Sie sind hier : Startseite →  Historie und Geschichte→  Ausstellungen / Messen / Shows→  Die TV-Symposien in Montreux→  14. TV-Symposium Montreux 1985

Hier stehen die Messe- bzw. Veranstalter "Informationen".

Im Unterschied zu unseren überwiegend selbst formulierten Artikeln und Kommentaren sind das die vorauseilenden Lobeshymnen der Redakteure und Pressemenschen sowie der Messe-Ausrichter, der Messegesellschaften und der Veranstalter. Allermeist basieren die auf den vorab verteilten Presse- Informationen der Hersteller oder der Vertriebsfirmen. Nur die wenigsten dieser Lobeshymnen waren "wahr" bzw. hatten sich wirklich erfüllt.
Die Fachblätter und Magazine waren meist (finanziell) darauf angewiesen, solche Artikel unkommentiert zu veröffentlichen, weil da allermeist auch sogenannte "flankierende Anzeigen" (hinzu) geschaltet wurden. Über diese selbstverständlich erfundenen nebulösen ("das gabs doch gar nicht") Zusammenhänge gibt es ausführliche Seiten im Hifi-Museum, weil es dort ganz besonders offensichtlich wurde, wie "das Spiel" funktioniert.

Und: wir sollten unterscheiden zwischen "Zeilen" und "Linien"

Es fällt immer wieder auf, daß selbst gestandene Fach-Redakteure und Fach-Autoren diese beiden Begriffe allzuoft verwechseln, vertauschen oder ungeschickt benutzen. Viele PAL- Kameras konnten trotz nomineller 625 Zeilen nur echte 450 Linien aufnehmen und auch darstellen. Gleiches gilt für Videorecorder, Monitoren und Fernseher aller Hersteller. In den gesamten englisch sprachigen Publikationen sind es die verwechselbaren "lines" (und ab und zu die TV-lines) und man muß Nachsicht walten lassen. "Sie" unterscheiden das ganz selten.

.

Leitartikel - Mai 1985
Montreux - diesmal unter Zeitdruck?

.

Das Programm dieser sieben Tage .....

Das 14. Internationale Fernsehsymposium mit der technischen Ausstellung bringt vom 6. bis 12. Juni Rundfunkexperten aus aller Welt zusammen. Ob sie sich dabei in ihren Positionen auch näherkommen, wird sich erst im nachhinein feststellen lassen. Wer sich das Programm dieser sieben Tage ansieht, ist beeindruckt über die Vielfalt der angesprochenen Themen. Es beginnt mit einer Podiumsdiskussion über den Einfluß der Mikroelektronik im Broadcast-Bereich.

Dabei dürfte es darum gehen, wie mit Hilfe der Mikroelektronik Geräte und Systeme im Studio, auf der Übertragungs- und Endgeräteseite noch leistungsstärker werden. Gerade durch Halbleiterspeicher wird es möglich, einen Großteil von störenden Einflüssen, beispielsweise Großflächen- und Zeilenflimmem, zu vermeiden, ohne dabei auf Änderungen im Studiobereich angewiesen zu sein.

Vier Systeme bei Kamerarecordern

Natürlich geht es auch um Weiterentwicklungen bei Kamerarecordern für ENG-Anwendungen. Vier Systeme gibt es inzwischen, nämlich

  1. "Betacam",
  2. "QuarterCam",
  3. "M-Cam" und
  4. ein weiteres 1/4"-System, das zwar auf der gleichen Kassette basiert wie "QuarterCam", sonst aber keinerlei Kompatibilität erkennen läßt.


Wem dieses Durcheinander an Systemen und Einrichtungen hilft, weiß niemand. Jetzt ist es kaum noch aus der Weit zu bringen, im Gegenteil. Schon ist zu hören, daß sich das 8mm-Videoformat, ursprünglich nur als gerätetechnische Alternative für die drei unterschiedlichen Heim-1/2"-Systeme entwickelt, auch im Studiobereich anwenden läßt.
.

Der (Un-) Sinn der Vielfalt

Doch macht es wirklich immer einen Sinn, alles, was für den Consumerbereich entwickelt wurde, auf seine Tauglichkeit im professionellen Sektor abzuklopfen?

Für Techniker bestimmt eine interessante Aufgabe, den Anwendern dürfte es bei soviel Flexibilität manchmal die Sprache verschlagen. Andererseits - wenn sich ein Unternehmen bei der Entwicklung eines Aufzeichnungssystems verspätet, sind viele Plätze bereits belegt.

Weniger problematisch dürfte sich das Miteinander von Kameras mit Röhren oder solchen mit Halbleitersensoren gestalten. Es zeichnen sich bei vielen Einsätzen technische Alternativen ab, deren Anwendung auch Sinn macht. Das dürfte auch für das weite Feld der analogen und digitalen Produktion und Nachproduktion gelten, selbst wenn das "digitale Studio" noch in weiter Ferne zu liegen scheint.
.

Projekt High Definition Television

Anders das Projekt "High Definition Television" genant HDTV. Da kommt Zugzwang auf - allerdings nur von japanischer Seite. Nicht, daß es allein die NHK wäre, die möchte, daß in der gegenwärtigen Sitzungsperiode des CCIR ein weltweiter HDTV-Standard verabschiedet wird.

