleme auftauchten, die der Lösung zugeführt werden mußten, wenn etwas Ganzes entstehen sollte; so kann es nicht wundernehmen, daß die anfänglich auf sehr viel kürzer geschätzte Entwicklungsperiode sich über sechs Jahre ausgedehnt hat.

Es muß den beiden Firmen hoch und dankbar angerechnet werden, daß sie im Stillen gearbeitet haben, bis das Verfahren wirklich praxisreif dastand; gerade auf dem Gebiete des Farbenfilms ist die Öffentlichkeit nur zu oft durch Halbheiten enttäuscht worden, so daß das Vertrauen in die Möglichkeit einer ästhetisch befriedigenden, technisch brauchbaren und wirtschaftlich tragbaren Lösung bereits stark erschüttert war.
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Premiere am 21. Juli 1936 im Wernerwerk

In einer Veranstaltung, die am 21. Juli 1936 im Wernerwerk der Siemens & Halske A.G. vor der Presse stattfand, wurde das Verfahren durch die fesselnden Vorträge der Direktoren Storch (S. & H.) und v. Oven (Perutz), denen sich eine Vorführung zahlreicher, infolge ihrer Vielseitigkeit für eine Beurteilung wirklich geeigneter Leistungsproben anschloß, gleichsam der Öffentlichkeit übergeben. Im nachfolgenden sollen die wichtigsten Merkmale des Opticolor-Systems geschildert werden.

Die Grundlage bildet das Filmmaterial

Die Grundlage bildet das Filmmaterial, ohne dessen einwandfreie Eignung und Beschaffenheit alle Bemühungen um ein farbenphotographisches Verfahren von vornherein aussichtslos sind; deshalb sei zunächst über den Rohfilm einiges ausgeführt.

Die wichtigsten Anforderungen, welche an die Emulsion des Rohfilms für das Linsenrasterverfahren gestellt werden müssen, sind: Gutes Auflösungsvermögen, größte Feinkörnigkeit, geeignete Gradation, zweckentsprechende Farbenempfindlichkeit und möglichst hohe Allgemeinempfindlichkeit; bei alledem muß das Material die für industrielle Zwecke genügende Haltbarkeit besitzen und für die Umkehrentwicklung geeignet sein.

Es ist offensichtlich, daß einige dieser Forderungen nach der herkömmlichen Auffassung im Widerspruch zueinander stehen, und in der Tat war seiner Zeit, als die Fa. Perutz sich für das Linsenrastersystem zu interessieren begann, kein Filmmaterial im Handel, das auch nur einigermaßen den Anforderungen gerecht wurde.

Berthon behalf sich damals - des verhältnismäßig hohen Auflösungsvermögens und der Feinkörnigkeit wegen - mit Positivfilm, der nach dem Badeverfahren panchromatisch sensibilisiert wurde.

Empfindlichkeit und Gradation genügten natürlich in keiner Weise. Perutz strebte zunächst an, die Empfindlichkeit durch HyperSensibilisierung - die aber die Haltbarkeit stark beeinträchtigt - zu erhöhen und die Gradation durch Entwickeln in ammoniakhaltigen Bädern zu verbessern; die Beständigkeit dieser Bäder ist indessen wegen der Flüchtigkeit des Ammoniaks so unzulänglich, daß die Verwendung solcher Entwickler im Großbetrieb nicht in Frage kommen kann.
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Anfänglich ein geringer Belichtungsumfang

Weitere Mängel des so behandelten Positivmaterials waren der sehr geringe Belichtungsumfang, der die Schatten oft schwarz erscheinen ließ, das Auftreten von Kornzusammenballungen als Folge der Ammoniakentwicklung, schließlich ein die Augen ermüdendes Flackern der Bilder, das auf Deckungsunterschiede infolge ungenügender Gleichmäßigkeit der Schichtdicke zurückzuführen war.

1932 - ein Fortschritt

Ende 1932 gelang es der Firma Perutz, einen neuen Emulsionstyp zu schaffen; das Material gab in den gebräuchlichen Umkehrentwicklern keine Kornzusammenballungen mehr, der Belichtungsumfang näherte sich bereits dem für Schwarz-Weiß üblichen, und die für den vorliegenden Zweck richtige Gradation, die für die Farbenwiedergabe entscheidend ist, läßt sich auch ohne Ammoniakzusatz zum Entwickler erzielen.

