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H. von Studnitz schreibt über die Erfahrungen seines Lebens

Eine Ergänzung zum Thema : "Was ist Wahrheit ?" - 1974 hat Hans-Georg von Studnitz (geb. 1907) ein Buch über sein Leben geschrieben, aus dem ich hier wesentliche Absätze zitiere und referenziere. Es kommen eine Menge historischer Informationen vor, die heutzutage in 2018 wieder aktuell sind, zum Beispiel die ungelöste "Katalonien-Frage" aus 1936.

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August 1936 - ein Flug mit einer "Farman Monoplan"

In der zweiten Augustwoche 1936 begleitete ich die Nordarmee auf ihrem Vormarsch in die Sierra de Gredos. Wir gelangten nach Avila, und dort bot sich mir die Gelegenheit an, mit einem Flugzeug, das die spanische Kolonie in Lissabon General Mola geschenkt hatte, nach Burgos zurückzufliegen.

Es handelte sich um einen acht Jahre alten "Farman Monoplan", der 160 Kilometer pro Stunde machen konnte und für fünf Passagiere eingerichtet war. Nach einem wegen Übergewicht schwierigen Start überflogen wir die Front, als in großer Höhe über dem Gebirge eine »Rata«, ein republikanisches Kampfflugzeug sowjetischer Herkunft, auftauchte.

Schweigend reichte mir der Pilot eine schwere Maschinenpistole und wies mich an, die Schiebetüre an der rechten Außenwand zu öffnen und in Feuerstellung zu gehen. Sobald er mir ein Zeichen gab, sollte ich auf die »Rata« schießen.

Zum Glück kam es nicht dazu. Der rote Jäger übersah uns und drehte ab. Als wir in Burgos einschwebten, rissen Flakmannschaften die Mündungskappen von den Rohren. Wir konnten aufsetzen, bevor die Richtkanoniere in Aktion traten, und wurden begeistert empfangen.
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Von den Hotels aus der Schlacht um Irün "zuschaun"

In der dritten Augustwoche trat die Schlacht um Irün in ihre entscheidende Phase. Ganz Hendaye machte sich auf, um aus den Hotels an der Grenze zuzusehen, wie sich Rote und Weiße schwere Kämpfe lieferten.

Von den Biskaya-Badeorten eilten Hunderte von Neugierigen herbei. Aus Luxusautomobilen betrachteten Frauen und junge Mädchen in Bikinis die Szene, Männer in Strandkostümen und tobende Kinder umlagerten die Fernrohre, die ambulante Händler herbeigeschafft hatten, um unbewehrten Augen die Schrecken des Krieges auf dem anderen Ufer des Bidassoa näher zu bringen.

Plakatträger forderten zu Spenden für obdachlose spanische Kinder auf, Eisverkäufer boten Waffeln und Limonade an. In der Bucht von Irün operierten Kanonenboote und setzten Flüchtlinge an das französische Ufer.

Alle Augenblicke erschütterten Detonationen den warmen Sommertag, an dessen heiterem Himmel Schwaden gelben Rauches hingen, die aus den Haubitzen des Forts Guadeloupe aufstiegen.

Vom sicheren Balkon aus Frankreich den Krieg beobachten

Ein Bild von geschichtstrachtiger Symbolik. Wieder einmal weidete sich Frankreich vom sicheren Balkon seiner durch Gebirge und Meere geschützten geographischen Lage an den Querelen in einem Land, das schwach zu halten von jeher ein Ziel der französischen Politik war.

Nach dem Fall von Irün besuchen wir Tolosa. In Pamplona, dem Zentrum der karlistischen Requete-Bewegung, essen wir in einem von sieben bildschönen Schwestern geführten Restaurant »huevos a la flamenco«.

