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Die Lebensbiografie von Akio Morita (aus 1986), dem berühmten SONY Mitbegründer - Er war "Mister Japan"

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Können wir heute in die Jahrhundertwende blicken ?

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  • Anmerkung : Dieses Buch hatte Akio Morita in 1984/1985 geschrieben und er ist in 1995 verstorben. Er hatte die Auflösung der Sowietunion, den Fall der Berliner Mauer und die Jahrhundertwende nicht mehr erlebt.

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Schwer zu sagen, wohin alle diese Möglichkeiten bis zur Jahrhundertwende (Anmerkung : in 15 Jahren) führen werden. Selbstverständlich werden die Informationssysteme, an denen wir im Augenblick arbeiten, dann in jedem Haushalt gang und gäbe sein.

Wir befinden uns gegenwärtig inmitten einer kulturellen und gesellschaftlichen Umwälzung. Möglicherweise werden die Menschen in Zukunft zunehmend schwerer zu beeindrucken sein; man denke nur daran, daß es für meine Generation noch ein Wunder war, als man eines Tages jeden Teilnehmer an praktisch jedem Punkt der Erde direkt anwählen konnte - die jüngeren Leute aber, deren Gedächtnis nicht so weit zurückreicht, nehmen den Selbstwählferndienst offenbar als selbstverständlich hin.

Makoto Kikuchi, Chef der Sony-Forschungslabors, hält die Erfindung der Festkörperbauelemente für den Anfang der modernen Elektronik-Wissenschaft und mithin für den Ausgangspunkt einer wahren technologischen Revolution, von der die evolutionäre Fortentwicklung bis hin zur heutigen Größtintegration nur ein Teil ist.

Es ist langsam an der Zeit für einen zweiten elektronischen Durchbruch. Wir alle machen uns deswegen bereits Gedanken. Was wird es nach der VLSI
Technik geben?
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Akio Morita sinniert über das Moorsche Gesetz ...

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  • Anmerkung : März 2023 - Just in dieser Woche, in der ich diese Seiten hier aus Akio Moritas Buch überarbeite, ist der Intel Gründer und Visionär Dr. Gordon Moore mit 94 Jahren in den USA verstorben.

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Wie können wir zu einer neuen Generation von Bauelementen kommen, die zu unserem Fortbestehen beitragen? Größtintegration ist eine faszinierende Sache, doch als Physiker weiß ich, daß auch dieser Technologie Grenzen gesetzt sind, über die man nicht hinausgehen sollte, obwohl wir noch immer an neuen IC-Technologien arbeiten, diese entsprechend den Produktionsverfahren entwickeln und Lizenzen vergeben.

Wir haben eine neue Methode entwickelt, besonders hochwertige Silizium-Einzelkristalle zu züchten; noch bessere Resultate erwarten wir, wenn das Verfahren während eines künftigen Raumfluges in der Schwerelosigkeit angewandt wird.

Es stimmt schon, daß wir in der IC-Technologie einen weiten Weg zurückgelegt haben, und manche behaupten bereits, daß wir die Grenzen der Integrationsmöglichkeiten bald erreicht haben.

Nachdem wir unseren gegenwärtigen produktionstechnologischen Standort über Lithografie, Foto-Lithografie, Kurzwellen-Foto-Lithografie und Elektronenstrahl-Foto-Lithografie bezogen haben, wird deutlich, daß die Miniaturisierung des Chips sich den Grenzen der Machbarkeit nähert.
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Doch was kommt dann?

Nach Kikuchis Auffassung sollte ein IC der kommenden Generation mehr sein als eine bloße Ausweitung oder Verbreiterung des Vorhandenen.

Kikuchi denkt an einen kühnen Sprung nach vorn: Schichtung des Bauelements. Die erste Schicht müsse fotosensitiv sein, der zweiten Schicht falle die Aufgabe des Sehnervs zu - Datenübermittlung ins Gehirn.

Schicht drei müsse eine gewisse Logik bergen, und die letzte bzw. die weiteren Schichten müßten zur Strukturerkennung fähig sein. Mit anderen Worten, das neue Bauelement müsse die einfachste Form eines mechanischen Gehirns sein.

»Die gegenwärtige Größtintegration«, sagt Kikuchi, »ist für künftige Aufgaben zu wenig leistungsfähig.«
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Kommen dann Bio-Chips und Molekular-Elektronik

Besonders fasziniert ist Kikuchi von der Konzeption des Bio-Chips und von der Molekular-Elektronik. Vorsichtige Schritte in diese Richtung wurden auf Anregung der Forschungsstäbe der amerikanischen Kriegsmarine eingeleitet.

Kikuchi selbst ist von den nach der Entdeckung des fotochromen Effekts sich eröffnenden Möglichkeiten besonders angetan: Bestrahlt man eines der großen, farblosen und durchsichtigen Moleküle bestimmter Verbindungen mit ultraviolettem Licht, dann schießen die Photonen eins der Elektronen heraus, das Molekül bekommt einen Drall und nimmt eine blaue Farbe an.

