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Das Fernsehen in Deutschland bis zum Jahre 1945
(03) Die Vorgeschichte Teil 2 - "Über den Quantensprung"

29. Dezember 1923 - Victor K. Zworykin - Das "Iconoscope"

Am 29. Dezember 1923 meldete Victor K. Zworykin (Bild 14) in den Vereinigten Staaten unter der Nummer 683 337 ein Patent [133] auf ein rein elektronisches Fernseh-System an.

Zworykin hatte als Schüler B. Rosings um 1910 in dessen Privatlaboratorium in der Petersburger Artillerieschule an der Verwendung der Braunschen Röhre als Bildschreiber gearbeitet. Man war zwar dort auf Grund eingehender Berechnungen der Überzeugung, daß die Lösung des Fernseh-Problems nicht in mechanischen, sondern in rein elektronischen Bildrasterverfahren liege; es blieb jedoch damals bei solchen spekulativen Überlegungen ohne daß deren Richtigkeit experimentell hätte nachgeprüft werden können.

Etwas mehr über Victor Zworykin . . .

1917 arbeitete Zworykin bei der Russischen Marconi-Gesellschaft in Petersburg, später in Moskau, wo er mit dem Aufbau eines Laboratoriums für elektronisches Fernsehen begann. Der Ausbruch der Russischen Revolution und Zworykins Auswanderung in die Vereinigten Staaten im Jahre 1918 verhinderten jedoch zunächst weitere experimentelle Arbeiten.

Erst nachdem er Mitglied des Forschungslaboratoriums der Westinghouse Electric und Manufacturing Co. in East Pittsburgh geworden war, konnte Zworykin 1923 systematisch auf dem Gebiete des elektronischen Fernsehens weiterarbeiten und seine Erfindungsgedanken in der erwähnten Anmeldung niederlegen.
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Es ist müßig zu untersuchen, ob Zworykin jemals Kenntnis von dem noch sehr unklaren Vorschlag Campbell Swintons aus dem Jahre 1912 erhalten hat. Sehr wahrscheinlich ist dies im Hinblick auf die verhältnismäßig unbekannte Zeitschrift, in der Swinton seine Idee veröffentlicht hatte, und auf den großen räumlichen und zeitlichen Abstand beider Erfindungen nicht. Auf alle Fälle ist es das unbestreitbare Verdienst V. A. Zworykins, daß er den Gedanken des elektronischen Bildabtasters, den er später als „Iconoscope" bezeichnete, nicht nur als erster praktisch verwirklicht hat, sondern daß er diese Erfindung auch in beinahe 40 Jahren von der spekulativen Idee bis zur industriellen Serien-Fertigung verfolgt hat.
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1923 - die Kreuz-Marke

Zworykins erstes Bildabtastrohr (Bild 15) besaß eine dünne Aluminium-Signalplatte (Lenard-Fenster), auf die - durch eine Aluminium-Oxydhaut isoliert - ein Mosaik von Elementar-Photokathoden aufgebracht war. Als Absaugelektrode diente ein positiv vorgespanntes Gitter, durch welches das fernzusehende optische Bild auf die Photoschicht projiziert wurde.

Der Kathodenstrahl tastete die Signalplatte von der entgegengesetzten Seite ab und stellte dabei eine leitende Verbindung zwischen der Signalplatte und den einzelnen Photokathoden her, indem er die Oxydschicht durchdrang. Mit einer solchen, noch vor der Anmeldung gefertigten geradsichtigen Abtaströhre (Bild 16) konnte Zworykin Ende 1923 eine Kreuz-Marke übertragen und auf einer Braunschen Röhre, die er „Kineskop" (= Cinescope) nannte, sichtbar machen [134].

1931

Da die Herstellung der geradsichtigen Mosaikplatte offenbar fabrikatorische Schwierigkeiten bereitete, ging Zworykin um 1930 vorübergehend wieder zur Bildabtastung mit oszillierenden Spiegeln über [135]. 1931 tastete er die Signalplatte zum ersten Male in der heute üblichen Weise von der Bildseite her ab.

