"Deutschland So oder So" - ein amerikanisches Buch aus 1932
Wieder hat uns der Zufall eine Beknntschaft gebracht, sogar hier aus Wiesbaden, denn es gab gebrauchte PCs zu verschenken. Beim nebenbei Erzählen, was dieses Fernsehmuseum und auch das Hifimuseum auch noch so machen, bekam ich das Angebot : Ich habe da etwas für Sie ......
Unser Gast brachte mir ein altes vergilbtes Buch mit - sogar mit einem Hakenkreuz vorne drauf - und dem typischen zum Hitlergruß hochgereckten Arm - von einem Herrn Knickerbocker, einem echten Amerikaner, übersetzt von einem Herrn Fein - ein Buch aus dem Frühjahr 1932 !!
Knickerbockers, waren das nicht diese komischen Hosen, die die Amerikaner so gern anziehen - also ... was da wohl drinnen stehen kann, na ja, wir werden sehen.
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Eine völlig unerwartete Überraschung - dieses Buch aus April 1932 mit 232 Seiten
Ich suche nach wie vor die begründeten glaubhaften Parallelen zum Aufstieg der radikalen extrem nationalen Tendenzen in den Jahren 2000 bis 2025 hier in Deutschland - vor allem in den ehemaligen Ost-Ländern..
Den ersten Anstoß bekam ich beim Lesen des Buches "Pearl Harbor 1941" von George Morgenstern, einem damals jungen intellectuellen Amerikaner mit jüdischen Wurzeln. Er schreibt auf vielen Seiten über den Beginn und die vorauseilende Erkenntniss des 2. Weltkriegs und auch viel über die ungeliebten Deutschen, und daß der Vertrag von Versailles der ureigentliche Beginn des 2 Weltkrieges war.
Er machte sich aber keine Gedanken, wie es im Deutschland von 1920 damals ausgesehen hatte. Der Historiker Dr. Post hat 1998 dazu eine 40seitige gut recherchierte Einleitung geschrieben.
Über die Lage der Deutschen Bevölkerung machte sich wiederum der Autor David Irving Gedanken, ein Engländer, der 1970 unter anderem die Biografie des deutschen Lufthansa Gründers Erhard Milch aufgearbeitet und zusammengefaßt hatte.
Und dann bekam ich etwa 40 große magazinähnliche vergilbte und eingerissene DIN A3 Hefte "Illustrierte Geschichte des Weltkrieges" aus 1914 bis 1919 übergeben, in denen wochenweise - aktuell und zeitnah - der Beginn und Fortgang des 1. Weltkriegs aus der erlebten deutschen Sicht der Autoren ab 1914 bis über 1919 hinaus geschrieben steht. Insgesamt gab es über 230 solcher Hefte, wir haben nur 40 Exemplare.
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Der Journalist H. R. Knickerbocker recherchierte akribisch
Für mich verblüffend war und ist, daß der Amerikaner Knickerbocker sich in Deutschland erstaunlich gut auskannte, daß er als amerikanischer Philiosophie Student an der Universität in München den Hitler-Putsch hautnah miterlebt hatte und damit tiefe Einblicke in die deutsche Bevölkerung bekommen hatte.
So ist auf diesen Seiten ein wichtiger Teil der deutschen Geschichte akribisch aufgeführt, Daten und Ereignisse, an die wir uns - trotz Geschichtsunterricht im Gymnasium - nur partiell erinnern.
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Die Infos in der Wikipedia in 2025 immer noch lückenhaft ???
In der deutschen und amerikanischen Wikipedia auf der Knickerbocker-Seite wird dieses Buch nicht mal erwähnt ?? Warum nicht - steht da zuviel Wahrheit drinnen ?
Der Autor ist weder ein Freund der aufkommenden Nazis noch ein Freund der Kommunisten.
Die 232 Seiten sind zwar sehr vergilbt, aber mal sehen, das Buch wird hier komplett veröffentlicht, dazu von der Darstellung her etwas aufgehübscht - was die Lesbarkeit der Buchstabenwüsten angeht. Die Originaltexte werden jetzt mit Referenz-Links und mit unseren Kommentaren ergänzt.
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Nach dem fast vollständigen Durchlesen kann ich mir lebhaft vorstellen, daß Herr Knickerbocker im 3. Reich bei den Nationalsozialisten nicht mehr gelitten worden wäre und deshalb 1933 schnellstens aus Deutschland verschwinden mußte - obwohl er keine jüdischen Wurzeln hatte - wie die in den ersten Monaten von 1933 ebenfalls emigrierten (geflüchteten) deutschen Film- und Kino- Autoren Heinrich Fraenkel und Curt Riess.
