Das Buch "German crisis" - "Deutschland so oder so" aus 1932
Dieses Buch aus dem Frühjahr 1932 !!! enthält ganz viele Gedanken und Wahrheiten aus der Zeit vor der Machtübernahme Adolf Hitlers im März 1933. Der amerikanische Autor bereiste bereits während seines Studiums viele Orte in Deutschland und Europa und beschrieb sehr viele teils unbekannte Zustände der damaligen Gesellschaft. Und er belegt seine Schlussfolgerungen mit fundierten Daten. - Solllten Sie hier direkt eingelandet sein, beginnen Sie besser auf dieser einführenden Seite. Ganz viele zusammengesuchte Erklärungen und Ergänzungen haben wir auf dieser Erklärungs-Seite eingebracht, Informationen, die das Buch selbst nicht bietet, die aber zum Verstehen der einzelnen Kapitel wichtig sind.
.
Zwölftes Kapitel - FRANKFURT AM MAIN
.
FRANKFURT AM MAIN (Das Zeitalter Hitlers in Deutschland)
Ob die Nationalsozialisten ans Ruder kommen oder nicht, ob Hitler Opposition bleibt oder Regierung wird - es ist das Zeitalter Hitlers in Deutschland.
Der Druck der Millionen nationalsozialistischer Wähler ist so stark, daß keine deutsche Regierung, und sei sie noch so weit von Hitlers programmatischem Radikalismus entfernt, vermeiden kann, der Strömung des kämpferischen Nationalismus auszuweichen; die Ereignisse seit Stresemanns Tod beweisen das.
Bismarck war Hauptgestalt in Deutschland
Bismarck war zur Zeit, als das Reich aufgebaut wurde, die Hauptgestalt in Deutschland. In Wilhelm dem Zweiten verkörperte sich Deutschlands Entwicklung zu einer Weltmacht ersten Ranges.
Ludendorff repräsentierte Deutschland im Krieg. Der Kanzler Guno stand an der Spitze des Reiches, als die erste Nachkriegsperiode des Widerstandes auf ihrem Höhepunkt war.
Stresemann führte Deutschland in der Zeit der Versöhnungspolitik. Hitler versinnbildlicht heute am besten die Epoche des wiedererwachenden kämpferischen Nationalismus.
In der Stadt der Banken und der zweit wichtigsten deutschen Börse, an der Geburtsstätte des ersten internationalen Kapitalisten, dessen Familie zwei Jahrhunderte hindurch ihre Geltung behauptet hat: im würdigen Frankfurt am Main kann man in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht viel Interessantes lernen, wenn man den Zusammenhängen zwischen Deutschlands Wohlstand und den Hauptgestalten seiner jüngsten Geschichte nachgeht.
.
Das Meyer Amschel Rothschild Haus in Frankfurt
Meyer Amschel Rothschilds Haus steht noch heute in Frankfurt. Der Begründer der Dynastie von Weltbankiers fing bescheiden an. Meyer wohnte in dem 1711 erbauten spitzgiebligen Häuschen Nummer 26 der Börnestraße, die früher Judengasse hieß.
Das in einem anderen Viertel der Stadt gelegene Haus, in dem die Familie vorher wohnte, war durch ein rotes Schild bezeichnet, und nach diesem nannte sich die Familie.
Meyers Lehnstuhl steht noch jetzt auf einem Podium im Vorderzimmer des zweiten Stockwerks; dort pflegte er zu sitzen und die Besucher, die an seine Tür klopften, in Augenschein zu nehmen.
Im Keller des Hauses ist noch der dunkle Eingang zu einem Tunnel zu sehen, der zu dem nächsten Haus führt, in welchem die Vorfahren des New Yorker Bankiers Schiff wohnten; er diente als Rettungsweg, wenn blutdürstige Volkshaufen unterwegs waren, um Juden zu erschlagen.
- Anmerkung : Das ist eine Beschreibung lange vor Hitlers Machtergreifung. Solche judenfeindliche Auswüchse gab es demnach bereits in Frankfurt vor 1914.
.