1933 gab der Erfinder die Empfindlichkeit seiner Iconoscope-Röhre als „etwa gleich der eines photographischen Films, belichtet bei der Geschwindigkeit der Kamera mit demselben optischen System" [136], die erreichbare Auflösung mit 500 und mehr Zeilen an.

1934

Im Jahre 1934 begann bei der RCA, der Radio Corporation of America, der Zworykin seit 1929 angehörte, die Serienfertigung der Iconoscope- Bildabtaströhren.

1923 - A. Karolus

1923 hatte A. Karolus an der Universität Leipzig mit systematischen Untersuchungen über die Verstärkung von Photozellenströmen und über die praktische Durchführbarkeit einer Lichtsteuerung mittels des bereits von Nipkow als Lichtrelais vorgeschlagenen Faraday-Effekts und des von Sutton für den gleichen Zweck empfohlenen Kerr-Effekts [137] begonnen. „Es ist das Verdienst von A. Karolus, daß er diesen fast in Vergessenheit geratenen Kerr-Effekt 1923 zum Bau eines Lichtsteuerorgans benutzte und nachwies, daß die Kerrzelle bei Frequenzen von mehr als 107 Hz noch trägheitslos arbeitet."

1924 - Karolus

Die von Karolus im Herbst 1924 für prinzipielle Fernseh-Versuche gebaute Einrichtung enthielt einen Diapositiv-Geber mit Nipkow-Scheibe und einen aus Kohlebogenlampe, Kerrzelle und Nipkow-Scheibe bestehenden Bildschreiber. Die beiden Spirallochscheiben wurden bei diesen Voruntersuchungen noch durch eine gemeinsame Welle (Bild 17) angetrieben" [138]. Der Vorführung der ersten Fernsehbilder von 48 Zeilen bei zehn Bildwechseln/s wohnten H. Bredow und führende Vertreter der deutschen Fernmelde-Industrie bei.

1924 - Bredow

Bredow hatte bereits am 14. Juni 1924 bei der Eröffnung des Rundfunksenders Königsberg/Preußen erklärt: „Wenn bislang das Ohr der Vermittler ist, so wird es die Technik in kurzer Zeit dahin gebracht haben, daß auch das gedruckte Wort auf diesem Wege übermittelt werden kann. In absehbarer Zeit werden wir auch die Bewegungen der Darsteller als Bilder auf beliebige Entfernungen übertragen können. Die Möglichkeit, seine eigene Zeitung und seinen Kinematographen im Hause haben zu können, ist für die Weiterentwicklung der Menschheit von geradezu ungeheurem Wert" [139].

1925

1925 tastete Karolus das fernzusehende Objekt nach einem 1910 von A. Ekström [140] angegebenen Verfahren durch einen von einer Nipkowscheibe gelieferten wandernden Lichtpunkt ab, wobei zur Registrierung der schwachen, vom Objekt reflektierten Helligkeitswerte verbesserte, in Verbindung mit O. Preßler entwickelte Alkali-Zellen dienten. Von 1924 bis 1945 arbeitete A. Karolus als Berater der Telefunken GmbH, weiter an der Entwicklung des Fernsehens. Am 14. Mai 1925 konnte er seine Apparatur Vertretern der Radio Corporation of America und der General Electric Company vorführen.

1926/27

1926/27 schuf Karolus eine Fernseh-Einrichtung mit zwei Weillerschen Spiegelrädern für 48 Zeilen bei 12,5 Bildwechseln/s. Sie diente zur Abtastung von Diapositiven, Filmen und Personen und lieferte ein Bild von 30 X 40 cm. Der Synchronismus zwischen Bildgeber und Bildschreiber wurde durch Gleichstrommotoren in Verbindung mit Wechselstrom - Synchronhaltemotoren aufrechterhalten. Eine ähnliche Apparatur wird heute noch im Deutschen Museum in München vorgeführt [141].

