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Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45

Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Neue Projektionsobjektive von hoher Bild- und Lichtleistung

aus Heft 15 / Heft 16 im August 1935 von J. Flügge und E. Roll, Rathenow
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  • Anmerkung vorab : Warum dieser sehr technische Artikel hier überhaupt eingefügt wurde, hat mit der Berechnung der Optiken mit dem Rechenschieber und den verwendeten Logarythmus-Tabellen zu tun. Die Firma Schneider Kreznach hatte zum Ende der 1960 Jahre mit einem Riesenaufwand vom 2 Millionen DM eine IBM 1130 Rechenanlage gekauft, (übrigens die gleiche Anlage, an der der Autor Gert Redlich während der Fahhochschulzeit die ersten EDV-Gehversche machte) um die Optiken und Linsen in einem 10tel der Zeit im Vergleich zur händischen Berechnung zu rechnen. Und diese 2 Millioen DM waren damals sehr viel Geld.

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1. Warum neue Optik ?

In den letzten Jahren hat die Kinematographie mit Schmalfilm ungeheuer an Bedeutung gewonnen, so daß heute der 16mm Schmalfilm bereits ein Nebenbuhler des 35mm Normalfilms ist.

Da nun der Schmalfilm bei der Wiedergabe eine erheblich stärkere Vergrößerung als der Normalfilm verlangt, so sind sowohl an Aufnahmeoptik als auch an Wiedergabeoptik entsprechend höhere Anforderungen zu stellen als bei Normalfilmoptik.

Die Aufnahmeoptik für Schmalfilmkameras ist seit einigen Jahren erfolgreich durchgebildet, man denke z. B. an die ganz besonderen Fortschritte der Schmalfilmerei seit dem Erscheinen der Siemenskamera Type B mit dem dreilinsigen Anastigmat Bush-Glaukar 1:2,8, f=20mm.

Die Wiedergabeoptik hingegen ist zur Zeit noch in der Entwicklung begriffen. Die Anforderungen an die Schmalfilmwiedergabeoptik sind gegenüber der Normalfilmwiedergabeoptik dadurch höher, daß ohne Zugeständnisse an die Abbildungsgüte zum Teil erheblich größere Bildwinkelbereiche und unbedingt wesentlich höhere relative Oeffnungen ausgenutzt werden müssen, zumal im allgemeinen auch nur Glühlampen als Lichtquellen benutzt werden sollen, die eine viel geringere Leuchtdichte als die bei der Normalfilmwiedergabe verwendeten Spiegelbogenlampen haben.
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Derartig gesteigerte Anforderungen ......

Derartig gesteigerten Anforderungen ist der in der Normalfilmwiedergabe gebräuchliche und bestens geeignete Petzvalsche Objektivtypus nicht mehr gewachsen, da er bei größeren relativen Öffnungen Zonenfehler aufweist, die die Bildschärfe beeinträchtigen.

Auch ist seine Bildwölbung störend, sobald größere Bildwinkel ausgenutzt werden sollen. Es ist also für den Schmalfilm eine Projektionsoptik erforderlich, die besondere Hochleistung sowohl in Lichtstärke als auch in Bildqualität gewährleistet.

Ähnlich liegen die Dinge bei einer besonderen Anwendungsart der Normalfilmprojektion, nämlich der sogenannten Durch- und Hintergrundprojektion. Bekanntlich wird diese Projektionsart in neuerer Zeit bei Kinoaufnahmen im Atelier angewandt, um größere Aufbauten oder das Aufgebot riesiger Menschenmassen zu umgehen.

Es gibt aus vorhandenen Wochenschauen, Kulturfilmen usw. Szenen, die sich in einem Spielfilm als Hintergrund eignen, vor dem die Schauspieler auftreten, so z. B. die Massenszenen im Film „Flüchtlinge" mit Hans Albers als Hauptdarsteller im Vordergrund.

Diese Hintergrundszenen werden von hinten auf einem transparenten Schirm projiziert. Da bei diesem Verfahren ziemlich große Schirmbildgrößen erforderlich sind, so muß die Projektion unter Ausnutzung großer Bildwinkel mit Objektiven kurzer Brennweite erfolgen, denen zudem eine große Lichtstärke zu wünschen ist. Also auch hier sind die Anforderungen sehr hoch und machen es notwendig, entsprechende Optik neu zu schaffen.
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2. Welche Objektivarten sind geeignet?

Ein den verschärften Wiedergabebedingungen entsprechendes Objektiv wird vorteilhaft als Anastigmat ausgebildet, was ja das Petzvalobjektiv wegen seiner übermäßigen Bildwölbung nicht ist.

Es wäre nun nicht schwer, einen entsprechenden Anastigmaten hoher Lichtstärke zu berechnen, wenn nicht die zusätzliche Forderung bestünde, daß die Lichtverluste im Objektiv zufolge Reflexion und Absorption denkbar gering sein sollen.