Die große imposante Eisenkiste in einem Hinterzimmer
Meyer konnte im Spiegel sehen, welcher Art seine Besucher waren. Der Tunnel, der erreicht werden konnte, bevor es dem Mob möglich war, die Tür einzuschlagen, führte zur Sicherheit. Meyers tägliche Einnahmen wurden in einer großen imposanten Eisenkiste in einem Hinterzimmer aufbewahrt - sein wirkliches Gold war in einer Steinhöhlung unter der Treppe verborgen.
Wir standen im Keller, und während wir den Gang entlang blickten, dachten wir darüber nach, wie oft wohl schon „Kapital" durch diesen schwarzen Tunnel geflohen sein mag.
Einer unserer Begleiter, ein Frankfurter, machte die Bemerkung, der Gang könnte wieder von Nutzen sein, wenn die Nationalsozialisten - eingeschworene Antisemiten, angeblich Antikapitalisten - zur Macht gelangen sollten.
Auf jeden Fall bleibt es interessant, daß es dem „Kapital" stets gelang, zu fliehen und wiederzukommen.
Wie arm ist das Deutschland von heute?
Wann ist im Deutschland der letzten Zeit Kapital geflohen, wie reich, beziehungsweise wie arm ist das Deutschland von heute?
Überraschenderweise ergibt sich, daß Deutschland trotz Reparationszahlungen und trotz allen Schwierigkeiten, die es nach dem Krieg durchgemacht hat, im Vergleich zu seiner Lage im Jahre 1918 nicht nur nicht ärmer geworden ist, sondern mit einigen Unterbrechungen in nahezu jedem Jahr seit Kriegsende beträchtliche Summen gespart hat, und daß diese Volksersparnisse in manchen Jahren nahezu denen der
Vorkriegszeit gleichkamen.
Die Summe der Ersparnisse war selbstverständlich geringer, als sie gewesen wäre, wenn es keinen Krieg gegeben hätte oder Deutschland ihn gewonnen hätte.
Aber vertrauenswürdiges Material aus rein deutschen Quellen beweist, daß es Deutschland nichtsdestoweniger gelungen ist, in Perioden, in denen es beständig von den Reparationszahlungen in Anspruch genommen war, verschieden große, doch stets beträchtliche Summen zurückzulegen.
.
Die Volksersparnisse waren groß und beständig und steigend
Vor dem Krieg, in der Zeit Bismarcks und Wilhelms des Zweiten, waren diese Volksersparnisse groß und beständig und nahmen stets zu; der verstorbene Vizekanzler Dr. Karl Helfferich schätzte die Jahresersparnisse für 1913 auf 8.5oo Millionen Mark. In der Kriegszeit, der Zeit Ludendorffs, gab es keine Ersparnisse; das Volk gab sein Erspartes aus.
Aber unmittelbar nach Friedensschluß wurde, wie Professor Julius Hirsch von der Berliner Handelshochschule erklärt, wieder gespart, und dabei blieb es auch während der Inflation, bis die Besetzung des Ruhrgebietes durch die Franzosen die Spartätigkeit unterband.
Für die Inflationszeit sind verläßliche Zahlen nicht zu erhalten, da die dauernden Wert-Wandlungen, welche die Mark durchmachte, jede Berechnung vereitelten.
Nach Professor Hirschs Ansicht war jedoch während der Inflation infolge der sehr niedrigen Realeinkommen der Konsum gering, während die Produktion verhältnismäßig hoch war.
Wenn man diese Erklärung gelten läßt, muß man sagen, daß das deutsche Volk nach dem Krieg nur in der Zeit des passiven Widerstandes gegen die Ruhrbesetzung, in der Zeit des Kampfes, der Zeit der gesteigerten Feindseligkeit zwischen Frankreich und Deutschland, zu sparen aufhörte.
In Ermangelung einer besseren Bezeichnung darf man diese Periode vielleicht nach dem Reichskanzler Cuno nennen, der damals an der Spitze der Regierung stand.
.
Hierzu zwei Schätzungen
Über die deutschen Nationalersparnisse nach der Inflation gibt es zwei Schätzungen: die der Reichskreditbank und die des Dr. Erich Welter, des Handelsredakteurs der Frankfurter Zeitung.