1925 - M. Dieckmann

1925 benutzte M. Dieckmann [142] bei einer neuen Fernseh-Apparatur zur Bildzerlegung auf der Geberseite - ähnlich wie Mihäly - einen mit Zeilen- und Rasterfrequenz um zwei zueinander senkrechte Achsen schwingenden Oszillographenspiegel. Das zu übermittelnde Bild wurde durch einen Hohlspiegel auf den Oszillographenspiegel geworfen und von diesem als Ganzes - ähnlich wie bei Rosing - über eine Blende bewegt, deren Öffnung die Größe eines Bildelements besaß. Zur Umwandlung der Bildpunkt-Helligkeitswerte in Stromwerte diente eine Photozelle nach J. Elster und H. Geitel, die einen Kurzwellensender von 150m Wellenlänge modulierte.

Als Bildschreiber benutzte Dieckmann wieder - wie bei seinem ersten Fernsehmodell - die Braunsche Röhre, deren Kathodenstrahl bei Dunkelwerten des Bildes durch kapazitive Ablenkung transversal gesteuert wurde. Zur Synchronisierung des Bildschreibers mit dem Geber diente auf der Sendeseite ein zweiter Kurzwellensender, der dieselbe Antenne speiste wie der Bildsender und der sowohl mit der Zeilenfrequenz 500 Hz wie mit der Bildfrequenz von 10Hz moduliert wurde.

Die auf der Empfangsseite durch Demodulation dieser Synchronisierwelle gewonnenen Zeilen- und Bildablenkungsströme führten durch zwei Spulenpaare den Kathodenstrahl der Braunschen Röhre rasterförmig über den Bildschirm.

Mit dieser Einrichtung, die auf der Münchener Verkehrsausstellung 1925 erstmalig öffentlich vorgeführt wurde [143], gelang es Dieckmann, einfache bewegte Schattenbilder zu übertragen. (Die von N. Langer, einem Mitarbeiter Mihälys, 1922 erwähnte Möglichkeit, zum Zwecke des Fernsehens sich bewegender Bilder einfach Zwischenklischees in Form kinematographischer Aufnahmen abzutasten, war damals offenbar noch nicht allgemein bekannt [144].)

Dieckmann selbst betonte, „daß die allenthalben in der Presse auftauchenden Nachrichten über Fernsehen den Ereignissen noch vorauseilen, da auf diesem Gebiete noch viele Einzelheiten ungelöst sind ...."

  • „Eine praktische Bedeutung" werde der Dieckmannsehe Fernseher „schon wegen des großen Materialbedarfs in Zukunft nicht haben", meinte ein zeitgenössischer Autor. „Trotzdem es schon einige Fernseher ... gibt, und trotzdem es mit diesem System schon gelungen ist, einfache geometrische Figuren in der für das Fernsehen erforderlichen Zeit von einer Zehntel Sekunde zu übertragen, hat das elektrische Fernsehen doch noch nicht aufgehört, ein Problem zu sein" [145].

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1925 - M. Dieckmann und R. Hell

Am 5. April 1925 erhielten M. Dieckmann und R. Hell das DRP 450187 auf die erste „Lichtelektrische Bildzerlegerröhre für Fernseher", „bei welcher auf einer lichtelektrischen Schicht das zu übertragende Bild entworfen wird, dadurch gekennzeichnet, daß das von der lichtelektrischen Schicht ausgehende Kathodenstrahlenbündel, welches in seinen Querschnittsintensitäten den Helligkeitswerten der Bildfläche entspricht, durch zwei zueinander senkrecht angeordnete elektrische oder magnetische Wechselfelder geeigneter Periodenzahl periodisch so abgelenkt wird, daß zeitlich nach und nach alle Querschnittsteile des Bündels die Anode treffen".

Mit einer von R. Hell hergestellten Musterröhre ließ sich zwar der Effekt grundsätzlich nachweisen; leider waren aber damals die Mittel der Elektronenoptik nur in den Grundzügen bekannt, so daß die erwünschte scharfe Abbildung des Kathodenbildes auf der Anode praktisch nicht erzielt werden konnte [148].

