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Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45

Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Das Ufacolor-Verfahren

aus Heft 6 / Mai - Berlin 1937 von G. Pohlmann, Neubabelsberg
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Bedeutung des Bipack-Verfahrens

Wenn man heute (wir haben 1937) in der Fachpresse die Notizen über Farbfilme liest, so könnte man leicht zu dem Eindruck kommen, als habe es bisher zumindest in Europa überhaupt noch keinen brauchbaren Farbfilm gegeben. Dieser Eindruck wäre jedoch durchaus falsch.

Vor ungefähr sechs Jahren wurden bei der Aktiengesellschaft für Film-Fabrikation (Afifa) und bei der Ufa Versuche aufgenommen, nach dem Bipackverfahren Farbfilme herzustellen, in deren Folge das von K. Waschneck eingerichtete Verfahren bald fabrikationsreif wurde. Den emulsionstechnischen Teil übernahm die Agfa.

Verhältnismäßig unbeachtet von der großen Öffentlichkeit hat dieser Fabrikationszweig der Afifa einen erheblichen Aufschwung genommen. Es sind bis jetzt immerhin mehrere Millionen Meter Farbfilm aus dieser Abteilung hervorgegangen, allein im Jahre 1936 annähernd eine halbe Million Meter.

Ufacolor-Farbfilme über fast die ganze Welt verstreut

Die Abnehmer dieser Filme sind über fast die ganze Welt verstreut; zu den Ländern, in denen außerhalb Deutschlands bei der Afifa hergestellte Farbkopien vorgeführt werden, zählen England, Frankreich, die Schweiz, Holland, Norwegen, Dänemark, Österreich, Spanien, Ungarn, Latein-Amerika, Indien u. a. m.

In den meisten dieser Länder bestehen eigene Produktionen, die sich zur Herstellung von Farbfilmen des Agfa-Bipackverfahrens bedienen und für die die Kopien von der Afifa gezogen werden.

Den größten Raum der Fabrikation von Farbfilmen nach dem Ufacolor-Verfahren nehmen Werbe- und Unterhaltungsfilme in Trickmanier ein, für die das Verfahren besonders geeignet ist.

Damit soll nun aber keineswegs gesagt sein, daß das Verfahren Gegenstände in natürlichen Farben nicht wiedergeben könnte. Es ist eine große Reihe von naturfarbigen Werbefilmen und Kurzspielfilmen hergestellt worden, die teilweise großen Anklang beim Publikum fanden.
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Technische Grundlagen des Verfahrens

Um die Grenzen einerseits, aber auch die Möglichkeiten des Verfahrens andererseits deutlich zu machen, sei kurz auf die technischen Grundlagen des Verfahrens eingegangen.

Bei der Aufnahme laufen durch die Kamera zwei Filme, die man nach ihrer Lage zum Objektiv als Front- und Rückfilm bezeichnet. Der für Blaugrün sensibilisierte Frontfilm wird durch die Zellhornschicht hindurch belichtet und registriert die blaugrünen Strahlen als Schwärzungen.

Der panchromatisch sensibilisierte Rückfilm soll nur die rotgelbe Strahlung aufnehmen. Deswegen trägt der Frontfilm, auf die lichtempfindliche Schicht vergossen, eine orangerote Filterschicht, die bei der Aufnahme sinngemäß zwischen den beiden miteinander in Kontakt befindlichen Bromsilberschichten liegt.

Zur Aufnahme werden vorteilhafterweise Vierkassettenkameras benutzt, von denen verschiedene Typen auf dem Markt sind, z. B. die Mitchell-Kamera und die Askania-Kamera.

Außerdem sind auch geeignet die Typen: Bell & Howell, Pathe und Slechta. Kameras mit Sperrgreifereinrichtung sind zu bevorzugen, weil sie eine bessere Gewähr für registerhaltige Deckung der beiden Farbbilder bieten.

Für die Aufnahme ist jede Lichtart geeignet.

Die Farbunterschiede der verschiedenen Lichtarten (Tageslicht, Bogenlicht, Nitralicht usw.) lassen sich weitgehend beim Kopieren ausgleichen.

Die Entwicklung der beiden Negative hat mit größter Sorgfalt zu erfolgen. Um eine farblich einwandfreie Kopie zu erzielen, müssen beide Negative zu vollkommen gleichem Gamma entwickelt werden, und zwar zeigt die Erfahrung, daß das Gamma zwischen 0,8 und 0,9 liegen muß.

Spiegelnde Gegenstände werden vorteilhafterweise mit möglichst weicher Beleuchtung und unter Vermeidung scharfer Reflexe aufgenommen, weil infolge der doppelten Schichten sich Überstrahlungen bei Bipackaufnahmen wesentlich störender bemerkbar machen als bei Schwarz-Weiß-Aufnahmen.

Nach der Entwicklung werden die beiden Negative auf einer Spezialkopiermaschine in einem Arbeitsgang auf die beiden lichtempfindlichen Schichten eines doppelseitig beschichteten Positivfilms kopiert. Das Positiv wird schwarz-weiß entwickelt, und sein Bildcharakter unterscheidet sich im entwickelten Zustand nur wenig von dem einer gewöhnlichen Schwarz-Weiß-Kopie.
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Die Trennung der Farben

Die beiden Schichten werden nun in den ihnen nach dem jeweilig zugehörigen Negativ eigenen Farben eingefärbt, und zwar zuerst die Kopie des gelbrot empfindlichen Rücknegativs blaugrün und dann die Kopie des blaugrün empfindlichen Frontnegativs gelbstichig rot.