Die Reichskreditbank hat die Volksersparnisse im Jahre 1925 auf 6.4oo Millionen Mark geschätzt; 1926 auf 6.3oo Millionen; 1927 auf 7.600 Millionen.
Zu diesen Zahlen für die nationale Kapitalbildung oder die
Nationalersparnisse gelangte die Reichskreditbank, indem sie den geschätzten Produktionsüberschuß nahm und davon das eingeführte Kapital mit Ausnahme der zur Währungsdeckung nötigen Beträge abzog.
Mit dieser Methode kam man zum Beispiel für das Jahr 1927 bei einem geschätzten Produktionsüberschuß von 12 Milliarden Reichsmark auf eine reine Kapitalbildung von 7 Milliarden Reichsmark.
Die Zahlen für 1928 und die späteren Jahre wurden nicht mehr publiziert; die Gründe dafür sind nicht uninteressant.
.
Der Reparationsagent Parker Gilbert ließ sich nichts vormachen
Der Reparationsagent Parker Gilbert zitierte die Zahlen der Reichskreditbank über die deutschen Nationalersparnisse zum ersten Male in seinem Jahresbericht vom Dezember 1928. Die Reichskreditbank ist indirekt im Besitz der Regierung.
Die Ziffern der Nationalersparnisse zeigten, daß das Reich trotz Reparationszahlungen noch immer imstande war, jährlich zu einer reinen Kapitalbildung zu kommen, die ungefähr fünfmal so groß war wie die Summe der Reparationen unter dem Dawes-Plan.
Das war entschieden kein Argument zugunsten der These, daß Deutschland durch die Reparationszahlungen in unerträglicher Weise ausgepowert werde.
.
Die Schätzungen der Reichskreditbank wurden eingestellt
Die Reichskreditbank stellte ihre Schätzungen ein, und Parker Gilbert gestattete sich während seiner fünfjährigen Tätigkeit ein einziges Mal so etwas wie eine kleine Ironie in seinen Berichten; er schrieb: „Wenn eine Schätzung der laufenden Kapitalbildung vorgenommen worden wäre, hätte sie im augenblicklichen Wirtschaftsstatus Deutschlands von Nutzen und außerdem ebenso wichtig sein können wie die jetzt veröffentlichten Einkommensschätzungen.
Man wird sich in diesem Zusammenhang darauf besinnen, daß die von der Reichskreditbank angestellten Schätzungen über die Kapitalbildung, die so zustande kamen, daß der Konsum von der Produktion abgezogen wurde, nicht fortgesetzt wurden.
Die letzten Jahresschätzungen sind 1927 veröffentlicht worden; sie sind in den Interims- und Jahresberichten des Generalagenten von 1928 angeführt."
Die Schätzungen der Nationalersparnisse waren ein Tabu-Thema
Seit damals hat keine offizielle Stelle es gewagt, an das Thema der Nationalersparnisse zu rühren. Glücklicherweise gibt es in Deutschland eine Wirtschafts- und Finanzautorität, die den offiziellen Quellen an Kompetenz kaum nachsteht und überdies nicht wie diese aus politischen Gründen zum
Schweigen verurteilt ist.
.
Die Frankfurter Zeitung scherte aus und publizierte Zahlen
Der Handelsteil der Frankfurter Zeitung glaubte, getreu der Tradition, die dieses Blatt zu einem der bedeutendsten in Deutschland gemacht hat, nichts verbergen zu sollen, und setzte die Veröffentlichung seiner Schätzungen der Nationalersparnisse fort.
Nach diesen Publikationen betrugen die Ersparnisse im Jahre 1925 6.500 Millionen Mark; 1926 7.000 Millionen; 1927 9 Milliarden; 1928 wieder 9 Milliarden; 1929 7.000 Millionen und 1980 „wahrscheinlich weniger als" 6 Milliarden Mark.
Im Jahre 1931 hat sich, so meint der Handelsredakteur Dr. Welter, die Kapitalbildung in der ersten Hälfte des Jahres rasch verringert; in der Mitte des Jahres, nach dem Bankenkrach, hat sie ganz aufgehört, und in der zweiten Hälfte des Jahres trat an Stelle der Kapitalbildung Kapitalverbrauch, das heißt, das deutsche Volk sparte nicht nur nicht, es begann seine Ersparnisse auszugeben.
