Sie sind hier : Startseite →  Historie und Geschichte→  Über die "Wahrheit"→  Berlin von 1945 bis 1963→  Berlin von 1945 bis 1963 Teil 6

Die Behinderung der Freizügigkeit in Ostberlin

.

1. SEPTEMBER 1960

„Das Zonenregime hat am 30. August in einer Erklärung widerrechtliche MaBnahmen anläßlich des bevorstehenden Berliner Tages der Heimat und des 6. Verbandstages der Heimkehrer, Kriegsgefangenen und Vermißtenangehörigen in Berlin angekündigt. Die Bundesregierung weist die zur Begründung angeführten verleumderischen Behauptungen aufs schärfste zurück.

Die Erklärung ist ein weiteres Beispiel für das Verhalten der Pankower Machthaber, selbst Anlässe zu schaffen, um die östliche Behauptung von der anomalen Lage Berlins zu stützen. Auch hier wieder ist es die östliche Seite, die tatsächlich eine anomale Lage schafft und damit die Situation in Berlin zu verschärfen sucht. Wie fadenscheinig der diesmal gewählte Anlaß ist, zeigt schon die Tatsache, daß es sich beim ,Tag der Heimat' bereits um die zehnte Veranstaltung dieser Art in Berlin handelt.

Auch der Verband der Heimkehrer führt jährlich einen Verbandstag abwechselnd in verschiedenen Städten durch, diesmal in Berlin.
.

weiter .....

Die sowjetzonale Erklärung ist ein Teil der seit Monaten andauernden kommunistischen Lügenkampagne gegen die Bundesrepublik, die sich zweifellos in den kommenden Monaten noch steigern wird. Diese Kampagne gipfelt in der Behauptung, die Bundesregierung bereite einen Angriffskrieg vor. Jedermann weiß, wie absurd dies ist.

Ebenso absurd ist die ständig wiederkehrende Behauptung Pankows, Berlin liege auf dem Territorium der Sowjetzone. Es ist bekannt, daß dies im Widerspruch zu den bei Kriegsende zwischen den vier Mächten abgeschlossenen Vereinbarungen steht. Die amerikanische, britische und französische Regierung haben diesen Anspruch auch auf der Genfer Außenministerkonferenz 1959 mit allem Nachdruck als unbegründet zurückgewiesen; die amerikanische Regierung hat noch im vergangenen März die einschlägigen Dokumente in der Originalfassung veröffentlicht, welche völlig klar den westlichen Standpunkt erhärten.

Was die bestehenden Rechte über die Benutzung der Luftkorridore anlangt, so hat keine Stelle, die nicht beim Abschluß der Vereinbarung beteiligt war, eine Befugnis, in diese Rechte einzugreifen; dies gilt insbesondere für die sowjetzonalen Machthaber.

Die von Pankow getroffenen Maßnahmen sind rechtswidrig, weil sie den bestehenden Vier-Mächte-Status von Berlin verletzen, insbesondere auch das New Yorker Jessup-Malik-Abkommen vom 4. Mai 1949 über die Aufhebung der Berliner Blockade sowie die Vier-Mächte-Vereinbarung vom 20. Juni 1949.

West-Berlin ist eine freiheitliche Stadt, in der sich deutsche Bürger nach dem geltenden Recht versammeln dürfen; dies gilt in gleicher Weise für die Heimatvertriebenen in Berlin wie für die Angehörigen des Verbandes der Heimkehrer."

Protesterklärung der Bundesregierung gegen die am 30. August 1960 erfolgte Einschränkung der Freizügigkeit durch das Zonenregime. - Aus: „Bulletin des Presse- und Iniormationsamtes der Bundesregierung" vom 1. September 1960.
.

3. SEPTEMBER 1960

„.. .Die drei Botschafter weisen mit allem Nachdruck den Vorwand zurück, daß die ostdeutschen Behörden berechtigt seien, Verordnungen zu erlassen, die Groß-Berlin betreffen. Berlin behält, wie bekannt, seinen Vier-Mächte-Status, der aus der bedingungslosen Kapitulation des Jahres 1945 herrührt.

Die Verordnung ist somit unzulässig wegen der falschen Bezeichnung des sowjetischen Sektors der Stadt als ,Hauptstadt' der sogenannten Deutschen Demokratischen Republik. Dieser unberechtigte Souveränitätsanspruch auf einen Teil der Stadt Berlin wird als Grundlage für die widerrechtliche Auferlegung neuer Beschränkungen hinsichtlich der Bewegungsfreiheit innerhalb der Stadt benützt.

