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Das Buch "German crisis" - "Deutschland so oder so" aus 1932

Dieses Buch aus dem Frühjahr 1932 !!! enthält ganz viele Gedanken und Wahrheiten aus der Zeit vor der Machtübernahme Adolf Hitlers im März 1933. Der amerikanische Autor bereiste bereits während seines Studiums viele Orte in Deutschland und Europa und beschrieb sehr viele teils unbekannte Zustände der damaligen Gesellschaft. Und er belegt seine Schlussfolgerungen mit fundierten Daten. - Solllten Sie hier direkt eingelandet sein, beginnen Sie besser auf dieser einführenden Seite. Ganz viele zusammengesuchte Erklärungen und Ergänzungen haben wir auf dieser Erklärungs-Seite eingebracht, Informationen, die das Buch selbst nicht bietet, die aber zum Verstehen der einzelnen Kapitel wichtig sind.

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Erstes Kapitel - BERLIN

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BERLIN (im Jahr 1932)

Hinter den Stäben des eisernen Gitters, welches das Büfett einfaßte, waren eine von Fliegen beschmutzte Schüssel mit abgebratenem Pferdefleisch und ein Paar Pferdewürstchen zu sehen. Die Gäste im Lokal hatten Hunger, sie saßen an ihren Tischen und starrten auf das Pferdefleisch hinter den Eisenstäben. Es war Essenszeit, aber niemand bestellte etwas. Der Hunger dieser Leute hatte nichts mit der Essenszeit zu tun.

Vierzig Menschen waren im Gasthaus, und nur vor zweien von ihnen stand etwas auf dem Tisch. Ein alter Mann und eine verschlampte Frau hatten einen Becher Malzbier vor sich. Erst nahm er einen Schluck, stellte den Becher auf den Tisch und blickte auf das Pferdefleisch; dann nahm sie einen Schluck, stellte den Becher auf den Tisch und blickte auf das Pferdefleisch. Diese beiden waren, bevor wir hereinkamen, die lebhaftesten Gäste.
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Das Lokal „Zum Ollen Fritz" im Norden Berlins ....
(Wir waren (sind) hier nicht in Rußland.)

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  • Anmerkung : Der Autor war ab 1924 mehrmals in Russland und in Moskau.

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Auf dem Schild über der Tür stand „Zum Ollen Fritz", und ein Lokal, das sich nach dem größten Hohenzollern nennt, muß selbst im roten Wedding deutsch sein.

Hier im Norden Berlins bot sich eine Gelegenheit, das Elend Deutschlands, wenn auch nicht in seinem ganzen Umfang, so doch ganz gewiß in seiner bittersten Form kennenzulernen, und im „Ollen Fritz" gab es mehr als genug Zeugen, die eine Antwort auf die Frage wußten, warum die deutsche Reichshauptstadt von allen Städten außerhalb Rußlands die meisten Kommunisten zählt.

Hitler und seine 12 Millionen Faschisten

In der deutschen Krise von heute nehmen Hitler und seine 12 Millionen Faschisten wohl den Vordergrund der Bühne ein, in den Kulissen jedoch stehen 6 Millionen Kommunisten.

Der deutsche Faschismus hätte auch ohne den deutschen Kommunismus in Erscheinung treten können. Beide aber wären ohne das Elend in Deutschland unmöglich.

Armut herrscht, wenn auch in verschiedenem Grade, in allen Ländern. Arbeitslosigkeit gibt es überall in der Welt. Die Unzufriedenheit ist kein Monopol Deutschlands, und viele außerhalb des Reiches müssen sich fragen, warum die Gefahr einer radikalen Änderung von Regierung und Wirtschaftssystem für Deutschland größer ist als für andere Länder mit gleich hoher Arbeitslosenziffer.

Dafür gibt es gute Gründe.
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Gute Gründe ?

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  • Erstens: hier ist die Unzufriedenheit, die aus der Armut resultiert, politisch organisiert.
  • Zweitens: die Armut gewisser Bevölkerungsschichten ist ganz außerordentlich bitter.
  • Drittens: die politische und wirtschaftliche Unzufriedenheit herrscht bereits seit langer Zeit.

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Für uns in Amerika ist die (Anmerkung : die aktuelle) Wirtschaftsdepression etwas verhältnismäßig Neues, und deshalb fällt es uns schwer, uns klarzumachen, daß die Völker Mitteleuropas den Vorkriegsstandard der geschäftlichen Sicherheit und der Lebenshaltung niemals wieder erreicht haben. (Anmerkung : Der Weltkrieg war jetzt 14 Jahre vorbei.)
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Die Arbeitslosigkeit mit unterschiedlichen Maßstäben messen ?

Die politische Organisation der Unzufriedenheit in Deutschland macht es unmöglich, die Konsequenzen, zu denen die Arbeitslosigkeit je nach ihrem Ausmaß führen kann, mit denselben Maßstäben zu messen, wie sie einem gleichen Umfang der Arbeitslosigkeit in anderen Ländern zukommen.

Ob wir in Amerika im Verhältnis zu unserer Einwohnerzahl mehr oder weniger Stellungslose haben als Deutschland - die Folgen eines Anwachsens der Erwerbslosenzahl in Deutschland dürften jedenfalls viel ernsthafter sein als die Folgen einer gleichen Zunahme der Arbeitslosigkeit in den Vereinigten Staaten oder in England.

Daß alle Arbeitslosen, gleichgültig in welchem Lande, unzufrieden sind, ist eine Selbstverständlichkeit. Aber der Grad ihrer Unzufriedenheit richtet sich nach dem Ausmaß ihrer Armut und nach dem Charakter der politischen Organisation im Lande.

In einem Lande wie den Vereinigten Staaten, in welchem die Arbeitslosen ihre Ersparnisse abheben, von ihren beschäftigten Freunden und Verwandten unterstützt werden oder die Hilfe öffentlicher Wohlfahrtsunternehmen in Anspruch nehmen, also auf einem verhältnismäßig erträglichen Standard weiterleben können, bleibt der Grad der Unzufriedenheit innerhalb der Grenzen des Systems.

Der Arbeitslose in Amerika drückt seine Unzufriedenheit im allgemeinen dadurch aus, daß er seine Stimme gegen die Männer oder die Partei, die an der Macht ist, abgibt. Er kann aus einem Republikaner ein Demokrat werden oder umgekehrt.

Die "Kleinheit" der kommunistischen Partei in Amerika

Die unbedeutende Größe, oder besser die Kleinheit, der kommunistischen Partei in Amerika weist zur Genüge darauf hin, daß in den Staaten auch von den Arbeitslosen nicht viele die Absicht haben, in ihrem Protest weiter zu gehen.

Aber selbst wenn sie diese Absicht hätten und ihrer Opposition nicht nur gegen die Partei am Ruder, sondern gegen die Regierung selbst und das kapitalistische System Ausdruck verleihen wollten, würden sie kein politisches Instrument finden, das sie befriedigen könnte.

Das heißt etwa so viel: die kommunistische Partei Amerikas ist klein, weil niemand für sie stimmt, und es stimmt niemand für sie, weil sie klein ist.
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Das politische Paradoxon in den USA und in Deutschland

Dieses politische Paradoxon muß für Deutschland geradezu umgekehrt werden. Hier ist die Unzufriedenheit größer, weil die meisten Stellungslosen im Reich trotz der Hilfe, welche die Unterstützung gewährt, ein Leben führen, das für die meisten Amerikaner unerträglich wäre und, mit verschiedenen Abstufungen, auch für die Deutschen unerträglich geworden ist.

Mit jedem Tag, den die Krise fortdauert, vermehrt sich nicht nur die Gesamtzahl der Arbeitslosen und die Zahl derer, die eine im Durchschnitt unter 16 Mark liegende Unterstützung empfangen, sondern auch die Anzahl derer, deren Ansprüche auf die Unterstützung abgelaufen sind, so daß sie auf die sogenannte, im Durchschnitt 7 Mark betragende, Wohlfahrt angewiesen sind.

Zu Ausgang des Jahres 1930 bezogen 700.000 diese minimale Hilfe; Ende 1931 mußten bereits 1.5oo.ooo versuchen, davon zu leben. Bevor der Arbeitslose das Recht auf die Unterstützung in Höhe von 16 Reichsmark Mark wiedererlangt, muß er Arbeit gefunden haben und mindestens 26 Wochen lang ununterbrochen beschäftigt gewesen sein.
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Die deutsche Krise und die "politischen Ventile" .....

Daß die Unzufriedenheit hier schärfere Formen hat als sonst, steht also fest; wir müssen nun, um den wichtigsten Unterschied zwischen dem Deutschen Reich und den anderen Ländern in der Weltkrise klarzustellen, nach den politischen Ventilen fragen.

In dieser Beziehung steht Deutschland einzig da. Es hat zwei Hauptventile für revolutionäres Fühlen; beide sehen Lösungen für die verschiedensten Arten der Unzufriedenheit vor und verheißen eine radikale Änderung sowohl der Regierung wie des Systems.

Auf der einen Seite steht die kommunistische Partei, die alles dem Arbeiter verspricht; auf der anderen die nationalsozialistische Partei Adolf Hitlers, die allen alles verspricht.

Und ganz abgesehen von diesen Gründen sind beide Parteien groß, weil viele für sie stimmen, und viele stimmen wiederum für sie, weil sie groß sind.
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Der Entwicklungsverlauf - wie es dazu gekommen war

(Anmerkung : Hier nochmal der Hinweis, daß der Autor sowoh lin den USA als auch in München Philiosophie studiert hate.)

Das heißt, daß die beiden radikalen Parteien den Entwicklungsverlauf der meisten politischen Bewegungen genommen haben. Zunächst erreichten sie eine gewisse Größe dadurch, daß eine Anzahl von Wählern sich um ihrer Prinzipien willen damit abfand, daß ihre Stimmen verloren gingen.

Je größer aber die Parteien wurden, desto mehr Anziehungskraft erlangten sie. In der Politik gilt noch mehr als auf anderen Gebieten der Satz, daß nichts solchen Erfolg hat wie der Erfolg selbst.

Heute hat niemand das Gefühl, seine Stimme gehe verloren, wenn er für eine Partei stimmt, die Hitler bei den Reichstagswahlen im Jahre 1930 etwa 6.406.000 Stimmen brachte, oder für eine Partei, die 4.590.000 Stimmen für „Moskau" abgab.

Heute ist die politische Bewegung zu einem Erdrutsch in Richtung auf die beiden radikalen Gruppen geworden; Nationalsozialisten und Kommunisten scheinen die stärkste und zweitstärkste Partei geworden zu sein und haben wahrscheinlich die Majorität aller Wähler im Reich für sich.
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Das Wählerpotential der radikalen Parteien in Deutschland

Die Unzufriedenheit in Deutschland ist nicht allein auf die materielle Verarmung zurückzuführen, aber jedenfalls ist die Größe der beiden radikalen Parteien in Deutschland daraus zu erklären, daß die Kommunisten Menschen sind, die niemals etwas hatten, und daß die Nationalsozialisten sich aus Schichten rekrutieren, die etwas besessen und es verloren haben.

Das dürfte eine große Majorität der Bevölkerung sein; allerdings läßt sich daraus weder ein genauer Schluß auf die Größe des Reichtums und der Produktionskapazität noch auf die Zahlungsfähigkeit des ganzen Landes ziehen.
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Eine Betrachtung der Radikalisierung der Bevölkerung

Wie weit der Zug zur Radikalisierung der Bevölkerung von der wirtschaftlichen Depression beeinflußt worden ist, läßt sich in verblüffender Weise demonstrieren, wenn man das Anwachsen der Arbeitslosigkeit mit der Steigerung der für Nazis und Kommunisten abgegebenen Stimmen in Relation setzt.