Im Hotel »La Perla« berichtet mir der totgesagte Boxer Paolo Uscudün die Geschichte seiner Flucht aus San Sebastian. Sportsfreunde spielen ihm einen sowjetischen Paß zu. Auf Bergpfaden, die ihm seit Kindheitstagen vertraut sind, flieht er nachts. Seine Wegzehrung besteht aus einem Lederbeutel mit Wein, etwas Wurst und weißem Brot. Militär-Streifen, die ihn anhalten, wehrt er in baskischer Sprache ab. Beim Abschied sagte er mir, er sei der einzige Boxer von Ruf gewesen, der Schmelings Sieg über Jack Sharkey vorausgesagt habe.

Navarra und der Karlistenführer Manuel Fal Conde

Navarra war das Herz des spanischen Traditionalismus, der in der karlistischen Bewegung seinen leidenschaftlichen Ausdruck fand. Der Karlistenführer Manuel Fal Conde, der dann von Franco nach Portugal verbannt wurde, gehörte zu den stärksten Persönlichkeiten der spanischen Rechten, die Hinüberziehung eines dynastischen Thronfolgezwistes aus dem 19. in das 20. Jahrhundert zu den Eigentümlichkeiten einer Region, deren geschichtliches Bewußtsein noch stärker ausgeprägt war als das der übrigen Landesteile, Kastilien nicht ausgeschlossen.

In jedem fünften Haus Navarras hing das Porträt des 82-jährigen Prätendenten Don Carlos de Bourbon-Austria. Auf öffentlichen Plätzen verlas man den Glückwunsch, den er den Karlisten anläßlich der Einnahme San Sebastians zukommen ließ.

Am 4. Oktober 1936 wurde Don Carlos in Melk an der Donau zur letzten Ruhe geleitet. Mitten im Bürgerkrieg beging Navarra den Abschied vom karlistischen Prätendenten mit dem größten Gedächtnisgottesdienst, den die Hauptstadt Pamplona seit einem Jahrhundert in ihren Mauern sah.

Als die "Legion Condor" empfangen wurde

Die Geschichtsträchtigkeit der spanischen Szene war in jeder Phase des Bürgerkrieges evident. Der Jubel, mit dem die Legion Condor empfangen wurde, erwärmte eine Deutschfreundlichkeit, die in der Erinnerung an das »siglo de oro«, an Carlos I. (Karl V.) und an Felipe IL (Philipp IL), ihre Wurzeln hatte.

In der Skepsis, die Francos Spanier den ihnen zu Hilfe eilenden Divisionen Mussolinis entgegenbrachten, flammte das Mißtrauen gegen die italienischen Verzweigungen des Hauses Bourbon wieder auf, dem das spanische Volk seine Herkunft aus Frankreich sowenig vergab wie sein Unvermögen, die Hinterlassenschaft der Habsburger zu bewahren.

Der Antagonismus zwischen Karl I. von Spanien und Franz I. von Frankreich erneuerte sich in Adolf Hitler und Leon Blum, der Unterstützung Francos durch das Reich und der Anlehnung Largo Caballeros an Paris. Beide Male ging es auch um die Vorherrschaft in Europa.

Der Krieg war ein Konflikt von weltgeschichtlicher Bedeutung

Daß in Spanien ein Konflikt von weltgeschichtlicher Bedeutung ausgetragen wurde, ahnte zunächst niemand. Der Spanische Bürgerkrieg war der erste der neuen Religionskriege.

Die mittelalterlichen Religionskriege hatte der Protestantismus ausgelöst, als er gegen die katholische Kirche zu eifern begann. Die neuzeitlichen setzte der Marxismus in Gang, als die industrielle Bourgeoisie das Erbe des in der Französischen Revolution tödlich getroffenen Feudalismus antrat und die Arbeit das Kapital herausforderte.

Der Sozialismus wurde im Spanischen Bürgerkrieg geschlagen, aber er ging aus dem Zweiten Weltkrieg gestärkt hervor.

Der Nationalismus überstand diese Auseinandersetzung, die von den Sowjets als »Vaterländischer Krieg« geführt wurde, nur unter kommunistischen Vorzeichen.

