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Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45

Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Grundlagen der Kinematogrammetrie - Januar 1935

Von Ing. G. Timmermann, Hamburg.

Reihenbildaufnahmen, die dem Studium von Bewegungsvorgängen dienen, spielen bei einem großen Teil wissenschaftlicher Forschungsarbeiten eine wichtige Rolle. Die Verwendung derartiger Reihenbildaufnahmen für Meßzwecke fällt zeitlich mit den Anfangen der Kinematographie zusammen. Die nachlegenden Zeilen sollen nun zeigen, welche Aufgaben ihr Kinematogrammetrie bei geeigneter Apparate-Instruktion und geeigneter Arbeitsmethode zu lösen imstande ist.

Dabei soll besonders Wert darauf gelegt werden, daß die Aufnahmen auch wirklich maßstäblich ausgewertet werden. Das ist bei den bisher veröffentlichten Arbeiten in verhältnismäßig wenig Fällen durchgeführt worden. Es sei denn, daß wir die Bestimmung der Zeitdauer eines Bewegungsvorganges durch Abzählen der entsprechenden Bildchen und Division dieser Zahl durch den Bildwechsel/Sekunde als Messung betrachten. Denn im Grunde genommen ist Messen ja nichts anderes, als die Festlegung des Verhältnisses einer Größe zu einem bekannten Maßstab.
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Zwei weitere Methoden der Auswertung ....

Es sei hier noch auf zwei weitere Methoden der Auswertung von Kinematogrammen hingewiesen:

1. Die Konstruktion von Bewegungsbahn-Zeitbildern aus der nacheinanderfolgenden Projektion der Einzelbilder, wie sie schon in ähnlicher Weise von Marey mit seinem Chronophotographen erzielt wurde *1) und auch von R. Thun *2) beschrieben wurde *8).

2. Die Konstruktion von Bewegungsbahnen durch mitphotographierte Gitternetze als Flächen- oder Raumkoordinaten. Diese Methode wurde ebenfalls in der Frühzeit der Kinematographie von Muybridge hei der Aufnahme von menschlichen und tierischen Bewegungen *4) benutzt. Auch der amerikanische Leistungstechniker Gilbreth bediente sich derselben *5). Solche Gitternetze lassen sich übrigens in sehr einfacher Weise durch Vorheraufnahme gezeichneter weißer Koordinaten auf schwarzem Grunde herstellen.

*1) Liesegang: Wissenschaftliche Kinematographie.
*2) R. Thun: Der Film in der Technik.
*3) Zeitschrift „Der Betrieb" 1921/22, S. 179; 1920/21
*4) Zeitschrift „Die Filmtechnik" 1928, S. 239.
*5) Gilbreth-Witte; Angewandte Bewegungsstudien.

Diese Verfahren liefern sehr gute Ergebnisse, nutzen jedoch die Möglichkeiten, die in dem kinematogrammetrischen Meßverfahren liegen, lange nicht genügend aus. Wir müssen, bevor wir uns mit diesem weiter beschäftigen, unterscheiden zwischen direkter und indirekter kinematogrammetrischer Aufnahme.

Unter direkter Methode sollen Aufnahmen verstanden sein, welche den Bewegungsvorgang selbst aufnehmen, wogegen bei der indirekten Methode Meßinstrumente eingeschaltet sind und die Kinokamera gewissermaßen nur die Schreibvorrichtung darstellt *6).

Zur direkten Aufnahme sind daher zu rechnen:

1. die photogrammetrische (stereogrammetrische) Punktbestimmung,
2. die sensitometrisch-photometrische Helligkeits bestimmung,
3. Kleinzeitmessungen,
4. Spektralaufnahmen,
5. Ton- und Geräuschaufnahmen.

*6) Zeitschrift „V. D. J." 1911, S. 1161. - „Die Kinotechnik" 1928, S. 580.
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Die einzelnen direkten Aufnahme- und Auswerteverfahren

Wir wollen uns nun nachstehend mit den einzelnen direkten Aufnahme- und Auswerteverfahren näher beschäftigen.