Ein solcher Vergleich gestattet auch bis zu einem gewissen Grade einen Schluß auf die Konsequenzen, zu denen ein fortgesetztes Anwachsen der Arbeitslosigkeit in der Zukunft führen dürfte.
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Eine Betrachtung der statistischen Zahlen der Wähler

Im Jahre 1920 hatte Deutschland 464.000 Arbeitslose und das er gab für die kommunistische Partei 689.000 Stimmen, also 120 % der Erwerbslosen. Die Nationalsozialisten existierten damals noch nicht.

Die Wahlen des Jahres 1924, in denen sich vor allem die Wirkungen des Inflationsausganges manifestierten, können als unerheblich übersprungen werden.

1928 hatte das Deutsche Reich zur Zeit der Wahlen 2.500.000 Arbeitslose und das er gab für die Kommunisten 3.263.000 Stimmen, 124% der Arbeitslosen, für die Nationalsozialisten 809.000 Stimmen, 30% der Arbeitslosen; die beiden radikalen Parteien hatten also zusammen 4.072.000 Wähler gewonnen, das sind ungefähr 160% der Erwerbslosen.

Im Wahljahr 1930 gab es in Deutschland 4.438.000 Arbeitslose; für die Kommunisten wurden 4.500.000 Stimmen abgegeben, also etwa 100% der Arbeitslosen, für die Nationalsozialisten gab es 6.406.000 Stimmen, 140% der Arbeitslosen; die beiden radikalen Parteien hatten zusammen 10.996.000 Wähler, das sind ungefähr 240% der Stellungslosen.
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Die Schlussfolgerung aus den Statistiken

Man ersieht daraus, daß die Anzahl der radikalen Stimmen stets größer war als die Anzahl der Erwerbslosen, und daß sie sich nicht nur parallel zu dieser vermehrte, sondern in rascherem Tempo.

Die Beschleunigung, mit der die radikale Stimmenzahl zunahm, stieg von 120% der Erwerbslosen im Jahre 1920 auf 160% im Jahre 1928 und von da auf 240% im Jahre 1930.

Von 120% auf 160% bedeutet eine Zunahme um 4o%, von 160 auf 240 eine von 80%. Wenn man annimmt, daß es bei diesem Tempo der Beschleunigung bleibt, müßten die radikalen Parteien bei der nächsten Wahl 240% plus 160%, also 400% von der Gesamtanzahl der Erwerbslosen erhalten.

Wenn es bei der nächsten Wahl 5 Millionen Arbeitslose gibt, müßten nach dieser Berechnung von der Gesamtheit der 35 Millionen Stimmen für die radikalen Parteien mindestens 20 Millionen abgegeben werden.

Die Voraussagen der beiden radikalen Parteien in 1930

Das würde ungefähr den Voraussagen der beiden radikalen Parteien entsprechen - die Nationalsozialisten haben behauptet, sie würden 1932 15 Millionen Stimmen erhalten, die Kommunisten rechnen auf 6 Millionen.

Diese Berechnung soll aber nicht eine Prophezeiung über den Ausgang einer derartigen Wahl sein; ihre statistische Basis ist zu schmal, und überdies spielen noch andere Dinge mit. Aus so manchen anderen Gründen erscheint es wahrscheinlich, daß die Stimmenzahl der Nationalsozialisten unterhalb von 15 Millionen bleiben wird. Doch der Wert dieser Berechnung als Illustrierung der Zusammenhänge zwischen Arbeitslosigkeit und Radikalismus ist klar.
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Die Folgen des Elends der Arbeitslosigkeit

In ganz Deutschland geht die Abgabe radikaler Stimmen Hand in Hand mit dem Elend der Arbeitslosigkeit. Zwei Drittel der kommunistischen und die Hälfte der nationalsozialistischen Stimmen bei den Wahlen im Jahre 1930 kamen aus Gebieten, deren Einwohnerschaft weniger als die Hälfte der Bevölkerung des Reichs ausmacht, deren Anteil an der Arbeitslosigkeit jedoch bedeutend über der Durchschnittsziffer des ganzen Reiches lag.

Arbeitslosenzentren und kommunistische Zentren sind Berlin und seine industriereiche Umgebung, die gewaltigen chemischen Werke Merseburgs, die Fabrikstädte Thüringens und Sachsens, die Stahl- und Kohlereviere an der Ruhr und in Westfalen, die schlesischen Bergwerke.
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Was die amerikanischen Touristen nicht sehen

Nur wenige von diesen Orten liegen auf der Route der Deutschland bereisenden Touristen, aber sie alle verdienen aufgesucht zu werden, wenn man sich ein Bild davon machen will, was heute im Reich vorgeht, und was in der Zukunft zu erwarten ist.

Von den großen Städten Deutschlands nimmt Berlin mit seinen 500.000 Arbeitslosen und seinem Wahlergebnis im Jahre 1930 - 739.235 kommunistische und 395.988 nationalsozialistische Stimmen - nahezu den ersten Platz auf der Liste der Arbeitslosigkeit und des Radikalismus ein.
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Über die obdachlosen Gäste des „Ollen Fritz"

Und von den obdachlosen Gästen des „Ollen Fritz" waren so manche aufschlußreiche Kommentare zu den Lehren der Statistik zu erhalten. In ihren Lumpen und mit ihrer Verbitterung verkörperten sie die
wesentlichen Ursachen und die wesentlichen Folgen in der Kette der Ereignisse, welche das deutsche Volk zum Zentrum der europäischen Befürchtungen gemacht haben.

Sie lehnten mich nicht ab. Denn meine "Uniform" entsprach ganz der ihren - "Uniform der Obdachlosen" - Lumpen. Meine Gefährten, Sachverständige auf dem Gebiet, das ich erforschen wollte, waren besser gekleidet.
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Meine drei Begleiter in die Abgründe des Wedding .....

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  • Max war ein etwa fünfzigjähriger Grauhaariger, mit einer revolutionären Vergangenheit. Er war von Beruf Bauarbeiter, aber er trug einen steifen Kragen. Wiederholt hatte er wegen seiner politischen Betätigung die Arbeitsstelle wechseln müssen. Seit 1924 war er auf der Suche nach Arbeit. Haussuchungen der Polizei und Verhaftungen waren ihm keine unbekannten Dinge.
  • Mein zweiter Begleiter dieser Nacht, Hans, verdiente sein Geld als Straßenhändler, aber es war - wie er sagte - weniger, als wenn er Unterstützung bezogen haben würde.
  • Otto war Journalist. Alle drei seit langer Zeit Mitglieder der Kommunistischen Partei. Für den Wedding bedeutet das, daß uns keine Auskunft verweigert wurde.

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„Genosse", rief Max, „vier kleine Bier."

Der Kellner strahlte über das ganze Gesicht: es war die größte Bestellung des ganzen Abends. Die Leute an den Nebentischen wandten die Köpfe, um mit apathischem Neid die üppigen Genossen zu betrachten, die sich vier Bier zu 15 Pf. leisten konnten.

Unter einem Schild, auf dem zu lesen war „Männerheim - Bett fünfzig Pfennig", saß ein halbes Dutzend Männer; sie hatten die Köpfe auf den Tisch gelegt und schliefen. Ich fragte: „Warum gehen die Leute nicht ins Männerheim, in welchem sie richtig schlafen können?" - „Weil sie keine fünfzig Pfennig haben", antwortete der Kellner.

Ein großer junger Mensch - sein hagerer Hals kam aus einem zerlumpten Mantel hervor, der ihm um die Beine schlug - ging mit einem ehemals weißen Frackhemd im Zimmer umher. Er wollte es gegen den Preis einer Pferdewurst verkaufen, konnte aber keinen Abnehmer finden. Er selbst hatte kein Hemd an.
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Eine Nacht im städtischen Obdachlosenasyl

Wir brauchten „Papiere" für den Fall, daß wir uns dazu entschließen würden, die Nacht im städtischen Obdachlosenasyl zu verbringen. Ein Arbeiter, ein kleiner Bursche mit einem Goldzahn im Munde, früherer sozialdemokratischer Stadtverordneter, jetzt Kommunist, holte Papier und Tinte und hatte im Handumdrehen Dokumente ausgestellt, in welchen bescheinigt wurde, daß Otto und ich am heutigen Tage als ungelernte Arbeiter in einer Tischlerei beschäftigt gewesen wären.

Als Arbeitsstätte gab er die Adresse von Hans an. Hans, der in solchen Dingen Bescheid weiß, wohnte nicht zu Hause, aber seine Frau bestätigte sicherlich die Adresse, wenn das Asyl Erkundigungen einziehen sollte, und das hätte für die eine Nacht genügt.

Als der Arbeiter mit den Dokumenten fertig war, holte er einen Kamm und eine Schere aus der Tasche und ging an das andere Ende des Zimmers, wo er einem Gast die Haare zu schneiden begann. In der Ecke ihm gegenüber lag ein Haufen zerbrochener Stühle.

Auf dem Tisch zwischen den beiden Ecken saßen drei Mädchen. Sie wollten belegte Brote auf Pump haben und versprachen, um zwölf Uhr wiederzukommen und zu bezahlen. Der Wirt schlug ihre Bitte ab. Er zweifelte nicht daran, daß sie zahlen würden, wenn sie das Geld hätten, aber er glaubte nicht, daß auch nur eine von ihnen bis zwölf Uhr 5o Pf. verdienen könnte.
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13 Jahre Gefängnis für das Kleben von nicht genehmigten Anschlägen

Wir gingen hinaus und kauften uns eine Zeitung. Vier Kommunisten, die beim Kleben von nicht genehmigten Anschlägen - was von der Notverordnung unter Androhung schwerer Strafen verboten ist - ertappt worden waren, hatten zusammen dreizehn Jahre Gefängnis bekommen. Der Anführer war zu vier Jahren verurteilt worden.

„Im Ausland wird man sich noch sehr wundern", rief einer. „Man glaubt, daß eine kommunistische Revolution in Deutschland ganz anders aussehen würde, als es in Rußland war. Man meint, wir würden es zu keiner gewaltsamen Abrechnung kommen lassen. Ich kann Ihnen sagen", dabei ballte er die Faust, „mit dieser falschen Meinung werden wir aufräumen."

„Und wie wir damit aufräumen werden!" wiederholte Max, als wir uns in der Tür zur „Wiesenquelle" an einer Gruppe von Arbeitern vorbeidrängten.
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Allgemeines Gesprächsthema in Deutschland : Arbeitslosigkeit

Sie alle sprachen, wie überall die Leute, von der Arbeitslosigkeit. Als ich im Jahre 1922 nach Deutschland kam, hieß das erste Wort, das ich lernte, „Kurs" - die Notierung der Mark.

Das war in der Zeit, als die Mark täglich um Millionen stürzte. Heute ist es anders; ein vor kurzem hier eingetroffener Freund erzählte mir, das erste Wort, das er, weil er es so oft hörte, gelernt hätte, wäre „Arbeitslosigkeit".

In der idyllischen „Wiesenquelle" saßen zwanzig bis dreißig Männer und einige Frauen, die zusahen, wie ein Paar zu der krächzenden Melodie eines ausgeleierten Grammophons tanzte. Es war noch immer Essenszeit; an der Wand hingen Plakate: „Wenn du Max Schmeling schlagen willst, mußt du unser Gulasch essen - fünfunddreißig Pfennige", aber niemand hatte etwas vor sich auf dem Tisch stehen.

„Was für Geschäfte machen die Wirte?" fragte ich. „Gar keine", war die Antwort. „Sie sind nicht viel besser dran als ihre Kundschaft."
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Die Story mit dem Glas Bier der Deutschen

Der stärkste Eindruck in dieser Nacht in der Berliner Arbeitslosen-Unterwelt war für mich die Beobachtung, daß von insgesamt etwa fünfhundert Gästen in zehn bis zwölf Gasthäusern höchstens ein Zehntel auch nur ein Glas Bier vor sich stehen hatte.