Sehr bedeutende Fortschritte wurden auch hinsichtlich der Gleichmäßigkeit der Schichtdicke gemacht, nachdem bei Perutz eine neuartige Präzisionsgießmaschine ausgebildet worden war, die mit den modernsten technischen Hilfsmitteln arbeitet; so wurden beispielsweise die Maschinen durch freistehende Fundamente von den Erschütterungen des Gebäudes isoliert und die Spannungsschwankungen des Netzstroms, um einen ganz präzisen Lauf der Maschinen in den fast dunklen Arbeitsrätimen sicherzustellen, mittels höchstentwickelter Spannungsregler auf Bruchteile von weniger als 1 Prozent herabgedrückt.

Auf diese Weise ist es gelungen, die Abweichungen der Schichtdicke, die selbst nur 8/1000mm beträgt, innerhalb ±0,3/1000mm zu halten!

Aus dem oben erwähnten Emulsionstyp entwickelte sich allmählich der heutige Präzisionsfilm. Für die Sensibilisierung konnte, nachdem die Arbeiten auf dem Gebiete der Optik und der Farbfilter einen gewissen Abschluß erreicht hatten, ein ganz bestimmter optimaler Verlauf festgelegt und mittels neuer Farbstoffe von Perutz eingehalten
werden.

Eine Umgestaltung erfuhr auch der Wiedergabefilm

Eine ähnliche grundlegende Umgestaltung erfuhr auch der Wiedergabefilm; er stellt in seiner heutigen Ausführungsform ebenfalls einen vollkommen neuen Typ dar, der nicht nur wegen der besonderen Anforderungen an Gradation, Auflösungsvermögen und Feinkörnigkeit, sondern vor allem auch hinsichtlich Empfindlichkeit weitgehend von dem üblichen Kinopositivfilm abweicht.

Auf möglichst hohe Empfindlichkeit des Wiedergabefilms wurde besonderer Wert gelegt, damit trotz des hohen Lichtbedarfs im Kopierprozeß mit hinreichender Kopiergeschwindigkeit gearbeitet werden kann.

Die Bearbeitung der Rückseite des Films, d. h. die Einprägung des Linsenrasters in das Zelluloid, fiel der Firma Siemens & Halske zu. Die mikroskopisch kleinen Zylinderlinsen müssen eine vollkommen glatte Oberfläche sowie einen genauen, durchaus gleichförmigen Krümmungsradius aufweisen und ganz scharf aneinanderstoßen. Der Krümmungsradius mißt 32/1000mm, die Eindrucktiefe beträgt 4/1000mm.
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Neue Metallwalzen mit neuem Rohmaterial

Die Zylinderlinsen werden mittels Metallwalzen, die eine entsprechende Rillung aufweisen, in das Zelluloid eingeprägt. Für diese Walzen galt es zunächst ein besonderes Rohmaterial zu entwickeln, das die benötigte Feinheit der Struktur besitzt; die Walzenoberfläche mußte in bisher ungeahnter Glätte poliert werden.

Die Rillen werden in die Walze mit Diamanten eingedrückt, die auf die gewünschte Form in mikroskopischer Kleinheit auf das genaueste zu schleifen sind; hierzu waren neue Schleifmethoden zu entwickeln, die alles bisher Dagewesene an Präzision übertreffen, ferner mußten ganz neue Meßgeräte geschaffen werden.

Es kam darauf an, Krümmungsradien von 32/1000mm auf 1/1000mm genau zu messen! Die Maschinen sind infolgedessen so konstruiert, daß Temperaturschwankungen in den Arbeitsräumen keinen Einfluß auf die Genauigkeit im Herstellungsprozeß ausüben.

Eine neue Linsenraster-Kopiermaschine

Wir verlassen nun den Rohfilm und wenden uns der Betrachtung weiterer Probleme zu, die hier zu lösen waren. Es wurde oben bereits erwähnt, daß die Schwierigkeit der Vervielfältigung von Linsenrasterfilmen deren Einführung in die industrielle Praxis grundsätzlich entgegenstand.

