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Das Buch "German crisis" - "Deutschland so oder so" aus 1932

Dieses Buch aus dem Frühjahr 1932 !!! enthält ganz viele Gedanken und Wahrheiten aus der Zeit vor der Machtübernahme Adolf Hitlers im März 1933. Der amerikanische Autor bereiste bereits während seines Studiums viele Orte in Deutschland und Europa und beschrieb sehr viele teils unbekannte Zustände der damaligen Gesellschaft. Und er belegt seine Schlussfolgerungen mit fundierten Daten. - Solllten Sie hier direkt eingelandet sein, beginnen Sie besser auf dieser einführenden Seite. Ganz viele zusammengesuchte Erklärungen und Ergänzungen haben wir auf dieser Erklärungs-Seite eingebracht, Informationen, die das Buch selbst nicht bietet, die aber zum Verstehen der einzelnen Kapitel wichtig sind.

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Vierzehntes Kapitel - STUTTGART

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STUTTGART (oder die Firma Hahn & Kolb)

In vier Stockwerken der Fabrik war nicht eine einzige Maschine in Betrieb. Nur ein Stockwerk einer ganzen Abteilung war beschäftigt, dort wurden automatische Zylinderdrehbänke geprüft und Messingplatten auf sie genietet. Auf den Platten standen Instruktionen für die Bedienung der Drehbänke. Die Lettern der Beschriftung waren russisch.

In dieser ganzen Fabrik, die für Württemberg typisch ist, wurde im Augenblick ausschließlich an der Ausführung russischer Aufträge gearbeitet.

Deutschland hat der Sowjet-Union mehr Kredite gewährt als alle anderen Länder und hat im Sowjet-Handel eine Geldsumme stecken, die so groß ist wie die Rußland-Kredite aller anderen Länder zusammen.

Ein großer Teil des von Amerika Deutschland geborgten Geldes hat indirekt seinen Weg in die Kanäle des deutschen Sowjet-Handels gefunden. Genau genommen haben wir bei der Finanzierung der deutschen Verkäufe an die Sowjet-Union mitgeholfen.

Was bedeutet diese von uns nicht gewollte Kapitalanlage für Deutschland und für uns?

Die Hauptstadt des wohlhabendsten Staates von Deutschland

Was sie für Deutschland bedeutet, ist am besten in der Hauptstadt des wohlhabendsten Staates von Deutschland zu sehen; Württemberg ist das Zentrum der deutschen Arbeitsmaschinenfabrikation, und die Arbeitsmaschinen sind der größte Posten der Sowjet-Käufe im Reich.

Wir standen mit Herrn Vollstädt, dem Prokuristen der Firma Hahn & Kolb, auf den Höhen über Stuttgart und sahen auf die in ihrem Lichterglanz strahlende Stadt hinunter. In Stuttgart ist ganz entschieden kein äußeres Zeichen der Depression zu erblicken.

In den Straßen Stuttgarts sind mehr gut angezogene Leute zu sehen als in allen anderen mir bekannten Städten Deutschlands, seine Restaurants sind besser besucht, in seinen Tanzlokalen herrscht mehr Stimmung, und seine neuen öffentlichen und privaten Gebäude sprechen deutlicher von Wohlstand.
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Württemberg geht es gut, es zahlt an die anderen

Wie gut es Württemberg geht, kann daran ermessen werden, daß der Staat im Vergleich mit dem übrigen Reich so wenige Arbeitslose hat, daß er imstande ist, der Reichsregierung allmonatlich annähernd 750.000 Dollar zu überweisen; um diesen Betrag überschreitet die Summe der von beschäftigten Arbeitern erhobenen Versicherungsbeiträge die Ausgaben des Landes für seine Erwerbslosen.

Und das geschieht in einer Zeit, in der das Reich gezwungen ist, nahezu allen anderen deutschen Staaten mit Unterstützungsgeldern auszuhelfen.