Wenn der Deutsche zu arm geworden ist, um sich ein Bier zu kaufen, ist er am Verzweiflungspunkt angelangt.

Nach einem Bericht des Statistischen Reichsamtes ist der Bierkonsum von 102,1 Litern auf den Kopf der Bevölkerung im Jahre 1918 auf 74,7 Liter im Jahre 1931 heruntergegangen, wobei ein ganz scharfer Sturz des Konsums im Jahre 1930, 90 Liter, zu verzeichnen ist.

In der Nähe des Alexanderplatzes, an dem sich unter dem wuchtigen Schatten des roten Ziegelbaus des Polizeipräsidiums der Verkehr massiert, wurden wir von einer Ansammlung aufgehalten. Zwei Polizisten, deren hohe Helme sich hoben und senkten, waren bemüht, einen Mann aufzuheben und auf die Füße zu stellen. Eine Frau rief in fragendem Ton: „Was ist denn mit dem?"
„Hunger!" antwortete einer der Polizisten.

„Hunger!" Die Menge wiederholte das Wort und machte den Polizisten Platz; ein magerer Junge, dessen Beine zitterten und dessen Gesicht weiß war wie ein Blatt Papier, wurde fortgeführt.

Dieses Beispiel, das so dramatisch ist, daß man meinen könnte, es sei einem Theaterstück entnommen, verdient lediglich deshalb aufgezeichnet zu werden, weil der Polizist mit dem Wort „Hunger** antwortete.

Leute, die auf der Straße umfallen, haben gewöhnlich einen Rausch, und der erste Gedanke eines Polizisten, der einen auf der Straße Liegenden aufhebt, ist ganz entschieden „Betrunken".

Wenn ein Berliner Schupo, sicherlich kein allzu sentimentaler Mensch, „Hunger" ruft, ist nicht daran zu zweifeln, daß er mindestens von der Richtigkeit seiner Diagnose überzeugt ist.

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Daß es in Deutschland hungernde Menschen gibt, steht fest. Es fragt sich bloß, wie groß ihre Zahl ist. Im Verlauf dieser Untersuchungen werde ich mich bemühen, eine Antwort auf diese Frage zu geben.
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Wie groß ist die Zahl der hungernden Menschen in Deutschland

Fünfzehn Millionen Deutsche leben heute von der Unterstützung; gemäß den offiziellen Statistiken hat keiner von ihnen so viel zu essen, wie er braucht.

In der Fröbelstraße stand der mitternächtliche Mond hoch über den Gasreservoirs und goß seinen Silberschein auf das einen ganzen Straßenblock einnehmende Gebäude des Berliner Obdachlosenasyls. Im Büro des Wächters brannte eine Lampe, sonst zeigte sich im ganzen Gebäude kein Licht. Es war schon zu spät.

Es war alles andere als amüsant, eine Nacht als obdachloser Vagabund in Berlin zu verbringen, und als der Winterwind durch meine Lumpen blies, hörte die Untersuchung der Frage „Wie groß ist Deutschlands Elend?'* auf, eine Zerstreuung zu sein.
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Zuvor noch ein paar Zahlen aus der reichsdeutschen Statistik

Heute zählt es annähernd 5 Millionen. Der Jahresetat der öffentlichen Hand, der Reichsregierung, der Länder, der Gemeinden und der Städte zur Unterhaltung dieser 5 Millionen, ihrer Familien und der 1.200.000 Kurzarbeiter, denen, weil sie weniger verdienen, als die Unterstützung ausmacht, die Differenz ausgezahlt wird, beträgt rund 3 Milliarden Reichsmark.

Max, Hans und Otto nehmen mich mit auf Tour

Ich eilte mit Max, Hans und Otto an langen Reihen von Baracken vorüber. Hier hielt sich ein Teil des Arbeitslosenheeres Deutschlands auf.

Doch ich suchte mit Max, Hans und Otto diejenigen Arbeitslosen, die keine Unterstützung empfangen. Wir wollten etwas Wärme finden und machten uns darum zum Schlesischen Bahnhof auf.

Ab und zu können nächtliche Wanderer im Wartesaal schlafen. Wir gingen hinein. Außer zwei Schupos und einem Bahnpolizisten war niemand da. Unter ihren forschenden Bücken wurde es Hans unbehaglich zumute. Wir gingen wieder.
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Zuerst gehts in Berlins berühmtes „Scheunenviertel"

Dann durchwanderten wir Berlins berühmtes „Scheunenviertel". Die Straßen sehen nicht nach Kaschemmenviertel aus, sie sind breit und sauber. Von außen betrachtet wirken sie, mit den Reihen der Mietskasernen in New Yorks Eastside verglichen, wie Luxusstraßen.

In einer Kneipe, der „Kantklause", war laute Musik zu hören. Ein Klavierspieler hieb auf die Tasten eines Pianos ein, dem die Vorderseite fehlte; ein Geiger und ein Trommler plagten sich mit ihren Instrumenten ab. An den Tischen saßen finster dreinblickende junge Leute und Mädchen.

Die Mädchen rissen uns das Bier aus den Händen. Außer uns hatte niemand ein Glas auf dem Tisch. Ein „Genosse" kam herüber und erklärte uns, daß dieses Lokal eine Zufluchtsstätte entlaufener Fürsorgezöglinge sei, die alle minderjährig, arbeitslos und, wie er sagte, hungrig waren.

Weiter geht es zur „Mulackklause"

In der „Mulackklause" bettelten uns zwei alte Weiber unseren Kaffee ab. Weiter unten in der Mulackstraße, in einem Lokal, das den Mitgliedern einer Schmiedegewerkschaft als Asyl und Gasthof dient, füllten Männer, die in abgerissenen Zeitungsfetzen lasen oder einfach da saßen, den nach hinten gelegenen Raum. Kein einziger hatte ein Getränk oder etwas zu essen vor sich.

Drei Musikanten kamen herein, ein Waldhorn, ein Piston und eine Klarinette. Sie bliesen einen munteren Militärmarsch aus der Vorkriegszeit, aber als sie fertig waren, hatte niemand Geld für sie übrig. Hier gab es ein Nacht-Quartier nur für Gewerkschaftsmitglieder.
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Jetzt zur „Zarowka" am Schlesischen Bahnhof

In der „Zarowka", einem niedrigen Keller gegenüber dem Schlesischen Bahnhof, wurden uns von einer vierschrötigen, finsteren Frau Betten gezeigt. Fünf standen in einem Zimmer, alles war schmutzig, Laken gab es nicht. Eine Mark für das Bett, das war zu teuer.

Wir gingen weiter zum „Hotel Metropole", vor dem wir vor dem dunklen Eingang frierend und zitternd warten mußten, bis der Portier aufschloß.

„Vierundfünfzig Gäste", brummte er, „achtzig Pfennig das Bett. Sehen Sie selber nach." Er warf uns einen Schlüssel zu. Im fünften Stockwerk fanden wir Zimmer 96, in dem fünf Betten standen, betrachteten die von Schmutz graue Wäsche und einen einsamen zerbrochenen Wasserkrug, konstatierten, daß das Zimmer sich ausgezeichnet für einen Selbstmord eigne, und entfernten uns wieder. Es war drei Uhr Morgens.

Ich entschied, wir vier nehmen eine Taxe

„Zu der Straße, wo sie die Barrikaden gebaut haben", rief Max, als wir in eine Taxe stiegen. Der Fahrer sah uns mißtrauisch an, kratzte sich am Kinn und fragte: „Wohin?"

„Schafskopf!" schrie Max. „Du weißt vielleicht nicht, wo sie die Barrikaden gebaut haben?"

„Ja, ja", gab der Chauffeur ängstlich zur Antwort, „natürlich. Wedding. Kösliner Straße."

In der Kösliner Straße machten nur wenige Laternen dem Mond Konkurrenz. Der Berliner Westen ist ebenso strahlend hell erleuchtet wie alle anderen Städte der Welt, aber im Berliner Norden liegen zwischen den einzelnen Straßenecken lange finstere Strecken.
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Wir haben nicht einen Vagabunden gefunden ....

In einer Lichtinsel blieben wir stehen. Max holte einen Dietrich aus der Tasche, und nun gingen wir in ein Haus nach dem anderen. Viermal stiegen wir fünf Stockwerke hinauf und suchten nach den obdachlosen Vagabunden, die sich für die Nacht angeblich gern vor den Eingängen der Dachkammern einquartieren.

Hans erzählte, daß sie sich einschleichen, bevor die Häuser für die Nacht abgeschlossen werden. Aber wir stiegen vergeblich treppauf und treppab. Nicht einen Vagabunden fanden wir. Max war verzweifelt.

Hans schwor, vor einer Woche, als alarmiert wurde, weil die nationalsozialistischen Sturmabteilungen einen Angriff auf ein kommunistisches Bierlokal vorhatten, und er um Mitternacht die Bewohner zusammentrommeln mußte, hätte er zwanzig auf einem Haufen gefunden.
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Max sagte, gehen wir doch zu ihm nachhause

Max stellte sich mitten auf die Straße und pfiff. „Ja?" rief eine Frauenstimme von einem Fenster in der schwarzen Häuserreihe. „Wo sind sie?" rief er. „Da, vor dir."

Wir versuchten es bei der bezeichneten Tür. Sie war mit dem Dietrich nicht zu öffnen. Zwei Genossen kamen um die Ecke. Es war vier Uhr. Der Wind pfiff. Wir alle zitterten vor Kälte und hämmerten zu sechst auf die Tür ein. Wir hätten ebensogut Einbrecher sein können, aber die Kösliner Straße nahm gar keine Notiz davon. Sie schlief.

Max klopfte an ein Kellerfenster, weckte einen Schuhflicker auf und bat ihn, er möge uns einlassen. An der Kellertür zeigte sich eine Dostojewski-Figur.

Seine Worte waren von Zähneklappern unterbrochen, der Wind blähte das zerlumpte Hemd vor seinem nackten Bauch auf, doch im selbstverständlichsten und gastfreundlichsten Ton, als ob er täglich um vier Uhr früh Gäste empfinge, forderte er uns auf, einzutreten. „Nur herein. Macht rasch."

Er hielt seine Kerze hoch, um uns den Weg zu beleuchten. Seine mageren Arme zitterten. Vor seinem Bett, einem Haufen Lumpen auf dem Fußboden, stiegen wir über zahllose alte, hart gewordene Schuhe. Er führte uns durch seine Hintertür auf den Hof, sagte noch: „Wenn ihr wiederkommt, klopft", und ging in sein Loch zurück.

„Können Sie sich das vorstellen", rief Max aus, „der Kerl ist Sozialdemokrat. Krepiert vor Hunger. Lebt wie ein Tier in einem Loch. Und dabei ist er Sozialdemokrat."

Ich lernte die Frau von Max mit dem jüngsten Familienmitglied kennen

Wir stiegen die Hintertreppe hinauf. Niemand da. An der Vordertreppe im obersten Stockwerk schlug Menschengeruch an unsere Nase. Wir zündeten ein Streichholz an, ein Bündel Fetzen regte sich, der Kopf eines Mannes zeigte sich. Max steckte dem Obdachlosen eine Zigarette in den Mund und überließ ihn wieder seinem Schlaf.

Als wir zu Maxens Behausung kamen, blieb er stehen und zeigte uns, wo sie an dem Tag, an dem die Schießerei begann, der Polizei zum Trotz eine große rote Fahne herausgesteckt hatten.

Aus seiner sauber gefegten und nett gehaltenen Küche schob seine Frau das Wägelchen mit dem jüngsten Familienmitglied in den Flur hinaus und bemühte sich, uns zu erklären, wie sie es zuwege brachte, ihren Mann, fünf Kinder - ein vier Monate altes, ein vier-, ein sechs-, ein neun- und ein elfjähriges - und sich selbst von der Arbeitslosenunterstützung ihres Mannes, 15 Mark 85 Pfennig in der Woche, zu erhalten.