Von Siemens & Halske wurde nun eine einwandfreie, technisch höchst interessante Lösung dieses Problems gefunden. Beifolgende Abbildung zeigt in schematischer Darstellung den Vorgang in der neuen Linsenraster-Kopiermaschine.

Der Linsenrasterfilm links ist der zu kopierende Aufnahmefilm, derjenige rechts der Wiedergabefilm; beide sind mit den gerasterten Flächen einander zugekehrt. Der Aufnahmefilm wird von rückwärts her durch das Licht der Kopierlampe durchleuchtet; das durch je eine Zylinderlinse hindurchtretende Lichtbündel wird durch drei Objektive so zerlegt, daß jedes derselben einen Farbauszug aufnimmt und auf der korrespondierenden Zylinderlinse des Wiedergabefilms abbildet, und zwar das mittlere Objektiv direkt, die beiden anderen - wie die Abbildung erkennen läßt - über je einen Spiegel.

Auf diese Weise wird das Auftreten der gefürchteten Moireerscheinung vollkommen vermieden, und die Maschine arbeitet so einfach und sicher, daß während der Aufnahmen eines Versuchsfilms die Muster eines jeden Aufnahmetages - ganz wie bei Schwarzweiß üblich - am nächsten Tage im Vorführungsraum des Ateliers farbig dargeboten werden konnten.

Die Kopiermaschine leistet aber noch mehr: sie gestattet, ohne weiteres einen Einfluß auf die Farbstimmung der Bilder auszuüben, was um so wichtiger ist, als bei jedem Farbfilm die einzelnen sich folgenden Szenen und Einstellungen hinsichtlich der Farbstimmung aneinander angeglichen werden müssen; dies aus dem Grunde, weil das Auge durch die in einer Szene vorherrschende Farbe so beeinflußt wird, daß ihm in der nachfolgenden Szene die Komplementärfarbe vorzuherrschen scheint; bei Außenaufnahmen kommt hinzu, daß das Tageslicht seine Farbe ständig wechselt, was unserm Auge, da der Uebergang allmählich stattfindet, meist kaum auffällt, in einem Farbfilm hingegen je nach den Verhältnissen mit unerwünschter Deutlichkeit zum Ausdruck kommen kann. Wie die Abbildung erkennen läßt, erfolgt der Ausgleich der drei Teilfarben in einfacher Weise durch Aenderung der Blenden an den Zerlegobjektiven, und diese Blendenstellungen werden in sinnvoller Weise Szene für Szene, ganz ähnlich wie die Kopierlichter einer Schwarzweißmaschine , durch einen Steuerstreifen geregelt.
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Das richtige „Mischen" der drei Grundfarben

Das richtige „Mischen" der drei Grundfarben ist für die Gesamtwirkung des Farbfilms von ausschlaggebender Bedeutung; deshalb hat sich Dr. Gretener, der Leiter des Farbfilmlaboratoriums der Firma Siemens & Halske, auch nicht damit begnügt, die vorbeschriebene Steuereinrichtung an der Kopiermaschine zu schaffen, um mit ihr ganz allgemein eine Farbenangleichung zu ermöglichen, sondern er ist einen Schritt weitergegangen und hat eine Einrichtung geschaffen, welche der für die Farbgebung verantwortlichen Persönlichkeit, sei es der Regisseur, der Kameramann oder ein künstlerischer Beirat, die Möglichkeit bietet, während des Ablaufens der ersten mit normalen Blendenstellungen angefertigten Kopie im Vorführungsraum mit Hilfe eines Steuergerätes, das die Helligkeit der drei Grundfarben am Projektor steuert, die Angaben für die Lochung des Steuerstreifens selbst zu machen.

Die Einstellung des Farbensteuergeräts bei jeder Szene während der Vorführung der Erstkopie wird notiert, danach der Steuerstreifen angefertigt, und nun erfolgt eine zweite Vorführung derselben unveränderten Kopie, wobei die Helligkeit der Grundfarben am Projektor durch den Steuerstreifen geregelt wird.

Jetzt erscheinen also die Szenen in der Farbstimmung, die der Prüfende gewünscht hatte; nötigenfalls kann er nochmals Korrekturen vornehmen.

