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Das Buch "German crisis" - "Deutschland so oder so" aus 1932

Dieses Buch aus dem Frühjahr 1932 !!! enthält ganz viele Gedanken und Wahrheiten aus der Zeit vor der Machtübernahme Adolf Hitlers im März 1933. Der amerikanische Autor bereiste bereits während seines Studiums viele Orte in Deutschland und Europa und beschrieb sehr viele teils unbekannte Zustände der damaligen Gesellschaft. Und er belegt seine Schlussfolgerungen mit fundierten Daten. - Solllten Sie hier direkt eingelandet sein, beginnen Sie besser auf dieser einführenden Seite. Ganz viele zusammengesuchte Erklärungen und Ergänzungen haben wir auf dieser Erklärungs-Seite eingebracht, Informationen, die das Buch selbst nicht bietet, die aber zum Verstehen der einzelnen Kapitel wichtig sind.

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Achtes Kapitel - HAMBURG

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HAMBURG (Die zweitgrößte Stadt Deutschlands)

Zwischen dem Rathaus und der Börse, im Herzen der Stadt Hamburg, steht eine hohe Steintafel. Über ihr fliegen Möwen. Auf der Tafel steht zu lesen: „Vierzigtausend Söhne der Stadt gaben ihr Leben für Dich hin: 1914/1918."

Der letzte von diesen ist vor 14 Jahren gestorben, aber für Hamburg ist der Krieg noch nicht vorüber. In dieser Stadt, der zweitgrößten Stadt Deutschlands, herrscht ein Pessimismus, dunkler und zäher als der Nebel, der die 107 in ihrem Hafen liegenden Schiffe verbirgt und die Gesichter der 1.5oo.ooo Einwohner in Schleier hüllt.

Die ganzen Zahlen und Daten passen nicht zusammen

Im Jahre 1931 hatte Deutschland den größten Ausfuhrüberschuß in seiner ganzen Wirtschaftsgeschichte. 1931 wurde Deutschland der erste Exportstaat der Welt, es löste Amerika in der lange innegehabten Führung ab.

Im gleichen Jahre hatte Deutschland die größte Arbeitslosenzahl. Im gleichen Jahre verlor die Reichsbank mehr Gold als jemals seit der Markstabilisierung.

Um das Rätsel dieser widerspruchsvollen Tatsachen zu lösen, suchte ich Hamburg auf. Im ersten Hafen des Reiches darf man sich einige Aufklärung über Deutschlands unvergleichliche Leistungen im Außenhandel versprechen und gleichzeitig auf eine erfreuliche Prognose für die Zukunft einer Nation hoffen, die inmitten einer Wirtschaftskrise, welche sich, wenn man den deutschen Behauptungen Glauben schenken darf, hier im Lande unheilvoller ausgewirkt hat als in allen übrigen Teilen der Welt, so viele Waren ins Ausland verkaufen konnte wie kein anderes Volk auf der Erde.

Erst muß sich die Welt erholen, dann folgt Hamburg

Von allen Wirtschaftsposten ist für Deutschlands Fähigkeit zur Erfüllung seiner Verpflichtungen und für seine Beziehungen mit der übrigen Welt überhaupt der Außenhandel von der größten Bedeutung.

Kein anderer Teil des deutschen Wirtschaftslebens beweist so schlüssig, daß dieses Land in der Lage wäre, sich ebenso rasch wie jedes andere zu erholen, wenn die Welt die augenblickliche wirtschaftliche Stagnation, derengleichen es in der Vergangenheit noch nicht gegeben hat, überwinden, und das Reich von internationalen und außenpolitischen Schwierigkeiten verschont bleiben sollte.

In keiner anderen Stadt des Reiches ist jedoch so klar zu erkennen wie in diesem alten Handelssitz der Hanse, daß Deutschland sich nicht erholen kann, bevor sich die Welt erholt.