Ein Topf mit einem Getränk - das Kaffee sein sollte

Während des Sprechens kochte sie in einem Topf ein Getränk, das Kaffee sein sollte.

„Zu allererst, bevor ich ans Essen denke, muß ich 85 Pfennig vorne wegnehmen, die Max in der Woche für Tabak kriegt. Für die Miete müssen wir 3 Mark wöchentlich zahlen; Gas 70 Pfennig; 5o Pfennig in der Woche Ratenzahlung für den Sweater von Max und 3o Pfennig in der Woche Handtuchmiete; 1 Mark 3o für Zeitungen und 1 Mark Parteibeitrag. Das macht 6 Mark 80, übrig bleiben 8 Mark 20, und davon müssen sieben Menschen essen."

„Aber warum", rief ich aus, „warum denn 1 Mark 3o, fast zehn Prozent von Ihrem Einkommen, für Zeitungen?"

„Wir haben die Rote Fahne, die Rote Post und die Arbeiter-Illustrierte. Als gute Kommunisten müssen wir die Parteiorgane lesen."

Das schien mir schon an sich höchst bemerkenswert zu sein. Noch bemerkenswerter aber war die absolute Selbstverständlichkeit, mit der sie davon sprach, daß 2 Mark 3o von 15 Mark 85, also fünfzehn Prozent des Einkommens, an die Partei gingen.

„Und wie kaufen Sie von 8 Mark 20 in der Woche Essen für sieben Menschen?"

„Brot und Kartoffeln", antwortete sie. „Zum größten Teil Brot. An dem Tag, an dem wir das Geld kriegen, kaufen wir uns Wurst. Einmal in der Woche will doch der Mensch ein bißchen Fleisch haben. Dafür hungern wir aber die beiden letzten Tage von der Woche. Das heißt - vor allem hungert .... Max."
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1931 - Zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben.

Es ist sehr wichtig darauf hinzuweisen, daß Maxens Unterstützung, die rund 63 Mark im Monat beträgt, weil er fünf Kinder hat, erheblich über dem Durchschnitt liegt. Nach den Angaben des Arbeitsamtes in Neukölln beträgt der Reichsdurchschnitt der Unterstützung, die ein beschäftigungsloser Arbeiter mit Frau und Kind bezieht, 51 Mark im Monat.

Gemäß den Berechnungen dieser offiziellen Stelle kommen Miete, Beleuchtung, Beheizung und unvermeidliche Nebenausgaben auf ein unerbittliches Minimum von 32 Mark 5o im Monat. Für die Ernährung dreier Menschen bleiben also 18 Mark 5o im Monat übrig.

Bevor ich die hier geschilderten Erkundungen anstellte, teilte ich die bei uns zu Lande (in den USA) weit verbreitete Meinung, die deutsche Arbeitslosenunterstützung sichere ihren Empfängern den Lebensunterhalt.

Ich hatte es sogar für wahrscheinlich gehalten, daß viele lieber von der Unterstützung leben als arbeiten würden, und auch gemeint, daß der beschäftigte Arbeiter in Rußland weniger zu essen hätte als der Arbeitslose in Deutschland. Angesichts der von mir in Berlin beobachteten Tatsachen mußte ich meine Ansichten revidieren.

Die Unterstützung in Deutschland ist in ihrer jetzigen Höhe zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben.
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18 Mark 5o zur Ernährung der Familie - geht das überhaupt

Ich habe die Angaben des Arbeitsamtes über die ökonomischste Ausnützung von 18 Mark 5o zur Ernährung der Familie eines Arbeitslosen mit Frau und Kind in Berlin und meine eigenen Aufzeichnungen über das Quantum von Nahrungsmitteln, das ein beschäftigter Arbeiter mit Rationierungskarte in Moskau für sich selbst, seine Frau und sein Kind bekommt, miteinander verglichen.

Dabei bin ich zu dem Schluß gekommen, daß der Moskauer, für dessen richtige Ernährung allerdings nicht in ausreichendem Maße gesorgt wird, immerhin mehr erhalten kann als der Berliner, und daß die Berliner Familie nicht genug hat, um über den Hungerstandard hinauszukommen.

Nach einer Statistik des Arbeitsamtes kann der Berliner Unterstützungsempfänger 45 Pfund Brot für 6 Mark kaufen; einen Zentner Kartoffeln für 2 Mark 5o; 9 Pfund Margarine für 3 Mark; 15 Liter Milch für 4 Mark 5o; 20 Pfund Kohl für 2 Mark; 10 Heringe, Salz und Zucker für 1 Mark - und damit wären seine 18 Mark 5o aufgebraucht.

Das bedeutet täglich ein halbes Brot, ein Pfund Kartoffeln, hundert Gramm Kohl, fünfzig Gramm Margarine und dreimal im Monat einen Hering pro Kopf.
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Dann probieren wir doch mal das mit der Tagesverpflegung

Auf Grund dieser Berechnung habe ich in meiner eigenen Küche die Tagesverpflegung einer Person ausgewogen. Das Rohmaterial für die drei Mahlzeiten findet auf einem Fleischteller bequem Platz. Es besteht aus sechs kleinen Kartoffeln, fünf mitteldicken Scheiben Brot, einem kleinen Stück Kohl, das ungefähr faustgroß ist, und einem Stückchen Margarine von etwa 16 Kubikzentimetern.

Das ist die Wochentagsration, und an drei Sonntagen im Monat kann jeder Erwachsene außerdem noch einen Hering essen, während das Kind jeden Sonntag einen Hering und wohl täglich einen halben Liter Milch bekommen kann.

Wer schon einmal den Versuch gemacht hat, in einem vegetarischen Restaurant zu essen, weiß, welche erstaunlichen Mengen von Nahrungsmitteln man bei fleischloser Kost verzehren muß, wenn man satt werden will.

Die hier geschilderte Ration, die für den arbeitslosen Deutschen erhältlich ist, reicht gerade für eine armselige Mahlzeit aus. In gewissem Sinne läßt sich von ihr leben; man braucht nämlich zehn Jahre, um bei dieser Verpflegung zu sterben.
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Wie sieht es in Moskau im Vergleich aus ?

Die Ration, die der beschäftigte Arbeiter in Moskau haben kann, ist entschieden reichlicher. Auf seinen Tisch können zwanzig Scheiben Brot kommen, ein ganzes Pfund Kohl, ein Pfund Kartoffeln, und täglich ein Hering; überdies ist er zum Bezug von einem Pfund Fleisch mindestens einmal in der Woche berechtigt. Außerdem stehen ihm monatlich zehn Eier zu, und sein Kind kann, wie das des arbeitslosen Vaters in Deutschland, täglich einen halben Liter Milch bekommen.

Bei der russischen Berechnung muß jedoch in Betracht gezogen werden, daß der Arbeiter, abgesehen von dem Brot, mit dem er ausreichend versorgt ist, nicht immer alles zu kaufen bekommt, wozu seine Karte ihn berechtigt, während bei der deutschen Berechnung nicht vergessen werden darf, daß die öffentliche Fürsorge häufig durch die privaten Wohltaten von Verwandten und Freunden ergänzt wird.

Vergleichen wir das alles doch mal mit Amerika

Für Amerika ist der Vergleich zwischen dem Ernährungsstandard des beschäftigten Arbeiters in Rußland und dem des Arbeitslosen in Deutschland vor allem deshalb interessant, weil er auf den großen Abstand zwischen dem amerikanischen Standard einerseits und dem deutschen und russischen andererseits hinweist.

Doch für Deutschland, das geographisch von allen Großmächten der Sowjetunion am nächsten liegt und die größte kommunistische Partei der außerrussischen Welt besitzt, ist es von einer nicht hoch genug einzuschätzenden Bedeutung, daß 5 Millionen Arbeitslose zwei Betrachtungen anstellen können:

Der Russe hat Arbeit, und er hat tatsächlich mehr zu essen. Die kommunistische Presse übertreibt den Unterschied zwar gewaltig, doch auf Grund der Beobachtungen, die ich in beiden Ländern selbst gemacht habe, bin ich zu der Überzeugung gelangt, daß die Situation des deutschen Unterstützungsempfängers sich im Vergleich zu den Verhältnissen in Rußland in den letzten Monaten verschlechtert hat.
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Die Entwicklung der deutschen Arbeitslosenunterstützung

Im Jahre 1927 betrug die deutsche Arbeitslosenunterstützung ungefähr 80 Mark im Monat. Nach Abzug der 32 Mark 5o für Miete und laufende Wirtschaftsausgaben blieben damals 47 Mark 5o für das Essen übrig, also das Eineinhalbfache dessen, das dem Unterstützungsempfänger heute (in 1931) dafür zur Verfügung steht.

Mit 47 Mark für seine Ernährung war der deutsche Arbeitslose besser gestellt als der beschäftigte Arbeiter in Rußland, er konnte davon so leben, daß die Vermutung, er ziehe die Unterstützung der Arbeit vor, vielleicht berechtigt war.

Jetzt haben die unter dem Druck des unaufhörlich steigenden Defizits erlassenen Verordnungen vom 5. Juni 1931 und 6. Oktober 1931 die Unterstützung auf einen Durchschnitt von 51 Mark herabgedrückt, und von dieser mehr als unzureichenden Summe müssen schätzungsweise i5 Millionen Deutsche leben.

Wie das Arbeitsamt "rechnet" ......

Diese Zahl berechnet das Arbeitsamt in folgender Weise. Es gibt schätzungsweise

  • 1.250.000 Arbeitslose, die durchschnittlich 55 Mark 64 monatlich aus der Arbeitslosenversicherung beziehen;
  • 1.390.000, die monatlich im Durchschnitt 46 Mark i4 erhalten, nachdem ihre Rechte auf Bezüge aus der Versicherung abgelaufen sind;
  • 1.000.000 „ Wohlfahrtsunterstützte", die nach Ablauf ihrer Ansprüche auf die Krisenfürsorge durchschnittlich 29 Mark 68 beziehen; und ungefähr
  • 700.000 Arbeitslose, die ganz ohne Unterstützung sind.


Das gibt in Summa rund 5 Millionen, von denen 4.200.000 ausschließlich von öffentlichen Unterstützungen leben.

Aber außer den völlig Arbeitslosen gibt es Kurzarbeiter, die Unterstützung beziehen. Von den 16 Millionen, die in Deutschland noch beschäftigt sind, arbeiten 22 Prozent, also ungefähr 3.600.000 mit verkürzter Zeit.

Von diesen ist ein Drittel mehr als drei Tage in der Woche beschäftigt und infolgedessen besser gestellt als die Arbeitslosen, weshalb sie keine Unterstützung beziehen.

Ein zweites Drittel arbeitet in Industrien, die so gut bezahlen, daß es ihren Arbeitnehmern, selbst wenn sie weniger als drei Tage in der Woche beschäftigt sind, besser geht als den Arbeitslosen.

Die Arbeiter dieser Gruppe beziehen also gleichfalls keine Unterstützung. Das letzte Drittel jedoch, 1.200.000 Köpfe, muß zwar noch als „beschäftigt" bezeichnet werden, verdient aber weniger, als die Unterstützung ausmacht, und wird von der öffentlichen Hand so weit versorgt, daß der Unterschied zwischen ihren Einkünften und der Unterstützung ausgeglichen wird.
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Summa Summarum 16,2 Millionen Unterstützungsempfänger

Wenn man die 1.200.000 Kurzarbeiter den 4.200.000 Unterstützungsempfängern zuzählt, erhält man eine Summe von 5.400.000. Nimmt man ferner an, daß jeder Unterstützungsempfänger zwei weitere Personen zu erhalten (ernähren) hat, kommt man auf insgesamt 16.200.000. Von dieser Zahl sind 1.200.000 Arbeiter samt Anhang abzuziehen, die von ihren Gewerkschaften oder anderen Berufsorganisationen unterstützt werden.

