Im Sept. 1965 passierte im Fernsehen etwas Unvorstellbares.
Im Samstags-Fernsehen der ARD waren auf einmal langharige Schulbuben oder sogenannte Heranwachsende, diese sogenannten Affen, Gaukler, Penner, ungewaschene Krakeler und sonstige Aussenseiter der Gesellschaft im bundes- deutschen Altherren-Fernsehen zu sehen und sie machten einen Krach, daß sich die Balken bogen. Alles war zwar noch schwarz weiß und es kam dazu aus dem nordischen Bremen, einem kleinen ARD-Stadt-Sender, den so mancher Fernsehzuschauer im Rest der Republik gar nicht kannte.
Moderiert wurde die Sendung von einer jungen Dame, die sehr attraktiv war, jedenfalls für uns gleichaltrige männlichen Zuschauer, die auch so manchen alten Herrn ins Schwitzen brachte. Mike Leckebusch (28), der Regisseur und männliche Star und dann auch noch die junge Uschi Nerke mischten die eingeschlafene alte ARD bundesweit mal so richtig auf. Das ging sogar so weit, daß die Bayern einige der Sendungen nicht übernahmen, sie würden die Moral der ordentlichen bayerischen Mitbürger untergraben.
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Für die alten Nostalgiker gibt es 3 Kassetten mit je 8 DVDs
In unserem Archiv haben wir die Volumes 1 und 2 (von nsgesamt 3) und die beiliegenden Booklets von Marco Moh. Daraus zitieren wir einige Ausschnitte. Weitere Hintergrund- Informatioen stammen von Horst Bultmann, einem langjährigen Radio Bremen Mitarbeiter der ersten Stunden. Und ganz andere Informationen entnehmen wir dem Rückblick von Manfred Hemmerling in seinen Aufzeichnungen "40 Jahre bei Radio Bremen" aus dem jahr 2002.
Jetzt zu den :
"Erinnerungen an den Beat-Club" - von Jörg Sonntag
(Redakteur musikalische Unterhaltung bei Radio Bremen)
Nennen wir es einfach das Goldene Zeitalter der Pop- und Beat-Musik. Es gab doch wirklich nichts Besseres: Die Musik war nur für uns, die Alten ärgerten sich und wir hatten unseren Spaß. Was waren das für Zeiten - oder?
Wir gingen ins Konzert und die Alten mussten draußen bleiben. Mit den Eltern gemeinsam eine Band ansehen - undenkbar. Wie furchtbar ist das denn heute - Generationsübergreifend schunkeln die Kids mit den Alten zur Mucke von Bryan Adams - arme Kinder - habt ihr nichts Eigenes, so wie wir - so wie wir den BEAT-CLUB.
Und so wie es ein Goldenes Zeitalter nie wieder geben wird, so wird es nie wieder so etwas wie den Beat-Club geben. Eigentlich schade - oder? Die Geschichte wird sich nie wiederholen; leider! Beat-Club forever oder: wir waren dabei und ich eine ganze Zeit mittendrin, als Fanjräumer und als jemand, der sich seinen Berufswunsch erfüllen durfte - mit den Bands und Stars von damals, so sie noch nicht im Rock'n'Roll Himmel sind, zu arbeiten - und das Vorwort für die Beat-Club- DVD Reihe zu schreiben.
Auf dem Dachzimmer - meinem Zimmer - fing es an: immerhin durfte ich den Beat-Club nicht nur sehen, sondern auch hören - viele Freunde mussten den Fernseher ausstellen. Eigentlich schade. Das ist ein Typ, der muss sich vor der Sendung schon entschuldigen. Klasse! „Halbstark" von den Yankees.
Die Liverbirds, John O'Hara mit Wooly Bully. Live und auf einer Bühne. Die Songs hörten wir nur bei Radio Luxemburg - kennt ihr noch Camillo Felgen?!
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Da muss ich hin!
Mein Vater meinte nur, du mit deiner Yeah Yeah Musik. Aber wo wäre ich, wenn er nicht auf einmal mit einer Eintrittskarte nach Hause kam - eine Eintrittskarte für den Beat-Club! Ich rein in das alte Studio in der Heinrich Hertz Strasse (bin im Vorspann zu sehen - grins) die Mushroams mit dem Bremer Mick Jagger, Jochen Laschinsky. Die Rattles - ich war sprachlos und in der Schule am nächsten Tag der König auf dem Schulhof.