Eine Tabelle zeigt einige wesentliche Zahlen:

Monatliche Schwankungen der Handelsbilanz einschließlich der nach
1928 erfolgten Sachlieferungen auf das Reparationskonto: (In Millionen Reichsmark)

Die Import Export Salden von 1928 (In Millionen Reichsmark)

    Import Export Saldo
Monatsdurchschnitt 1913. 898 841 minus 57
Monatsdurchschnitt 1924. 761 544 minus 217
Monatsdurchschnitt 1925 1035 733 minus 3o2
Monatsdurchschnitt 1926 829 818 minus 11
Monatsdurchschnitt 1927 1179 852 minus 327
Monatsdurchschnitt 1928 1167 1025 minus 142
Monatsdurchschnitt 1929 1121 1124 plus 3
Monatsdurchschnitt 1930 866 1003 plus 137
         
Gesamtjahr 1929 13.447 13.483 plus 36
Gesamtjahr 1930 10.393 12.035 plus 1642
         
Januar 1931 715 775 plus 60
Februar 1931 620 778 „ 158
März 1931 584 867 „ 263
April 1931 679 818 „ 139
Mai 1931 600 783 „ i183
Juni 1931 607 747 „ 14o
Juli 1931 562 827 „ 265
August 1931 454 8o3 „ 349
September 1931 448 835 „ 387
Oktober 1931 483 879 „ 3g6
November 1931 482 749 „ 267

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Gesamt. Außenhandelsüberschuß der ersten elf Monate 1931 2.607
 (In Millionen Reichsmark)
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Ein Ausfuhrüberschuß von 750 Millionen Dollar

Die Zahlen zeigen, daß Deutschland 1931 einen Ausfuhrüberschuß von 750 Millionen Dollar erzielte - eine Rekordziffer in der deutschen Geschichte; und wäre der Überschuß augenblicklich und tatsächlich in der Reichsbank in den gleichen Goldbetrag umgewandelt worden, so hätte er zur Abdeckung aller normalen Ansprüche der Gläubiger auf Zinsen und Amortisationsdienst für die Privatverschuldung in Höhe von ungefähr 870 Millionen Dollar und der Reparationsverpflichtungen in Höhe von 4oo Millionen Dollar genügt.

Die Ansprüche waren natürlich alles andere als normal; in den ersten sieben Monaten des Jahres 1931 zogen die Gläubiger Kapitalien in Höhe von eben ungefähr 760 Millionen Dollar aus Deutschland ab, also nahezu genau den Betrag des Exportüberschusses für das ganze Jahr; und im Verlauf des ganzen Jahres 1931 wurden Kapitalien in einer Gesamthöhe von rund 1.200 Millionen Dollar abgezogen, also ungefähr 45o Millionen Dollar mehr als der Gesamt-Außenhandelsüberschuß des Jahres ausmachte.

Nichtsdestoweniger zeigen die Zahlen auch, daß der Exportüberschuß, wenn Deutschlands Außenhandel sich im ganzen Jahre 1932 so weiterentwickelt wie in der zweiten Hälfte 1931, nach den Angaben des Reichsinstitutes für Konjunkturforschung einen Betrag von annähernd 1 Milliarde Dollar erreichen würde.

Und das wäre wiederum mehr, als zur Erfüllung der normalen privaten und politischen Verpflichtungen des Reiches im Ausland notwendig ist. Das heißt: wenn keine weiteren Ansprüche auf Kapitalrückzahlungen aus der Privatverschuldung gestellt werden, und wenn Deutschland 1932 den genannten Außenhandelsüberschuß erreichen und tatsächlich in Gold konvertieren sollte, würde es imstande sein, seinen sämtlichen Auslandsverpflichtungen ohne Schwierigkeiten nachzukommen.
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Die Bedingung, auf der Deutschland die Reparationen zahlen könnte

Das würde die Bedingung schaffen, die von Anfang an als Basis gefordert wurde, auf der Deutschland die Reparationen zahlen könnte.

Es ist stets anerkannt worden, daß Deutschland Reparationen und Privatschulden nur dann zahlen kann, wenn es einen Außenhandelsüberschuß, beziehungsweise eine aktive internationale Zahlungsbilanz erreicht, die mindestens ungefähr der Summe der Reparationszahlungen plus der privaten Auslandsverpflichtungen entspricht.

Diese Bedingung ist, wie es scheint, erreicht worden und dürfte 1932 gehalten werden können.
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..... erreicht durch eine Herabminderung der Einfuhr

Aber auf welche Weise ist sie erreicht worden? Vor allem durch eine Herabminderung der Einfuhr. Der gewaltige Überschuß des Jahres 1931 kam vor allem dadurch zustande, daß die Einfuhr (in den ersten zehn Monaten des Jahres) von 8.977 Millionen Mark im Jahre 1930 auf 6.754 Millionen Mark im Jahre 1931, also um 3.223 Millionen Mark gefallen ist, während der Export gleichzeitig fiel, jedoch (einschließlich der Sachlieferungen auf Reparationskonto) nur von 10.201 Millionen Mark im Jahre 1930 auf 8.112 Millionen Mark im Jahre 1931, also um 2.089 Millionen Mark.
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Die Frage ist die Zahlungsfähigkeit Deutschlands

Das ist von der größten Bedeutung für die ganze Frage der Zahlungsfähigkeit Deutschlands und für die Frage, ob das Reich jemals wieder Reparationen zahlen wird.

Denn die Abnahme der Einfuhr hatte nichts anderes zu bedeuten als eine Senkung des Lebensstandards. Und diese Senkung des Lebensstandards fand, wohlgemerkt, nicht unter dem Druck der Verpflichtung, Reparationen zu zahlen, statt, sondern unter dem Druck der Verpflichtung, die Privatschulden zu zahlen.
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Das Hoover-Jahr 1931

Im Juni 1931 stellte Deutschland auf Grund des H3es die Reparationszahlungen ein, doch seine Einfuhr nahm weiter ab, der Überschuß weiter zu - unter dem Druck der Notwendigkeit, mindestens einen Teil der Privatschulden im Ausland zu zahlen.

In den ersten sechs Monaten des Jahres 1931, vor der Einstellung der Reparationszahlungen, betrug der Exportüberschuß 900 Millionen Mark. In den fünf Monaten Juli bis November, nach der Einstellung der Reparationszahlungen, betrug er 1.5oo Millionen Mark.
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Wirklich freiwillig seinen Lebensstandard herabmindern ?

Dies war das erstemal seit dem Krieg, daß Deutschland sozusagen freiwillig seinen Lebensstandard herabminderte, um seine Schulden zu zahlen - jedoch, das muß noch einmal hervorgehoben werden, seine Privatschulden zu zahlen.

Die Gelegenheit, seinen Lebensstandard herabzusetzen, die Einfuhr zu drosseln und dadurch einen Exportüberschuß zur Zahlung der Reparationen zu erzielen, stand dem Reich jederzeit offen. Diese Gelegenheit wurde jedoch niemals erfaßt.

Es fragt sich, ob sie im Jahre 1931 erfaßt worden wäre, wenn die Reparationszahlungen fortzusetzen gewesen wären - ganz abgesehen davon, daß es für Deutschland eine physische Unmöglichkeit gewesen wäre, außer fortgesetzten Reparationszahlungen und der Zahlung von Zinsen und normalen Amortisationsraten aus den privaten Auslandsverpflichtungen die Rückzahlung der abgezogenen 1.200 Millionen Dollar Kapitalien vorzunehmen.

Es gibt weitere Fragen

Die im Jahre 1931 mit dem deutschen Außenhandel gemachten Erfahrungen bieten wohl gutes Material zur Beantwortung der Fragen:
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  1. Könnte Deutschland Reparationen und Privatschulden zahlen?
  2. Wird Deutschland Reparationen zahlen?
  3. Wird es seine Privatschulden zahlen?

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Denn die Tatsachen weisen darauf hin, daß das deutsche Volk, wenn es willens wäre, der Reparationszahlungen halber sich mit dem Lebensstandard abzufinden, den es für die Einlösung der Privatverpflichtungen zu ertragen bereit ist, sowohl Reparationen wie Privatschulden bezahlen könnte - theoretisch, und stets die Wiederkehr normaler Kredit- und Wirtschaftsbedingungen in der ganzen Welt vorausgesetzt.

Sie lehren aber auch, daß das deutsche Volk sich um der Reparationszahlungen willen niemals den Lebensstandard auferlegt hat, der heute durch die radikale Abnahme seiner Einfuhr herbeigeführt ist, und, teilweise wenigstens, ertragen wird, damit die Privatschulden gezahlt werden können. Überdies zeigen sie auch, daß das deutsche Volk, um seine Privatschulden zu zahlen, bereit gewesen ist, sich mit einer Drosselung der Einfuhr um 800 Millionen Dollar im Jahr abzufinden.

Neu : Nationalwillens und der Nationalpsychologie

Die Zukunft kann man nur nach der Vergangenheit beurteilen. Wenn das deutsche Volk sich bisher um der Reparationszahlungen willen nicht auf einen Lebensstandard beschränkt hat, den die Reparationszahlungen erfordert hätten, dann ist zumindest kein Präzedenzfall gegeben, aus dem darauf zu schließen wäre, daß es sich in Zukunft dazu bereit finden wird.