Auf diese Weise erhält man die Summe von 15 Millionen als Minimum der Menschen, die heute in Deutschland von einem Durchschnittseinkommen in Höhe von 51 Mark leben, einem Einkommen, das nachweislich unter der Hungergrenze liegt.

In Wirklichkeit dürfte die Summe wahrscheinlich größer sein, denn die Statistik weist auf jeden Unterstützungsempfänger durchschnittlich 3,7 Unterhaltungsbedürftige aus.
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Wegen der Betrügereien gab es die Notverordnungen

Betrügereien sind selbstverständlich nie ganz ausgeschlossen. Mißbrauch mit der Unterstützung ist theoretisch unvermeidlich; allerdings erklärt das Arbeitsamt auf das nachdrücklichste, daß er auf ein praktisch bedeutungsloses Minimum herabgedrückt sei.

Die Notverordnungen des Sommers und des Herbstes 1930 entzogen ungefähr 700.000 Arbeitslosen mit der Begründung, sie müßten imstande sein, von eigenen Mitteln oder Mitteln ihrer Verwandten zu leben, die Unterstützung.

Es ist vernünftigerweise anzunehmen, daß es nicht vielen der übrigbleibenden Unterstützungsempfänger gelungen ist, nennenswerte Posten vor den scharfen Augen der Kontrollorgane des Arbeitsamtes zu verbergen.
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Wie leicht käme es zu einer Revolution ?

Wie immer es in der Vergangenheit gewesen sein mag, heute darf man gegen die deutsche Regierung nicht die Anklage erheben, daß sie ihre Arbeitslosen in einem Zustand müßigen Behagens erhalte, und diese Tatsache bleibt richtig, wie immer man auch über das Prinzip staatlicher Unterstützung denkt.

Wenn es sich darum handelt, die Verhältnisse eines Landes zu ergründen, mit dessen Stabilität, um lediglich vom nüchternen Geldstandpunkt aus zu sprechen, die Sicherheit von 4 Milliarden amerikanischer Dollars steht und fällt, sind das in wirtschaftlicher Hinsicht die wichtigsten Tatsachen für den Beobachter.

Was die Unterstützung politisch bedeutet, erklärt die Äußerung eines Beamten des Neuköllner Arbeitsamtes: „Hier kommen täglich dreitausend Arbeitslose durch. Wenn es zu einer Stockung kommt und wir die Schalter fünf Minuten schließen müssen, haben wir eine Revolte. Was würde geschehen, wenn die Unterstützung ganz abgeschafft werden würde? Wir hätten die Revolution."

„Wie groß ist Deutschlands Elend?"

In der Winterdämmerung zeigte sich eine lange graue Kette von Menschen, die zum Eingang des städtischen Asyls in der Fröbelstraße eilten. Wir schlossen uns ihnen an. Sie wollten Suppenkarten haben.

Durch die Gormannstraße bewegten sich Scharen von Männern und Frauen, die auf dem Weg zum Zentralarbeitsamt waren. Wir gingen mit ihnen. Sie wollten Arbeit haben.

Vor einem alten Wagenschuppen in der Ackerstraße, aus dem die Stadt eine Wärmehalle gemacht hat, drängten sich zerlumpte Figuren. Wir mischten uns unter sie. Sie wollten etwas Wärme haben.

Im Berliner Norden hatten wir eine Teilantwort auf die Frage gesucht: „Wie groß ist Deutschlands Elend?"
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Und jetzt gehen wir in den Berliner Westen

Am nächsten Tag aber stand uns im Berliner Westen etwas ganz anderes bevor. Wenn man vor dem Nachtasyl im Berliner Norden steht und mit den Hungernden auf die Ausgabe der Suppenkarten wartet, lernt man in einer Nacht das Elend in Deutschland kennen,

Wird man aber in der nächsten Nacht von mehr als zehn überfüllten Sektlokalen im Berliner Westen weggeschickt, so wird einem in verblüffender Weise beigebracht, wie üppig gleichzeitig in Deutschland gelebt wird.

Bedaure, Bedaure, Bedaure, Bedaure, Bedaure,

„Bedaure, alle Plätze sind besetzt", erklärte der Portier vor dem „Rio Rita".

„Unmöglich, Sie noch unterzubringen", hieß es vor „Julian Fuhs".

„Im Augenblick kein Platz", in der „Königin-Bar".
„Versuchen Sie es später", empfahl der Portier vor „Johnnys Night Club".

„Sie hätten etwas früher kommen müssen", wurde uns bei „Henry Bender" gesagt.

„An der Bar ist vielleicht noch Platz zum Stehen", antwortete ermutigend der Geschäftsführer im „Quartier Latin"*

Letzte Rettung - unsere Suche nach Stehplätzen

Nach stundenlangem Herumsuchen und vergeblichen Bemühungen, im „Ambassadeurs", in der „Barbarina", der „Cascade", dem „Kakadu" und einigen anderen der einhundertneunzehn öffentlichen, von der Polizei offiziell als „Luxuslokale" bezeichneten Nachtlokale Berlins unterzukommen, schien es wirklich ratsam, sich nach Stehplätzen umzusehen.

An dicht beieinander stehenden Tischen vorbei, an denen Wein getrunken wurde, in einer Enge, die der in einem Untergrundbahnwagen um nichts nachstand, arbeiteten wir uns, über Beine stolpernd, zur Band durch, die den „Peanut Vendor" spielte, und bahnten uns dann zwischen den tanzenden Paaren, die sich mit dem Rumba abquälten, einen Weg, bis wir glücklich auf einem freien Fleckchen an dem einen Ende der Bar anlangten.

Das Rasseln der Rumbaklappern verstummte. Der Tanz war zu Ende, ein Sektpfropfen knallte. Rufe nach den Kellnern wurden laut, und die Ober eilten mit Eiskübeln, Weinflaschen und Likörgläsern zu den Tischen.

Von einem hohen Stuhl hinter der Bar konnte man den ganzen Raum übersehen.

Ich war der einzige Ausländer ......

Außer mir war kein einziger Ausländer da. Nur Deutsche. Keiner versagte sich etwas. Man praßte nicht, aber man gab leichten Herzens Geld aus. Stimmen, Rauch, Gelächter füllte den Raum. Es ging lustig zu.

Eine Flasche Mosel kostete zwölf Mark. Ein Freund von mir, ein Industrieller aus dem Rheinland, rief mich an, als ich im Begriff war zu gehen, und fragte mich, was ich täte. „Ich studiere die wirtschaftliche Lage", antwortete ich.

Er sah sich um, lächelte ironisch und sagte, sein Glas erhebend: „Hier kann man ausgezeichnet unser Bedürfnis nach Expansionsmöglichkeiten studieren."
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Erinnerung an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg im Jahre 1919

Im „Eden-Hotel" hat die Tanzmusik eines der beliebtesten und elegantesten Vergnügungslokale schon längst die Erinnerung daran ausgelöscht, daß im Jahre 1919 Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, die Begründer des deutschen Kommunismus, von Offizieren und Mannschaften der Gardekavalleriedivision aus dem „Eden", wo man sie gefangen hielt, fortgeführt wurden, um im Tiergarten ermordet zu werden.

Nur die Sowjetgesandtschaft bewahrt offiziell die Erinnerung an dieses Ereignis und verbietet ihren Angehörigen das Betreten des „Eden". Heute ragen an jedem Tisch goldene Sektflaschenhälse aus den Silberkübeln.

Aber das „Eden", das sich eine lange Reihe von Jahren in der Gunst des Publikums erhalten konnte, bildet eine Ausnahme.
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Das Berliner Nachtleben ändert sich mit einer irren Geschwindigkeit

Das Charakteristikum des Berliner Nachtlebens ist die Geschwindigkeit, mit der es sich wandelt. Der Berliner Norden bleibt stets derselbe, und der „Olle Fritz" mit seinen Pferdewürstchen wird nie seine Kundschaft verlieren, aber der Berliner Westen ist launenhaft.

Wenn der Berliner einige Monate von seiner Vaterstadt fortgewesen ist, muß er sich bei Kellnern oder Taxenchauffeuren erkundigen, wenn er wissen will, welche Nachtlokale man jetzt aufsucht.

In allen fünf Straßen, die von der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ausgehen, straft das Rasseln des Rumba in nahezu jedem Block das vage Gerücht Lügen, daß nicht alles in der besten aller möglichen Welten zum Besten stehe.

Die Neonlampen in der Umgebung des Auguste-Viktoria-Platzes bezeichnen mit ihrem Glanz das Zentrum der Berliner Nacht-„Kultur" und beleuchten taghell die nächtlichen Wege von Vergnügungslustigen, deren Anzahl nicht geringer ist als in irgendeiner anderen Stadt des Kontinents.

Die Reichsmark mag weniger Golddeckung haben als der bescheidene Sowjetrubel. Im Berliner Norden mag ein Pfennig gierig ergriffen und festgehalten werden. Es mag 15 Millionen hungernde Deutsche geben.

Aber im Berliner Westen kauft die Reichsmark noch immer Sekt; im Berliner Westen sind die Pfennige es kaum wert, auf die Rechnung gesetzt zu werden, und die 15 Millionen hungernder Deutscher sind in der Gegend des Kurfürstendamms nur sehr schwach vertreten.

Der gewaltige Kontrast zwischen Armut und Verschwendungssucht

Im Jahre 1924 trug Lord d'Abernon, der ausgezeichnete englische Gesandte in Berlin, in sein Tagebuch die Bemerkung eines Freundes ein, „eines sehr scharfen Beobachters", der sagte, er sei „völlig außerstande, für den gewaltigen Kontrast zwischen der wirklichen Armut, die, wie er selbst wisse, in vielen Schichten herrsche, und der sichtlichen Üppigkeit und Verschwendungssucht gewisser Berliner Kreise eine Erklärung zu finden". Jeder objektive Beobachter in Berlin muß heute dasselbe für das Jahr 1932 sagen.

Vor kurzem rief ein französischer Journalist das Entsetzen und die heimliche Wonne Berlins hervor, indem er schrieb, Paris habe seinen Ruf, die „vergnügteste" Stadt Europas zu sein, an Berlin abtreten müssen.

Im Bankrottjahr 1931 - noch ein neuer Fremdenführer

In dem Bankrottjahr 1931 fand ein Berliner Verleger, daß das allgemeine Interesse für Vergnügungen nicht gerade respektabler Natur groß genug sei, um den Absatz eines Fremdenführers „Lasterhaftes Berlin" gesichert erscheinen zu lassen.

Obwohl es in Berlin keine konzessionierten Lasterstätten gibt, muß dieser Fremdenführer, um nicht allzu umfangreich zu werden, darauf verzichten, alle hundertsechzig Bars, Lokale mit Kabarettvorführungen und Tanzpaläste zu beschreiben, in denen sowohl Gäste wie Vortragende, Tänzer usw. sich am besten in den Kleidern, den Manieren und dem Leben des anderen Geschlechts gefallen. Zur Beschreibung zahlreicher gewöhnlicher Cafes und Kabaretts, in denen die wichtigsten Programmnummern für die Besucher aus der Provinz Nacktgruppen und Nackttänze sind, reicht der Raum jedoch aus.

Ein Amerikaner zumindest, der entschieden nicht als provinziell zu bezeichnen ist, findet, daß Berlin auch in dem Jahre, in dem die Berliner Börse dem „unbekannten Solventen" ein Denkmal errichtet hat, seines Nachtlebens wegen aufgesucht zu werden verdient.

Harry K. Thaw und die Story aus dem „Casanova"

Harry K. Thaw, dessen Autorität in dieser Hinsicht kaum anzuzweifeln ist, hat erst vor wenigen Wochen erklärt, in keiner anderen Stadt könne eine freiheitsdurstige Seele so sehr ihre Launen ausleben wie in Berlin.

Im „Casanova" weiß man zu berichten, daß er diese Bemerkung illustrierte, indem er sich den Inhalt einer Sektflasche über die Hemdbrust goß.