1. Die photogrammetrische Punktbestimmung.

Da kinematogrammetrische Aufnahmen nach den Grundsätzen der Photographie gemacht werden, so lassen sich ohne weiteres Grundregeln der Photogrammetrie auf die Kinematogrammetrie übertragen. Vorausgesetzt muß natürlich werden, daß die innere und äußere Orientierung mit genügender Genauigkeit durchgeführt und bekannt ist. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß an die Genauigkeit derartiger Aufnahmen nicht dieselben Anforderungen gestellt werden dürfen wie an die normalen photogrammetrischen Aufnahmen, da ja das auszuwertende Bildmaterial ein wesentlich kleineres Format besitzt. Außerdem ist es wichtig, daß die Horizontal- und Vertikalwinkel, welche die Aufnahmeachsen zweier Einzelbildchen miteinander einschließen, gleichzeitig mitregistriert werden.

Man ist dann in der Lage, folgende Grundaufgaben ohne weiteres zu lösen:

1. Die Bestimmung von Winkeln aus der Brennweite und den Bildkoordinaten, wobei die Größe der Winkel natürlich abhängig von der jeweiligen Brennweite ist.

2. Photogrammetrische Punktbestimmung bei bekannter Basis im Ziel oder Größenbestimmung bei bekannter Entfernung.

3. Standpunktbestimmung mit Hilfe des Rückwärtseinschneidens mehrerer Zielpunkte (mindestens drei). Da diese Aufgabe in der Praxis sehr selten vorkommt, sei kurz eine Abwandlung skizziert:

3a. Standpunktbestimmung durch Rückwärtseinschneiden unter Zuhilfenahme einer Kompaßbussole. Die Lösung dieser Aufgabe entspricht der Kreuzpeilung in der Navigation. Dabei sind nur zwei Zielpunkte erforderlich. Ist der von den beiden Zielstrahlen eingeschlossene Winkel kleiner als der ausnutzbare Bildwinkel des Aufnahmeobjektives, so läßt sich der Aufnahmestandpunkt aus einer Aufnahme graphisch ermitteln.

4. Neupunktbestimmung nach dem photogram-metrischen Vorwärtseinschnitt gleichzeitig von mindestens zwei Standpunkten aus. Aufgabe 3a erfordert meistens zwei, Aufgabe 4 stets mindestens zwei synchronlaufende Aufnahmeapparate.

5. Stereoskopische Kinematogramme lassen sich durch Vorschalten eines Spiegel- oder Prismensystems oder durch Verwendung zweier synchronlaufender optisch identischer Kinokameras erzielen.
Die auf diese Weise gewonnenen Bahnpunkte werden dann als Funktion der Zeit zu einer Kurve zusammengestellt und lassen weiterhin die Konstruktion von Beschleunigungs- und Verzögerungskurven usw. zu. Nach diesen Verfahren sind schon mehrfach, besonders für Fahrzeuge zum Teil mit behelfsmäßigem Gerät, zum Teil auch mit Spezialapparaten (Lyta, Askania u. a. m.), Messungen vorgenommen *7).

Auf eine Zusammenstellung der einschlägigen Formeln oder gar ihre Ableitung muß hier aus Raummangel verzichtet werden, zumal genügend Literatur darüber vorhanden ist *8).
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2. Bestimmung von Helligkeitswerten aus Kinematogrammen.

Es liegt nahe, die Schwärzung der photographischen Schicht, die ja bestimmten Gesetzen unterworfen ist, zu Beleuchtungsstärkemessungen zu verwenden. Es sind in dieser Richtung auch schon Versuche unternommen worden.

Ein von Prof. Go1dberg angegebenes Verfahren zur Ermittlung von Lichtverteilungskurven sei hier unter Abänderung für unsere Zwecke kurz beschrieben. Von den zu untersuchenden Gegenständen wird eine Aufnahme gemacht, dann auf einem unbelichteten Teil des Films ein Graukeil kopiert. Nach der Entwicklung des Streifens wird das Bildnegativ in einem Densographen ausgewertet, in dem der Meßkeil durch die Keilkopie ersetzt ist. Die ermittelte Kurve ergibt sofort die Lichtverteilungskurve.