Wenn es sich aber, wie die Tatsachen zeigen, um seinen Privatverpflichtungen nachzukommen, einen herabgeminderten Lebensstandard auferlegt hat, so ist ein Präzedenzfall gegeben, aus dem darauf geschlossen werden kann, daß es das auch in Hinkunft tun wird.

Um es direkter zu sagen: die Tatsachen zeigen, daß eine endgültige Streichung der Reparationen das deutsche Volk zu einer Sparsamkeit und zu Bemühungen anstacheln würde, deren Resultat den Anforderungen aller seiner ausländischen Privatgläubiger mehr als Genüge leisten könnte.

Diese Interpretation der Außenhandelszahlen in Begriffen des Nationalwillens und der Nationalpsychologie kann keinen Anspruch auf unbedingte Gültigkeit erheben.
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Andere Faktoren beim Zustandekommen des Ausfuhrüberschuss

Es ist nicht zu leugnen, daß auch andere Faktoren beim Zustandekommen des Ausfuhrüberschusses eine Rolle gespielt haben, so zum Beispiel der Umstand, daß die Preise der eingeführten Rohmaterialien rascher gesunken sind als die Preise der Fertigwaren, die Deutschland ausführt.

Außerdem könnte dagegen eingewendet werden, daß der Überschuß schon zu steigen begann, bevor das Hoover-Jahr Deutschland von den Reparationszahlungen befreite.

Viel rascher stieg der Überschuß jedoch nach Beginn des Hoover-Jahres, und die Haltung repräsentativer Deutscher selbst aus den Reihen der Verfechter einer „Erfüllungspolitik" ging im Juni 1931 dahin: „Wir wollen möglichst sparen, um zu beweisen, daß wir selbst dann keine Reparationen zahlen können."

Die Haltung nach Beginn des Hoover-Jahres aber ließe sich folgendermaßen ausdrücken: „Jetzt wollen wir wirklich sparen, weil wir unsere Privatverpflichtungen erfüllen müssen."
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Reparationen, Privatschulden und Außenhandel

Auf jeden Fall ist damit gezeigt, daß Reparationen, Privatschulden und Außenhandel untrennbar miteinander verbunden sind. Ebenso ist bewiesen, wie sehr Deutschlands Zahlungsfähigkeit in Zukunft von der Entwicklung seines Außenhandels abhängt.

Von allen Städten Deutschlands müßte Hamburg, das täglich den Pulsschlag des internationalen Handels fühlt, am besten imstande sein abzuschätzen, was das Jahr 1932 bringen wird. Doch Hamburg gibt sich dem schwärzesten Pessimismus hin.
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Der Standpunkt Hamburgs mit nicht zu übertreffender Klarheit

Herr Rudolf Petersen, Präsident der Hamburger Exporteurvereinigung, entwickelte uns den Standpunkt Hamburgs mit nicht zu übertreffender Klarheit.

Herr Petersen, Patrizier und Kaufmann aus der alten Schule, Repräsentant der Hansetradition, machte begreiflich, warum man Hamburg eine Vorstadt Londons nennt.

Er sprach perfekt englisch und sah, wie die meisten Großkaufleute an der deutschen Küste, englisch aus. Sein Denken jedoch war deutsch und gewann gerade dadurch, daß es das Resultat eines langen im internationalen Handel verbrachten Lebens war, an Bedeutung.

„Was die Zukunft bringt", erklärte er, „ist ausschließlich eine Frage der Politik; es hängt nicht zu 50, sondern zu 90% vom Vertrauen ab.

Schon die allernächsten Monate werden die Entscheidung für eine lange Reihe von Jahren bringen, und zwar nicht für Deutschland allein. Wenn internationale Schulden und Reparationen endgültig geregelt werden, dann bin ich sicher, daß wir einen rascheren und kräftigeren Aufschwung im Welthandel erleben werden, als die meisten Menschen glauben.
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Sonderbar - keiner hat noch etwas auf Lager

In den Händen des Zwischenhandels gibt es keine Vorräte mehr. Meine Geschäfte gehen nach Übersee, sie bringen mich in Verbindung mit Maklern und Grossisten in der ganzen Welt. Keiner von diesen hat etwas auf Lager. Ihre Magazine sind buchstäblich leer. Alle haben Angst vor dem Kaufen, weil sie erwarten, daß die Preise noch weiter heruntergehen. Und die Preise gehen weiter herunter, weil alle Angst vor dem Kaufen haben.