Man darf natürlich nicht vergessen, daß dieses Leben das Privileg einer verhältnismäßig kleinen Oberschicht ist, ebenso wie das Elend im „Ollen Fritz" nur für eine verhältnismäßig kleine Unterschicht bezeichnend ist.

Das „Haus Vaterland" am Potsdamer Platz

Wie geht es nun den Mittelschichten in der Wirtschaftskrise? Man sagt, daß sie leiden, und das tun sie zweifellos auch; aber in den fünf, sechs großen Lokalen, die für die Unterhaltung der großen Massen des „Bürgertums" bestimmt sind, ist nur wenig davon zu merken.

Wir schlossen uns einer nach Hunderten zählenden Menge vor dem „Haus Vaterland" auf dem Potsdamer Platz an und kamen allmählich zum Eingang. Dieses berühmte Warenhaus unter den Restaurants, das einen ganzen vier Stock hohen Block einnimmt, kann in seinen verschiedenen Lokalen, dem Wiener, dem italienischen, dem bayerischen und dem Rheinlandrestaurant, der amerikanischen Bar, dem japanischen Teeraum, der spanischen Bodega, dem türkischen Caferaum und dem Tanzsaal ungefähr sechstausend Gäste aufnehmen.

Der Eintritt kostet eine Mark, und wenn man in den Tanzsaal will, muß man nochmals drei Mark bezahlen, aber trotzdem war alles bis auf das letzte Plätzchen voll.

So voll, daß die breiten Korridore und Treppen kaum zu passieren waren. Die Musik von sieben Nationen mischte sich in der riesigen Mittelhalle, und das Klappern von sechstausend Messern und sechstausend Gabeln auf sechstausend wohlgefüllten Tellern bekundete, daß mindestens sechstausend Deutsche bald nicht mehr den hungernden Schichten zuzuzählen sein würden.
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Das „Haus Germania" in der Hardenbergstraße

Das „Haus Germania" in der Hardenbergstraße, das nicht ganz so gewaltig, aber auch ein Riese in seiner Art ist, schien nicht weniger beliebt zu sein.

In seinem Weinrestaurant „Traube" speisten fünfhundert Gäste zwischen Springbrunnen und sahen zu, wie die Paradiesfische in ihren Marmorbecken goldene Kreise schwammen.

Weitere fünfhundert Gäste tranken im Bierlokal bernsteinfarbenes Pilsner, verzehrten gewaltige Mengen von Eisbein mit Erbsenpüre und krönten ihre Mahlzeit mit einem Gläschen Aquavit, das von einem uniformierten Fräulein auf einem Tablett serviert wurde; dazu lauschten sie der Musik einer früheren Zeit, die vielleicht glücklicher, aber wohl kaum besser genährt war.

Oben auf dem Dachgarten im „Cafe Berlin", auf dem es heiß von den Tanzenden war, glitt das bewegliche Dach zur Seite und ließ wieder frische Luft herein, während oben und unten 2.500 Menschen für ihren eigenen Wohlstand und den des Cafes Zeugnis ablegten.
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Im „Delphi" in der Kantstraße

Im „Delphi" in der Kantstraße tanzten tausend Menschen in einem riesigen Saal, den ein Leipziger Allerlei aus ägyptischen, griechischen, römischen und Renaissance-Statuen, Fresken und Wandverzierungen schmückte.

In der „Femina" in der Nürnberger Straße drängten sich weitere tausend auf der erhöhten Tanzfläche, in den Pausen telefonierten sie von Tisch zu Tisch oder teilten sich mit der Rohrpost ihre Wünsche und Sehnsüchte mit.

Im „Resi" in der Blumenstraße waren gleichfalls tausend Tänzer versammelt, die unter dem vielfarbigen Licht der sich drehenden Kristallkugel dahinwirbelten, während die Klänge einer „Damenkapelle" die Kavaliere befeuerten.
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Alle genannten Zahlen ..... sind Realität

Keine dieser Besuchsziffern beruht auf irgendwelchen anonymen oder behördlichen Schätzungen, sie sind das Ergebnis eigener - meiner - Beobachtung und durch die Aussagen der Geschäftsführer bestätigt. Die Preise, das muß betont werden, sind herabgesetzt worden, und zwar nicht nur in den Massenlokalen, die von Tausenden besucht werden.

Das Hotel Adlon führte früher einen „Johannisberger Cabinett", der zweihundertfünfzig Mark kostete. Nach den Angaben des Chefkellners wurde die letzte Flasche dieses Zweihundertfünfzigmark- Weines vor vier Jahren verkauft; heute ist der höchste Preis, den die Weinkarte aufweist, hundert Mark.

Das berühmteste Restaurant Berlins, Horcher, in welchem der Generalstab des alten Heeres zu speisen pflegte, und in welchem es vor noch gar nicht langer Zeit unmöglich war, zu zweit für weniger als fünfzig Mark zu Mittag zu speisen, bietet heute ein Mittagessen für fünf Mark, und auch die großen Hotels der City haben den Preis ihres Menüs von sechs auf fünf Mark herabgesetzt.
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Vergleichen wir mal Berlin und New York

Berlin hat zwanzigtausend Gasthäuser, eines auf je zweihundertachtzig Einwohner. New York besitzt fünfzehntausend Gasthäuser, eines auf je vierhundertdreiunddreißig Einwohner.

Wenn man von den traurigen Hungerhöhlen im Berliner Norden und Osten absieht, in denen Pferdefleisch verabreicht wird, kann man die Behauptung aussprechen, daß das Publikum in den Berliner Gaststätten von Horcher bis herunter zum neuesten Automatenbüfett, in dem es belegte Brötchen für 10 Pfennig gibt, nicht viel weniger und nicht viel schlechter ißt als die Besucher der New Yorker Restaurants.

Das ist zugegebenermaßen eine Schätzung, aber schon die Tatsache, daß eine derartige Schätzung vernünftig erscheint, wirft einiges Licht auf den Lebensstandard der mittleren und oberen Schichten Berlins.
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Ein Vergleich der Perioden

Wie das Volk als Ganzes heute im Vergleich zur Vorkriegszeit (also vor 1914) und im Vergleich zu der Periode seines bösesten Elends nach dem Krieg lebt, das ist schon eher mit einiger Exaktheit festzustellen.

Die Frage, ob es den Deutschen jetzt (also in 1931) ebenso schlecht geht wie in den Inflationsjahren 1919 bis 1923, wird im Lande selbst mit großer Heftigkeit diskutiert. Diese Debatte ist gerechtfertigt, denn man argumentiert folgendermaßen:

Wenn es in Deutschland im Jahre 1923 schlimmer war als 1931 und damals der Kommunismus sich nicht durchzusetzen vermochte, dann könne es dem Kommunismus auch im Jahre 1932 nicht gelingen, sich durchzusetzen.

Viele Deutsche erklären jedoch, Deutschland gehe es jetzt schlechter als 1923, und deshalb sei die kommunistische Gefahr heute größer als damals.
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Betrachten wir den Durchschnitts-Verbrauch / Konsum

Eine kleine statistische Untersuchung beweist, daß Deutschland, was den Durchschnitts-Verbrauch/Konsum betrifft, heute bedeutend besser daran ist als im Jahre 1923.

Die letzten Zahlen für das Deutsche Reich, die vom Statistischen Reichsamt zu erhalten waren, zeigen, daß im Jahre 1930 jeder Deutsche 100 Pfund mehr Roggen und 46 Pfund mehr Weizen, 38 Pfund mehr Fleisch und 30 Liter mehr Bier, 5 Pfund mehr Zucker und 1/2 Liter mehr Schnaps, 3 Pfund mehr Kaffee und 50 Gramm mehr Tee konsumierte als 1923, während die Gesamtbevölkerung 3 Milliarden 150 Millionen mehr Zigarren und 11 Milliarden mehr Zigaretten rauchte als damals.

Den einzigen Konsumrückgang von 1923 bis 1930 weisen die Kartoffeln auf. In diesem Jahr aß jeder Deutsche 58 Pfund Kartoffeln weniger als 1923. Aus dem auf den Kopf berechneten Durchschnitts-Verbrauch/Konsum geht natürlich nicht hervor, daß jeder Deutsche den errechneten Anteil auch wirklich bekommen hat, aber wenn man den Nahrungsmittel-Verbrauch/Konsum im schlimmsten Inflationsjahr mit dem des Jahres 1930 vergleicht, kommt man zu dem glatten Schluß, daß das deutsche Volk 1930 ein Viertel bis ein Drittel mehr zu essen hatte.
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Erst ging es aufwärts. jetzt wieder abwärts

Doch 1929 war der Verbrauch/Konsum höher als 1930; es liegt so, daß der Nahrungsmittelkonsum von 1923 an beständig stieg, 1929 seinen Höhepunkt erreichte, 1930 abnahm und in dem eben abgeschlossenen, statistisch noch nicht ganz erfaßten Jahr 1931 weiter gesunken ist. Er liegt aber immer noch hoch über dem niedrigen Standard des Jahres 1923.

Das deutsche Volk ißt auch heute noch besser als in der Inflation. Es ist auch besser gekleidet, wie jeder beobachten kann, der die Möglichkeit hatte, die Abgerissenheit im Jahre 1923 zu sehen.

Die Wohnverhältnisse sind unvergleichlich besser. Im Jahre 1931 kamen nur 74,7 Liter Bier pro Kopf - 1932 waren es 102,1 Liter - aber da der Liter durchschnittlich siebzig Pfennig kostet, wird in Deutschland noch immer für das Biertrinken nahezu doppelt so viel Geld ausgegeben, wie die jährlichen Reparationszahlungen im Youngplan ausmachen.
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Laut der Statistiken geht es dem Volk wieder schlechter

Die Zahlen des wirklichen Verbrauchs/Konsums pro Kopf der Bevölkerung illustrieren den Lebensstandard besser als alle theoretischen Statistiken über Vermögens- oder Steuerzahlen pro Kopf, über Nominallöhne, Reallöhne usw.

Diese Zahlen zeigen andererseits aber auch, daß jeder Deutsche, obwohl das Volk im ganzen um fünfundzwanzig bis dreißig Prozent besser lebt als in der Inflationszeit, im Jahre 1930 durchschnittlich 87 Pfund weniger Roggen, 53 Pfund weniger Weizen und 3o4 Pfund weniger Kartoffeln, 1 1/2 Flaschen weniger Kognak und 60 Gramm weniger Kaffee verbraucht / konsumiert hat als 1913.

Andererseits jedoch verbrauchten sie 1930 1 Pfund mehr Fleisch, nahezu 5 Pfund mehr Zucker und 30 Gramm mehr Tee auf den Kopf als im Jahre 1913. Der Brot- und Kartoffelkonsum ist bedeutend niedriger als vor dem Krieg, der Fleisch- und Zuckerverbrauch höher.

Die vollständigen Zahlen für 1931 und den ersten Teil des Jahres 1932 werden wahrscheinlich zeigen, daß der Ernährrungsstandard des deutschen Volkes im ganzen um vieles besser ist als in der Inflationszeit, daß er noch immer etwas unterhalb des Vorkriegsstandards liegt, aber im Absinken begriffen ist.

Man könnte jetzt den Umkehrschluß vermuten

Wenn es wahr ist, daß die 15 Millionen Deutschen, die direkt oder indirekt auf die Arbeitslosenunterstützung angewiesen sind, unterernährt sind, dann müssen die übrigen 47 Millionen Deutschen sehr gut genährt sein, vorausgesetzt, daß die Statistiken des gesamten Konsums ein verläßliches Bild des Durchschnitts geben.

Diese Folgerung wird übrigens täglich durch Erfahrungen bestätigt.
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Eine Revolution mit 15 Millionen Menschen

Aber genügen nicht 15 Millionen Menschen, um eine Revolution zu machen? Das französische Faubourg St. Antoine hungerte. Es revoltierte. Der rote Wedding hungert. Wird er revoltieren?