Wenn wir weiter noch die Beleuchtung eines Gegenstandes mit einem Photometer messen, so können wir von diesem auf die anderen bzw. auf Veränderungen schließen *9).

*7) „Zeitschrift für Flugtechnik und Motorluftschiffahrt" 1926, S. 512. - „Bildmessung und Luftbildwesen" 1930, S. 74; 1929, S. 121, - „Zeitschrift für Flugtechnik und Motorluftschiffahrt" 1929, S. 29; 1929, S. 413. - „Bildmessung und Luftbildwesen" 1930, S. 1.

*8) Dock: Photogrammetrie und Stereogrammetrie. - Lüscher: Photogrammetrie.
*9) Goldberg: Der Aufbau des photographischen Bildes.
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Ein zweites Verfahren

Ein zweites Verfahren nimmt ebenfalls den Gegenstand bildmäßig auf, schließt hieran aber die Aufnahme eines beleuchteten Graukeils. Beide Aufnahmen müssen durch dieselbe Optik, mit derselben Blende und Belichtungszeit aufgenommen sein. Eine vollkommen identische Entwicklung ergibt sich bei Kinoaufnahmen von selbst. Da der Graukeil ebenfalls photometriert wird, lassen sich auch hier durch Ausmessen mit einem Schwärzungsmesser maßstäbliche Größen kurvenmäßig konstruieren. Diese Verfahren erreichen nicht die Genauigkeit der üblichen evtl. mit Photozellen ausgeführten Messungen, haben aber den Vorteil, sich verändernde Größen abhängig von der Zeit synchron mit anderen Messungen festzulegen.

3. Kleinzeitmessungen

Die Kleinzeitmessung dient hauptsächlich Untersuchungen besonders kleiner Bewegungsvorgänge. Die Aufnahmen erfolgen mit einer Zeitdehner-Kamera. Da die Bilder ausgemessen werden sollen, muß Wert auf eine möglichst große Bildschärfe gelegt werden. Sie wird bis 120 Bilder mit Greifer-Kameras von Sperrgreifern ohne weiteres erreicht.  Von den Apparaten mit stetig laufendem Filmband eignet sich am besten der Thunsche Zeitdehner, da er die weitaus größte Abänderung von Objektiveigenschaften, Bildwechsel und Belichtungszeit gestattet *10).
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4. Spektrogrammetrische Aufnahmn.

Durch Ersatz des Objektives einer Kinokamera durch ein geradsichtiges, möglichst dreiteiliges Prisma (wegen seiner kurzen Bauart und seines geringen Lichtverlustes) erhalten wir eine Einrichtung, die es gestattet, spektroskopische Änderungen zwecks Ausmessung aufzunehmen. Diesel Ausmessungen erstrecken sich zur Hauptsache auf die Lage der Spektrallinien und auf die relative Intensität der Spektralbezirke; letztere wird wiederum mit Hilfe einer Graukeilkopie und eines Schwärzungsmessers festgestellt.
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5. Ton- und Geräuschaufnahmen.

Auch die mit den üblichen Tonkameras aufgenommenen Tonaufnahmen lassen sich maßstäblich auswerten. Hierfür eignen sich am besten Aufnahmen, die nach dem Lichttonverfahren mit Amplitudenaufzeichnung hergestellt sind, da ihre Auswertung evtl. ohne Kopierung des Tonnegativs lediglich auf projektivem Wege erfolgen kann.

Die auswertbaren Größen einer Tonaufnahme sind:

1. Art und Form der Schwingungen,
2. Schwingungszahl,
3. Wellenlänge,
4. Amplitude.

Bei der Bestimmung dieser Größen ist natürlich der Einfluß etwaiger Fehler durch Verstärker- und Geräteigenschwingungen zu berücksichtigen bzw. auszuschalten. Durch Aufstellen mehrerer Mikrophone und evtl. Tonkammern lassen sich dann Messungen von Schallgeschwindigkeiten, Resonanz, Schallreflexion und Schallabsorption ausführen.
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Die Zeitregisrierung.

Da die bisher beschriebenen Aufnahmen nur einen maßstäblichen Wert haben, wenn sie als Funktionswerte der Zeit aufgetragen werden, so ist eine Registrierung der Zeit unbedingt erforderlich. Für diese Registrierung sind ebenfalls verschiedene Methoden ausgearbeitet worden. Für große Zeiträume, bis etwa 0,012 Sek., bedient man sich der Mitaufnahme einer Uhr oder eines Elektrochronographen, die bei Zeiträumen bis zu 1/10 Sek. am oder im Apparat angebracht ist *11), bei kleineren Zeiträumen neben dem Aufnahmeobjekt steht *2) und *5)

Feinere Zeitmessungen erzielt man durch Mitaufnahme von Schwingungssystemen (Tonzungenlichtblenden *12), Wechselstromlichtbogen, elektrische Entladungen u.a.m.) oder Geschossen.

*10) Zeitschrift „V.D.J." 1926, S. 1356. - „Die Kinotechnik" 1927, S. 348; 1929, S. 124; 1929, S. 458.
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Das Kameraaggregat für kinematogrammetrische Aufnahmen

Die vorstehend beschriebenen Aufnahmeverfahren nach der direkten wie nach der indirekten Methode können natürlich jede für sich ausgeführt werden. Bei umfangreichen Messungen, bei denen die verschiedensten Größen bestimmt werden müssen, lassen sich jedoch die einzelnen Kammern mechanisch oder elektrisch kuppeln. Man ist dadurch in der Lage, die verschiedensten Vorgänge zur gleichen Zeit aufzunehmen und sie in Abhängigkeit voneinander auszuwerten.

Mit Ausnahme der Zeitdehner- und der Tonkamera wird zu allen Aufnahmen stets der gleiche Kameratyp verwendet, der für die einzelnen Aufgaben nur durch ein Zusatzgerät erweitert wird. Auf diese Weise wird u. U. die Konstruktion oder Anschaffung besonderer Meßgeräte vermieden.

Durch Schaffung eines genormten Spezialtyps von größter Einfachheit und Präzision sowie Erweiterungsfähigkeit durch ebenso einfache Zusatzgeräte ist es möglich, eine verhältnismäßig wohlfeile Apparatur in den Handel zu bringen, die trotzdem allen Anforderungen genügt und die ewige Ausarbeitung von Spezialgeräten unterbindet.
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Die Zeitdehner- und die Tonkameras

Was hier bezüglich Einfachheit, Präzision und Wohlfeilheit der Bildkameras gesagt ist, gilt selbstverständlich auch für den Zeitdehner und für die Tonkameras. Aus diesem Grunde ist z. B. der Zeitdehnerkamera Thunscher Konstruktion der Vorzug zu geben. Wie weit eine normale Bildkamera sich zur wahlweisen Auswechselung als Zeitdehner durchkonstruieren läßt, soll hier nicht weiter erörtert werden.

Es bedarf eigentlich kaum eines besonderen Hinweises, daß die Aufnahme sämtlicher Kameras synchron zu erfolgen hat. Natürlich macht die Zeitdehnerkamera insofern eine Ausnahme, als ihr Synchronismus in einem Uebersetzungsverhältnis zur Normalkamera steht.

Das gleiche gilt von Apparaten mit erhöhter Bildfrequenz (bis 250 Bilder/Sek.). Eine solche Synchronkuppelung wird bei einer kleinen Anzahl von Kammern mechanisch durch biegsame Wellen mit Handbetrieb vom Kurbelstativ aus oder mit Kraftantrieb (Benzin, Elektromotor) auf einfachste Weise erzielt. Bei größerer Anzahl geschieht der Synchronantrieb wie bei Tonfilmaufnahmen.

Für besondere Zwecke sind auch sowohl behelfsmäßig als auch fabrikmäßig (Askaniakinotheodolit) Apparaturen mit synchrongeschaltetem Filmtransport gebaut worden. Sie weichen jedoch von den normalen Kinokameras erheblich ab. Am einfachsten ist wohl jedenfalls der Antrieb durch Synchronmotoren von einer Drehstromquelle aus.

11*) Zeitschrift „Die Kinotechnik“ 1930, S. 98. - „Filmtechnik“ 1928, S. 328.
12*) Zeitschrift „Die Kinotechnik“ 1928, S. 641.
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Ein Kameraaggregat im größeren Umfange besteht demnach aus:

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  • 1. Bildkamera für die Normalaufnahmen. Für jedes außerhalb des Bildfeldes der ersten Kamera gleichzeitig mit aufzunehmende Objekt eine zweite. Zur Punktbestimmung nach dem Vorwärtseinschnitt ist mindestens ein Paar Kammern erforderlich. Die Bildkamera kann sowohl allein als auch in Verbindung mit dem Mikroskop, einer Röntgeneinrichtung, einer Schliereneinrichtung usw. verwendet werden. Für die Registrierung der Horizontal- und Vertikalwinkel wird zweckmäßig ein Ansatz an der Normalbildkamera befestigt, welcher vom Hauptwerk dieser Kamera durch einen Wellenstumpf angetrieben wird.
    Dieses Ansatzwerk übernimmt gleichzeitig die Registrierung der Zeit einer kleinen Uhr. Außerdem ist es günstig, das Schaltwerk der Hauptkamera so einzurichten, daß der Greifer bzw. evtl. das Malteserkreuz zur Vergrößerung des Bildfeldes benutzt werden kann. In diesem Falle muß natürlich auch das Bildfenster ausgewechselt werden. Im übrigen soll auf eine weitere Beschreibung der Bildkamera an dieser Stelle verzichtet werden.
    Photometrische Messungen werden an den Normalbildaufnahmen ausgeführt; der Graukeil vor oder nach der Bildaufnahme aufgenommen oder aufkopiert.
  • 2. Zeitdehnerkamera für die Kleinzeitmessung, synchron mit Uebersetzung laufend.
  • 3. Normalkamera mit Spektroskop für Spektralaufnahmen.
  • 4. Tonkamera mit Mikrophonen und Verstärker; evtl. mehrere Kammern.

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Die Auswertung von Kinematogrammen.

Die Auswertung der Bildstreifen, mit Ausnahme der photometrisch-sensitometrischen Messungen sowie der Stereogramme, geschieht am besten auf projektivem Wege.

Bei der projektiven Auswertung wird entweder das Negativ oder ein Positiv auf einen Tisch projiziert, auf dem ein Stück Zeichen- oder Millimeterpapier gespannt ist. Bei sehr hohen Ansprüchen an die Genauigkeit wird dieses Papier erst noch auf eine Metallplatte geleimt.

Auf diesen Bogen wird dann ein Achsenkreuz gezeichnet. Die Einstellung des Projektors erfolgt dann derart, daß das Achsenkreuz, d. h. die Rahmenmarken, des projizierten Filmbildes in einem festen ganzzahligen Verhältnis zum Achsenkreuz (Rahmenmarken) der Aufnahmekamera steht (Vergrößerungsverhältnis). Die Punkte der Rahmenmarken werden auf dem Zeichenpapier vorher rechnerisch-zeichnerisch festgelegt. Auf diese Weise werden etwaige Schrumpfungen des Filmmaterials automatisch ausgeschaltet.

Als innere Orientierung dient bei der Spektrographenkamera der Maßstab der Wellenlänge, der als Einteilung im Spektroskop mitphotographiert wurde, bei der Tonaufnahme die Länge einer Bildhöhe (ohne Bildstrich, welcher durch ein größeres Projektionsfenster auszuschalten ist). Während so die Länge und die Zeitabläufe der Schwingungen maßstäblich bestimmbar sind, ist die Schwingungsweite nur relativ aufzufassen. Die größte Schwingungsweite ist abhängig von dem Oszillographensystem, das zur Aufnahme benutzt wurde.

Das Beleuchtungssystem ist zweckmäßig ohne Kondensor zu wählen oder so, daß keine Abbildung der Emulsionskorngruppen entsteht. Die Größe der Projektionsbilder soll mindestens 30X40 cm betragen. Daß das Projektionssystem verzeichnungsfreie und randscharfe Bilder liefern muß, versteht sich wohl von selbst.

Die wirtschaftliche Betrachtung

Wirtschaftlich betrachtet, wird man am günstigsten zum Ziel kommen, wenn man zur Projektion die jeweiligen Aufnahmekameras verwendet. Hierdurch wird gleichzeitig ein einwandfreies Projektionssystem und eine einwandfreie Filmschaltung gewährleistet. Die Auswertung sämtlicher zusammengehöriger Bildstreifen kann sowohl nacheinander mit einem Projektor als auch mit Hilfe mehrerer Projektoren gleichzeitig erfolgen.

Die gleichzeitige Synchronschaltung dieser Projektoren geschieht bei kleiner Anzahl mechanisch, bei großer elektrisch. Dabei wird der Zeitdehnerprojektor nur im Zeitdehnerverhältnis fortgeschaltet. Um Störungen des Projektionsbildes durch den Auswertenden zu verhindern, kann man auch die Projektoren unter dem Tisch anordnen.

Es wird dann am besten auf eine mit Millimetereinteilung versehene Mattscheibe oder auf einen Zelluloidbogen projiziert. Zur Auswertung von Aufnahmen, die zur Bestimmung von Helligkeitswerten dienen sollen, wird am besten der Densograph der Zeiss Ikon benutzt. Man wird allerdings kaum herumkommen, ihn für diesen Spezialzweck, der Auswertung sehr kleiner Negative, umzubauen.

Stereoskopische Kinematogramme werden in einem ebenfalls für diesen Zweck zu konstruierenden Stereokomparator ausgewertet. Ueber die Genauigkeit des kinematogrammtri-schen Verfahrens kann nicht ohne weiteres geurteilt werden, da sie von den jeweiligen Verhältnissen abhängt.
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Beispiele

In der Literatur sind besonders bei der kinematographischen Untersuchung von Flugzeugbahnen nach dem Vorwärtsanschnitt sehr günstige Ergebnisse angegeben. Es können hier auch daher nicht viele
Aufgaben gegeben werden, die mit Hilfe der Kinematogrammetrie zu lösen sind.

Ein Fall mag genügen: Auf der atlantischen „Meteor“-Expedition 1925-1927 sind 814 Pilotballonaufstiege ausgeführt worden. Die in der Literatur beschriebene angewandte Arbeitsmethode hätte sich durch Kinematogrammetrie mit Synchronkameras wesentlich genauer, schneller und bequemer durchführen lassen. Zudem wäre eine gleichzeitige Registrierung der Lage des Schiffes (Krängung, Trimmung und Kompaßrichtung) unschwer möglich gewesen.
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Zusammenassung.

Auf Grund des in der Literatur veröffentlichten Materials ist ein Verfahren beschrieben worden, welches gestattet, photogrammetrische Punktbestimmungen, photometrische Helligkeitsbestimmungen, Kleinzeitmessungen, Spektralmessungen und akustische Messungen als veränderliche Größen in Abhängigkeit von der Zeit mit Hilfe synchronangetriebener Kinokammern gleichzeitig aufzunehmen.

Es brauchen diese Größen dabei natürlich nicht Endziel der Untersuchungen zu sein, sondern sie können ebensogut weiter verwertet werden, z. B. Beschleunigungskurven, Drehmomentbestimmungen u. v. a. m. Die vorhergehenden Zeilen hatten im wesentlichen den Zweck, auf die bisher geleisteten Arbeiten in zusammenstellender Weise hinzuweisen und zu neuen Arbeiten sowie einer zweckmäßigen Apparatekonstruktion anzuregen. Die Grundlagen der allgemeinen Kinotechnik sind von R. Thun in seinem Buche „Technik im Film" in ausführlicher Weise beschrieben, so daß sich erübrigt, hierauf näher einzugehen.
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Dieser Artikel ist vom Januar 1935 !!!
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