Eigentlich war es der Auftrakt zum 2. Weltkrieg

In Spanien überschnitt sich diese Entwicklung. Chronologisch war der Spanische Bürgerkrieg der Auftakt zum Zweiten Weltkrieg; zugleich markierte er den Konfliktstoff, den der Zweite Weltkrieg hinterließ. Der Spanische Bürgerkrieg nahm den europäischen Bürgerkrieg vorweg.

Daran wird man sich erinnern müssen, bevor man die Spanier für das richtet, was 1936 bis 1939 in ihrem Lande geschah. Und Anderes kam noch hinzu.

Es war ein Krieg gegen den kastilischen Zentralismus

Im Spanischen Bürgerkrieg erhoben sich Föderalismus und Separatismus in den Randprovinzen gegen den kastilischen Zentralismus.

Der Anspruch der kastilischen Großen, durch den König über Spanien zu herrschen, hatte den Stolz regional verwurzelter Sippen immer wieder verletzt.

Das Baskenland, Katalonien, Andalusien und Galicia waren es leid, mit ihren Steuern einen zentralen Regierungsapparat zu unterhalten, der für ihre Autonomie-Bedürfnisse wenig Verständnis zeigte.

Franco erkannte früh, daß mit dem Ende der Monarchie, der Ermüdung zentripedaler Kräfte wie Kirche und Armee sowie der Aushöhlung der Grandeza die Reichsidee blasser und Spanien schwerer regierbar wurde.

Der Liberalismus, der unter Alfons XIII. viele Schlüsselstellungen gewann, versagte angesichts einer Entwicklung, an deren Ende sich das Auseinanderbrechen der spanischen Einheit ankündigte.

Anders als nach dem Sturz Napoleons III. in Frankreich setzte nach dem Fortgang Alfons' XIII. die spanische Advokaten-Republik keine starken Triebe an. Als die Militärs sich erhoben, ging der Riß durch alle Bevölkerungsschichten.

Die einen für Franco, die andern für Madrid

Das konservative Navarra erklärte sich für Franco, das kaum weniger konservative Baskenland für die Republik.

Teile der Armee hielten der Republik die Treue, der hohe Klerus nahm für Franco Partei, der niedere für die Machthaber in Madrid. Der Anarchismus, der in Spanien tiefere Wurzeln hat als Sozialismus und Kommunismus, erhob sein Haupt. Er versetzte Emissäre, die aus Moskau gekommen waren, um Disziplin in das republikanische Chaos zu tragen, in arge Verlegenheit.

Weil jeder Spanier überdies private Gründe für seine Teilnahme an der Auseinandersetzung anführen konnte, dauerte der Bürgerkrieg so lange, vollzog er sich in so wüsten Exzessen.

Vor allem die jungen Leute spielten gerne mal Krieg

Am stärksten packte die Lust am Chaos die jungen Leute. Als rächende Götter, die Maschinenpistole auf den Knien, in requirierten Automobilen durch das Land zu streifen, hier ein Scharmützel zu bestehen, dort ein Standgericht abzuhalten, auf Kosten verängstigter Bürger zu prassen, entsprach den Bedürfnissen einer Jugend, die sich auf den Hochschulen gelangweilt und der Einordnung in den Wirtschaftsprozeß entzogen hatte.

Diesen jungen Leuten war nicht anzumerken, was uns auf der Schule gelehrt wurde: daß der Bürgerkrieg der furchtbarste aller Kriege sei. Sie genossen seine Schrecken. Wer sich nicht engagierte, wartete den Ausgang der Wirren auf städtischen Promenaden und Plazas ab, saß in Kaffeehäusern, Clubs und Hotelhallen herum und rührte keinen Finger.

Viel vergossenes Blut in allen Schichten

Der Bürgerkrieg forderte kostbares Blut in allen Schichten, den Senorito, den jugendlichen Nichtstuer, brachte er nicht um.

Was für Argentinien galt: »El vivo vive del zonzo - el zonzo vive de su trabajo3«, entsprach auch hier der Lebensanschauung vieler, die ihre Tage beim Studium von Gazetten, bei Gläsern mit Tio Pepe, beim Knabbern von Krabben und schwarzen Oliven vergammelten, während vor den Toren der Stadt um die Zukunft Spaniens gerungen wurde.