Bestrahlt man es wieder mit sichtbarem Licht, geht das Molekül in den ursprünglichen Zustand zurück und verliert seine Färbung. Damit kann es als elementare Binär-Speicherzelle dienen.

Da die heutige Technologie nach Kikuchis Überzeugung bestenfalls noch zehn Jahre lang brauchbar sein wird, beschleunigt er die Forschungsanstrengungen auf vielerlei Gebieten, um künftigen Erfordernissen beizeiten entsprechen zu können.

Allerdings befürchtet er, daß sich vielleicht nicht genügend Wissenschaftler für die Grundlagenforschung interessieren werden, dennoch sieht er, wie auch ich, der Zukunft überwiegend optimistisch entgegen.

Das Ansehen der japanischen Grundlagenforschung steigt und steigt

Dieser Optimismus gründet sich u. a. darauf, daß sich das >Journal of Applied Physics< zunehmend auf japanische Schriften beruft; wurde 1960 noch in nur zwei oder drei Prozent der Fälle auf japanisches Schrifttum verwiesen, so liegt der Anteil heute bei über dreißig Prozent.

Kikuchis leiser Pessimismus, den ich nur bedingt teile, beruht auf der Tatsache, daß Japan zwar bedeutende Beiträge zur Prozeßtechnologie - z. B. Trockenätzung oder Laser-Fokussierung - liefert, daß aber unsere Wissenschaftler noch immer hinterherhinken, wenn es um die Erschließung völlig neuer Gebiete geht.

Denn obgleich wir sehr stolz darauf sind, daß ein Physik-Nobelpreisträger aus den Sony-Labors hervorgegangen ist, wurde der Nobelpreis für Physik insgesamt nämlich nur dreimal einem japanischen Wissenschaftler zuerkannt.

Doch habe ich bereits an anderer Stelle darauf verwiesen, daß wir sehr erfolgreich und kreativ sind, wenn es gilt, Ideen in die Realität umzusetzen.
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Wir brauchten nur 6 Monate, um ein Ergebnis zu zeigen

Vor etlichen Jahren veranstalteten wir in Atsugi bei Yokohama wieder einmal eine unserer regelmäßigen konzerninternen wissenschaftlichen SONY-Konferenzen, als unser britischer SONY-Forschungsstab die Theorie eines digitalen Video-Verfahrens erläuterte.

Sechs Monate später, auf der nächsten Tagung, stellte ein Sony-Ingenieur aus Atsugi den Prototyp eines solchen Systems vor. Unsere ausländischen Kollegen waren sprachlos. »Darauf hätten wir zu Hause zehn Jahre warten müssen«, meinte schließlich ein Engländer. »Bei uns in England könnte so etwas nicht passieren.«

Kikuchi machte darauf aufmerksam, daß selbst Bell Laboratories neue Ideen zunächst einmal per Computer testen. Bei uns dagegen sagt man, sofern ein neuer Vorschlag verheißungsvoll klingt, ganz selbstverständlich: »Laßt uns mal so ein Ding bauen und sehen, wie es funktioniert.«
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Als wir lernten - mit dem Öl "maßzuhalten"

Die Technologien, die zum Fortbestand der Menschheit beitragen, befinden sich nicht allesamt in der Hand der Wissenschaftler und Ingenieure, doch wir haben beachtliche Fähigkeiten, sie zu entwickeln.

Während der Ölkrise haben wir dies unter Beweis gestellt. Lange Jahre sah es so aus, als ob der Durst nach Öl nur größer werden könne. Ich konnte mir bereits eine Pipeline zwischen Japan und dem Persischen Golf in Form zweier Stränge von Bug an Heck liegender Tanker ausmalen.

Als ich damals im Hubschrauber über die Werft von Nagoya flog, baute man dort, wie übrigens auch in Nagasaki, gerade ein neues Trockendock für die Kiellegung eines 1-Mio.-tdw-Supertankers. Es wurden bereits Befürchtungen laut, daß die Ölquellen, wenn es bei dieser Entwicklung bliebe, noch zu unseren Lebzeiten versiegen würden.

Doch bevor auch nur eines der Mammutschiffe gebaut werden konnte, kam das Embargo, und die Situation änderte sich abrupt, letztlich zu unserem Vorteil.

Wir lernten maßzuhalten und überwanden die Krise; wir machten Fortschritte und lernten, auch mit weniger Öl als ehedem noch erfolgreich zu sein.
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1985 - 26% der japanischen Elektrizität aus Kernenergie

Etwa 26% der japanischen Elektrizität werden mit Kernenergie erzeugt. Dieser Prozentsatz liegt viel niedriger als etwa in Frankreich, aber doch immer noch höher als in den Vereinigten Staaten - trotz unserer verständlichen >Nuklear-Allergie<; denn unsere Bevölkerung respektiert und fürchtet noch immer die unglaubliche Zerstörungskraft der Kernspaltung, der in einem bloßen Lichtblitz zwei unserer Städte und Hunderttausende von Menschenleben zum Opfer fielen.
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Das ganze Land stimmt drei Grundsätzen zu: Japan wird Atomwaffen weder herstellen, noch lagern, noch einführen.