Ich will da arbeiten und nie was anderes machen.
40 Jahre später mach ich Sendungen mit den Rattles - ihr erinnert euch bestimmt an mich - vorne links, 2. Reihe - da saß ich - klingelt es, Achim? Noch musste ich 4 Jahre warten, um dort, dort - ein Wort, dass es nicht trifft, um im Rock'n'Roll Olymp, dem Beat-Club, jobben zu dürfen. 4 Jahre mit viel „Stiefel trinken" im Twen Club und die Sendung mit Freunden schauen.
Die Disco machte schon um 12.00 Uhr auf. 4 Jahre viel Manfred Sexauer auf dem Saarländischen Rundfunk und viel Piratensender hören -was so ein Transistorradio alles rein bekam - erstaunlich. Es passierte viel bei Radio Bremen in den Beat-Club-Sendungen 1-35?
Wir alle erinnern uns - wirklich?
Manfred Mann hat uns unlängst in einem Interview gesagt, er weiß nicht mehr, was er anhatte, wer in der Band spielt und welche Songs er gebracht hat. Das glänzende »Leuchten in den Augen und das versonnene Lächeln der Bandmitglieder damals - da gab es viel zu genießen. Bewusstseinserweiterung oder das Vergessen mit den Jahren ...
Roger Daltrey erinnert sich .... an wenig: „Mike wollte immer die verrücktesten Sachen mit uns machen. Eigentlich entsprach das nicht dem coolen Image der Band - aber die Girls, die waren klasse", so Roger.
Die Gogos waren wirklich klasse und auch sie waren neu - wo gab es schon tanzende Beauties im TV zu bewundern. Ach so, die Who - wie lieb warteten die Instrumentenzerstörer in der Radio Bremen Kantine, bis sie vom Aufnahmeleiter ins Studio geholt wurden.
Der Beat-Club war nicht nur stilprägend und ein Muss für die Bands, nein die Musiker lernten in Bremen deutsch sprechen: „Einmal Kartoffelsalat mit Bockwurst - fragt Dave Lee Travis, er bestätigt euch das.
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Wir reden über Rockgeschichte .....
Wir reden über Rockgeschichte, Lords und Rattles - die Lords fand ich klasse. Pretty Things, meine Güte, die waren härter als die Stones. Die Walker Bros., das Wort cool gab es noch nicht. Ich glaube, es wurde später für sie erfunden. Bloß, was wollten die nach dem Beat-Club bei Peter Frankenfeld - spinnen die denn?
The Monks, mmmh, heute steh ich drauf. Dave Dee & Co. - Dave, du bist immer noch einer der Größten für mich - danke für das Interview, danke, dass du in meiner Sendung „Vinyl" warst. Aber auch du weißt nicht mehr, dass ich dich damals um dein Tambourine angehauen habe. Aber du bist der einzige Star, der von mir ein Autogramm haben wollte .... ins Beat-Club Buch.
The Cream - Ginger Baker bewarf mich bei seinem Airforce-Auftritt später mit seinem Drumstick - ich hab bei den Proben gegähnt - sorry Ginger, das macht man auch nicht. Warum hab ich ihn nur nicht behalten?
Jahre später, als ich mit Ginger ein Interview machte, hätte er es gut für mich unterschreiben können. Dumm gelaufen. Lee Curtis, danke dass du im Frühjahr 2008 auf dem Tisch meiner Veranstaltung, Beat-Club and Friends, gerockt hast. Die Fans lieben dich immer noch, wie in den Beat-Club Folgen 16 und 19.
The Kinks, wie gerne möchte ich, dass ihr noch einmal auf Tour zusammen kommt. Jeder Auftritt im Studio 3 war ein Highlight und ist Rockgeschichte.
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Es gab noch mehr ......
Scott McKenzie - deinetwegen war ich wieder in Haight Ashbury ....
Vanilla Fudge - „You keep me hangin'on". Mein erster Beat-Club als Jobber. - 3 Mark 33 gab es die Stunde. Hätte ich auch umsonst gemacht.