Aber lassen Sie das Schulden- und Reparationsproblem einmal endgültig geregelt sein - ich bin überzeugt, daß dann Grossisten, Makler und Detaillisten ihre Lager füllen werden. Und wenn die üblichen, in normalen Zeiten gehaltenen Lager wieder einmal in den Magazinen der Grossisten, Makler und Detaillisten wären, so würde das zu einer derartigen Räumung der Erzeugerlager führen, daß die Preise augenblicklich steigen könnten und in der ganzen Welt gleichzeitig eine Wiederbelebung der Wirtschaft einsetzte.

Ein einziges Beispiel

Ein einziges Beispiel aus der augenblicklichen Situation: wir könnten Reis von Italien nach Chile verschiffen und 80% daran verdienen. Aber das ist uns unmöglich gemacht, denn die chilenische Regierung gestattet keine Zahlungen in fremder Valuta.

In der ganzen Welt werden Zollschranken aufgerichtet, wird der Wechselverkehr eingeschränkt, der Handel gedrosselt. Das Vertrauen schwindet mit jedem Tag mehr. Vorn Vertrauen hängt alles ab, und ich für meine Person muß sagen, daß ich es verloren habe.
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Zum erstenmal in meinem Leben bin ich wirklich pessimistisch

Ich fürchte, Amerika wird nichts tun, um eine endgültige Regelung des Reparationsproblems vor dem Zusammentreten der Abrüstungskonferenz zu erzwingen.

Das bedeutet, daß es bei der Reparationskonferenz unmöglich sein wird, zu dem einzigen Resultat zu kommen, das überhaupt von Nutzen sein könnte: zu einer endgültigen Lösung.

Frankreich wird nichts regeln, wenn es nicht von den Vereinigten Staaten dazu gezwungen wird. Wenn im Frühling noch keine Regelung erreicht ist, muß Deutschland ein Moratorium erklären. Wenn Deutschland ein Moratorium erklärt, so würde das die katastrophalsten Folgen nicht nur für uns, sondern auch für England haben.

Solange Frankreich nicht ebenso leidet wie die übrige Welt, sehe ich keinen Ausweg. Es spricht alles dafür, daß Frankreich den Druck erst dann stark genug empfinden wird, wenn es bereits so spät ist, daß es nichts mehr nützen kann.

Die Vereinigten Staaten könnten mehr als irgendein anderes Land zur Abhilfe unternehmen. Amerika, und nur Amerika, könnte Frankreich mit dem nötigen Nachdruck zeigen, wie ernst die Lage ist und welche Gefahren eine Zukunft birgt, die so anarchisch ist, daß man mit vollem Recht von der kommenden Bolschewisierung Europas sprechen kann.

Wie die Vereinigten Staaten das tun könnten? - Mit Hilfe ihrer außerordentlich großen Finanzkraft."
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Auch sonst überall Pessimismus

Der Pessimismus des Herrn Petersen spiegelt sich in allen Auslassungen öffentlicher Wirtschaftsinstitutionen über das bevorstehende Handelsjahr wider.

Die von diesen Stellen angeführten Umstände zeigen mit aller Deutlichkeit, daß die Welt ihr Ideal von einem Glied der Völkergemeinschaft anscheinend in Tibet sieht.

Der Merkantilismus, wie er im Preußen Friedrichs des Großen, im England Cromwells, im Frankreich Colberts herrschte, ist, wie Petersen betonte, wiedergekehrt, um das Freihandelssystem zu ersetzen, unter dem der internationale Handel zu seinen heutigen Proportionen herangewachsen ist.

Die Schätzungen des Reichsinstituts für Konjunkturforschung besagen, daß vier Fünftel des deutschen Außenhandels in Länder gehen, die, hauptsächlich in den allerletzten Monaten, Zollbarrieren und restringierende Valutenregelungen eingeführt haben, die den internationalen Austausch behindern.

Die Berliner Handelskammer weist darauf hin, daß die von einer Reihe von Ländern eingeführten Valutenbeschränkungen praktisch wie Schutzzölle wirken. Seit November 1931 wurden derartige Einschränkungen eingeführt von allen Randstaaten, von Finnland, Bulgarien, Griechenland, Jugoslawien, Österreich, Portugal, Spanien, der Tschechoslowakei, der Türkei und Ungarn, überdies von den meisten südamerikanischen Staaten.