Überdies ist Hunger nicht das einzige Argument, das zu einer Revolution führt. Die Unterdrückung spielt auch eine Rolle. Läßt sich denken, daß Hitler vielleicht zuwege bringen wird, was dem Hunger bis jetzt nicht gelungen ist ?

Was wird das Resultat der faschistischen Unterdrückung sein, die zum kommunistischen Hunger, zur kommunistischen Anhängerzahl und der kommunistischen Organisation dazukommt, wenn Hitler zur Macht gelangt ?

Diese Frage darf nicht zu leicht genommen werden, wenn klar und deutlich geschildert werden soll, was eine Hitlerregierung für die übrige Welt sowie für Deutschland bedeuten kann.
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Eine merkwürdige nazi-kommunistische „Diskussion"

Auf der Galerie stand ein Mann auf, riß einen Stuhl los und schleuderte ihn mit aller Wucht in die Menschenmenge, die unter ihm im Zuschauerraum kämpfte.

Erstickte Rufe: „Schlagt ihn tot!" wurden in dem Knäuel der sich Balgenden laut. Ein Trupp, der von der Plattform kam, fegte uns zur Seite. Fäuste hieben auf Fleisch ein. Vom Eingang her bahnte sich die Polizei einen Weg; der „Diskussionsabend" der Nationalsozialisten und Kommunisten fand sein Ende.

Am Abend vorher hatte mich ein amerikanischer Bankier angerufen, um sich mit mir darüber zu beraten, ob er seine Familie aus Deutschland fortschicken sollte; was denn geschehen würde, wenn Hitler ans Ruder käme? Ich empfahl ihm, einer nazi-kommunistischen „Diskussion" beizuwohnen und sich dann seine Meinung zu bilden.
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Hier ein Einblick in die Ergebnisse des politischen Konflikts

Instruktiv ist auch die Liste der Toten und Verwundeten des politischen Konflikts in Deutschland. Jeden Tag im Jahr vierzig Verwundete und jeden zweiten Tag ein Toter, das ist heute nach den Zahlen, die von den Kriegführenden ausgegeben werden, der Durchschnitt.

„Werden wir den Bürgerkrieg bekommen?" fragte ein Deutscher.

Die Antwort lautete: „Wir haben ihn schon."
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Das hervorstechendste Charakteristikum ist der Haß

Von dem vielen, was Nationalsozialisten und Kommunisten gemeinsam haben, ist das hervorstechendste Charakteristikum der Haß. Bei beiden Parteien ist er die stärkste treibende Kraft.

Die Objekte des Nazihasses lassen sich nach dem Grad der Intensität etwa in dieser Reihenfolge aufzählen.

 

  • 1. Kommunisten.
  • 2. Juden.
  • 3. Sozialisten.
  • 4. Frankreich und seine Verbündeten.
  • 5. Der Versailler Vertrag.


Bei den Kommunisten sieht die Liste folgendermaßen aus:

  • 1. Nationalsozialisten.
  • 2. Polizei.
  • 3. Sozialisten.
  • 4. Die Kapitalisten und ihre Verbündeten.
  • 5. Der Versailler Vertrag.

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Das gab es schon vor 1933 - ein Haß-Lied gegen England

Jede der beiden Parteien könnte, wie Lissauer in seinem berühmten gegen England gerichteten „Haßlied", singen, daß sie wohl noch manches andere in gewissem Grade hassen, daß ihr einziger echter, niemals verlöschender, unerbittlicher und ewiger Haß jedoch der Gegenpartei gelte.

Der Haß, den die beiden Parteien gegeneinander hegen, läßt sich sogar statistisch erfassen.

Die Zahlen von vor 1933 sind brutal


  • Das "Nationalsozialistische Hauptquartier" in Berlin erklärt, daß vom 1. Dezember 1930 bis zum 1. Dezember 1931 insgesamt 79 Nationalsozialisten von Roten erschossen, erstochen, totgeschlagen oder zu Tode geprügelt worden seien.

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  • Das rote "Büro für Rechtshilfe" erklärt, daß in dem gleichen Zeitraum 103 Arbeiter von Nationalsozialisten und von der Polizei erschossen, erstochen, totgeschlagen oder zu Tode geprügelt worden seien, und zwar 52 von der Polizei, 51 von den Nazis.

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Das ergibt eine Summe von 182 im Laufe von zwölf Monaten für das Hakenkreuzbanner und die rote Flagge im Gefecht Gefallener. Das ist jedoch nur ein Bruchteil der Gesamtverluste.

Laut Angaben des "Nationalsozialistischen Hauptquartiers" wurden im Laufe der letzten zwölf Monate um die 5.500 Nazis bei politischen Zusammenstößen verwundet.

Die Roten melden für die gleiche Periode 9.500 Verwundete. Die Verletzungen sind der verschiedensten Natur, von eingeschlagenen Nasen bis zu gebrochenen Wirbelsäulen, von Fleischwunden bis zu dauernder Verstümmlung.
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Der „Schlacht zwischen Nazis und Kommunisten" vor 1933

Wenn alle diese Verluste auf einen Tag fielen und eine Schlagzeile verkündete „Schlacht zwischen Nazis und Kommunisten; 182 Tote, 10.000 Verwundete", würde niemand anstehen, daß das, was hier vorgeht, als Bürgerkrieg zu bezeichnen.

Wenn man bedenkt, daß wahrscheinlich keine ganzen zehn Prozent der Kampfteilnehmer einander jemals vor den Zusammenstößen von Angesicht zu Angesicht gesehen hatten und daß persönliche Motive nicht mitspielten, ist der kriegsartige Charakter des Konflikts deutlich erwiesen.
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Die „Verwundetenhilfe" der Nazis - etwa ab 1930

Die Nazis haben die Angelegenheit geschäftlich aufgezogen und eine Versicherungsgesellschaft gegründet, die sie „Verwundetenhilfe" nennen.

Jedes Parteimitglied ist verpflichtet, eine Jahresprämie von 3,6o Mark zu zahlen. Wer ordnungsgemäß bezahlt hat, kann, wenn ihm bei einem Zusammenstoß etwas widerfährt, darauf rechnen, daß ihm bei völliger und dauernder Berufsunfähigkeit 5.ooo Mark ausgezahlt werden; stirbt er, so erhalten seine Hinterbliebenen 1ooo Mark.

Früher befaßte sich eine (normale) Versicherungsgesellschaft damit; aber als die Anzahl der Beschädigten die Prämien verschlungen und ein Defizit verursacht hatte, gab sie es schleunigst auf.

Aus der Intensität des Hasses auf die Zukunft Deutschlands schließen

Wenn es möglich wäre, die zehn Intensitätsgrade des Hasses der Nationalsozialisten und Kommunisten mit absoluter Genauigkeit gegeneinander abzuwägen, ließe sich aus dem Ergebnis die Zukunft Deutschlands erschließen.

Für das Ausland ist es jedoch wichtig zu beachten, daß die 12 Millionen Nationalsozialisten und die 6 Millionen Kommunisten zwei Objekte des Hasses gemeinsam haben: die Sozialisten und den Versailler Vertrag.

Die Nationalsozialisten hassen die Sozialisten, weil diese den Versailler Vertrag nicht in solchem Maße hassen, wie es den Nationalsozialisten genügen würde.

Die Kommunisten hassen die Sozialisten, weil diese die Nationalsozialisten nicht so sehr hassen, wie die Kommunisten es wünschen.

Aber sowohl Nationalsozialisten wie Kommunisten hassen, wie übrigens die gesamte Bevölkerung Deutschlands, den Versailler Vertrag.

Die Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Versailler Vertrags zwischen den Deutschen beziehen sich lediglich auf die Methoden, die zu einer Abschüttlung angewendet werden sollen, und das bedeutsamste Charakteristikum für die Methoden der Nazis und der Kommunisten ist, daß beide vorhaben, sich seiner mit Gewalt zu entledigen.

Der Name „Scheringer" taucht immer wieder auf

„Mit Scheringer gegen den Versailler Vertrag" stand auf dem riesigen roten Banner, das in dem für den nazi-kommunistischen „Diskussionsabend" bestimmten Saal hing.

Das Banner wies deutlich darauf hin, daß der Abend unter den Auspizien der Kommunisten stattfand. Der junge Reichswehrleutnant Scheringer, vor wenigen Monaten noch ein nationalsozialistischer Heros, ist heute ein Held der Kommunisten.

Als aktiver Reichswehroffizier hatte sich Leutnant Scheringer durch Propagierung des Nationalsozialismus unter seinen Kameraden eines Disziplinbruchs schuldig gemacht.

Er wurde im vorigen Jahr verhaftet und nach einer sensationellen Verhandlung zu einer Festungsstrafe verurteilt. Ganz unerwartet erklärte er von seiner Zelle aus, daß er Kommunist geworden, daß er überzeugt sei, einzig und allein ein rotes Deutschland könne seine Freiheit wiedererlangen.
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Ein Ausbruchsversuch steigerte den Bekanntheitsgrad

Fünfzehn aktive Kameraden und frühere Offiziere leisteten ihm Gefolgschaft. Dann machte er, was den Behörden sehr willkommen war, einen Ausbruchsversuch. Augenblicklich wurde er aus der Festung, die ihm verhältnismäßig noch einige Freiheiten ließ, ins Gefängnis geschafft.

Sein Übertritt zum Kommunismus hatte die Phantasie der deutschen Jugend befeuert, die sich nur wenig von einem kommunistischen Wirtschaftssystem verspricht, aber nach nationaler Freiheit dürstet.

Die Behörden behaupteten, in seiner Zelle Material zur Vorbereitung eines zweiten Ausbruchs gefunden zu haben. Es wurde Einzelhaft über ihn verhängt. Sein Name ist heute ein rotes Schlagwort.

Noch ein Enblick in die „Diskussionsrunden" von damals

Unter dem Scheringer-Banner, das diesen Namen trug, saßen 500 Kommunisten und vielleicht 200 Nationalsozialisten. An den Wänden des Saales, in den Gängen zwischen den Stuhlreihen und im Vordergrund der Plattform standen weitere 100 Jungkommunisten, ehemalige Mitglieder des verbotenen roten Frontkämpferbundes, der jetzt als „Kampfbund gegen den Faschismus" reorganisiert ist.

Im Rockaufschlag des Anführers der roten Garde stak eine silberne Faust. Der junge Befehlshaber gab laut einen Befehl. 100 Fäuste ballten sich, und mit dem Ruf „Heil Moskau! Heil Moskau! Heil Moskau!" wurde die Versammlung eröffnet.

Den 200 Nationalsozialisten war es nicht gerade behaglich zumute, aber sie rührten sich nicht. Sie waren nur halb so viel wie die anderen. Zwei Stunden lang saßen sie da und hörten zu, wie ein kommunistischer Redner über die Frage sprach: „Sind die Nationalsozialisten Nationalisten, sind sie Sozialisten?"

Die Rotgardisten standen da und blickten finster auf die Nazis.
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Und jetzt gings richtig los

Einer von diesen 200 Nationalsozialisten, unfähig sich länger zu beherrschen, schrie: „Stalin wohnt im Zarenschloß".

5o Rotgardisten sprangen auf die Füße, und Töne, die dem Knurren wilder Tiere glichen, drangen aus ihren Kehlen. „Jawohl", rief der kommunistische Redner ironisch zurück, „und außerdem lernt Stalin jetzt Rumba tanzen.*'

„Hitler", rief ein Rotgardist, „wohnt im Braunen Haus - er nennt seine Partei eine Arbeiterpartei." Die 100 Rotgardisten beugten sich drohend vor, um zu sehen, ob die Nazis wagen würden, das abzuleugnen.