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Wir hatten ein atomgetriebenes Demonstrationsschiff

Unser eigenes atomgetriebenes Demonstrationsschiff war ein kommerzieller Mißerfolg und wurde wieder außer Dienst gestellt. *) Gegen den Besuch kernenergiegetriebener amerikanischer Kriegsschiffe wurde früher mit offenem Aufruhr auf unseren Straßen protestiert. Heute äußert sich die Ablehnung weniger dramatisch und gewalttätig.

*) Die >Mutsu<, 1974 abgeliefert, kam wegen technischer Defekte nie richtig in Fahrt. Atomgetriebene Handelsschiffe sind bislang grundsätzlich nicht rentabel und wurden daher immer nur als Forschungsobjekte in Auftrag gegeben. (A. d. Ü.)

Auch nach dem Reaktorunglück im ukrainischen Tschernobyl ist davon auszugehen, daß friedlich genutzte Kernenergie segensreich sein kann.

Beim Bau neuer Kernkraftwerke kommt es regelmäßig zu Protestaktionen, doch bis jetzt konnten die Anlagen schließlich noch immer in Betrieb genommen werden, weil die Bevölkerung einsah, daß Energie unsere Überlebensfähigkeit erhöht.
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Die Probleme der Menschheit mit Technologie lösen

1985 warb ich in Japan während der >Live Aid Rock Show< um Hilfe für die hungernde afrikanische Bevölkerung. Nicht nur dort hungern die Menschen, sondern auch in vielen anderen Weltgegenden. Ich weiß, daß die Technologie, den Hunger zu beseitigen, bereits vorhanden ist.

Auf der Science Expo 1985 wurde als eine der Hauptattraktionen eine Tomatenpflanze gezeigt, die mehr als zwanzigtausend Früchte trug. Die Staude bekam lediglich ein wenig nährstoffangereichertes Wasser, das in einem geschlossenen System (>Hyponica<) zirkulierte.

Nun meine ich damit nicht, daß wir die Menschheit ausschließlich mit Tomaten füttern sollten; immerhin bewies diese Demonstration, wie viele andere Zuchtversuche, welche wunderbaren Erfolge möglich sind, sobald wir uns eines Problems intensiv annehmen und uns Gedanken machen.

Haben wir erst eine Lösung des Ernährungsproblems gefunden, sähen wir uns vielleicht einem Bevölkerungs- und Raumproblem gegenüber, aus denen neue Schwierigkeiten erwachsen könnten. Doch als Optimist gehe ich davon aus, daß die Technologie diese Probleme lösen kann und wird.
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Auch die USA werden "Haushalten" lernen müssen

Manchmal wird behauptet, wir lebten in einer "nachindustriellen" Gesellschaft, und daher sei mit technologischen Innovationen nicht mehr zu rechnen; ein beengteres Dasein bei weniger Befriedigung und Luxus werde die Folge sein.

Das möchte ich bestreiten. Ich sehe es kommen, daß wir unser Dasein auch mit weniger Aufwand an Energien und Rohstoffen genießen können, wenn wir uns verstärkt um Recycling bemühen und uns intensiver den wesentlichen Voraussetzungen eines zufriedenen, schöpferischen Lebens zuwenden.

So manche, insbesondere die Amerikaner, werden sich mit Geist und Buchstaben des Begriffs >mottainai< vertraut machen müssen und das haushälterische Wirtschaften lernen müssen.

Wir alle aber müssen Schritt für Schritt, Jahr um Jahr unsere knappen Ressourcen geschickter und sparsamer einzusetzen versuchen. Das Bevölkerungswachstum geht uns ebenfalls alle an, denn es muß für Nahrung, Kleidung und Bildungsmöglichkeiten gesorgt werden.

Wenn jedoch der Lebensstandard eines Volkes steigt, dann geht die Zuwachsrate gegen Null zurück; die Bevölkerung findet zu einer anderen Lebensweise, eignet sich andere Neigungen und Präferenzen an und entwickelt eigene Überlebenstechnologien.
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Bei den Industrie-Giganten ist immer wieder "Jammern" angesagt

In Amerika und Europa klagen die Stahlerzeuger oder Computerhersteller oder Automobilfabrikanten in regelmäßigen Abständen, sie könnten mit ausländischer Technologie nicht mithalten: stets sind Entlassungen die Folge.

Ich habe bereits dargestellt, wie japanische Unternehmen ihren Beschäftigungsstand zu halten und gemeinsam mit der Belegschaft aus den Schwierigkeiten herauszufinden versuchen.

Als in der Elektronik die Analog-Technik dem Digitalprinzip weichen mußte, warfen wir unsere Analog-Ingenieure deswegen nicht hinaus, um per Zeitungsinserat nach Digitaltechnikern Ausschau zu halten.

Unsere Analog-Ingenieure machten sich eifrigst mit dem neuen Gebiet vertraut. Da sie überleben wollten, blieb ihnen gar nichts anderes übrig.

Das Erlernen neuer Technologien ist ein japanischer Wesenszug, den andere sich aneignen sollten; es ist weder möglich noch wünschenswert, sich an die Vergangenheit zu klammern.
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