Der endgültig gelochte Steuerstreifen geht alsdann in die Kopieranstalt, in welcher er zum Steuern der Kopiermaschine in dem oben angegebenen Sinne dient; damit ist die Gewähr geboten, daß alle Kopien des betreffenden Films hinsichtlich der Farbabstimmung gleichmäßig und entsprechend den Wünschen der Produktionsleitung ausfallen.

Der Rest passiert im Kino

Da alle Theaterprojektoren mit gleichen Farbfiltern und Projektionslampen ausgestattet werden, kann jede Kopie in jedem Theater laufen; die erwähnte Einrichtung zum Ändern der Farbstimmung in den Szenen besitzen naturgemäß nur die Prüfprojektoren der Produzenten zwecks Anfertigung der Steuerstreifen; bei der Vorführung auf den Theatermaschinen ist nichts mehr zu steuern und zu regeln.

Einen besonderen Vorteil bietet das neue Verfahren insofern, als es ohne weiteres gestattet, vom Farbfilmoriginal Schwarzweißkopien mit der gewünschten Brillanz zu ziehen; der Produzent braucht also in der Übergangszeit, wenn nur erst ein Teil der Lichtspieltheater sich auf die Farbfilmprojektion eingestellt hat, nicht zu befürchten, daß er einen naturfarbig aufgenommenen Film etwa nicht hinreichend auswerten könne.
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Die Projektoren benötigen ein neues Objektiv

Die Einstellung des Lichtspieltheaters auf Vorführung von Berthon-Siemens-Farbenfilmen bedingt den Einbau eines neuen Objektivs, das dann zugleich für die Vorführung von Schwarzweißfilmen benutzt werden kann, sowie eine Steigerung der Bildhelligkeit auf etwa das Zwölffache der sonst üblichen.

Diese gesteigerte Bildhelligkeit ist wünschenswert, um eine wirklich naturgetreue Farbenwiedergabe zu erzielen; bei ungenügender Lichtstärke macht sich für die Schattenpartien das Purkinje sehe Phänomen geltend, wodurch Verzerrungen der Farbenwiedergabe unvermeidlich werden.

Neuartige Projektionsschirme von Siemens

Um dem Theaterbesitzer die Verstärkung seiner elektrischen Anlage zu ersparen, wurden von der Firma Siemens & Halske neuartige Effektkohlenlampen bisher noch nicht erreichter Leistung einerseits, sowie ein neuartiger Projektionsschirm andererseits entwickelt.

Die neuen Schirme besitzen eine Oberfläche aus geriffeltem Aluminium, eine Art Linsenraster, ähnlich dem des Films; die Rasterung erfolgt aber hier sowohl in waagerechter wie in senkrechter Richtung, und zwar mit verschiedenen Krümmungsradien; jede Linse hat die Wirkung eines kleinen Hohlspiegels, deren ungefähr 1 Million auf 1 m2 Schirmoberfläche entfallen.

Diese gerasterten Schirme besitzen eine richtende Wirkung, wodurch erreicht wird, daß das von ihnen reflektierte Licht auf den Raumwinkel konzentriert wird, in dem sich die Zuschauer befinden; dadurch entfallen die Verluste durch Zurückstrahlung von Projektionslicht auch gegen Decke und Wände des Theaterraumes.

Ein Blick auf die vorhandenen Kino-Film-Kameras

Zur Aufnahme von Linsenrasterfilmen können naturgemäß die vorhandenen Kameras benutzt werden; sie erfordern grundsätzlich nur geeignete Objektive mit Farbfiltern und eine geringe Änderung des Bildfensters; diese dient vor allem einer größeren Präzision der Filmführung.

Der Lichtbedarf bei der Aufnahme wird gegenwärtig mit dem Zwei- bis Dreifachen gegenüber Schwarzweiß angegeben, doch wird sich dieser bei größerer Erfahrung einschränken lassen.