Der Bürgerkrieg hat viele Spanier in ihren Gewohnheiten weniger erschüttert als später der Touristenboom oder die aus Deutschland heimgekehrten Gastarbeiter.

Wir waren die ersten bei Franco

Als ersten Journalisten gelingt es Fiddickow und mir, die Verbindung zwischen der Nordarmee Molas und den von Süden vordringenden Streitkräften Francos herzustellen. In Talavera stoßen wir auf afrikanische Truppen, Fremdenlegionäre und Marokkaner.

Die Bevölkerung hat sich mit der Invasion aus Afrika bald abgefunden. Aus ihrem Herzen waren die Araber, mit denen man so lange zusammengelebt hat, niemals verschwunden. Man hat sich schnell wieder aneinander gewöhnt und die Reconquista vergessen. Es gibt keine Vergewaltigungen spanischer Frauen durch Marokkaner, die ihre eigenen ambulanten Bordelle mitgebracht haben.

September 1936 - Befeiung des Alkazar von Toledo

Am 28. September 1936 befreit die auf Madrid marschierende Vorhut Francos den Alkazar von Toledo, der am 21. Juli von den Roten eingeschlossen worden war. 70 Tage hindurch setzte die Regierung ein Bauwerk unter Beschuß, in das sich 1100 Männer, 520 Frauen und 50 Kinder geflüchtet hatten. Achtmal traten Milizen zum Sturm auf den hoch über der Stadt El Grecos gelegenen Palast an. 30 Luftangriffe versuchten den Alkazar dem Erdboden gleichzumachen. Das Kriegstagebuch der Eingeschlossenen verzeichnete 11800 Einschläge von Granaten, 500 von Bomben, 35 von Benzintanks und 2000 durch Dynamit ausgelöste Explosionen. 83 Verteidiger wurden getötet, 57 unter einstürzenden Mauern begraben, 430 verwundet. Zwei Kinder wurden geboren.

In Talavera folgen wir den Operationen. Am Sonntag, den 27. September, dringt unter dem Befehl des Majors Murillo, eines Offiziers arabischer Abkunft, die 5. Bandera der spanischen Fremdenlegion in Toledo ein. Den ganzen folgenden Tag wird in der Stadt gekämpft, bis es gegen Abend Marokkanern gelingt, die erste Verbindung mit den Belagerten aufzunehmen.

Um Mitternacht öffnen sich die Tore des Alkazars und entlassen drei Emissäre, die sofort nach Caceres, in das Hauptquartier Francos geschafft werden. Am Dienstag früh erhält die Presse die Erlaubnis, nach Toledo zu fahren.

General Franco kommt in Toledo an

Der Befreier naht, Hornsignale, Leibgardisten melden, daß Franco eingetroffen ist. Federnd und jugendlich schließt der Generalissimus Moscardo und Mendez in die Arme. Auf den von Leid und Entbehrungen gezeichneten Gesichtern der Verteidiger stehen Tränen. Jemand ruft »Viva Espana«. Hundertfach geben die Katakomben der ausgebrannten Festung den Schrei zurück. Über rauchgeschwärztes Mauerwerk und verkohlte Balken schallt der Ruf aus dem Reich des Todes in den herbstlichen Himmel, an dem Flugzeuge Francos ihre Schleifen ziehen.

Der Generalissimus spricht und verleiht den Verteidigern der Festung das Kreuz von San Fernando, eine Auszeichnung, die seit den Tagen der Entdek-kung Amerikas alle Großen Spaniens getragen haben. Dann steigen Franco, Moscardo und Mendez in das Innere des Gewölbes hinab, um die Schwerverwundeten aufzusuchen.

Wieder werden wir Zeuge ergreifender Szenen. Die Invaliden lagern auf dem Steinfußboden eines Kellers, der Luft durch ein Loch empfängt, das eine Bombe in seine Decke gerissen hat. Es ist stockfinster. Aber die Augen der Verwundeten haben sich wie die von Nachttieren an die Dunkelheit gewöhnt. Sie versuchen sich von ihren Decken zu erheben und mit tonlosen Worten ihren Befreier zu ertasten. Franco tritt zu jedem von ihnen.

