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60 Jahre Berichterstattung über Film und Fernsehen
Norbert Bolewskis gesammelte Rückblicke von 1947 bis 2007

1960 - ein sonderbarer Ballon-Nachrichtensatellit

Der Blick zurück in die film- und fernsehtechnische Historie ist, sofern man das entsprechende Alter hat, sicherlich nicht frei von eigenen Erinnerungen. 1960 war für den Berichterstatter ein ganz besonders beeindruckendes Jahr.

Am 12. August schossen die Amerikaner den "Echo I", genauer gesagt, den "Echo IA" (nach dem Verlust des "Echo I" drei Monate zuvor) in den Weltraum. Es handelte sich um den ersten Ballon-Nachrichtensatelliten, der ohne weitere Bauelemente nur durch seine Aluminium-Außenhülle in der Lage war, Funksignale von einem Punkt der Erde aufzunehmen und sie auf einen anderen Punkt zurück zu reflektieren.

Er umrundete die Erde in einer stark elliptischen Höhenbahn zwischen 650 und 1.500 km
und war nachts mit bloßem Auge erkennbar. Jeder Tag hatte einen etwas unterschiedlichen Timeslot von etwa 20 bis 30 Minuten. In dieser Zeit konnte man beispielsweise Live von Deutschland oder den USA abgestrahlte Fernsehbilder über eine große Erdfunkstelle empfangen und in das deutsche Fernsehnetz verteilen.

Es war der größte fernsehtechnische Moment in meinem Leben, dass ich zum ersten Mal zu gleicher Zeit in Berlin vor dem Fernsehgerät saß und Live die Fußgänger auf dem Broadway in den USA sehen konnte.

Das Ereignis hinterließ einen tiefen Eindruck bei mir und auf das Verständnis, wie klein doch die Welt sei. Es war für den Berichterstatter ein weitaus größeres Erlebnis als die viele Jahre später erfolgte Mondlandung.

Etwas über 35mm Kameras ....

Als erster Beitrag erschien im Januarheft vom Chef der Bavaria Atelier GmbH der Aufsatz über Stand und Entwicklungstendenzen der Filmaufnahmetechnik.

Die gebräuchlichste Bildkamera war damals die Debrie Super-Parvo-Color, eine Kamera mit Lupen-Spiegelreflex- Bildkontrolle. In der Filmtransportpause sah der Kameramann über eine mit der Sektorblende verbundene Spiegelkombination das Szenenbild durch die Lupe, und zwar parallaxefrei.

  • Anmerkung : Die 35mm Fabenfilme wurden ab 1936/38 in Europa alle mit Deprie und Eclair Kameras gedreht, bis die Suchertechnik das mit dem neuen Farbfilmmaterial nicht mehr funktionierte. Dann erst zug die münchner Firma Arri mit einer geblimpten 35mm Kamera nach.


Als erheblich leichtere Atelierkamera - mit Schallschutzgehäuse etwa 62 kg — wurde gelegentlich auch die 35-mm- Arriflex verwendet. Von ausländischen Produktionsgesellschaften, die in deutschen Ateliers arbeiteten, wurde häufig die in Amerika stark verbreitete Mitchell-Kamera benutzt.

Es wurde überwiegend im Format 1:1,85 aufgenommen, das alte Normalfilmformat 1:1,31 wurde kaum noch benutzt. Für breitere "Scope"-Formate standen Anamorphot-Objektive oder -Vorsätze zur Verfügung.
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Trickfimverfahren

Einen besonderen Platz in der Bildaufnahmetechnik nahmen die Trickverfahren ein, mit deren Hilfe es möglich war, Atelieraufnahmen einer Vordergrundszene mit einem beliebigen Hintergrund zu kombinieren. Zwei Methoden waren üblich: Rückprojektion und Wandermaske. Letztere wurde immer weniger verwendet, da sich die Technik der Rückprojektion sowohl gerätemäßig als auch von der Erfahrung her durchsetzte.

 

Die Beleuchtung war sehr viel einheitlicher als früher. Vorherrschend war der Glühlicht- Stufenlindenscheinwerfer in den Größen 500 W, 2 kW bis hin zu 20 kW.

 

Arbeitsweise und technisches Rüstzeug der Tonaufnahme im Atelier waren im Wesentlichen gleich geblieben. Die Einkanal-Aufnahme wurde noch nicht durch die stereophonische Mehrkanalaufnahme verdrängt, wie man einige Jahre zuvor sogar noch glaubte. Die echte stereophonische Aufnahme — so der wörtliche Text in der FKT — fristet nur noch im Musikaufnahmeatelier ein bescheidenes Dasein, um in den vereinzelt hierzulande produzierten Scope-Filmen wenigstens in deren musikalischer Komponente die natürliche Schönheit der Stereophonie darzubieten.

 

An Wünschen wurde genannt eine Bildkamera, die wesentlich gewichtsärmer als die bisherigen Modelle ist und eine parallaxenfreie Spiegelreflexkontrolle bietet. Bisher waren diese Kameras ja mit einer schweren Schallschutzpanzerung umgeben. Ein solches Modell, wie es sich der damalige Autor wünschte, würde den grotesken Unterschied überbrücken, der hinsichtlich leichter Beweglichkeit zwischen dem Bildaufnahmegerät des Films und der elektronischen Kamera des Fernsehens klafft. Man überlegte damals bereits den Einsatz einer elektronischen Kamera bei der Filmaufnahme, war zu dem damaligen Zeitpunkt aber noch nicht in der Lage, näheres darüber zu sagen.

Wie man ein guter Cutter / Kleber wird

Das erste, das man als angehender Mitarbeiter in der "Film-Abzieherei" oder auch in der Positivabteilung des Kopierwerks lernte, war das Zusammenkleben zweier Filme. Man benutzte dazu den Zwischenraum zwischen zwei oder vier Perforationslöchern, bei belichtetem Film war auf den Bildstrich — die Trennlinie zwischen zwei Bildern — zu achten. Dieser Raum von 2 mm musste genügen, um nach dem manuellen Abschaben der photographischen Schicht und Auftragen des Klebstoffes eine haltbare Klebestelle mit überlappenden Filmenden herzustellen. Unter dem Druck der Klebepresse brauchte die Klebestelle etwa zwanzig Sekunden zum Trocknen.

 

Als Hilfsmittel standen nur einfache Geräte wie Schere, Schabemesser, Schabeplatte und Klebeplatte zur Verfügung. Und jeder, der als Lehrling im Filmkopierwerk anfing, musste mehrere Tage, manchmal wochenlang, immer wieder das Erstellen einer sauberen Klebestelle üben. Es gab zwar Versuche, diese Technik zu automatisieren. Doch richtig erfolgreich war erst der 1959 entwickelte sogenannte Geyer-Filmhobel, der sich danach noch viele Jahrzehnte großer Beliebtheit erfreute und letztendlich das manuelle Schaben ersetzte (Bild 43). Er ermöglichte das Abhobeln der Filmemulsion, sodass beide Filmenden passgerecht nur noch mit Filmleim bestrichen und in die Klebepresse eingelegt werden musste.

Die AMPEX "VR1000C" (Farbe) für europäische Verhältnisse

Der europäische Fernsehmarkt wurde in der Zwischenzeit auch für amerikanische Unternehmen interessant. Am 27. April 1960 trafen sich in Frankfurt am Main zahlreiche Vertreter europäischer Fernsehgesellschaften mit Technikern der Firmen Ampex, die in der Schweiz eine eigene Dependance unterhielt. Vorgestellt wurde das Magnetaufzeichnungsgerät "VR1000C", eine Weiterentwicklung der bereits bekannten Modelle VR1000 und VR1000D.

Bei dieser Gelegenheit wurde auch ein neues Modulationsverfahren bei der 2"-Aufzeichnung vorgestellt, das einen geradlinigen Frequenzgang bis zu 5 MHz garantierte. Dieser Frequenzgang war ursprünglich von Ampex nicht angestrebt worden, da er für amerikanische Verhältnisse und für die dortige Fernsehnorm nicht erforderlich war. Erst nach dem Bekanntwerden der europäischen Qualitätsansprüche und der Notwendigkeit einer Anpassung an die CCIR-Norm hat man dieses neue Modulationsverfahren eingeführt.

Etwas über Rotosyn und Technicolor

Besondere Beachtung im Fernsehstudio fand das unter dem Namen "Intersync " herausgebrachte Synchronisierverfahren. Mit dieser Einrichtung wurde die Magnetbandmaschine mit dem Taktgeber des Studios so verkoppelt, dass auf Band aufgezeichnete Sendungen beliebig gemischt, überblendet und eingeblendet werden konnten. Die Einrichtung gestattete auch das Überblenden zwischen Band und Band sowie zwischen Band und Live-Sendung sowie zwischen Band und Film, ohne dass ein Bildsprung auf dem Bildschirm sichtbar wurde.
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Über Jahrzehnte hatte das Technicolor- (Version 5) Verfahren (= 3 s/w Negative) in den USA – man kann schon sagen – eine monopolartige Stellung inne. Hunderte von Farbfilmen wurden im Laufe der Zeit nach diesem Verfahren hergestellt, bis sich die Aufnahme mit der Strahlenteilungskamera unter Verwendung mehrerer Filmstreifen doch als zu umständlich für die moderne Spielfilmproduktion erwies.

Im Jahre 1950 erschien auf dem amerikanischen Markt der Eastmancolor- Negativfilm, ein Dreischichten- Farbfilm mit eingelagertem ölgebundenen Farbkuppler. Der Film kam 1953 als Typ "5248" auch nach Deutschland und stellte mit einer relativ hohen Empfindlichkeit und der durch seine Farbmasken verbesserten Farbwiedergabe einen bedeutenden Fortschritt dar.

Bei der Einführung des 65mm breiten Eastmancolor-Negativfilms, den man zum Beispiel für den Film "Ben Hur" benutzte, stellte sich aber heraus, dass für die Aufnahme längerbrennweitige Objektive und damit, um eine ausreichende Schärfentiefe zu erreichen, kleinere Blenden nötig waren, was wiederum einen höheren Lichtaufwand für die Ausleuchtung erforderte. Es wurde deshalb der Ruf nach empfindlicherem Material laut.

Als Resultat dieser Bemühungen entstand der neue Eastmancolor-Negativfilm Typ 5250, der gegenüber dem bisherigen Typ 5248 die doppelte Empfindlichkeit hatte, sie betrug bei Grünlicht 50 ASA und unter Verwendung des Tageslichtfilters bei Tageslicht 32 ASA.

 

Was die Kopierwerktechnik anbelangt, so wurde im gleichen Jahr im Atlantik-Filmkopierwerk in Hamburg eine Farbfilm-Entwicklungsmaschine in Betrieb genommen, die in Entwurf und Ausführung in Deutschland bisher nicht angewendete Einzelheiten zeigte. Bei ihrer Konstruktion kam es vor allem auf hohe Stundenleistung, leichte und schnelle Umstellung auf veränderte Rezepturen und verschiedene Farbverfahren, einfache Bedienung und Sauberhaltung sowie hohe Betriebssicherheit an.

Die Maschine wurde als Tageslichtmaschine ausgeführt, und zwar in der üblichen Gliederung mit Dunkel- und Hellteil für die Nassbearbeitung und Trockenschrank (Bild 44). Um die hohe Stundenleistung zu erreichen, wurde der Hellteil für die Nassbearbeitung nicht in der sonst üblichen Tankbauweise, sondern in Schrankform ausgeführt. Damit erreicht man eine wesentlich größere Filmmenge, als ein Tank beispielsweise aufnehmen kann. Der Trockenschrank sorgte mit seinen Luftkammern für besonders intensive Trocknung des Films.

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