Ein bekannter Fehler der bisherigen Linsenrasterfilme bestand darin, daß Objekte, die sich außerhalb der Einstellebene befinden, farbige Säume an den Bildkonturen aufwiesen. Durch Entwicklung einer Sonderoptik ist es gelungen, diese Farbsäume vollkommen zu vermeiden.
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Die Entwicklungsmaschinen

Die Entwicklung der Aufnahme- und Wiedergabefilme hat nach dem Umkehrverfahren zu erfolgen; die Umarbeitung der vorhandenen Entwicklungsmaschinen für diesen Zweck dürfte nicht so ganz einfach sein, namentlich, wenn man ihre bisherige Meterleistung je Stunde nicht empfindlich herabsetzen will; der Bau von Spezialmaschinen für Umkehrentwicklung verdient sicherlich den Vorzug und dürfte nur eine Frage der Zeit sein.

Zusammenfassung :

Mit vorstehendem konnte nur ein allgemeiner Ueberblick über das neue Verfahren gegeben und auf seine markantesten Eigenarten und Vorzüge hingewiesen werden. Im einzelnen bietet dasselbe bei der tiefgreifenden Durcharbeit, die es durch seine Schöpfer erfahren hat, so viel des Interessanten, daß wir unseren Lesern hierüber demnächst Sonderabhandlungen von berufenster Stelle bringen werden.

Heute sei nur zu den Vorführungen, die gelegentlich der eingangs erwähnten Veranstaltung gezeigt wurden, noch einiges ausgeführt. Man sah zunächst eine größere Zahl verschiedenartigster Freiaufnahmen, alsdann einen im Atelier aufgenommenen Kurzfilm „Der Schönheitsfleck".

Der Verfasser möchte sein Urteil dahin zusammenfassen, daß die Leistung dieses Farbfilmverfahrens sowohl bei den Atelier- wie auch bei den besonders kritischen Freiaufnahmen eine erstaunliche Höhe aufweist, die seine unmittelbare Einführung in die Praxis der Spielfilmproduktion durchaus rechtfertigt.

Als eine Glanzleistung des Verfahrens muß die Wiedergabe einer Halle angesehen werden, die dem Uneingeweihten vielleicht gerade recht wenig bedeutet, weil sie - hauptsächlich Grautöne und nur einige Metallgegenstände enthaltend - nahezu wie eine Schwarzweißaufnahme wirkt; aber gerade die unverfälschte Wiedergabe eines Spiels von Grautönen durch ein Farbfilmsystem beweist, daß dieses die
schwierigste Aufgabe technisch zu meistern vermag!

Wenn Direktor Storch in seinem Vortrage die Meinung aussprach, daß das Farbfilmverfahren in der von Siemens und Perutz geschaffenen Ausführungsform technisch viel weiter entwickelt sei, als es der Tonfilm im Zeitpunkt seiner Einführung war, so kann dem nur zugestimmt werden.

Die fortschrittliche Entwicklung des Farbenfilms wird jetzt weniger auf seiten der Techniker des Systems, als vielmehr auf der der Ausübenden liegen müssen. Dem Kameramann bietet sich ein ganz neues Feld der Betätigung, auf dem es allerhand zu lernen gibt.

Der vorgeführte Kurzfilm zeigte, daß die so gern aufgestellte Regel (gegen die Verfasser schon mehrfach Einspruch erhob), bei Farbaufnahmen tunlichst flach auszuleuchten, nicht zu Recht besteht; so manches Bild hätte sich bei weniger Vorderlicht und besser markiertem seitlichem Schlaglicht viel plastischer präsentieren können, als es so der Fall war.

Die Leistung des neuen Verfahrens hinsichtlich der verzerrungsfreien Farbenwiedergabe ist so bedeutend, daß der Kameramann es sich leisten kann, Schattenpartien zu zeigen, ohne Mißfarbigkeit derselben befürchten zu müssen.

Auch für Regisseur und Architekt eröffnet sich ein neues Feld außerordentlich interessanter Betätigung; wir warnen vor allzu ungezügeltem Schwelgen in Farben, vor einer Reihe von Kostümfilmen zwecks möglichst deutlicher Darbietung des neuen Elements: der Farbe. Nicht der ausgesprochene Bunt film wird in erster Linie geeignet sein, die Herzen der Zuschauer für die neue Ausdrucksform zu gewinnen, sondern eine nunmehr auch hinsichtlich der Farbe naturgetreue Wiedergabe des Lebens, in dem wir stehen und das wir zu sehen gewöhnt sind. Kb.
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