Der Preis der Standhaftigkeit

Moscardo zahlte für seine Standhaftigkeit einen Preis, der selbst in der spanischen Apokalypse seinesgleichen sucht. Während der ganzen Belagerung reißt die telefonische Verbindung zwischen Festung und Stadt, zwischen Belagerten und Belagerern nicht ab.

Eines Tages vernimmt Moscardo am Telefon die Stimme seines Sohnes. Er ist in die Hände der Roten geraten und soll ihnen zu einem Erpressungsversuch an seinem Vater dienen. Die Belagerer versprechen dem Kommandanten des Alkazars, daß sie seinem Sohn das Leben schenken werden, wenn er sich ergibt. Vor die Sprechmuschel gezerrt, sagt der Sohn dem Vater nur einen einzigen Satz: »Tu deine Pflicht, Vater, und vergiß, daß es mich gibt; ich bin bereit zu sterben.«

Damit war der Haß aber nicht zuende - dann russische Panzer

Die Befreiung des Alkazars beschloß den ersten Akt des spanischen Dramas, ohne den Haß der Parteien abzubauen. Weniger denn je waren die Spanier bereit, sich die Hand zur Versöhnung zu reichen.

Die Intervention der Großmächte nahm nun massive Formen an. Den Marsch von Toledo nach Madrid verlegten immer häufiger russische Panzer. Über Kastilien lieferten sich deutsche und sowjetische Jäger Luftgefechte.

Der Befehlshaber der Legion Condor, General Hugo Sperrle, sah sich Problemen gegenüber, an die in Berlin niemand gedacht hatte. Als Soldat, der von seinem Handwerk etwas verstand, wollte er Madrid in kurzer Zeit zur Übergabe zwingen und das Ende des Bürgerkrieges herbeiführen.

In Francos Hauptquartier ließ man sich jedoch das Tempo der Operationen nicht von den Deutschen vorschreiben. Schon damals erwies sich Franco als der mit der spanischen Psyche eng vertraute Politiker. Dem Generalissimus, mit dem ich beim Rundgang durch den Alkazar ein paar Sätze hatte wechseln können, lag wenig an einer frühen Einnahme Madrids. Aus seiner Umgebung war zu hören, daß er der Fähigkeit seiner Streitkräfte mißtraute, sich wieder von Madrid zu lösen, um die übrigen Herde des Bürgerkrieges auszutreten. So bremste er Sperrles Eifer.

General Faupel, der deutsche etwas griesgrämige, alte Herr

Mit dem General Faupel, den Hitler nach der Anerkennung der Franco-Regierung im November 1936 im März des folgenden Jahres als Botschafter nach Salamanca entsandte, hatte der Generalissimus leichtes Spiel. Der etwas griesgrämige, alte Herr, der viele Jahre der bolivianischen Armee als Instrukteur gedient hatte und dazu neigte, südamerikanische Verhältnisse auf Spanien zu übertragen, gab für Franco keinen Partner ab.

Die Umständlichkeiten auf der in Salamanca errichteten Deutschen Botschaft empfanden die Spanier um so lästiger, als sie im Leiter der Hisma Ltda, Carranca & Bernhardt einen Agenten des Reiches zur Verfügung hatten, der unbürokratisch zu arbeiten verstand.

Johannes Bernhardt hatte über seine Beziehungen zu Göring die Junkers- Transporter beschafft, mit denen Franco seine afrikanischen Divisionen ins Mutterland beförderte. Über die Hisma liefen auch später alle kommerziellen und viele politische Fäden nach Berlin. Die Macht des autonomen Unternehmens war so groß, daß die Hisma ihre eigenen Geleitbriefe ausstellte, die so viel galten wie die der spanischen Behörden.