Wissenschaftler und Techniker bei der nationalen japanischen Fernsehgesellschaft sehen vielmehr eine andere Gefahr: Kommt es jetzt nicht zu einer Einigung auf einen einheitlichen Standard, so könnten aus ganz anderen Bereichen die Fakten geliefert werden, die einem Quasi-Standard entsprächen.

So ist die Filmindustrie der Vereinigten Staaten wohl die treibende Kraft, wenn es um elektronische Filmproduktion mit HDTV-Equipment geht. Auch die unterhaltungselektronische Industrie und Medienbetriebe, die am Vertrieb von Hard- und Software für den Konsumenten interessiert sind, könnten neue Geräte auf den Markt bringen, durch die beim Abspielen bespielter Videokassetten oder Bildplatten im neuen HDTV-Format, natürlich MUSE-codiert, noch mehr Freude aufkäme.

Die Weichen in Japan scheinen gestellt

In Japan scheinen indes die Weichen bereits gestellt. Wer sich auf der Expo '85 in Tsukuba umsah, mußte sich erst gar nicht in eine der zahlreichen Pavillons zwängen, um hochzeiliges Fernsehen zu erleben.

An 10 Informationsständen wurde auf Monitoren und per Großbildprojektion HDTV vorgeführt, den Japanern Appetit auf das Medienvergnügen von morgen gemacht.

In der Cosmic Hall gab es das gar in der Superlative - ein Bild von 8 Meter Breite und 4,8 Meter Höhe, projiziert mit 12 Katodenstrahlröhren in Rückprojektionstechnik.

So gesehen, ist HDTV in Japan schon Realität. Es sind nicht nur die ausgestrahlten Versuchssendungen über den Rundfunksatelliten BS-2(a), der im Sommer eventuell durch den Reservesatelliten BS-2(b) ergänzt werden soll. Auch das Studioequipment ist zum größten Teil vorhanden, sogar die ersten HDTV-Videorecorder und Bildplattenspieler gibt es.

Doch noch ist von einem einheitlichen Standard nicht die Rede. Den will jedoch die NHK, schon allein deshalb, um ein "Tohuwabohu" an Systemen, wie wir es mit "Beta"-, "Quarter"- und "M-Cam" auf der Produktionsseite sowie "VHS", "Video 2000" und "Beta" auf der Konsumentenseite erleben, zu vermeiden.

Einigung tut not, das bezweifelt keiner.

Soll man sich aber hier in Europa einem Zeitdruck beugen, unter den sich die HDTV-Pioniere zwängen? So will NHK bereits 1990, wenn BS-3 im All plaziert ist (der Satellit ist leider runter gefallen), mit dem öffentlichen HDTV-Service beginnen.

Daß während einer sehr langen Übergangsphase zwei Geräte in jedem modernen japanischen Haushalt stehen werden, solfte den Architekten neuer Häuser wohl mehr Sorge bereiten als der Geräteindustrie.

Wer bezahlt das alles ?

Natürlich bleibt eine Frage im Raum - wer bezahlt das alles? Japan ist ein reiches Land, und es spart ganz offensichtlich an den richtigen Steilen, zum Beispiel am Militärhaushalt.

Da bleiben Mittel übrig, die auch der Forschung und Entwicklung neuer Medien zugute kommen, die der Menschheit wohl mehr Freude machen.

Während bei uns lamentiert wird, es sei kein Geld, keine Koordination da, betätigt sich die "International Promoting Association for Exchange Broadcasting Engineering NHK", kurz IPAB genannt, als Weichensteller.

Die Konferenzen und Vorführungen, die in diesem Rahmen veranstaltet werden, erzeugen mehr als Appetit - sie schaffen Fakten. Die USA ist im NHK-Lager, viele Staaten im asiatischpazifischen Raum ebenfalls, und auch die UdSSR zeigt sich an der kaufbaren Technologie interessiert, schon allein, um ihre Filme künftig elektronisch distribuieren zu können.

Ob es sich Europa wird leisten können, hier ein anderes, technologisch durchaus vertretbares Konzept zu realisieren, bleibt abzuwarten. Die nächste Sitzung der IWP ("Interim Working Party" der CCIR) 11/6 ist vom 23. bis 25. Mai 1985 vorgesehen; die Berichte sollen bis zum 14. Juni 1985 an die CCIR-Verwaltung übergeben werden.

Und wieder blicken alle auf Montreux 1985 .....

Anläßlich des Fernsehsymposiums dürften sich die Experten mit der Gesamtproblematik ein weiteres Mal beschäftigen; den Zeitdruck wird man ihnen nicht nehmen können.

Interessant scheint in diesem Zusammenhang ein Colloquium zu werden, bei dem nicht Macher, Geräte und Systeme, sondern Nutzer der neuen Medien im Mittelpunkt stehen.

"The Viewer's Choice" wird in der Tat besser vorher diskutiert, bevor eines Tages über "Viewer's Pain" lamentiert werden müßte.

von Rainer Bücken im mai 1985 in FERNSEH-UND KINO-TECHNIK - Nr. 5/1985
.

- Werbung Dezent -
Zur Startseite - © 2006 / 2024 - Deutsches Fernsehmuseum Filzbaden - Copyright by Dipl. Ing. Gert Redlich - DSGVO - Privatsphäre - Redaktions-Telefon - zum Flohmarkt
Bitte einfach nur lächeln: Diese Seiten sind garantiert RDE / IPW zertifiziert und für Leser von 5 bis 108 Jahren freigegeben - kostenlos natürlich.