.
Die Bedeutung und Bewertung dieser Zahlen
Wenn man die Bedeutung dieser Zahlen, die innerhalb der Zeit der offiziellen Verlautbarungen denen der Reichskreditbank ziemlich genau entsprechen, richtig beurteilen will, muß man im Gedächtnis behalten, daß sie die reinen Nationalersparnisse darstellen, daß also die Anleihen aus dem Ausland, die Reparationszahlungen und anderen Auslandsverpflichtungen bereits abgezogen sind.
Es versteht sich von selbst, daß Deutschland im Jahre 1931, als es die gigantische Aufgabe bewältigte, 4.900 Millionen Mark oder 1.160 Millionen Dollar Kapitalien an die Auslandsgläubiger zurückzuzahlen und überdies gegen 3oo Millionen Dollar Zinsen- und normalen Amortisationsdienst aus Auslandsschulden und ungefähr 200 Millionen Dollar Reparationszahlungen in der ersten Jahreshälfte zu leisten, außerstande war, auch nur die geringsten Ersparnisse zu machen.
In der Ära Hitler habe man auch aufgehört zu sparen ???
Ob nun zwischen den charakteristischen Ziffern dieser Art in einer Periode und den Ereignissen in der gleichen Periode ein kausaler Zusammenhang besteht oder nicht, es bleibt eine Tatsache, daß Deutschland in der Hitler-Ära des Widerstandes wieder die Fähigkeit verlor, Nationalersparnisse zu machen.
Es mag richtig sein, daß, wie der Basler Sachverständigenbericht meint, die Reparationskrise der Anlaß zur Erschwerung der Weltkrise war, deren wesentlichste Folge in dem Run auf Deutschland bestand, während der Run auf
Deutschland wiederum der Grund dafür war, daß Deutschland nicht mehr zur Kapitalbildung gelangen konnte.
Ursache und Wirkung greifen ineinander über, aber: in der Ära Ludendorff hörte Deutschland zu sparen auf, in der Ära Cuno hörte es zu sparen auf, und in der Ära Hitler hat es auch aufgehört zu sparen.
- Anmerkung : Jetzt wird es "komisch". Hitler war doch 1932 noch gar nicht an der Macht. Woher kommt diese Weisheit oder diese Aussage ?
.
Verstehen der psychologischen und der wirtschaftlichen Faktoren
Es ist selbstverständlich ein großer Unterschied zwischen dem Ansammeln von Ersparnissen und der Verwendung dieser Ersparnisse zur Tilgung äußerer Verpflichtungen wie der Reparationen, die eine Zahlung ohne erfolgte Gegenleistung darstellen.
Die wirtschaftlichen Vorgänge, die dazu gehören, einen derartigen Vermögenstransfer von Ersparnissen auf Reparationen vorzunehmen, sind schwierig genug. Die Deutschen erklären, dieser Prozeß sei ein Ding der Unmöglichkeit.
Aber die psychologischen Schwierigkeiten des Transfers haben in bedeutend größerem Maße den Anschein der Unüberwindlichkeit als die wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
Der Laie jedoch kann aus der Geschichte der deutschen Nationalersparnisse eines lernen:
Sobald die jetzige Lähmung von Handel und Kredit überwunden ist - sei es durch Korrektur der psychologischen oder durch Besserung der wirtschaftlichen Faktoren, welche die Reparationsleistungen unmöglich machen, sei es durch Streichung der Reparationen oder ein anderes Mittel - Deutschland müßte (das lehrt seine eigene Vergangenheit) seine Spartätigkeit, seine Kapitalbildung und seinen Marsch an der Seite der führenden Nationen der Welt wieder aufnehmen.
.
Alfred Lansburgh, Herausgeber der Zeitschrift „Die Bank"
Eine deutsche Wirtschaftsautorität, der Herausgeber der Zeitschrift „Die Bank", Alfred Lansburgh, konnte im Jahre 1929 schreiben: „Alles spricht dafür, daß die deutsche Kapitalbildung ihr rapides Wachstum fortsetzen, und das Kapitalangebot bald groß genug sein wird, um dem ganzen Geschäftsbedarf nachzukommen."