Das geschäftstüchtige Württemberg hat etwas für sein Geld verlangt und vom Reich die Zusicherung bekommen, daß die Eisenbahnstrecke München-Ulm-Stuttgart- Karlsruhe elektrifiziert wird.
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Wir besichtigten die Fabrik von Hahn & Kolb

In Begleitung Herrn Vollstädts besichtigten wir die Fabrik von Hahn & Kolb, die automatische Zylinderdrehbänke herstellt und sowohl in ihrer Größe wie in ihrer Art für die am Rußlandgeschäft interessierte württembergische Industrie typisch ist.

Augenblicklich sind 60% der Aufträge, die die Fabrik hat, russischer Herkunft. Die Auftragsstatistik zeigt jedoch, daß in Zeiten guter Konjunktur sowohl absolut wie auch relativ weniger russische Aufträge angenommen wurden.

Damit soll nicht gesagt werden, daß Württembergs Wohlstand ausschließlich auf Sowjetaufträge zurückzuführen ist. Wie wichtig jedoch die Sowjetaufträge für die deutsche Maschinenindustrie sind, mag an der Tatsache erkannt werden, daß von dem Gesamtwert des deutschen Maschinenexportes in den ersten neun Monaten des Jahres 1931, 200 Millionen Dollar, ungefähr 45 Millionen Dollar aus dem Handel mit der Sowjet-Union resultieren.

Das Erzeugnis von Hahn & Kolb ist eine seltsam intelligente Maschine, eine vollautomatische Zylinderdrehbank, die alle Arten komplizierter Gewindeteile für Uhren, Taxameter, Telephone und hundert andere Apparate erzeugt.

„Unsere Maschine", sagte Herr Vollstädt, „muß unter hundert Stücken achtzig fehlerlose liefern. Das ist der Normaldurchschnitt. Und die Russen erreichen ihn auch. Wir waren erstaunt über die gute Behandlung, die unsere Maschinen in der Sowjet-Union erfahren haben."
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Ganz wichtig - Mangel an Kapital zur Finanzierung von Aufträgen

Herr Vollstädt erzählte, daß Freunde von ihm - Ingenieure an der Sowjet- Telephonapparatefabrik in Leningrad - die Maschinen von Hahn & Kolb verwenden, und unter den Sowjets heute rascher automatische Telephone erzeugen als die Originalfabrik Ericsson in Stockholm.

Daß Hahn & Kolb trotz der prompten Bezahlung durch die Sowjets andere Aufträge als Russenorders vorzieht, hat seinen Grund weniger in dem möglichen Risiko des Sowjetgeschäfts, als vielmehr in dem absoluten Mangel an Kapital zur Finanzierung der langfristigen Sowjetkredite.

Auf Maschinen verlangt die Sowjet-Union Einundzwanzigmonats-Kredite. Warum Hahn & Kolb trotzdem heute gezwungen ist, bis zu 60% Sowjetaufträge hereinzunehmen, wird auf schlagende Weise durch ein Beispiel illustriert, das die Geschäftsleitung erwähnte.

Der im Jahre 1930 eingeführte amerikanische Zoll auf Taschen- und Wanduhren trug dazu bei, die Schweizer Produktion dieser Waren herabzumindern.

Vorher waren die Schweizer Großabnehmer automatischer Zylinderdrehbänke gewesen. Im Jahre 1930 sanken die Verkäufe von Hahn & Kolb in die Schweiz auf ein Fünftel, 1931 auf ein Zehntel des Absatzes von 1929. Die so entstandene Lücke wurde mit Sowjetaufträgen ausgefüllt.
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Das Sowjetgeschäft - eine Einnahmequelle

Die Geschäftsleitung der Firma bezeugte, daß die Russen um eine Prolongation der Zahlungstermine niemals auch nur nachgesucht haben. Die Geschäftsleitung ist davon überzeugt, daß die Russen die automatischen Zylinderdrehbänke schließlich nachahmen und selbst erzeugen werden, und ist darauf gefaßt, daß sie diese augenblickliche Einnahmequelle einmal verlieren wird. Das bedeutet das Sowjetgeschäft unmittelbar für die deutsche Industrie: eine Einnahmequelle.