Der Sturz der Währungen ist eine Katastrophe

Die Tatsache, daß England sowohl seinen Goldstandard aufgegeben wie Schutzzölle eingeführt hat, wird nach deutschen Behauptungen auf das tiefste in den Außenhandel des Reichs einschneiden, da Englands Exportpreise um 10-15% gesenkt worden sind.

Der Sturz der norwegischen, der schwedischen, der dänischen, der britisch-indischen, der finnischen, der argentinischen und der japanischen Währung wird weitere Belastungen für den Außenhandel Deutschlands bringen.

Diese Berechnungen lassen jedoch die Möglichkeit außer Betracht, daß die ganz außerordentlich radikalen Notverordnungen des Kanzlers Brüning vielleicht ihren Zweck erfüllen werden. Wenn das geschieht, wird Deutschland durch eine Reduzierung seines Lebensstandards und eine gleichzeitige Herabsetzung seiner Preise dasselbe Ziel erreicht haben, zu dem England mit Hilfe der Inflation gekommen ist, und müßte dann weiterhin im Wettbewerb mit der übrigen Welt überlegen bleiben.

Noch schlimmer ist die Inflation

Was die Deutschen als wirklich unheilvoll fürchten, ist die Inflation. Die Engländer, die noch keine Erfahrungen in derartigen Dingen hatten, konnten ihr Pfund abgleiten lassen und dennoch das Vertrauen dazu behalten.

Die Deutschen, darüber besteht keine Meinungsverschiedenheit, könnten die Mark unmöglich um 10% sinken sehen, ohne völlig das Vertrauen zu ihr zu verlieren und damit gleichzeitig den Sturz in so gewaltige Tiefen zu treiben, wie es in den Jahren 1919 bis 1928 geschah.

Das Einrichten von Handlesschranken der übrigen Welt

Hamburg ist so pessimistisch wie keine andere deutsche Stadt, in der ich war. Ihr Pessimismus gründet sich aber nicht auf Befürchtungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Schwäche Deutschlands, sondern auf Befürchtungen hinsichtlich der von der übrigen Welt gegen den deutschen Handel errichteten Schranken.

Die klassische deutsche Formulierung lautet: „Die Welt verlangt von uns, daß wir zahlen, aber sie macht es uns unmöglich."
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Die Schranken im Welthandel haben sich exorbitant vermehrt

Die Schranken im Welthandel haben sich im Winter 1931/32 allerdings in besorgniserregender Weise vermehrt. Aber einige von ihnen existierten schon vor Ende 1931, und trotzdem hatte Deutschland in den ersten acht Monaten dieses Jahres eine Ausfuhr in einem Wert von etwa 2 Milliarden Dollar, während die der Vereinigten Staaten nur einen Wert von ungefähr 1.63o Millionen Dollar hatte.

Deutschland exportierte ungefähr 20% mehr als Amerika, die britische Ausfuhr wurde von der deutschen in dem gleichen Zeitraum um 56% übertroffen.

Die aktive deutsche Bilanz war zweimal so groß wie die aktive amerikanische und dreimal so groß wie die passive englische Bilanz.

In einem Jahr, in dem der Außenhandel in der ganzen Welt in katastrophaler Weise abnahm, wurde Deutschland zum größten Exporteur der Welt, dessen aktive Handelsbilanz doppelt so groß war wie die des zweitgrößten Exporteurs.

Dr. Friedrich Dücker von der Hamburger Handelskammer sprach des längeren über die Aussichten, die der deutsche Außenhandel für das Jahr 1932 hat. Er gab schließlich zu, daß Deutschland vielleicht der größte Exporteur bleiben könnte, allerdings bei einem sehr niedrigen Standard des Welthandels.

Daß Deutschland jedoch diese führende Stellung im Jahre 1931 erringen konnte, und daß für das Jahr 1932 ein Innehalten dieser Stellung möglich erscheint - diese beiden Umstände dürften wohl am deutlichsten darauf hinweisen, was Deutschland leisten könnte, wenn es von einer politischen Schuldlast befreit wird, die von der ganzen Bevölkerung verabscheut, für ungerecht gehalten und als unerträglich betrachtet wird.
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Damit keine Mißverständnisse aufkommen, dieses Buch wurde von einem studierten Journalisten Anfang 1932 geschrieben.

Auch wenn viele Voraussagen und Prophezeihungen des Amerikaners Knickerbocker erstaunlich dicht an den späteren Ereignissen schrammen, das Buch ist ca. 1 Jahr vor dem März 1933 geschrieben worden, als Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde.

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