Bei der Einfärbung der Blauseite kommt es darauf an, daß nur die eine Seite mit dem blaufärbenden Bade in Berührung kommt. Man läßt zu diesem Zweck den Film, der als endloses Band durch die Maschine läuft, zunächst durch eine flache Schiene laufen, in der er infolge der Oberflächenspannung zwischen Film und Flüssigkeit auf dieser schwimmt, ohne daß eine Gefahr besteht, daß das Blaubad die der Rotfärbung vorbehaltene Seite benetzt.

Wichtig ist, daß bei dem Blaufärbungsprozeß, der chemisch in einer Eisenblautonung besteht, alles bildmäßige Silber der Blauseite umgesetzt wird, denn nur dann ist Gewähr dafür gegeben, daß die Blauseite bei dem folgenden Rotfärbungsprozeß gegen die Einwirkung der weiteren Bäder immun ist.

Anschließend an die Blaufärbung muß das Filmband im Tauchverfahren in der von Entwicklungsmaschinen her bekannten Weise eine Anzahl Bäder durchlaufen, in denen das Silber der Rotseite durch Kupfersulfat oxydiert wird und seinerseits das Kupfersalz reduziert, das in diesem Zustand mit gleichzeitig in dem Bade vorhandenen Rhodankalium wasserunlösliches Rhodankupfer bildet. Dieses Rhodankupfer schlägt sich dort nieder, wo vorher bildmäßiges Silber stand. Es bildet sich also ein quantitativ dem Silberbild proportionales weißes Rhodankupferbild.

Das Rhodankupfer hat die Eigenschaft, bestimmte wasserlösliche Farbstoffe zu adsorbieren und festzuhalten. Man führt daher das Filmband vorbehandelt durch eine wässerige Lösung eines roten Farbstoffes dieser Gruppe, in welcher sich zunächst die gesamte Gelatineschicht mit dem Farbstoff sättigt.

Wird anschließend ein intensiver Waschprozeß des ganzen Filmbandes durchgeführt, so läßt sich der Farbstoff aus der Gelatine wieder völlig herauswaschen, außer an den Stellen, an denen er von dem Rhodankupfer festgehalten wird.

Die Spektralbereiche der beiden Einfärbungen liegen im Blaugrün und im Rotgelb, jedoch so, daß zwischen den beiden Absorptionskurven noch ein Spielraum bleibt, der durch eine allgemeine Gelbüberfärbung des gesamten Bildes einschließlich der Weißen überdeckt wird. Diese Überfärbung muß im allgemeinen sehr sparsam vorgenommen und je nach dem Charakter des Bildes sorgfältig nuanciert werden.
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Möglichkeiten des Verfahrens

Der am stärksten in die Augen fallende Fehler des Verfahrens besteht darin, daß es nicht möglich ist, ein der Blätterfarbe entsprechendes Grün zu erzielen. Da die vom Blattgrün reflektierten Strahlen infolge ihres Blaugehaltes auf der blaugrün-, infolge ihres Gelbgehaltes auf der gelbrot-registrierenden Schicht ungefähr gleichwertige Eindrücke verursachen, ergibt die Kopie dieser Eindrücke, aus Blaugrün und Gelbrot ungefähr zu gleichen Teilen gemischt, nicht Grün, sondern Olivbraun. Gegenüber diesem Hauptfehler des Verfahrens haben die kleineren Farbfehler so gut wie keine Bedeutung.

Kennt man diese Grenze und vermeidet Blattgrün als dominierende Farbe, so lassen sich recht befriedigende Ergebnisse erzielen. Es gibt Aufnahmen von herbstlichen Landschaften, die zur Zeit noch von keinem Dreifarbenverfahren überboten worden sind.

Das in der Herbstlandschaft vorherrschende Braunrot kommt in geradezu idealer Weise den Farbwerten entgegen, die das Zweifarbenverfahren zu bieten hat. Daß das Bipackverfahren Vorlagen der verschiedensten Art zu meistern imstande ist, zeigen z. B. die Werbefilme „Mit der Postkutsche“, „Melodie der Stoffe“, „Indanthren“ oder der Kulturfilm „Tiergärten des Meeres“.

Es wäre verfehlt, dem Zweifarbenfilm ein nahe bevorstehendes Ende vorauszusagen. Bei den im Verhältnis zu anderen Farbfilmverfahren geringen Kosten ist anzunehmen, daß mindestens der Werbefilm auch nach Einführung von Dreifarbenverfahren in Deutschland noch als Zweifarbenfilm hergestellt wird.

Deshalb läßt die Ufa sich zur Zeit neben den Vorbereitungen für die Einführung eines Dreifarbenverfahrens die Förderung und Verbesserung ihres alten Bipackver-fahrens sehr angelegen sein.

Wenn der Farbenspielfilm in die Kinotheater eindringt, so liegt für den Zweifarbenfilm auf Jahre hinaus im Beiprogramm noch ein großes Feld offen.
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