Die Deutschen und die Herzen vieler Mädchen

Auch innerhalb der Legion Condor machten sich Erscheinungen bemerkbar, die Sperrle Sorge bereiteten. Die jungen Freiwilligen gewannen nicht nur die Herzen vieler Mädchen, sondern auch potentieller Schwiegereltern, die sich für das Erbe ihrer Töchter keine besseren Sachwalter wünschten als einen Deutschen.

Sehr bald war ein erheblicher Teil der Condor-Legionäre mit Spanierinnen verlobt. Sperrle sah sich zu einem Tagesbefehl genötigt, der engeren Bindungen an Spanierinnen für die Dauer des Bürgerkrieges einen Riegel vorschob. Die Spanier fühlten sich gekränkt, und die Beliebtheit der Legion nahm ab.

Als dann die Italiener eintrafen

Dieses Bild änderte sich, sobald die Italiener eintrafen. Vom Tage ihrer Ankunft wurde keine Liebe zwischen Spaniern und Italienern verloren.

Daß die beiden lateinischen Nationen sich auf das glücklichste ergänzten, wollte niemand wahrhaben. Der italienische Genius für Technik ging den Spaniern auf die Nerven.

An eine maßlose Materialverschwendung gewöhnt, zum Beispiel - nahmen sich die Spanier kaum die Mühe, eine Reifenpanne zu flicken. Überall stieß man auf verlassene Kraftwagen, denen nichts zugestoßen war, was nicht mit Leichtigkeit hätte behoben werden können.

Häuser, die Einquartierung aufgenommen hatten, befanden sich in einem desolaten Zustand. Die Spanier reparierten weder Wasser- noch Stromleitungen. Sie setzten nicht einmal Fenster wieder ein.

Wären die Italiener als Mechaniker ins Land gekommen, ein weites Betätigungsfeld hätte ihnen offengestanden. Unglücklicherweise kamen sie als Soldaten, die sich dem Klima sowenig gewachsen zeigten wie den spanischen Gewohnheiten und den Umständen des Bürgerkrieges.

So wurden sie schnell zum Gegenstand beißenden Spottes von Seiten derer, denen beizustehen man sie geschickt hatte. Als den Divisionen des Duce in der Schlacht von Guadalajara von ausländischen Kommunisten übel mitgespielt wurde, löste ihre Niederlage in Salamanca alles andere als Entsetzen aus. Allein das Geschick der diplomatischen Sendboten Roms wie des späteren italienischen Botschafters in Berlin, Filippo Anüuso, eines Ciano-Vertrauten, machte die Fehlleistung der Schwarzhemden auf dem Schlachtfeld wett und überbrückte Situationen, denen es nicht an Peinlichkeit mangelte.

Der Bürgerkrieg wurde "langsamer" - die Toten wurden mehr.

Nach der Befreiung des Alkazars flaute das Tempo des Bürgerkrieges ab. Die Bodenbeschaffenheit begünstigte die Entfaltung größerer Einheiten nur ausnahmsweise.

Schlachten haben in Spanien nur selten Entscheidungen erzwungen. Schon Napoleon suchte sie vergeblich. Seine Armeen wurden nicht geschlagen, sondern scheiterten an dem Willen Tausender von Dorfbürgermeistern, die mit ihren Leuten gegen die Marschälle des Imperators einen Kleinkrieg führten.

Die Greuel des Bürgerkrieges entzogen sich häufig der Zeugenschaft der Presse. Was durch Hörensagen bekanntwurde, klang entsetzlich genug. Ein Menschenleben galt wenig, ein Toter nichts. Um die Gemordeten und die Gefallenen kümmerte sich oft genug niemand. Immer wieder passierten wir auf der Fahrt zur Front zerschossene Panzerwagen, deren tote Besatzungen neben den ausgebrannten Chassis am Straßenrand lagen. Wochenlang brütete eine gnadenlose Sonne über den von Fliegen umschwärmten, von streunenden Hunden angenagten Leichen - mitunter nur wenige Schritte von einem Biwak, bei dem sich rastende Guardia Civil die Zeit beim Kartenspiel vertrieb.

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