Diese Forderung ist nur dadurch zu erfüllen, daß möglichst wenig an Luft grenzende Linsenflächen zugelassen werden, und daß die verwendeten Glasarten möglichst niedrige Brechungszahlen aufweisen. Die Beachtung dieser Forderungen erschwert die Berechnung eines Anastigmaten gleich ungemein und kann sie womöglich aussichtslos machen.

Daß es dennoch gelungen ist, Objektive zu entwickeln, die die Forderungen nach anastigmatischer Bildfeldebnung und hoher relativer Oeffnung bei äußerst geringen Lichtverlusten erfüllen, zeigt sich bei näherer Betrachtung der weiter unten beschriebenen Objektive „Super-Filmar und „Neo-Filmar".

Bei Bildwinkeln über 15°, d. h. für Schmalfilm bei Objektivbrennweiten unter 50mm, sind Anastigmate eigentlich unerläßlich. Bei kleineren Bildwinkeln jedoch, also für Schmalfilm bei Brennweiten von 50mm aufwärts, kann man auf streng anastigmatische Korrektion gern verzichten, wenn dafür ein besonders hoher Lichtdurchlassungsgrad erreicht wird. Eine Neuerung dieser Art, das „Neostar", wird in Abschnitt 4 beschrieben.
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3. Die neuen Anastigmate Supe-Filmar 1:1,4 und Neo-Filmar 1:1,8

Das neue Busch Super-Filmar 1:1,4 (Abb. 1) ist ein aus vier in Luft stehenden Gliedern aufgebautes Objektiv, bei dem das dritte Glied eine chromatisch überkorrigierende Kittfläche enthält.

Das erste, dritte und vierte Glied sind sammelnd, das zweite Glied ist zerstreuend. Rein äußerlich besteht also eine gewisse Verwandtschaft mit dem Petzval-Typus, nur daß ein weiteres Glied dem eigentlichen Petzval hintergesetzt ist.

Auch korrektionsmäßig besteht diese Verwandtschaft, wie aus den beigegebenen Korrektionskurven (Abb. 2) hervorgeht, nur daß eben die Zwischenfehler bei dem neuen Objektiv geringer sind und die astigmatischen Bildschalen bei fast völliger Ebnung zum Schnitt gebracht worden sind.

Andererseits ist eine Abkunft von dem anastigmatischen Triplet unverkennbar. Petzvaltypus und Triplet haben ihre jeweils guten Eigenschaften auf den neuen Busch-Anastigmaten vererbt.

Die Flächenteilkoeffizienten (gekürzter Text)

Um einen Begriff von der Leistungsfähigkeit des Super-Filmar zu bekommen, wenden wir die von Berek angegebene Betrachtungsweise der Flächenteilkoeffizienten für die einzelnen Bildfehler an (Erklärung der Formelzeichen folgt nach der Zusammenstellung) ......

Die Tabelle ist für den Laien absolut nichtssagend !!!

Die verwandten Formelzeichen haben laut DIN 1335 folgende Bedeutung.

A den Oeffnungsfehler (sphärische Aberration);
B den Asymmetriefehler (Koma);
T den Zweischalenfehler (Astigmatismus);
P die Krümmung der Petzvalfläche.

(Was immer man damit anfangen kann. Auch auf die komplexen Berechnungsformeln verzichten wir hier.)

Die Beschränkung auf Gläser, die man zu den älteren Gläsern zu zählen pflegt, bis auf das Glas einer einzigen Linse, deutet ebenfalls auf eine gewisse Verwandtschaft des Super-Filmar mit dem Petzvalobjektiv.

Für einen hochlichtstarken Anastigmaten ist dies ein denkbar guter Lichtdurchlässigkeitsbetrag, da bisher bekannte Anastigmate von ähnlich hoher geometrischer Lichtstärke durchschnittlich nur 50-52% Lichtdurchlässigkeit aufweisen. Gegenüber diesen weist also das Super-Filmar einen 32%igen Gewinn an Lichtdurchlässigkeit auf.
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Ein Blick auf die geometrischen Abmessungen

Betrachten wir nun noch die geometrischen Abmessungen des Super-Filmar. Es wird für Schmalfilmwiedergabe in den Brennweiten 20, 25 und 35mm gefertigt. Die Gesamtbaulänge beträgt etwa 3/4 der Brennweite, die Schnittweite des hinteren Brennpunkts etwa 1/2 der Brennweite.

Mit nicht ganz so hoher relativer Oeffnung, sondern mit f:1,8, wird der vorstehend beschriebene Anastigmat unter der Bezeichnung „Neo-Filmar" für die Hintergrundprojekiion von Normalfilm gefertigt, und zwar in den Brennweiten von 40, 50 und 65mm bei einem Fassungsdurchmesser von 42,5mm.

Die relative Oeffnung f:1,8 bedeutet fast eine Verdreifachung der Projektionshelligkeit gegenüber den sonst dafür verwandten Projektionsanastigmaten f:3,1. Gegenüber den mit etwa f:2 arbeitenden gewöhnlichen Kinoobjektiven von kurzer Brennweite haben die Neo-Filmare den bedeutenden Vorzug gleichmäßig guter Schärfe von der Mitte bis in die Ecken des Bildfeldes. Außerdem weisen sie eine unübertroffen hohe Tiefenschärfe auf, was für die Schrägprojektion angenehm empfunden wird.
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4. Das neue Projektionsobjektiv Busch-Neostar f: 1,4 mit nur vier Flächen gegen Luft

Es wurde schon gesagt, daß man bei Bildwinkeln unter 15° keinen Anastigmattypus mehr benötigt; zum mindesten wäre ein solcher nicht nur ein übertriebener Luxus, da praktisch dieselbe Bildqualität auch ohne Anastigmat erzielt werden kann, sondern würde auch eine Begrenzung der Lichtleistung bedeuten, da die anastigmatische Korrektion natürlich mehr optische Einzellinsen erfordert, deren jede eine weitere Einschränkung des Lichtdurchlasses bewirkt.

Deshalb wurde für die Schmalfilmprojektion mit 50mm Brennweite von der Errechnung und Konstruktion eines Anastigmaten abgesehen und statt dessen unter dem Namen „Neostar" ein Objektiv von der relativen Oeffnung f:1,4 geschaffen, das mit der überhaupt möglichen Kleinstzahl optischer Elemente eine auch hohen Ansprüchen voll entsprechende Bildqualität aufweist.

Dadurch, daß das Neostar nur vier gegen Luft stehende Linsenflächen hat (Abb. 3), sind die Reflexionsverluste minimal, so daß sich ein Lichtdurchlassungsgrad von über 80% ergibt. Bekanntlich haben die gangbaren Kinoobjektive vom Petzvalschen Typus nur etwa 73% Lichtdurchlässigkeit, so daß demgegenüber der Gewinn an Lichtdurchlässigkeit fast 10% beträgt.

Über die genauen Meßergebnisse der photometrischen Prüfung des Neostar bei der Projektion vergleiche man den nächsten Abschnitt. Die Bildfehlerkorrektion erstreckt sich hauptsächlich, um die hohe relative Öffnung f:1,4 voll ausnutzen zu können, auf eine sorgfältige Verminderung der Zonenabweichungen in Oeffnungsfehler und Koma. Der freie Arbeitsabstand des Objektivs bis zum Film ist 15mm.
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5. Lichtleistung der neuen Objektive für Schmalfilmwiedergabe

Zur Kennzeichnung der Lichtleistung der Objektive Super-Filmar und Neostar reicht allein die Bezeichnung des Öffnungsverhältnisses (1:1,4) nicht aus, da hierin die Lichtverluste im Objektiv nicht berücksichtigt sind. Deshalb wurde der Lichtstrom experimentell gemessen, und zwar unter Versuchsbedingungen, die der praktischen Verwendung der Objektive entsprechen.

Als Lichtquelle diente eine Glühlampe 375W, 5A mit Rückspiegel, deren Leuchtdichte zu 2400 Stilb bestimmt wurde. Das Bildfenster von 0,70qcm Flächeninhalt (vgl. DIN Kin 102) wurde durch einen für die Schmalfilmwiedergabe gebräuchlichen zweilinsigen Kondensor ausgeleuchtet. Die Lichtstrommessungen (ohne Blende) ergaben alsdann folgende Werte:

Objektivbezeichnung
Kennzeichen des Objektivs    Oeffnung
Lichtstrom

Hieraus kann man sofort ableiten, welche Projektionsentfernungen und Bildgrößen bei normaler Beleuchtungsstärke auf der Projektionswand zu erhalten sind. Als normale Beleuchtungsstärke bei stillstehender Blende und bei völlig freiem Bildfenster rechnet man bekanntlich 25 Lux. Mit den neuen Objektiven lassen sich dann deutlich größere Schirmbildgrößen für Schmalfilmwiedergabe bei entsprechenden Projektionsentfernungen erzielen.

Das Super-Filmar ergibt etwa die gleiche Bildgröße wie das Petzval, jedoch mit dem Vorzug, daß die Bildschärfe infolge der anastigmatischen Bildfehlerkorrektion bis in die Ecken des Bildes so gut ist wie in der Bildfeldmitte. Vor allem können mit Objektiven entsprechend kurzer Brennweiten anastigmatisch scharfe Bilder von über 4m Breite erhalten werden, selbst wenn nur geringe Projektionsentfernungen zur Verfügung stehen.

Mit dem Neostar lassen sich Schmalfilmvorführungen in großen Räumen veranstalten, weil unübertroffen große Schirmbilder bei großen Projektionsentfernungen mit normaler Bildwandbeleuchtungsstärke zu erzielen sind.

Die neuen Objektive Super-Filmar, Neo-Filmar und Neostar sind durch D.R.G.M. geschützt.
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