Small Faces - Ian McLagan - zur Show zum 40. Geburtstag hat er nochmal sein "Tin Soldier" gebracht. Brachial und volles Brett. Only the strong survives. - The Herd - meine Band, euer Underworld und das Paradise lost, genauso schön und himmlisch wie Pentecost hotel von ....... stimmt, Nirvana. Nein, nicht die, die anderen.
Reden wir noch kurz übers Eltern ärgern. Hier ein schönes Beispiel aus der ersten Staffel: The Nice mit „America". Antikriegsdemo in der ARD - ein Meilenstein. - Status Quo - schickes Interview mit euch unlängst. Wusste gar nicht Francis, dass Mike dir beigebracht hat, wie man in die Kamera schaut. Beat-Club 35; Like "Ice in the sun". Was hat der Beat-Club für Geschichte(n) geschrieben..........
Diese Einleitung ist von Jörg Sonntag (Redakteur musikalische Unterhaltung bei Radio Bremen)
Beat-Club - alle Sendungen * alle Stars * alle Songs -
von Thorsten Schmidt - 1.Teil
„Guten Tag, liebe Beat-Freunde. Nun ist es endlich soweit. In wenigen Sekunden beginnt die erste Show im Deutschen Fernsehen, die nur für Euch gemacht ist. - Sie aber, meine Damen und Herren, die Sie Beat-Musik nicht mögen, bitten wir um Ihr Verständnis: Es ist eine Live-Sendung mit jungen Leuten, für junge Leute. Und nun geht's los!"
So fing sie an, die erste Sendung des Beat-Club am 25. September 1965. Programmansager Wilhelm Wieben bat um Milde. Eine Sendung nur für Jugendliche, dafür glaubte man sich im Adenauer-Deutschland entschuldigen zu müssen.
„Es war wie ein Sprung in das superkalte Wasser", erinnert sich Uschi Nerke, Moderatorin von der ersten bis zur letzten Sendung, „niemand von uns wusste, was am Ende dabei rauskommt. Aber uns war schon klar, dass die Art der Sendung und die Musik, die gespielt wurde, eine Provokation war."
Der Beat-Club an sich war schon eine Provokation
Der Beat-Club war schon eine Provokation, allein weil es ihn gab. Von 1965 bis 1972 produzierte Radio Bremen 83 Sendungen. Der Beat-Club wurde so populär, dass bis zu 75% aller Jugendlichen zwischen 14 und 20 Jahren einmal im Monat an einem Samstagnachmittag das 1. Fernsehprogramm anschalteten.
Berühmt wurde der Beat-Club vor allem durch seine Live-Atmosphäre. Hier mussten die Musiker nicht wie in anderen Fernsehshows zum Vollplayback herumhampeln, hier konnten sie live spielen. Vor einem tanzenden und mitklatschenden Publikum. Das sprach sich besonders in England ganz schnell herum. Die Stars der Beat-Ära gaben sich die Klinke vom Studio 3 in die Hand.
Der Beat-Club wurde zu einem „Who is Who" der aktuellen Popmusik. Alle Stars der damaligen Zeit, mit Ausnahme der Beatles, sind im Beat-Club aufgetreten. Die Who, die Kinks und Jimi Hendrix. Sonny & Cher, die Beach Boys oder die Bee Gees. Und am häutigsten stand die Band mit dem Zungenbrechernamen auf der Beat-Club-Bühne: Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich.
Der eigentliche Star der Sendung aber war der Regisseur Mike Leckebusch, gerade erst 28 Jahre alt, als Radio Bremen ihm eine halbe Stunde Sendezeit zur Verfügung stellte, um eine Sendung für Jugendliche zu versuchen.
Mike Leckebusch hatte eine feine Nase
Mike Leckebusch hatte eine feine Nase für die Stars von morgen. Er wollte immer das allerneuste in der Sendung haben und präsentierte Bands und Hits, die erst auf dem Sprung in die Hitparaden waren.
Mit dieser dreiteiligen DVD-Edition sind erstmalig die vollständigen Sendungen des Beat-Club erhältlich. Mit allen Ansagen der Moderatorin Uschi Nerke. Mit den wilden Tänzen der Go-Go-Girls. Mit langen Haaren und Miniröcken. Mit all den damals brisanten Themen, die die Eltern provozierten. Und mit den optischen Spielereien des Regisseurs Mike Leckebusch.
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Der Beat-Club ist nicht nur ein Stück Fernsehgeschichte. Der Beat-Club ist Kult.
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