Wie lange die jetzige Periode des Nicht-Sparens, des Kapitalverbrauchs, dauern wird, hängt von vielen Faktoren ab.
Es ist völlig klar, daß bei dem augenblicklichen Stand der Dinge Deutschlands Lage tatsächlich sehr schlecht ist. Das Institut für Konjunkturforschung erklärt, daß das Nationaleinkommen noch in keiner Krise der letzten 50 Jahre so rasch und so tief gesunken sei wie in dieser, und daß die Verringerung der Einkommen noch niemals so allgemein empfunden worden sei, von Beamten, Rentenempfängern, von der Landwirtschaft und vielen anderen Kreisen, die von Industriekrisen gewöhnlich nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.
Deutschland habe von 1925 bis 1930 modernisiert und rationalisiert
Das deutsche Nationaleinkommen des Jahres 1929 wurde von dem Institut für Konjunkturforschung auf 76 Milliarden Mark geschätzt. Für 1930 wurde es noch immer auf 68 bis 70 Milliarden Mark berechnet.
1931 jedoch sank das Nationaleinkommen nach der Annahme des Instituts auf 5o bis 60 Milliarden Mark - eine Verringerung um 8 bis 18 Milliarden Mark, rund 20%, seit dem Vorjahr.
Der Basler Bericht über Deutschlands Wirtschaftslage berücksichtigte diese Einkommenverringerung; man kann den Sachverständigen kaum den Vorwurf machen, sie hätten die kritische Natur der augenblicklichen Lage unterschätzt.
Nichtsdestoweniger weist der Basler Ausschuß darauf hin, daß Deutschland laut den von der deutschen Delegation gelieferten Zahlen in den Jahren 1925 bis 1930 eine Summe von 32.845 Millionen Mark investiert habe; 22.428 Millionen davon seien von Behörden für öffentliche Einrichtungen, für Straßen-, Kanal- und Häuserbau ausgegeben worden.
Deutschland hat seine Handelsflotte wieder aufgebaut, seine Industrie modernisiert und rationalisiert, und seine Städte haben große gemeinnützige Programme durchgeführt.
Ein Teil dieser Investitionen stammte aus geborgtem Kapital, das vom Bankierausschuß auf insgesamt 23 Milliarden Mark geschätzt, von der Reichsbank aber später auf rund 28 Milliarden Mark beziffert wurde.
.
Was Deutschland mit den 3 Milliarden US-Dollar gemacht habe
Unser eigener gewaltiger Anteil von rund 3 Milliarden Dollar an diesen 7 Milliarden Dollar wurde hauptsächlich dazu verwendet, Deutschlands Industrieanlagen, seine gemeinnützigen Einrichtungen, seine öffentlichen Anstalten und seine Häuser zu verbessern. Nur ein verhältnismäßig kleiner Teil des amerikanischen Kapitals wurde zu Handelsfinanzierungen, zu Rückdeckungskrediten verwendet.
Aber Deutschlands eigene Nationalersparnisse gingen in dieser Periode in die Totalinvestitionen. Ein vorsichtiger Mann, Dr. Ernst Wagemann, der Leiter des Statistischen Reichsamtes, schätzte im Jahre 1929 die gesamten, in wirklichem Kapital gemachten Nationalersparnisse der Zeit von 1924 bis 1928 einschließlich auf 20 Milliarden Mark. Das ist weniger als die Summe, welche die Frankfurter Zeitung nennt, und kann als Minimalschätzung angesehen werden.
.
Ob der Schein wirklich trügt ?
Wenn man durch Deutschland reist, erscheinen einem diese gewaltigen Ziffern durchaus plausibel, denn kein anderes Land Europas hat ein so völlig modernes Gesicht, so moderne Gebäude, ein so gut funktionierendes Transportsystem, ein so ausgezeichnetes Telephonsystem, nirgends ist die Verwendung elektrischen Lichts und elektrischer Kraft so weit verbreitet.