Meilenweit entfernt - eine deutsch-französische Verständigung

Unter den vielen Einwänden, die ausländische Beobachter gegen Deutschland erhoben haben, ist auf dem Gebiet der Wirtschaft der wichtigste der, es sei verschwenderisch gewesen, unter anderem habe auch seine Verschwendung in unproduktiven oder riskanten Kapitalanlagen dazu geführt, daß es praktisch Bankrott gemacht habe und heute nicht in der Lage sei, seine Verpflichtungen zu erfüllen.

Und der nicht zu überbrückende Gegensatz zwischen der Auffassung, die die Deutschen, und der, die die Franzosen von den deutschen Ausgaben haben, ist wieder einer der Hauptgründe dafür, daß eine deutsch-französische Verständigung über die Reparationsfrage so weit entfernt zu sein scheint.

Drei Posten im deutschen Budget erklären diese verschiedenen Einwände und werfen ein helles Licht auf die Ursachen des unüberbrückbaren Gegensatzes zwischen dem deutschen und dem französischen Standpunkt.

Die nach dem Krieg gemachten Ausgaben gliedern sich in 3 Posten

Diese drei Posten sind die von Deutschland Die nach dem Krieg gemachten Ausgaben für Neubauten, die Aufwendungen des Reichs für soziale Fürsorge und die deutschen Kredite an die Sowjet-Union.

Für jeden, der Deutschland bereist, bilden die Neubauten, die sich am Rande jeder größeren Stadt kilometerweit hinziehen, einen verblüffenden Kontrast zu der augenblicklichen Finanzlage des Landes.

In Berlin, Hamburg, Leipzig, Köln, Essen, Frankfurt, Stuttgart, München liegen die Zufahrten zur Stadt zwischen zahlreichen Reihen moderner Wohnhäuser (Anmerkung : immer bezogen auf das Wohnniveau von 1930), und wer seine Reise im Flugzeug macht, kann sehr wohl den Eindruck gewinnen, Deutschland sei nach dem Krieg in neue Quartiere umgezogen, die behaglicher als seine alten und wahrscheinlich besser als die der meisten anderen Völker sind.

Anmerkung : Knickerbocker war von der "New York Evening Post" finanziell gut ausgestattet und konnte für sich und seinen / seine Begleiter sogar Flugreisen bezahlen. Das war schon etwas Besonderes. Lesen Sie dazu die Vita des Gründers der Lufthansa, Erhard Milch.

Es ist Tatsache, daß Deutschland die Anzahl seiner Wohngelegenheiten seit Kriegsende um nahezu 16% vergrößert hat; das Statistische Reichsamt berechnet die reine Vermehrung durch die seit 1919 erbauten Wohnungen auf 2.5oo.ooo.

Damit hat Deutschland heute insgesamt 16.189.000 Wohnungen, also eine auf je vier Einwohner, und nach den Äußerungen des Statistischen Reichsamtes ist es ein statistisch erwiesenes Faktum, daß diese Wohnungen so geräumig sind, daß jeder Deutsche durchschnittlich etwas mehr als einen Wohnraum für sich hat.

Es ist zwar richtig, daß viele Familien nicht genug Raum haben, während andere mehr haben, als sie brauchen; trotzdem zeigen diese Statistiken mit genügender Deutlichkeit, daß das Volk im Durchschnitt ausgezeichnet wohnt, ebenso wie die Statistiken des Nahrungsmittelverbrauchs gezeigt haben, daß das Volk, wenn auch die vielen Millionen arbeitsloser Deutscher nicht genug zu essen haben, im Durchschnitt ausgezeichnet ernährt ist.
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Es ist nur eine Behauptung

Die Statistik spricht auch für die Behauptung vieler von meinen deutschen Freunden, daß der Lebensstandard im Reich eine Zeit lang höher war als vor dem Krieg - eine Behauptung, zu der jemand, der das Vorkriegsdeutschland nicht kennt, kaum Stellung nehmen kann.