Die ostdeutsche Einmischung in den Verkehr von und nach Berlin per Auto oder Eisenbahn ist ebenfalls rechtswidrig. Sie stellt insbesondere eine Verletzung des New Yorker Viermächteabkommens vom 4. Mai 1949 dar sowie des Pariser Beschlusses des Rates der Außenminister vom 20. Juni 1949, der die normale Abwicklung und Benutzung des Schienen-, Wasser- und Straßenverkehrs sicherstellt.

In ihrer Erklärung haben die ostdeutschen Behörden unter anderem festgestellt, daß die Luftkorridore zwischen der Bundesrepublik und Berlin einzig und allein eingerichtet worden seien, um die in West-Berlin stationierten Truppen der Westmächte zu versorgen.

Die drei Botschafter betonen, daß die Luftkorridore auf Grund einer Viermächte-Entscheidung des Alliierten Kontrollrats vom 30. November 1945 für die Flugzeuge der für die Verwaltung Deutschlands verantwortlichen Mächte eingerichtet wurden. Sie unterstehen in keiner Weise den ostzonalen Behörden.

Eine Änderung der Rechtslage hinsichtlich der Luftkorridore ist nachträglich nicht vorgenommen worden. Die drei alliierten Mächte erkennen keinerlei Beschränkungen an in der Benutzung der Berliner Luftkorridore seitens ihrer Flugzeuge."

Aus der Erklärung der Botschafter der drei Westmächte. Aus: ,,Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung" vom 7. September 1960.
.

9. SEPTEMBER 1960

„Zur Ergänzung des § 2 der Anordnung vom 21. November 1953 über die Regelung des Reiseverkehrs (GBl. I S. 1157) zwischen den beiden deutschen Staaten wird angeordnet:
.

  • § 1
  • 1. Bürger der Deutschen Bundesrepublik haben beim Betreten der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik Berlin an den vorgeschriebenen Kontrollstellen eine Genehmigung vorzulegen.
  • 2. Die Genehmigung zum Betreten der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik Berlin kann von Bürgern oder Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik, die ihren Sitz im demokratischen Berlin haben, oder von den Bürgern der Deutschen Bundesrepublik selbst beantragt werden.
  • 3. Die Anträge sind bei den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei zu stellen.
  • 4. Es ist statthaft, eine Genehmigung für mehrmaliges Betreten der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik innerhalb eines bestimmten Zeitraumes, der drei Monate nicht übersteigen darf, zu erteilen.
  • § 2
  • Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr, die in Begleitung Erwachsener reisen, sind auf der Genehmigung der Begleitperson aufzuführen.
  • § 3
  • Diese Anordnung tritt am 9. September 1960 um 00.00 Uhr in Kraft."

.
Aus der "Anordnung zur Ergänzung der Anordnung über die Regelung des Reiseverkehrs zwischen den beiden deutschen Staaten." - Aus: „Neues Deutschland" vom 9. September 1960.
.

Die weitere Entwicklung

.

22. SEPTEMBER 1960

„Ich habe es ausdrücklich vermieden, in dieser Ansprache mehrere brennende Probleme zu erwähnen, die die Vereinigten Staaten und andere Länder beunruhigen. Wenn ich dies nicht getan habe, so bedeutet dies keinesfalls, daß diese für die Vereinigten Staaten und die gesamte internationale Völkergemeinschaft nicht eine große Sorge darstellten.
Zum Beispiel beunruhigen uns die sich häufenden Anzeichen drohender Eingriffe in die Freiheit der Bevölkerung West-Berlins weiterhin zutiefst."
Aus der Rede Präsident Eisenhowers vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen. Aus: „Die Welt" vom 7. Oktober 1960.
.

29. SEPTEMBER 1960

„Es gibt große Probleme in der Zukunft Deutschlands. Da ist beispielsweise die delikate und schwierige Frage Berlin. Aber diese Probleme sollten nicht dadurch gelöst werden, daß man die internationalen Abkommen über den Haufen rennt und für null und nichtig erklärt, sondern durch Geduld und durch ehrliche Anstrengungen, durch Verhandlungen ein Abkommen zu finden.-
Aus der Rede des britischen Premierministers MacMillan vor der 15. Vollversammlung der Vereinten Nationen. Aus: „Archiv der Gegenwart" XXX. Jg. i960, S. 8663.
.

Die Verschärfung der Berlin-Krise im Sommer 1961

.

7. JUNI 1961

„Am ernüchterndsten waren unsere Gespräche über das Thema Deutschland und Berlin. Ich machte Mr. Chruschtschow klar, daß die Sicherheit Westeuropas und damit unsere eigene Sicherheit eng mit unserer Anwesenheit in Berlin und unseren Zugangsrechten nach Berlin verbunden seien, daß diese Rechte auf Gesetz und nicht auf Duldung beruhten und daß wir entschlossen seien, an diesen Rechten auf jedes Risiko hin festzuhalten und damit unserer Verpflichtung gegenüber der Bevölkerung Westberlins und ihrem Recht auf die Wahl der eigenen Zukunft nachzuleben.

Mr. Chruschtschow legte seinerseits die eigenen Ansichten im einzelnen dar, und seine Darlegung wird Gegenstand weiterer Erörterungen sein: aber wir beabsichtigen nicht, die gegenwärtige Lage zu ändern. Ein bindender deutscher Friedensvertrag ist eine Angelegenheit, die alle angeht, welche gegen Deutschland Krieg führten, und wir, wie auch unsere Verbündeten, können unseren Verpflichtungen gegenüber der Bevölkerung Westberlins nicht untreu werden."

Aus der Ansprache des Präsidenten Kennedy im amerikanischen Rundfunk und Fernsehen nach seinem Treffen mit Chruschtschow in Wien vom 7. Juni 1961. Aus: „Neue Zürcher Zeitung" vom 8. Juni 1961.
.

10. JUNI 1961

„Die Sowjetregierung sieht heute keine bessere Lösung der Westberlin-Frage als seine Umwandlung in eine entmilitarisierte Freie Stadt. Die Verwirklichung des Vorschlages über eine Freie Stadt würde die Lage in Westberlin unter entsprechender Berücksichtigung der Interessen aller Seiten normalisieren. Das bis heute dort bestehende Besatzungsregime ist bereits überlebt. Es hat jede Verbindung mit den Zielen verloren, um deretwillen es geschaffen wurde, und mit den Alliierten-Abkommen über Deutschland, auf deren Grundlage es existierte.

Die Besatzungsrechte erlöschen natürlich mit dem Abschluß eines Friedensvertrages, sei er mit beiden deutschen Staaten oder nur mit der DDR unterzeichnet, innerhalb deren Territorium Westberlin liegt.

Die UdSSR schlägt vor, die zuverlässigsten Garantien gegen die Einmischung in die Angelegenheiten der Freien Stadt seitens irgendeines Staates zu schaffen. Als Garant der Freien Stadt könnten in Westberlin symbolische Kontingente von Truppen
der USA, Großbritanniens, Frankreichs und der Sowjetunion stationiert werden. Seitens der UdSSR würden auch keine Einwände gegen die Stationierung von Kontingenten der Truppen neutraler Länder unter der Sdiirmherrsdiaft der UNO in Westberlin zu gleichen Zwecken erhoben werden.

Damit eine Friedensregelung nicht weiter hinausgezögert wird, ist es notwendig, einen Termin festzulegen, binnen dessen die Deutschen nach Möglichkeiten zu Übereinkommen in Fragen ihrer inneren Kompetenz suchen müssen. Die Sowjetregierung hält für solche Verhandlungen eine Frist von nicht mehr als sechs Monaten für genügend."

Aus dem Memorandum zur Deutschland- und Berlin-Frage, das Chruschtschow Kennedy beim Treuen der beiden Regierungschefs in Wien überreichte. Nach: „Der Tagesspiegel" vom 13. Juni 1961.
.

15. JUNI 1961

„Der Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland darf nicht länger verschoben werden. Die friedliche Regelung in Europa muß in diesem Jahr erreicht werden. ... Ein Friedensvertrag würde alle notwendigen Voraussetzungen zur Sicherung der Freiheit einer Freien Stadt Westberlin und zu unbehinderten Verbindungen mit der Außenwelt herbeiführen. Selbstverständlich müßte man sich bei der Lösung der Frage des Zugangs nach Westberlin an die allgemein üblichen internationalen Normen halten, d. h. das Gebiet des Landes, durch welches die Zugangswege verlaufen, nur mit dem Einverständnis seiner Regierung benutzen. ...
Verlaufen doch die Landwege nach Westberlin durch ihr Gebiet, die Wasserwege ebenfalls durch ihr Gebiet, die Luftwege wiederum durch ihr Gebiet. Darum werden die Länder, welche mit Westberlin Verbindung aufrechterhalten möchten, nach dem Abschluß eines Friedensvertrages mit der Regierung der DDR über die Regeln des Zuganges nach Westberlin und über die Verbindungen dieser Stadt übereinkommen müssen."
Auszug aus einer Rede des Vorsitzenden des Ministerrats der UdSSR und ersten Sekretärs des ZK der KPdSU, Nikita Chruschtschow, vom 15. Juni 1961 im sowjetischen Fernsehen. Aus: „Neues Deutschland" vom 16. Juni 1961.
.

12. JULI 1961

„Folgende fünf Punkte bilden weiterhin die Grundlage der deutschen Berlin-Politik:
.

  • 1. Die Anwesenheit der Westmächte in Berlin beruht auf unveränderter Rechtsposition.
  • 2. Die Eingliederung Berlins in das Rechts-, Finanz- und Wirtschaftssystem der Bundesrepublik ist ein Grundpfeiler für die freiheitliche Existenz der Stadt.
  • 3. Der freie Zugang von und nach Berlin darf nicht eingeschränkt werden.
  • 4. Jede Vereinbarung über Berlin darf den eindeutigen Willen der Berliner Bevölkerung nicht unberücksichtigt lassen.
  • 5. Berlin muß weiterhin Begegnungsstätte aller Deutschen bleiben."

.
Aus dem Kommunique* nach der Senatssitzung mit Bundeskanzler Dr. Adenauer vom 12. Juli 1961 in Berlin. Aus: „Die Morgenpost" vom 13. Juli 1961.
.

13. JULI 1961

„Die Bundesregierung vertraut nach wie vor auf die Entschlossenheit der Westmächte, die Verbindungswege nach Berlin mit letzter Konsequenz freizuhalten.
In Berlin haben die drei früheren Besatzungsmächte eigene Rechte, und es handelt sich darum, daß diese Rechte gegenüber der Sowjetunion vertreten werden."
Bundeskanzler Adenauer auf einer Pressekonferenz im Berliner Bundeshaus am 13. Juli 1961. Nach: „Die Welt" vom 14. Juli 1961.

26. JULI 1961

„In Berlin will Chruschtschow durch einen Federstrich erstens unsere legalen Rechte, dort zu sein, und zweitens unsere Fähigkeit, den Verpflichtungen gegenüber zwei Millionen Westberlinern nachzukommen, aufheben. Das können wir nicht zulassen.

Wir sind dort auf Grund unseres Sieges über Nazi-Deutschland, und unsere aus diesem Sieg abgeleiteten grundsätzlichen Rechte schließen unsere Anwesenheit in Westberlin und den Zugang nach dorthin durch Ostdeutschland ein. Diese Rechte sind wiederholt in besonderen Abkommen mit der Sowjetunion bestätigt und anerkannt worden.

Berlin ist kein Teil Ostdeutschlands, sondern ein separates Territorium unter der Kontrolle der Alliierten Mächte. Daher sind unsere Rechte dort klar und tief verwurzelt. Zu diesen Rechten hinzu kommt unsere Verpflichtung, für mehr als zwei Millionen Menschen die Gelegenheit zur Selbstbestimmung über ihre Zukunft und ihre Lebensführung aufrechtzuerhalten - und wenn es sein muß - zu verteidigen.

Daher kann unsere Anwesenheit in Westberlin, und unser Zugang dahin, nicht durch irgendeine Maßnahme der sowjetischen Regierung beendet werden. Der Schild der NATO ist bereits seit langem auch auf den Schutz von Westberlin ausgedehnt worden, und wir haben unser Wort gegeben, daß ein Angriff auf diese Stadt als ein Angriff auf uns alle betrachtet werden wird.
.

- Werbung Dezent -
Zur Startseite - © 2006 / 2024 - Deutsches Fernsehmuseum Filzbaden - Copyright by Dipl. Ing. Gert Redlich - DSGVO - Privatsphäre - Redaktions-Telefon - zum Flohmarkt
Bitte einfach nur lächeln: Diese Seiten sind garantiert RDE / IPW zertifiziert und für Leser von 5 bis 108 Jahren freigegeben - kostenlos natürlich.