Über das Geräusch der Zwischenrufe erhob sich der Schlußsatz, den der Redner mit vorbedachter Bosheit seinen nationalsozialistischen Zuhörern entgegenschleuderte:

„Wollt ihr wissen, wann der Versailler Vertrag zerrissen sein wird? Wenn von Wladiwostok bis zum Rhein die rote Flagge weht und an der französischen Grenze eine rote Armee steht."
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Die Worte kamen mir irgendwie bekannt.vor

Ich hatte sie zuletzt vom geistigen Führer einer Gruppe gehört, die nicht den Kommunisten, sondern den Nationalsozialisten sehr nahe steht. Ich hatte sie von einem Führer der deutschen Nationalisten gehört. Ich hatte sie von einem früheren Offizier gehört, der die Meinung vieler seiner Stammesgenossen ausdrückte. „Die rote Armee am Rhein." Darin lag Schwung, und eine Bedrohung Frankreichs.

Und die Bedrohung Deutschlands?

Ein nationalsozialistischer Redner, dem für die Erwiderung eine Stunde Zeit gegeben wurde, wandte sich gegen die „rote Armee am Rhein", erklärte, daß Hitler nicht im entferntesten daran denke, mit Frankreich Freundschaft zu schließen, und versicherte: „Wir werden mit Frankreich erst verhandeln, wenn Deutschland unter dem Nationalsozialismus stark genug geworden ist, um sich alles zurückzuholen, was uns genommen worden ist, unsere nationale Selbstachtung, unsere nationalen Rechte. Wir werden den Versailler Vertrag auch ohne die rote Armee zerreißen."

„Heil", rief er. „Heil Hitler!"

200 Hände, die Flächen nach vorn, erhoben sich zum Faschistengruß, und ein dreimaliges „Heil Hitler" klang den empörten Kommunisten trotzig entgegen. Ein Augenblick äußerster Spannung folgte. Die Rotgardisten sprangen auf und stürmten in die Gänge.
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Es dauerte weitere vier ganze Stunden

Mit Glockenzeichen und Ordnungsrufen stellte der Vorsitzende die Ruhe wieder her, und der kommunistische Redner ergriff für eine weitere Stunde das Wort. Vier ganze Stunden dauerte die Debatte, und am Ende war die Aufmerksamkeit der 1.000 Zuhörer um nichts geringer als zu Anfang.

Politik - eine Sache auf Leben und Tod

Die Politik ist heute für die Deutschen nicht eine abstrakte Angelegenheit, sondern eine Sache auf Leben und Tod. Wenn die Politik die Menschen langweilt, leben sie in einer Zeit der Stabilität.

Wenn die Menschen aber von acht Uhr bis Mitternacht sitzen bleiben, ihre ganze Aufmerksamkeit und ihr ganzes Empfinden einer politischen Diskussion widmen, ist es Revolutionszeit.

In der letzten Stunde wurde nur von Rußland gesprochen. „Sowjet-Deutschland!" rief der kommunistische Redner, „Sowjet-Europa!"

Alle mit Ausnahme der Nationalsozialisten riefen wieder dreimal „Heil Moskau!" und stehend stimmte die Versammlung die Internationale an. Alle Kommunisten entblößten das Haupt.

Die Nazis nahmen die Hüte nicht ab. Die Kommunisten schlugen sie ihnen vom Kopf. Mit geschwungenen Gummiknüppeln stürmte die Alarmbereitschaft in den Saal. Von draußen klang die Sirene der Polizeiwagen herein, welche die Reservemannschaften heranbrachten.
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Die Polizei kam zu rechter Zeit.

Sie wußte, daß der Augenblick, in einer nationalsozialistisch- kommunistischen „Diskussion" einzugreifen, gekommen war, sobald die Internationale, das Moskau-Lied, der „Schlachtgesang des Proletariats", einsetzte.

Die Internationale nämlich, nicht das Lied, sondern die Institution, trennt Nazis und Kommunisten am schärfsten. Von der radikalen Linken zur radikalen Rechten führt in Deutschland nicht eine gerade Linie, sondern ein nahezu geschlossener Kreis.
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Man stelle sich einen Kreis vor

Man stelle sich einen Kreis vor, der oben eine Lücke hat. Links von der Lücke stehen die Kommunisten, rechts die Nationalsozialisten. In der Lücke steht Moskau.

Rings um den ganzen Kreis, von den Sozialdemokraten, die gleich unter den Kommunisten kommen, durch das katholische Zentrum am untern Pol des Kreises hindurch, zu den Deutschnationalen direkt unterhalb der Nationalsozialisten ziehen sich die anderen Parteien Deutschlands.

Links sind die Kommunisten mit einer geschätzten Stimmenzahl von 6 Millionen und die Sozialdemokraten mit weiteren 6 Millionen; rechts die Nationalsozialisten mit ihren 12 Millionen.

12 Millionen gespaltene „Marxisten" gegen 12 Millionen
geeinte Nationalsozialisten - das macht es begreiflich, weshalb die übrigen 10 oder 12 Millionen der „bürgerlichen" Parteien, die noch in der Republik regieren, der nächsten Wahl, die diese Papierstimmen in Mandate umwandeln wird, mit Besorgnis entgegensehen.
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24 Millionen Feine der augenblicklichen Wirtschaftsform

Was das Ausland sich vor allem über die gegenwärtige Lage in Deutschland klar machen muß, ist die Tatsache, daß von den 36 Millionen Wählern ungefähr 24 Millionen, Nationalsozialisten, Kommunisten und Sozialdemokraten, zwei Drittel der Gesamtheit, der augenblicklichen Wirtschaftsform mit entschiedener Feindschaft gegenüberstehen.

Und ungefähr 18 Millionen von den 36 Millionen Wählern, Nationalsozialisten und Kommunisten, sind erbitterte Gegner der augenblicklichen politischen Staatsform.

Die Lücke im Kreis zwischen den Nationalsozialisten und den Kommunisten repräsentiert die russische Kontrolle des Kommunismus. Die Massen der Nazis und der Kommunisten, nicht die Führer, die Massen, haben zwar wenige Ideen, aber viele Gefühle gemeinsam und sind heute vor allem durch diese Lücke getrennt.
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Es ist nicht der Haß der beiden Parteien aufeinander

Und das größte Paradoxon der deutschen Politik ist: was heute Nazis und Kommunisten sowohl für Deutschland wie für die übrige Welt so überaus bedeutsam macht, ist nicht der Haß der beiden Parteien aufeinander, sondern die Gleichartigkeit des Fühlens bei ihren Anhängern.

Die Nationalsozialisten erklären mit der ihnen eigenen Logik: „Weder unter Pflanzen noch unter Tieren gibt es einen Internationalismus. Warum soll es unter den Menschen einen geben?"
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Spekulieren wir mal - Hitler kommt an die Macht

Aber was, wenn es Hitler nicht gelingt, den Hunger der 15 Millionen Deutschen zu stillen, die, wenn sie auch nicht geradezu Hungers sterben, doch jederzeit nur allzu bereit wären, sich hinzusetzen und eine tüchtige Mahlzeit zu verspeisen - der 15 Millionen, die, um es möglichst maßvoll auszudrücken, niemals genug nahrhafte Kost haben?

Wie lange wird der Haß der beiden revolutionären Parteien aufeinander fortbestehen? Genauer, wie lange werden die Nazis bei Hitler bleiben?
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Also - wenn Hitler wirklich an die Macht käme

Was die Kommunisten hoffen, die „bürgerlichen" Parteien fürchten und die Nationalsozialisten leugnen, ist folgendes:

Wenn Hitler ans Ruder gekommen ist und es nicht zuwege bringt, die wirtschaftlichen Sorgen Deutschlands zu lindern, wenn er gezwungen ist, vor Frankreich zu kapitulieren, und den größten Teil seiner Versprechungen nicht halten kann - dann werden die Massen der Nationalsozialisten zu den Kommunisten übergehen.

Vereinigt würden die Massen der Nazis und der Kommunisten eine unwiderstehliche Streitmacht bilden. Auch wenn die Kommunisten nur einen Teil der Nazis und dazu einen Teil der Sozialdemokraten gewännen, würde ihre Stärke in berechenbare Nähe des Revolutionspunktes kommen.

Mit dieser Hoffnung, bei dieser Lage der Dinge, hat sich die Kommunistische Partei Deutschlands für eine Politik des Abwartens entschieden, um Hitler den ersten Schritt tun zu lassen.

Eine enge Fühlungnahme mit Kommunisten, Nationalsozialisten und Sozialdemokraten hat mich davon überzeugt, daß die Kommunisten keinen Versuch machen werden, der Machtergreifung durch Hitler Widerstand entgegenzusetzen. Und an eine Revolution, bevor er zur Macht gelangt ist, denken sie noch weniger.
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Fragen an einen deutschen Kommunisten .......

Ich stellte einem deutschen Kommunisten die Frage: „Was werdet ihr tun, wenn Hitler die Regierung ergriffen hat?"

„Wir werden", antwortete er, „versuchen, die Sozialdemokraten dafür zu gewinnen, daß sie gemeinsam mit uns einen Generalstreik ausrufen und Hitler stürzen, so wie wir 1920 mit dem Generalstreik Kapp gestürzt haben."

„Aber", warf ich ein, „Kapp hat die Herrschaft mit Gewalt an sich gerissen, und damals waren sich die Sozialdemokraten im klaren darüber, daß sie als Demokraten die Demokratie zu verteidigen hatten. 1920 erklärte die sozialdemokratische Regierung selbst den Generalstreik. Werden die Sozialdemokraten jetzt mit den Kommunisten gemeinsame Sache machen und einen Generalstreik ausrufen, wenn Hitler legal zur Macht kommt?"

„Nicht viel Hoffnung", gab er zu.

„Ihr habt 6 Millionen kommunistische Wähler. Zur russischen Revolution haben 5o.ooo Bolschewisten genügt. Ich weiß, daß die Situation ganz anders ist. Aber warum können eure 6 Millionen sich nicht mit Gewalt gegen Hitler zur Wehr setzen?"

„Wir haben nicht die Gewehre", war die wohlüberlegte Antwort. „Die Sowjet-Union ist nicht bereit für eine deutsche Revolution. Wir glauben, wenn Hitler an der Macht ist, wird er das Land so rasch herunterwirtschaften, daß wir im nächsten Herbst ans Ruder kommen können."

„Aber dann wird Hitler alle Gewehre haben."
„Ja, Hitler wird die Gewehre haben."

Fragen an einen Sozialdemokraten

Ich fragte einen Sozialdemokraten: „Was werdet ihr tun, um Hitler nicht zur Herrschaft kommen zu lassen?"

„Was können wir tun", gab er zurück, „wenn Hitler die Mehrheit hat?"

Ich fragte einen Nationalsozialisten: „Was werdet ihr tun, wenn ihr die Macht in Händen habt?"

Er hätte eine lange Erörterung des Parteiprogramms beginnen können, aber er antwortete lediglich: „Festhalten."

Das war also Knickerbockers zusamengefaßtes BERLIN-Erlebnis

Wie gesagt, das Buch "German crisis" erschien im April 1932. Knickerbocker konnte es erahnt haben, was dann im Februar/März 1933 passierte, aber gewußt haben konnte er es bestimmt nicht. Und das macht seine Einschätzungen der politschen und wirtschaftlichen Lage der Deutschen so glaubwürdig. Er hatte die einmalige Chance gehabt, in einer wirren Zeit - finanziell von seinem amerikanischen Verlag gut ausgestattet - tief in die Psyche der damaligen deutschen Bevölkerung zu blicken.

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Damit keine Mißverständnisse aufkommen, dieses Buch wurde von einem studierten Journalisten Anfang 1932 geschrieben.

Auch wenn viele Voraussagen und Prophezeihungen des Amerikaners Knickerbocker erstaunlich dicht an den späteren Ereignissen schrammen, das Buch ist ca. 1 Jahr vor dem März 1933 geschrieben worden, als Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde.

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