Deutschlands Gläubiger jedoch haben den Eindruck, daß diese Ausgaben für neue Häuser von Seiten einer Nation, die die deutsche Schuldenlast zu tragen hat, extravagant erscheinen.

Wenn man die Mindestkosten für jede Wohnung auf nur 1.ooo Dollar beziffert, hat Deutschland seit 1919 2.5oo Millionen Dollar für neue Wohnungen ausgegeben, und auf der gleichen Berechnungsbasis kommt man zu dem Ergebnis, daß es seit 1925, also im Verlauf der Zeit, in der Amerika direkt 2.5oo Millionen Dollar im Reich anlegte, 1.5oo Millionen Dollar für neue Wohnungen ausgegeben hat.

Wie man die Wahrheit vor den Prüfern versteckt

Die deutschen Behörden stellen entrüstet in Abrede, daß auch nur ein Bruchteil amerikanischer Kredite für Häuserbauten „vergeudet" worden sei, und weisen darauf hin, daß praktisch alle diesen neuen Häuserbauten aus deutschem Privatkapital und aus Regierungsmitteln, die aus den Ergebnissen der auf den vor der Inflation erbauten Wohnungen lastenden Mietssteuer stammen, finanziert worden seien.

Es ist auch tatsächlich wahr, daß 99% der langfristigen amerikanischen Investitionen in Deutschland zu produktiven Zwecken verwendet wurden, und daß fast nichts von unserem amerikanischen Geld in den Häuserbau gegangen ist.

Aber das trifft nicht den Kernpunkt der Frage. Wenn eine deutsche Stadt einen amerikanischen Kredit von 20 Millionen Dollar aufnimmt, um ein Gaswerk zu bauen - und 235 Millionen Dollar von unseren Krediten wurden in gemeinnützige Unternehmen der öffentlichen Hand gesteckt - dann ist die Bevölkerung eben von den Steuern befreit, die sonst vielleicht eingezogen worden wären, um das Kapital für den Bau eines Gaswerkes zu beschaffen.

Wenn die entsprechende Steuersumme trotzdem erhoben und zum Bauen von Häusern verwendet wird, ist das Ergebnis für die gesamte Volkswirtschaft dasselbe, wie wenn das amerikanische Kapital direkt dem Wohnungsbau zugeführt würde. Und eben das war der Fall.

Die von Amerika Deutschland gewährten Kredite kamen zum größten Teil nach reiflicher Überlegung zustande und waren von jedem normalen Geschäftsstandpunkt aus als kluge Anlagen zu bezeichnen.

Die Darlehen wurden für produktive Unternehmen gegeben, die unter normalen Umständen eine Gewähr dafür hätten bieten können, daß sie bedeutend mehr abwerfen, als der notwendige Zinsen- und Amortisationsdienst erfordert.

Erst als das Volk als Gesamtheit insolvent wurde, geschah es, daß die Einzelunternehmen, denen Amerika sein Geld geborgt hatte, zahlungsunfähig wurden.
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Der Grund für Deutschlands nationale Insolvenz ?

Deutschland führt seine nationale Insolvenz auf die Reparationen zurück. Die geschäftstüchtigen Franzosen erheben gegen Deutschland die Anklage, es habe seine Zahlungsunfähigkeit selbst herbeigeführt, indem es nach dem Prinzip: „Es hat keinen Sinn, Geld zu sparen, um Frankreich zu bezahlen", weit über seine Mittel gelebt habe.

Diese beiden Standpunkte sind charakteristisch für die Psychologie der beiden Völker. Von beiden Standpunkten aus muß Amerika zu der Schlußfolgerung kommen, daß die Unsicherheit unserer Anlagen im Reich zum größten Teil, wenn nicht ganz und gar, darauf zurückzuführen ist, daß Franzosen und Deutsche nicht imstande sind, zu einer Einigung zu kommen.

Es geht wieder um die deutschen Privatverpflichtungen

Außer den 2.5oo Millionen Dollar, die Deutschland seit 1919 für Neubauten verwendet hat, hat es seit 1924 schätzungsweise 3 Milliarden Dollar für die Arbeitslosenfürsorge ausgegeben; zu dieser Zahl kommt man, wenn man den Durchschnitt der Gesamtarbeitslosigkeitsziffern der Jahre seit 1924 nimmt und mit den jährlichen Kosten eines Arbeitslosen, 600 Mark, multipliziert.

Das ist als Minimalschätzung anzusehen, denn der Arbeitsminister hat erklärt, daß die Durchschnittsausgaben auf den Kopf bis zu diesem Jahr 1.000 Mark betrugen.

Gegen diese Ausgaben mag derselbe Einwand erhoben werden, der sich gegen die Aufwendungen für den Häuserbau richtet: es hätte weniger sein können. Läßt man alle menschlichen Erwägungen beiseite, so erscheint es selbstverständlich, daß diese Ausgaben in den Jahren 1924 bis 1930 um annähernd ein Drittel hätten verringert werden können, ohne daß die Gefahr einer Revolution näher gerückt wäre. Jetzt sind nämlich die Ausgaben um ungefähr ein Drittel geringer, und die Revolution scheint noch fern zu sein.

Die Wohnungsausgaben haben denn heute auch praktisch aufgehört, und die Regierung hat die Errichtung öffentlicher Gebäude für eine Reihe von Jahren untersagt. Es ist wichtig zu beachten, daß sowohl die Stillegung des Häuserbaus wie die Reduzierung der Sozialfürsorge am deutlichsten unter dem Druck der Notwendigkeit, die deutschen Privatverpflichtungen einzulösen, in Erscheinung treten.

Diese Ausgabeverringerungen und noch viele andere, die zum Beispiel im Budget des Reiches, der Staaten und Gemeinden für 1931 ungefähr 600 Millionen Dollar ausmachen, wurden in auch nur annähernd ähnlichem Ausmaße unter dem Druck der Verpflichtung, Reparationen zu zahlen, niemals angestrebt.
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Knickerbocker beschreibt es als den verzweifelten Willen

Das ist im Verein mit der Tatsache der im Jahre 1931 erfolgten Importeinschränkung und des sich daraus ergebenden Ausfuhrüberschusses nur ein Hinweis mehr darauf, daß das deutsche Volk den verzweifelten Willen hat, seine Privatschulden zu zahlen, und den ebenso verzweifelten Willen, die Reparationen nicht zu zahlen.

Schließlich erscheint der Posten, den die deutschen Kredite an die Sowjet-Union bilden, vielen von den Gläubigern Deutschlands als ein unerlaubtes Risiko von Seiten eines Landes, das nicht imstande ist, alle seine Auslandsverpflichtungen zu erfüllen.

Die Deutschen Auslandsverpflichtungen

Dieser Posten hat etwas kompliziertere Seiten als die beiden anderen, aber eines läßt sich mit Bestimmtheit sagen: um zu beweisen, daß amerikanisches Geld tatsächlich, wenn auch nur indirekt, dazu verwendet wurde, das deutschrussische Geschäft zu finanzieren, muß nicht erst erwiesen werden, daß amerikanische Kredite diesem Zweck direkt zugeführt wurden.

Hierfür gilt ebenso wie für die Häuserbauten, daß die amerikanischen Kredite an das Reich und die deutschen Staaten den Behörden die Möglichkeit gegeben haben, Steuereinkünfte von den Zwecken, für welche die amerikanischen Kredite verwendet wurden, frei zu machen und mit einem Teil von ihnen die deutsche Regierungsgarantie für Sowjetaufträge zu ermöglichen.

Diese Garantie ist eine Art Exportsubvention. So dient das amerikanische Kapital, das sich geweigert hat, sich dem amerikanisch-russischen Geschäft zur Verfügung zu stellen, schließlich dem deutsch-russischen Geschäft.

Und noch interessanter ist die Tatsache, daß die Schulden der Sowjet-Union im Ausland noch immer voll und pünktlich gezahlt werden, während die deutschen Auslandsschulden weder voll noch pünktlich getilgt werden.

Diese Tatsache zwingt - bei voller Anerkennung der eigentümlichen Schwierigkeiten Deutschlands einerseits, und andererseits ohne Berücksichtigung der Zukunftsmöglichkeiten in Deutschland wie in der Sowjet-Union - zu dem Schluß, daß die Kapitalanlage in Krediten an die Sowjet-Union bis zu diesem Augenblick eine sicherere Investition gewesen ist als die Anlage in Krediten an Deutschland.

Eine Erfahrungstatsache, der es nicht an Ironie ermangelt

Aus dieser Erfahrungstatsache, die zwar nicht der Ironie ermangelt, aber unbestreitbar ist, ergibt sich die Folgerung, daß der Sowjethandel ein großes Plus in der deutschen Bilanz ist, und daß Deutschland ohne ihn noch weniger als heute imstande wäre, seine Verpflichtungen zu erfüllen.

Im Jahre 1931 hat Deutschland einen Gegenwert von ungefähr 70 Millionen Dollar mehr in die Sowjet-Union ausgeführt als von der Sowjet-Union eingeführt, und dieser Überschuß bedeutete ungefähr 10% des gesamten deutschen Ausfuhrüberschusses, der seinerseits wieder das Reich in die Lage versetzte, seinen Auslandsverpflichtungen nachzukommen.

Der russische Anteil an diesem Überschuß war jedoch nicht augenblicklich realisierbar. Denn die Sowjet-Union wird, obwohl sie im Jahre 1931 in Deutschland für mehr als 200 Millionen Dollar Warenaufträge vergeben hat, diese Summe in Raten bezahlen, und zwar 1932 47 Millionen, 1933 124 Millionen und 1934 43 Millionen.

Deutschland ist in der Gewährung von Krediten an die Sowjet-Union weiter gegangen als alle anderen Länder. Nach den Angaben der Berliner Handelskammer beträgt die Summe der jetzt für Deutschland ausstehenden Sowjetkredite gegen 3oo Millionen Dollar, das ist mehr als die Hälfte der 5oo bis 600 Millionen Dollar, auf die die Handelskammer sämtliche ausstehenden Sowjetkredite in der Welt schätzt.

Die deutsche Gewährung von Krediten an die Sowjet-Union hat den Beschäftigungsgrad erhöht und damit die Last der öffentlichen Unterstützungsausgaben verringert, und sie hat dazu beigetragen, daß die Handelsbilanz aktiv wurde - beides Resultate, die Deutschlands ausländischen Gläubigern zum Vorteil gereichen.

Andererseits haben die deutschen Kredite an die Sowjet-Union ungefähr 170 Millionen Dollar Regierungsgelder zur Bereitstellung der vom Reich und den Staaten geleisteten 70%igen Garantie in Anspruch genommen. Und die direkte Folge der außerordentlich großen deutschen Investitionen im Sowjethandel ist, daß das Reich in der Erhaltung oder Wiedergewinnung seiner eigenen Solvenz mehr als alle anderen Länder von der russischen Solvenz abhängig ist.

Trotzdem bleibt die Umleitung amerikanischen Kapitals in deutsche Sowjetkredite, solange die Sowjet-Union nicht aufhört, ihren Verpflichtungen nachzukommen, eine Art der Investition, die für den ursprünglichen amerikanischen Gläubiger weniger "unprofitabel" ist als die beiden anderen im Ausland am heftigsten kritisierten Ausgaben.
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Damit keine Mißverständnisse aufkommen, dieses Buch wurde von einem studierten Journalisten Anfang 1932 geschrieben.

Auch wenn viele Voraussagen und Prophezeihungen des Amerikaners Knickerbocker erstaunlich dicht an den späteren Ereignissen schrammen, das Buch ist ca. 1 Jahr vor dem März 1933 geschrieben worden, als Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde.

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