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Hier unsere Vita des Jornalisten Hubert Renfro Knickerbocker
Hubert Renfro Knickerbocker (31. Januar 1898, Texas) war ein US-amerikanischer Journalist, mit einem Abschluss an der privaten Southwestern University in Georgetown (Texas). Knickerbocker diente von 1917 bis 1919 als US-Soldat und studierte dann von 1929 bis 1922 an der Columbia University Psychologie - das war falsch, er studierte Journalistik. Von 1922 bis 1923 setzte er sein Studium (der Psychologie oder auch der Journalistik ?) an der Ludwig- Maximilians- Universität München fort. Dort hat er einen Großteil seiner deutschen Sprachkenntnisse erworben.
Und dort wurde Knickerbocker unmittelbar Zeuge des Hitler-Ludendorff-Putschs. Nach seinem Münchner Abschluss arbeitete er erneut als Deutschland- Korrespondent für verschiedene amerikanische Zeitungen, unter anderem für den "Public Ledger" (Philadelphia) und die "Evening Post" (New York).
Bei beiden Zeitungen stieg er bereits 1928 (mit erst 30 Jahren) zum Chefkorrespondenten auf, und zwischen 1923 und 1933 arbeite er für den "International News Service" (ähnlich zu unserer "DPA"), für welchen er von 1925 bis 1927 teilweise auch in Moskau unterwegs war.
Überwiegend hielt er sich jedoch bis Anfang 1933 in Berlin auf, von wo aus er die Entwicklung der Weimarer Republik kritisch beobachtete. Während der Weltwirtschaftskrise beeindruckte den Deutschland-Kenner besonders eine Szene, die er „bei den Ärmsten der Armen im roten Herzen der "rötesten" Stadt Deutschlands“ in einer Berliner Kneipe erlebte.
Dort war ihm aufgefallen, dass von 500 Gästen höchstens jeder Zehnte ein Glas Bier vor sich stehen hatte. „Wenn der Deutsche zu arm geworden ist, um sich ein Bier zu kaufen“, folgerte Knickerbocker in der "Evening Post", dann ist er am Verzweiflungspunkt angelangt“.
Nach Hitlers Machtergreifung verließ der NS-Kritiker ganz schnell Deutschland. In der Folgezeit reiste er durch Europa und kommentierte aufmerksam die Entwicklung verschiedener Länder bis zum Zweiten Weltkrieg.
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Auf dem Innenumschlag des Buches lesen wir Folgendes :
H. R. Knickerbocker, der in seinen Rußlandbüchern eine neue Methode der Berichterstattung geschaffen hat, ist ins unbekannte, immer noch unbekannte Deutschland gereist. Er sucht Antwort auf die Fragen, die die Welt an Deutschland richtet: Kann Deutschland Reparationen zahlen? Will es? Ist die Republik gesichert oder werden die Extremen von rechts oder links die Macht ergreifen?
Knickerbocker hat es verstanden, sich Zutritt zu den führenden Männern zu verschaffen: Ein Interview bei Krupp von Bohlen - das erste, das einem Journalisten gewährt wurde - unterrichtet ihn über die herrschende Meinung innerhalb der Schwerindustrie, eine Unterredung mit Höltermann, dem neuen Führer des Reichsbanners, gibt Aufschlüsse über die politisch-militärische Machtverteilung des aufgewühlten Landes; ein Zwiegespräch mit Minister Klagges in Braunschweig belehrt über die Ziele der nationalsozialistischen Partei.
Ja, es ist ihm sogar gelungen, den Herrn des Braunen Hauses zu sprechen und zu befragen. Aber der unternehmungslustige, scharfblickende Amerikaner hat sich auch unter die Massen gemischt und Deutschland von unten kennen gelernt, wie kein Fremder vor ihm. Als Obdachloser war er mit den Ärmsten der Armen in den Asylen der Berliner Elendsviertel unterwegs, und mit verzweifelten Verschwendern in den luxuriösen Tanzbars des Westens zusammen.
Er kennt das fast unzugängliche Leunawerk bei Merseburg, das Zeißwerk in Jena, die Opelwerke in Rüsselsheim, kennt Glasbläser, Textilarbeiter, Studenten und Unternehmer, kennt aus Versammlungen den Streit der beiden extremen Parteien und ihren gemeinsamen Kampf gegen den Staat. Trotz allem Bitteren und Grausigen, das sich ihm aufdrängt, bleibt sein Glaube bestehen, daß ein Land von der latenten wirtschaftlichen Kraft Deutschlands nicht niederzuringen ist, ohne daß die Welt in ihren Grundfesten erschüttert würde.
ROWOHLT VERLAG BERLIN W50 - 1932
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Alle 232 Seiten sind eingescannt und in lesbaren Text gewandelt
Bei dem vergilbten brüchigen Papier war das eine ganz besondere zeitaufwendige Aufgabe. Der Scan mit einer Aufhellung von 50% sowie einer Kontraststeigerug von 20% hat gezeigt, daß die Texterkennung doch erstaunlich gut funktioniert.
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