Dieser allgemeine äußere Schein solider Wohlhabenheit wird Lügen gestraft durch die Lage großer Teile des Volkes. Es ist etwas übertrieben, aber es steckt auch ein Körnchen Wahrheit darin, wenn man sagt, daß das deutsche Volk in Palästen verhungert.
Die Häuser sind keine wirklichen Paläste, und die Bevölkerung verhungert nicht wirklich, aber viele Millionen hungern in einem physischen und industriellen Milieu, das zu einem reichen Lande gehört.
.
Alle deutschen Arbeitgeber jammern - ohne zu leiden ?
Wie soll man jedoch diese Ziffern der Nationalersparnisse und der Nationalinvestitionen damit in Einklang bringen, daß alle deutschen Arbeitgeber, insbesondere alle deutschen Industriellen, darüber klagen, daß die Last der Steuern und Sozialabgaben - einschließlich aller verschiedenen Arten der Sozialversicherung gegen Arbeitslosigkeit, Alter, Invalidität, Krankheit und so weiter - unerträglich hoch sei?
Und jetzt zurück zu den Opel-Werken
Eine überraschende und höchst wertvolle Aufklärung über diese eminent wichtige Seite der deutschen Wirtschaft lieferten die in amerikanischem Besitz stehenden Opel-Automobilwerke in Rüsselsheim.
Die Opel-Werke tragen natürlich wie alle anderen Konzerne in Deutschland die Steuer- und Soziallasten. Sie haben 6.000 Arbeiter in ihren Lohnlisten; sie stellen eine Fertigware her; sie sind ganz entschieden typisch für den Teil der deutschen Industrie, der den größeren Teil von Deutschlands Ausfuhr - Fertigwaren - liefert.
Die mir von der Geschäftsleitung der Opel-Werke vorgelegten Statistiken zeigen, daß sämtliche Steuern, außer der Einkommensteuer und alle Soziallasten zusammen etwa 4% des Ausfuhrpreises für ihre Waren ausmachen.
Das ist von größter Wichtigkeit, wenn man sich über die sonst unverständliche Tatsache ein Urteil bilden will, daß Deutschland imstande gewesen ist, sich an die Spitze aller Exportnationen der Erde zu setzen und einen Strom von Waren ins Ausland zu senden, der im Jahre 1931 um 20% größer war als der amerikanische Export.
Wäre nämlich die Last der Steuern und Sozialabgaben so unerträglich, wie die deutsche Industrie behauptet, so wäre es nahezu unglaublich, daß sie imstande gewesen sein soll, ihr relativ hohes Exportniveau zu halten.
.
Mehrere Wege, die Steuern prozentual auszuweisen
Die Erklärung liegt darin, daß die deutschen Statistiken die Steuern und Sozialabgaben fast ausnahmslos im Verhältnis zu den Löhnen, im Verhältnis zu den Profiten oder in irgendeinem anderen Verhältnis anführen, das sie - was sie übrigens auch zweifellos sind - überaus hoch erscheinen läßt.
Trotzdem, sobald Steuern und Sozialabgaben in Beziehung zu der einzigen Zahl, die für den Wettbewerb maßgebend ist, gesetzt werden, nämlich zu dem endgültigen Verkaufspreis, ergeben sie im Falle dieses typischen Konzerns 4%.
Wieder hat man, wie immer, den Eindruck, daß die wirtschaftliche Basis Deutschlands, sein ganzer Existenz- und Produktionsapparat außerordentlich gesund und dem vieler seiner Nachbaren überlegen ist.
Die Maschinerie, die auf dieser Basis steht, ist teilweise und zeitweilig stillgelegt. In der Ära Hitler ist die Treibkraft der Wirtschaftsmaschine, das Kapital, durch den Tunnel geflohen, und noch ist es dunkel im Hause Meyer Amschel Rothschilds.
Damit keine Mißverständnisse aufkommen, dieses Buch wurde von einem studierten Journalisten Anfang 1932 geschrieben.
Auch wenn viele Voraussagen und Prophezeihungen des Amerikaners Knickerbocker erstaunlich dicht an den späteren Ereignissen schrammen, das Buch ist ca. 1 Jahr vor dem März 1933 geschrieben worden, als Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde.