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Achtung: Artikel und Texte aus NS/Hitler-Deutschland 1933-45

Nach der Gleichschaltung der reichsdeutschen Medien direkt nach der Machtübernahme in Februar/März 1933 sind alle Artikel und Texte mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Der anfänglich noch gemäßigte politisch neutrale „Ton" in den technischen Publikationen veränderte sich fließend. Im März 1943 ging Stalingrad verloren und von da an las man zwischen den Zeilen mehr und mehr die Wahrheit über das Ende des 3. Reiches - aber verklausuliert.
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Das Agfacolor-Negativ-Positiv-Verfahren

Von Dr. W. Schneider vom Mai 1941

Seit der Erfindung der Photographie hat es nicht an Versuchen gefehlt, die neue Lichtbildkunst, die ja nur Licht und Schatten in Grautönen bzw. einfarbig wiederzugeben vermag, auch der Farbe zu erschließen.

Ungeheurer Fleiß und Scharfsinn sind hierzu aufgeboten worden, und allein von den erteilten Patenten können schon mehr als Zehntausend gezählt werden. Die meisten dieser Patente sind aber praktisch nicht durchführbar, sie bilden den papiernen „Stand der Technik". Nur einige der Verfahren haben für Spezialzwecke z.T. allerdings überraschend gute Ergebnisse erzielen lassen.

Pionierarbeit von Agfa

Auch die Agfa hat in der Ausgestaltung der verschiedenen Verfahren Pionierarbeit geleistet. Es erschienen die Agfacolor- Komrasterplatte und der Kornrasterfilm in verschiedenen Formaten sowie der Agfacolor-Linsenrasterfilm für 16 und 35mm auf dem Markt.

Im Jahre 1936 brachte dann die Agfa ein weiteres, diesmal auf dem subtraktiven Prinzip beruhendes Material, nämlich den Umkehrfilm „Agfacolor Neu" heraus. Auf die Grundlage dieses Films näher einzugehen erübrigt sich, da an anderen Stellen schon darüber berichtet wurde.

Wichtig ist vielmehr, daß der neue Agfacolor-Prozeß, der sowohl das Umkehr- wie das Positiv-Negativ-Verfahren umfaßt, aus einer grundsätzlich anderen Problemstellung heraus geschaffen wurde.

Nicht die Zahl der vorhandenen Verfahren sollte damit um ein neues bereichert werden, es sollte vielmehr der kopierbare Farbenfilm und damit auch die farbige Papierkopie geschaffen werden, und zwar mit der gleichen Einfachheit wie es beim Schwarzweiß-Prozeß der Fall ist.

Der Verbraucher sollte ein farbenphotographisches Material in die Hände bekommen, das einer universellen Anwendung fähig ist, ohne daß eine grundlegende Änderung der Aufnahme- und Verarbeitungsmethoden notwendig ist.

Ein Filmmaterial für den Kine-Film

Das Material sollte also sowohl den Bedürfnissen der Kinefilm-Industrie als auch denen des Reproduktionstechnikers oder des Amateurs genügen, und es sollten bei dessen Verarbeitung die vorhandenen Einrichtungen, wie beispielsweise Kamera, Entwicklungsmaschine, Kopiergerät usw. benutzt werden können.

Ein solches photographisches Material mit einem unbeschränkten Verwendungsbereich war nicht bekannt und liegt erstmalig im Agfacolorfilm vor. Man kann wohl sagen, daß die meisten Farbenverfahren oft nur deshalb über die ersten praktischen Versuche nicht hinauskamen, weil sie sich von den Methoden der Schwarzweißpraxis zu weit entfernt haben.

Selbst ein Verfahren wie beispielsweise das in USA in größerem Maßstabe durchgeführte Technicolor-Verfahren hat nicht allgemeine Anwendung finden können, weil es offenbar zu schwierig zu handhaben ist und nur von der Technicolor-Gesellschaft selbst mit gutem Erfolg durchgeführt werden kann.

Es wird sich also ein farbenphotographisches Verfahren nur dann durchsetzen, wenn die oben angegebenen Forderungen einer vielseitigen Anwendung und einer möglichst einfachen Durchführung erfüllt sind.
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Die Verwirklichung einer Dreifarben-Photographie

Wie schwierig andererseits Die Verwirklichung einer Dreifarben-Photographie in Wahrheit ist, läßt sich schon daraus erkennen, daß man in zahlreichen Fällen auf die Verwendung von drei Farben verzichtete und mit zwei Farben auszukommen versuchte, wie dies beim Multicolor-, Ufacolor- u. a. Verfahren der Fall war.

Aber auch solche Zwei-Farben-Verfahren bieten außer der mangelhaften Farbwiedergabe hinsichtlich der Verarbeitungstechnik im weitesten Sinne so viele Schwierigkeiten gegenüber dem normalen Schwarzweiß-Prozeß, daß sie im Spielfilm keine größere Bedeutung erlangen konnten.

Verfolgt man den Verarbeitungsgang des Filmmaterials nach den verschiedenen Verfahren von der Aufnahme bis zur Wiedergabe, dann fallen die Abweichungen von dem Schwarzweiß-Prozeß besonders auf.

Über die Aufnahme und die Verarbeitung

Alle bisherigen Farbenverfahren bedienten sich bei der Aufnahme, bei der Verarbeitung des Aufnahmematerials, beim Kopieren oder beim Verarbeiten des Kopiermaterials besonderer, mehr oder weniger komplizierter Vorrichtungen, die von den bei der Hersteilung von Schwarzweißaufnahmen bekannten Einrichtungen verschieden waren.

Ebenso waren die Maßnahmen für die Verarbeitung des photographischen Materials erheblich umfangreicher und schwieriger durchzuführen. Alle diese komplizierten und langwierigen Maßnahmen der verschiedensten Farbverfahren bedingen also eine gewisse Unsicherheit und damit erhöhte Fehlermöglichkeiten in der Handhabung.

Die Zukunft kann also nur einem Verfahren gehören, das von der üblichen Behandlung eines Schwarzweißfilms nicht wesentlich abweicht.
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Das Agfacolor-Negativ-Positiv-Verfahren

Diese Idee wurde erstmals im Agfacolor-Negativ-Positiv-Verfahren verwirklicht. Sämtliche Schwierigkeiten der geschilderten Art sind dem Verbraucher oder Verarbeiter hier abgenommen, da alles, was zur Farbe gehört, im Rohfilm enthalten ist.

Dieser Film wird wie jedes Negativmaterial in eine gebräuchliche Kamera ohne Änderung des Objektivs oder des Aufnahmemechanismus eingelegt und aufgenommen, auf normalen Maschinen entwickelt und das erhaltene Negativ auf einer gebräuchlichen Kopiermaschine auf das Farb-Positiv-Material kopiert, das ebenfalls in der Handhabung nicht vom Schwarzweiß-Material abweicht.

Die einzige zusätzliche Vorrichtung dient zur Färbung des Kopierlichtes. Diese Lichtfärbung kann aber in jeder vorhandenen Kopiermaschine nachträglich auf einfache und mannigfachste Weise erreicht werden.
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Idee des Chemikers Dr. Rudolf Fischer von 1911

Der Ausarbeitung dieses Farbfilms wurde eine schon 1911 bekannte Idee des Chemikers Dr. Rudolf Fischer
zugrunde gelegt. Auf den Arbeiten von Homolka weiterbauend, fand Fischer, daß bei der Entwicklung von belichtetem Halogensilber mit p-Phenylendiamin-Derivaten oder Aminophenolen in Gegenwart von solchen Verbindungen, die eine reaktionsfähige Methylengruppe besitzen, Farbstoffe gebildet werden. Diese organischen Stoffe gehören der Klasse der Azomethin- bzw. Chino-nimlnfarbstoffe an.

Das subtraktive Prinzip war damals schon genau bekannt, so daß Fischer vorschlug, die Verbindung mit reaktionsfähiger Methylengruppe so in die drei Schichten des Films zu geben, daß in der blauempfindlichen Schicht der gelbe, in der grünempfindlichen Schicht der purpurne und in der rotempfindlichen Schicht der blaugrüne Farbstoff entsteht.

Ein in dieser Weise hergestellter Farbfilm mit den von Fischer angegebenen Substanzen mußte jedoch zu Mißerfolgen führen, da die in den Schichten enthaltenen Farbstoffbildner entweder schon beim Gießen oder in den Behandlungsbädern hemmungslos diffundieren.

Auch der Vorschlag von Fischer, die Diffusion durch geeignete Wahl möglichst wasserunlöslicher Kupplungskörper zu verhindern, die jedoch im alkalischen Entwickler löslich sind, führte nicht zum erhofften Ziel.

Selbst sehr schwer lösliche Komponenten sind nicht geeignet, denn abgesehen davon, daß sich auch bei diesen die Diffusion nicht immer verhindern läßt, ist deren Kupplungsfähigkeit so stark herabgesetzt, daß sie aus diesem Grunde unbrauchbar sind.
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Lange Jahre wurde nach dem chemischen Trick gesucht

So hat man zwei Jahrzehnte lang keine Möglichkeit gesehen, ein farbenphotographisches Material herzustellen, das die Farbstoffbildner in den Schichten enthält. Es war also die Aufgabe zu lösen, Farbstoffkomponenten zu schaffen, die nicht diffundieren, deren Reaktionsfähigkeit aber unverändert ist.

Wenn es gelingen würde, diese Aufgabe zu lösen, so müßte das Prinzip der Farbentwicklung das denkbar einfachste Farben verfahren liefern.

Die Lösung dieser Aufgabe gelang der Agfa durch die Schaffung der diffusionsechten Komponenten - heute ein feststehender Begriff -, damals aber auch für den Fachmann eine kühne und unlöbar erscheinende Aufgabe.

Man kann diese diffusionsechten Komponenten und somit das Agfacolor-Verfahren als einen Triumph der organischen Chemie bezeichnen, ein Gebiet, auf dem der deutsche Chemiker von jeher führend war.
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Die diffusionsechten Komponenten

Sie sind in wäßrigen Flüssigkeiten lösliche Stoffe, die spielend wasserlöslich, einmal der Emulsion zugesetzt, in keinem Bad, sei es alkalisch oder sauer, auch nur spurenweise in die nur etwa fünf tausendstel Millimeter starke Nachbarschaft hineinwandern.

Die Diffusionsechtheit war aber nicht die einzige Forderung, die an die neuen Komponenten gestellt werden mußte. Sie mußten auch vor allem unter dem Gesichtspunkt ausgewählt werden, daß sie die Empfindlichkeit der Emulsion nicht ungünstig beeinflussen, eine Leistung, die nur der beurteilen kann, der bereits mit Emulsionen gearbeitet hat und die geradezu verheerenden Wirkungen selbst kleinster Mengen mancher Substanzen auf die Emulsion kennt.

So ist es noch im Jahre 1935 die Meinung einer auf dem farbenphotographischen Gebiet sehr fachkundigen Stelle, daß Farbstoffbildner in der Emulsion die Empfindlichkeit ernstlich herabsetzen (Britisches Patent 448 560), und man bevorzugt im Gegensatz hierzu Farbentwicklungsverfahren, die mit Farbstoffbildnern im Entwickler arbeiten. - Ferner war es auch notwendig, bei der Auswahl der Sensibilisatoren deren Beeinflussung durch Farbstoffkomponenten zu berücksichtigen.

Es genügen beispielsweise einerseits nur 5-10 mg eines Sensibilisierungsfarbstoffes, um einem Kilogramm einer Emulsion volle Farbenempfindlichkeit zu verleihen. Die gleiche Menge eines Desensibilisators vernichtet andererseits die Empfindlichkeit einer Emulsion restlos.

Die Menge der zur Emulsion zugegebenen Komponente beträgt aber größenordnungsgemäß das Tausendfache der oben angegebenen Menge Desensibilisator. Trotzdem darf aber ein Empfindlichkeitsrückgang der Emulsion nicht eintreten. Erst mit Hilfe dieser diffusionsechten und gegen die Emulsion indifferenten Komponenten konnte man daran gehen, ein Material für die Farbenphotographie zu entwickeln.
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Die Emulsionsschichten auf dem Schichtträger

In der jetzt vorliegenden Form ist es so aufgebaut, daß auf den Schichtträger eine rotempfindliche Emulsionsschicht mit der Blaugrün-Komponente vergossen ist und darüber eine grünempfindliche Schicht, die die Purpur-Komponente enthält.

Darüber befindet sich eine gelbe Filterschicht, die dazu dient, die blauen Strahlen von den darunterliegenden beiden Schichten fernzuhalten, da diese außer ihrer Sensibilisierungsempfindlichkeit ja auch noch ihre im blauen Spektralgebiet liegende Eigenempfindlichkeit besitzen und ohne diese Filterschicht neben den grünen und roten Farben auch noch die blauen Farben aufzeichnen würden, über dieser Filterschicht liegt als oberste und äußerste die blauempfindliche Emulsionsschicht mit der zugehörigen Gelbkomponente.

Entwickelt man nun ein mit einem solchen Material aufgenommenes latentes Bild mit einem Farbentwickler, z. B. p-Dimethylamidoanilin, so wird der Teilauszug der roten Farben in der untersten Schicht blaugrün, der der grünen Farben in der mittleren Schicht purpurn und der der blauen Farben in der obersten Schicht gelb wiedergegeben.
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Aus dem komplementärfarbigen Negativ wird ein farbrichtigen Positiv

Nach der anschließenden Entfernung des Silbers und Bromsilbers erhält man also ein komplementärfarbiges Negativ. Kopiert man nun dieses Negativ auf ein in gleicher Art aufgebautes Material, so muß man zu dem farbrichtigen Positiv gelangen.

Man benötigt also, genau wie beim Schwarzweiß-Prozeß, nur ein Entwicklungs- und Fixierbad, und es ist nur notwendig, zur Entfernung des entwickelten Silbers ein Silberlösungsmittel, z. B. Ferricyankalium, dem Fixierbad zuzusetzen, wie dies bei dem bekannten Farmerschen Abschwächer der Fall ist.

Lediglich aus Gründen der besseren Haltbarkeit des Fixierbades oxydiert man in der Praxis zuerst in einem besonderen Bad das Silber zu Silbersalz und fixiert anschließend.
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Ergebnis : überraschend einfach

Vergleicht man hiermit die Maßnahmen und Mittel, die bei den bisherigen Farbenverfahren zur Herstellung der Aufnahmen notwendig sind, so ist das Agfacolor-Verfahren in seiner Durchführung überraschend einfach.

Dank des besonderen Aufbaues des Agfacolor-Materials ist die Aufnahme in einer gewöhnlichen Kamera, wie sie für Schwarzweißaufnahmen üblich ist, durchführbar.

Bei den bisherigen Verfahren mußte für die Aufnahme zum Teil eine Kamera in Sonderausführung verwendet werden, die im allgemeinen nicht auf dem Markt zu haben ist. Sie muß entweder eine kostspielige Strahlenteilungseinrichtung besitzen, oder für den sogenannten Mehrpackfilm, also für mindestens zwei Filmstreifen, gebaut sein, oder im schlimmsten Falle sogar beide Einrichtungen zugleich aufweisen.

Besondere Schwierigkeiten bietet in diesen Fällen die genaue Justierung (Anmerkung : extreme Erschütterungempfindlichkeit) der einzelnen Strahlengänge oder Filmstreifen, da ein nur winziger Deckungsfehler der Teilbilder bei der starken Vergrößerung des projizierten Bildes sich überaus störend bemerkbar macht.

Unter Umständen müssen aber schließlich in die Optik noch bestimmte Filter eingebaut werden und man ist dann an die Verwendung ganz bestimmter Blenden oder Brennweiten bei der Aufnahmeoptik gebunden.

Die Komplexität von Technicolor

Besonders deutlich kommt die umwälzende Vereinfachung der Aufnahmetechnik des Agfacolor-Verfahrens zum Ausdruck, wenn man das bisher vor allem in Amerika praktisch ausgeübte Farbenverfahren, Technicolor, gegenüberstellt.

Bei der Aufnahme nach diesem Verfahren laufen zur Aufzeichnung der drei Farbenteilauszüge durch eine Spezialkamera hinter einem einzigen Objektiv drei getrennte Filme, von denen zwei als Bipack und der dritte gesondert transportiert werden. Zwischen Optik und Film ist eine Strahlenteilungsvorrichtung mit den erforderlichen Filtern angebracht.

Als Behälter für die drei Filme sind Spezialkassetten erforderlich. Die Kamera selbst ist beträchtlich schwerer und verursacht erheblich mehr Geräusch. Ein außergewöhnlich großer geräuschverhindernder Mantel (heute nennen wir das einen Blimp) wird deshalb gebraucht.

Die gesamte Ausrüstung, geladene Kamera und Mantel, wiegt ungefähr 350 Pfund (175 Kilo), so daß spezielle Dreifüße, kleine Krane und Rollen notwendig sind, um die Kamera zu bewegen. Bei der Großproduktion ist es bei Technicolor allgemein üblich, zwei Kameras für jede Aufnahmefolge bereit zu haben.

Wenn es notwendig ist, eine Kamera zu laden, wird die leere Kamera ganz aus ihrem Mantel entfernt und durch die zweite Kamera ersetzt. Während die Produktion mit der zweiten Kamera weiterläuft, wird die erste wieder geladen und durch einen Spezialassistenten überprüft, damit die Strahlteilungs- und die Fortschalt Vorrichtung der Mehrpackfilme genau justiert sind.

Nur auf diese Weise ist es möglich, eine größere Produktion ohne kostbaren Zeitverlust durch Justierarbeit durchzuführen. Außerdem muß aber jede Kamera nach jedem Aufnahmetag neu justiert werden.

und dann das Linsenrasterverfahren

Daß das Agfacolor-Verfahren nach den vorstehenden Ausführungen auch gegenüber dem nach dem additiven Prinzip arbeitenden Linsenraster- Verfahren, beispielseise dem Berthon-Siemens-Verfahren, große Vorteile besitzt, ergibt sich ohne weiteres aus der Tatsache, daß bei dem Linsenrasterverfahren mit einem Dreifarbenfilter gearbeitet werden muß, was zur Folge hat, daß für die Belichtung der lichtempfindlichen Schicht des Aufnahmefilms schon rein theoretisch jeweils nur ein Drittel der zur Verfügung stehenden Lichtmenge benutzt wird.
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Zusammenfassung

Wie oben erwähnt, ist auch die Entwicklung der Agfa-color-Aufnahmen denkbar einfach und unterscheidet sich von dem Schwarzweißprozeß lediglich durch die Anwendung eines zusätzlichen Bades zur Entfernung des Silbers.

Im Gegensatz hierzu benötigt man bei der Entwicklung von Farbaufnahmen nach den bisherigen Verfahren sehr oft eine Spezialmaschine, da die Zahl der meist komplizierten Bäder die des Schwarzweißprozesses häufig um ein Vielfaches übersteigt. Sehr oft müssen, besonders wenn mit Strahlenteilung oder Mehrpack gearbeitet wird, mehrere Filmstreifen und diese womöglich teils umkehr-, teils negativ- entwickelt werden.

Entsprechend der gestellten Aufgabe sollte auch beim Kopierprozeß nach dem Agfa-color-Verfahren jede Komplikation vermieden und dieser so einfach wie möglich gestaltet werden.

Wenn es nunmehr möglich ist, Agfa-color-Negative wie im Schwarzweiß-Prozeß auf ein mehrschichtiges Positivmaterial zu kopieren, wobei als zusätzliches Mittel lediglich eine in jeder gewöhnlichen Filmkopiermaschine ohne große Schwierigkeiten anzubringende Vorrichtung zur Steuerung der Kopierlichtfarbe zur Anwendung kommt, so soll es keineswegs heißen, daß für den Kopierprozeß keinerlei Probleme zu lösen waren.
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Die diffizile Steuerung der Kopierlichtfarbe

Es stellte sich im Gegenteil bei unseren ersten Versuchen heraus, daß man beim Kopieren eines subtraktiven Negativs, das in einem mehrschichtigen Material mit diffusionsechten Komponenten erzeugt wurde, auf ein mehrschichtiges Kopiermaterial, in welchem nach dem gleichen Prinzip Farbbilder erzeugt werden, nicht ohne weiteres wirklichkeitsgetreue farbige Kopien erhält.

Es zeigte sich nämlich sehr bald, daß der subtraktive Farbenprozeß trotz einer Fülle von Patenten und mancher Veröffentlichungen weder theoretisch gründlich durchforscht, noch praktisch einigermaßen bearbeitet war, so daß die Agfa vor einem ziemlichen Neuland stand.

Der Weg zum Ziel war gerade durch den Mangel an theoretischen Grundlagen außerordentlich mühselig. Zunächst zeigte sich, daß eine Kopie des Negativs, auf das gleiche Material kopiert, geradezu vernichtende Ergebnisse hinsichtlich Gradation und Farbe lieferte.

Es lag nun nahe, die Gradationsverhältnisse von dem Schwarzweiß-Prozeß auf den Farbenfilm zu übertragen, aber auch da kommt man nur zu einem Mißerfolg. Beim Schwarzweiß-Prozeß muß bekanntlich das Negativ eine flache, das Positiv eine steile Gradation besitzen.

Bei einem gleichgearteten Farbmaterial wird die Gradation zwar besser, aber die Farbwiedergabe noch schlechter als vorher. Nur auf Grund zahlreicher Versuche gelang es, die richtige Gradation für das Negativ und das Positiv zu finden. Die Farbwiedergabe war aber auch dann immer noch sehr schlecht, obwohl nach den bisher gebräuchlichen Farben verfahren das Material sehr exakt streng selektiv für die drei Farbenbereiche sensibilisiert war.

Folgende Überlegung führte zum Erfolg

Ein Erfolg wurde durch folgende Überlegung beschert:

Das Negativmaterial muß die Farben - wie sie in der Natur vorkommen - aufzeichnen, während auf das Positivmaterial nur die drei Farben wirken sollen, die im entwickelten Negativ vorhanden sind, also nur Blaugrün, Purpur und Gelb.

Das Positivmaterial soll also im Gegensatz zum Negativmaterial nur diese drei Farben sehen. Nun sind aber die Absorptionskurven der drei Negativfarbstoffe flach und überlappen sich. Folglich wird man das Positivmaterial im Maximum der Absorption der Farbstoffe des Negativs sensibilisieren und außerdem so eng, daß eine mögliche unerwünschte Aufzeichnung der Flanke der Absorptionskurve des Nachbarfarbstoffes nicht mehr stattfindet.

Jetzt zeigt die Kopie eine wesentlich bessere Farbwiedergabe, aber völlig befriedigend war sie immer noch nicht, denn es wurden noch nicht sämtliche in der Natur vorkommenden Farben exakt wiedergegeben.

Vor allem, wenn als Aufnahmegegenstand blaugrüne, violette oder orangefarbige Blüten gewählt wurden, wurden diese nicht farbrichtig wiedergegeben, obgleich dieselben Farbnuancen bei anderen Gegenständen, z. B. mit mineralischen Farbstoffen gefärbten, einwandfrei erschienen.

Der Grund dafür liegt einfach darin, daß die Blütenfarbstoffe oft sehr schmale Spektralgebiete absorbieren und dadurch in die Sensibilisierungslücke fallen, so daß sie mangelhaft oder sogar falsch wiedergegeben werden, je nachdem, ob die eine oder andere spektrale Empfindlichkeit überwiegt, auf die das von einem solchen Farbstoff reflektierte Licht einwirkt.

Wir brauchen uns in diesem Zusammenhang auch nur der mehr bunten als natürlichen Naturphotographie nach den verschiedensten Verfahren zu erinnern. Da zeigen Landschaften eine üppige giftgrüne Vegetation und der Himmel oder das Meer eine blaue Färbung, wie man sie nur in seltensten Fällen an der Adria bewundern kann und auch Ziegeldächer nehmen eine so leuchtende Farbe an, daß selbst Zinnober vor Neid erblassen könnte.

Beim genauen Zusehen stellt man aber fest, daß diese Farben mit Naturfarben gar nichts oder nur entfernt etwas zu tun haben, weil überhaupt nur ein bestimmtes Rot, Grün und Blau vorhanden ist, die Mischfarben Violett, Blaugrün und Orange aber stark unterdrückt sind oder ganz fehlen.

Findige Köpfe haben sich nun so geholfen, daß sie mit dieser Farbenpracht einen Schwarzweiß-Aufdruck kombinierten, um ansprechende Bilder zu erhalten. Für den Agfacolor-Film hätte dieser Ausweg aber eine Schicht mehr bedeutet, ohne damit die Lösung des Problems zu bringen.
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Die Lösung von Agfa

Diese erreichte die Agfa vielmehr dadurch, daß sie sich von der allgemeinen Ansicht über die Sensibilisierung farbenphotographischer Materialien abwandte und sich mehr mit der psychologischen Seite des Problems befaßte.

Erinnern wir uns, daß die Farbenphotographie von der Tatsache ausgeht, daß das menschliche Auge nur drei farbtüchtige Organe, und zwar für Rot, Grün und Blau, besitzt.

Trotzdem vermag es mit Hilfe nur dieser drei Organe besser als die genauesten physikalischen Apparate auch die feinsten Farbtondifferenzen zu unterscheiden.
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Das Verstehen des menschlichen Auges

Es ist Tatsache, daß sich jeder Kolorist der Farbenindustrie bei der Feststellung feinster Farbabweichungen nur auf sein geschultes Auge verlassen kann.

Allerdings liegt die Empfindlichkeit der Farborgane
des menschlichen Auges nicht nur in einem engbegrenzten Spektralgebiet im reinen Rot, Grün und Blau, wie man das auch früher in der Farbenphotographie anstrebte. Vielmehr liegen nur die Maxima dieser Empfindlichkeitskurven in diesen Gebieten, während die Flanken der Empfindlichkeitskurven sich weitgehend überschneiden.

Gerade aber diese Überlappungsgebiete, also das Zusammenwirken zweier Farbreize, geben als Endeffekt den Eindruck eines gewissen Farbtones. So empfindet das Auge gleiche Teile roter und grüner Reize als Gelb, und da dieses Verhältnis der beiden Farbempfindungen gerade in der Nähe der Lage der Natriumlinie im Spektrum auftritt, so wird eben diese Wellenlänge als Gelb registriert.

Auf die Farbenphotographie angewandt, bedeutet das aber nichts anderes als die Forderung einer breiten stark überlappenden Sensibilisierung für die drei Spektralbereiche im Negativ.

Selbstverständlich müssen diese Überlappungen genau ausgewogen und dabei auch die Absorptionseigenschaften der Farbstoffe, die am Bildaufbau beteiligt sind, berücksichtigt werden.

Die Verwirklichung dieser Forderung bedeutet die Synthetisierung neuer Sensibilisierungsfarbstoffe, die den besonderen Ansprüchen möglichst weltgehend genügen. Letzten Endes gelangte man dann doch zu einem Kompromiß zwischen bestmöglicher Farbwiedergabe und Empfindlichkeit des Materials, so daß jetzt ein Material vorliegt, bei dem auch die Mischfarben Violett, Blaugrün und Orange befriedigend wiedergegeben werden.
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Die Suche nach einem vollkommenen Material

Neben diesen eigentlichen Fragen der Farbenphotographie liefen natürlich noch eine ganze Anzahl anderer Probleme, die gelöst werden mußten, um zu einem vollkommenen Material zu gelangen.

Da muß zunächst die gelbe Filterschicht ihren eigentlichen Zweck, die Blauempfindlichkeit der sensibilisierten Schichten zu unterdrücken, restlos erfüllen. Der gelbe Farbstoff muß aber gleichzeitig wie die Komponenten diffusionsecht sein und während des Entwicklungsprozesses restlos verschwinden.

Dann muß das Material mit einer Lichthofschutzschicht versehen werden, die der mechanischen Beanspruchung standhält und trotzdem in den Entwicklungsbädern leicht entfärbt und gelöst wird. Dabei kommen aber von vornherein nur Farbstoffe in Betracht, die im richtigen Wellenbereich absorbieren und photographisch unschädlich sind.

Da die handelsüblichen Farbstoffe diese Forderungen nicht erfüllen, mußten diese Substanzen ebenfalls erst neu geschaffen werden. Auch diese Forderung wurde erfüllt, wobei die Lichthofschutzschicht so hell gehalten werden konnte, daß bei völlig genügender Schutzwirkung eine Beobachtung der aufzunehmenden Szene durch den laufenden Negativfilm hindurch möglich ist, wie dies beim Schwarzweiß-Film allgemein üblich und beliebt ist.
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Die Bedingungen für eine farbrichtige Wiedergabe

Die Vereinfachung des Kopierprozesses bei dem Agfa-color-Verfahren war vor allem deswegen möglich, weil alle Bedingungen für eine farbrichtige Wiedergabe sowohl bei der Aufnahme als auch in der Kopie bei der Herstellung des photographischen Materials berücksichtigt wurden.

Dies war bei den bisher bekannten Farbenverfahren nicht oder nicht in so vollkommener Weise der Fall, so daß bisher auch der Kopierprozeß wesentlich komplizierter war.

Es sei auch hierfür wiederum das Technicolor-Verfahren zum Vergleich herangezogen.
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Nochmal der Vergleich mit dem Technicolor-Verfahren

Nach diesem Verfahren werden die Aufnahmen auf den drei Negativfilmen in der Entwicklungsanstalt zu Schwarzweiß-Negativen der drei Farbenteilauszüge entwickelt.

Von jedem der drei Negativfilme wird dann eine Gelatinedruckform kopiert in der gleichen Weise, wie es bei der Herstellung von Gelatine-Auswaschreliefs geschieht. Außerdem wird eine relativ schwache Schwarzweiß-Kopie auf normalen Positivfilm von dem Grünauszug negativ kopiert und entwickelt. Die Tonspur wird ebenfalls auf diesen Positivfilm als Silberion kopiert.

Auf diesen Positivfilm, der also schon ein Schwarzweiß-Positiv trägt, werden dann mit Hilfe der drei Gelatinedruckfilme die drei subtraktiven Farben aufgedruckt, wobei natürlich dem registerhaltigen Aufdrucken der einzelnen Bilder ganz besondere Beachtung geschenkt werden muß. Der Druck erfolgt infolgedessen in Spezialmaschinen der Technicolor.

Es ist zweifellos erstaunlich, daß dieses komplizierte Verfahren technisch gemeistert werden konnte, daß damit die Herstellung von Kinofilmen möglich ist.
Infolge des notwendigen umfangreichen Maschinenparks wird die Rentabilität aber nur bei einer sehr großen Auflage von Kopien gewährleistet sein. Da stets die Produktion eines solchen Films durch die Spezialfirma selbst vorgenommen werden muß und infolgedessen - wie schon oben erwähnt - von der allgemeinen Filmindustrie nicht durchgeführt werden kann, ist es erklärlich, daß Technicolor-Filme nur einen Bruchteil der gesamten Kinefilm-Produktion in Amerika einnehmen.

Das sogenannte Silberfarbbleichverfahren

Einfacher dagegen ist offenbar das Kopieren der Teilauszüge auf ein dreischichtiges Material, wobei dann in einem einzigen Arbeitsgang in jeder dieser Schichten das Teilbild erzeugt wird. Dieses gelingt beispielsweise mit Hilfe des sogenannten Silberfarbbleichverfahrens, das auf Patente von Schweitzer, Christensen und Luther und Holleben zurückgeht und darin besteht, daß in der Schicht neben dem Bromsilber vorhandene Farbstoffe an den Silberbildstellen bei der Umwandlung des Silbers in Halogensilber zerstört werden.

Der Gasparcolor-Prozeß

Nach diesem Silberfarbbleichverfahren arbeitet der Gasparcolor-Prozeß. Das Verfahren fand hauptsächlich Anwendung für Werbefilme mit Trickzeichnungen, um die Verwendung einer sehr kostspieligen Strahlenteilungskamera zu umgehen.

Auch die Agfa brachte ein Verfahren auf der Basis des Silberfarbbleich-Prozesses unter der Bezeichnung „Panta-chrom" in den Handel, wobei sie sich originellerweise zur Aufnahme eines Bipacks bediente, der an Stelle von 3 Filmen einen Linsenrasterfilm in Kombination mit einem zweiten Film verwendete. Nach diesem Pantachrom-Verfahren wurde eine Anzahl von Werbefilmen hergestellt.

Aber sowohl der Gasparcolor-Prozeß als auch das Pantachrom-Verfahren besitzen die eingangs erwähnten Nachteile der Verwendung einer Spezialkamera und von Spezialkopiermaschinen und nur die einfache Handhabung des mehrschichtigen Kopiermaterials bedeutet unzweifelhaft einen Fortschritt, da die dreifarbigen Teilbilder in einem Arbeitsprozeß erzeugt werden können.

Die Frage der Tonwiedergabe

Nicht zuletzt war aber die Frage der Tonwiedergabe zu lösen, die möglichst sofort das leisten soll, wozu der Silbertonfilm lange Jahre der Entwicklung benötigte und wozu ihm viel Zeit zur Verfügung gestanden hat. Dabei ist zu bemerken, daß die Bedingungen für den Ton beim subtraktiven Farbenfilm ungünstig sind.

Tatsächlich gelang es schon bei der Einführung des Agfacolor-Negativ-Positiv-Verfahrens eine schon damals ziemlich befriedigende Tonwiedergabe zu gewährleisten. So liegt jetzt im Agfacolor-Farbenfilm ein Material vor mit Eigenschaften, wie sie eingangs als Programm aufgestellt wurden - er weist dieselben Vorzüge auf, wie der Schwarzweiß-Film - die Einfachheit der Behandlung und Verarbeitung - ohne dessen Fehler, die fehlende Farbe zu besitzen.

Allerdings gelang dies nicht auf Grund der naheliegenden Idee, das gleiche Material für Negativ und Kopie zu verwenden, es mußte vielmehr ein besonderes Negativmaterial und ein von diesem verschiedenes Positivmaterial geschaffen werden, die sowohl hinsichtlich der Gradation als auch bezüglich der Sensibilisierung, Farbstoffbildner usw. grundsätzlich voneinander unterschieden sind.
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Kernproblem ist und war die Empfindlichkeit

Als der Agfacolor-Film 1939 in der Filmindustrie praktisch erprobt wurde, hatte er eine Empfindlichkeit entsprechend 10/10° DIN. Man benötigte also bei Aufnahmen im Atelier eine Beleuchtungsintensität von ca. 20.000 Lux bei Blende 2.

Es ist aber gelungen, für den Farbenfilm eine wesentliche Empfindlichkeitssteigerung zu erzielen, so daß das jetzige Material eine etwa 16/10° DIN entsprechende Empfindlichkeit bei Kunstlicht besitzt und zudem mit gleich gutem Erfolg bei Nitro- und Bogen- oder Tageslicht verwendet werden kann.

Diese Steigerung der Empfindlichkeit um zwei volle Blenden ist eine beachtliche Leistung, zumal dieser Fortschritt zugleich unter einer erheblichen Verbesserung der Farbwiedergabe bei Berücksichtigung der oben geschilderten Erkenntnisse erreicht wurde, wobei noch zu bemerken ist, daß auch Fachleute ursprünglich der Meinung waren, daß mit Farbstoffkomponenten in den Schichten prinzipiell überhaupt keine brauchbare Empfindlichkeit erzielt werden könnte.

Im Jahr 1939 hat die UFA mit dem Agfacolor FIlm angefangen

Im Jahre 1939, im 100. Jahre der Photographie, begann die Ufa erstmalig mit dem neuen Agfacolor-Negativ-Positiv-Prozeß Versuche durchzuführen. Schon im gleichen Jahre konnte sie eine ganze Reihe damit hergestellter Werbefilme in den Lichtspielhäusern zeigen. Kulturfilme wurden hergestellt, ein Großfilm steht vor der Vollendung. Neue Spielfilme werden von verschiedenen Firmen in Angriff genommen.

Nach Beendigung des Krieges wird auch der Amateur mit der farbigen Papierkopie rechnen können.

  • Anmerkung : Es ist anzumerken, daß der Enthusiasmus in 1941 - den Krieg gegen die ganze Welt zu gewinnen - immer noch grenzenlos war. Es hatte aber dann nach dem April 1945 doch noch etwas gedauert, bis zumindest die Westdeutschen ihre 8mm Farbfilme "drehen" konnten.

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