1925 - F. Aigner

Es schien, als ob F. Aigner Recht behalten sollte, als er 1925 die Frage, ob nach dem damaligen Stand von Wissenschaft und Technik die Konstruktion eines elektrischen Fernsehers überhaupt durchführbar sei, dahingehend beantwortete, „daß die Konstruktion eines elektrischen Fernsehers nach dem Prinzip der Zerlegung der Teilbilder in Bildpunkte in allen drei dabei möglichen Varianten nicht bloß auf enorme technische Schwierigkeiten stößt, sondern auch die Lösung von Problemen fordert, die mit den heute verfügbaren Mitteln überhaupt nicht gelöst werden können. Es ist daher gegenwärtig vollkommen aussichtslos, nach dem Prinzip des Bildabtastverfahrens einen elektrischen Fernseher zu realisieren, der imstande wäre, die ihm eingangs gestellten sehr bescheidenen Ansprüche zu befriedigen" [149].

Ende 1926 - die Deutsche Reichsport steigt ein

Trotzdem begann die Deutsche Reichspost (DRP) Ende 1926 - nicht, wie im Schrifttum [150] angegeben wird, erst 1928 - die Entwicklung des Fernsehens aktiv zu verfolgen. Ob die Anregung hierzu auf Grund der vorliegenden Mihälyschen und Karolusschen Arbeiten vom Reichspostministerium (RPM) ausging oder ob der spätere Präsident des "Telegraphentechnischen Reichsamtes" (TRA), A. Kruckow, diese „Entwicklung auf eigene Verantwortung und Gefahr in Gang" setzte, obwohl das RPM „jede Entwicklungstätigkeit auf dem Gebiet des scheinbar unrentablen Fernsehens scharf ablehnte" [150], läßt sich heute nicht mehr feststellen.

Gegen die letzte Auffassung spricht die Tatsache, daß in dem von Kruckow 1929 herausgegebenen Erinnerungsbuch „Das Reichspostzentralamt" die ersten fernsehtechnischen Arbeiten der Deutschen Reichspost (DRP) mit keinem Worte erwähnt werden. Fest steht nur, daß der damalige Leiter des Referats für drahtlose Telegraphie und Sonderaufgaben (IV G) beim TRA, Dr. F. Banneitz, Ende 1926 zuständigkeitshalber den Auftrag erhielt, sich in Zukunft auch „mit Fernsehen zu beschäftigen" [151], um „über den Entwicklungsstand auf dem laufenden zu bleiben und durch Anregungen und regelmäßige Übertragungen den Fortschritt zu fördern" [152].

Banneitz erschien für diese Aufgabe besonders geeignet, weil zu den in seinem Referat bearbeiteten funktechnischen Sonderaufgaben u. a. Zugfunk-Anlagen, See-Notrufgeräte und Apparate für Schnell- und Bildtelegraphie gehörten.

1926/27 - erste Versuche der DRP

Das TRA führte 1926/27 systematische Vorversuche über Gleichlauf-Regelung mit phonischen (La Courschen) Rädern und stroboskopischen Scheiben durch, wie sie u. a. auch zur Überwachung, der Drehzahl-Konstanz [154] von Maschinensendern und dergleichen benutzt wurden.

Mit Lochscheiben verschiedener Teilungen gelang es Banneitz damals, die Entstehung von Seitenfrequenzen bei der Modulation einer Trägerwelle optisch zu demonstrieren. Angeblich wollte er solche stroboskopischen Scheiben auch zur Rasterung eines Bildes an Stelle der Nipkowchsen Scheibe verwenden. Wie dies im einzelnen vor sich gehen sollte, daran kann sich heute keiner seiner damaligen Mitarbeiter mehr erinnern. Offenbar führten jedoch die Versuche zu keinem Erfolg.

Daneben lief eine Entwicklung, zwei Gleichstrom-Motoren dadurch zu synchronisieren, daß sie mit je einem Sonder-Kollektor versehen wurden, der die zur Feldregelung dienenden Gleichlauf-Impulse lieferte. Andere zu jener Zeit im Referat IVG des TRA durchgeführte Arbeiten standen nur in einem sehr losen Zusammenhang mit dem Fernseh-Problem, so beispielsweise die photoelektrische, magnetische oder elektrische Anregung einer Glimmentladung (E. Roessler).

1925 - John L. Baird

In England hatte John L. Baird im April 1925 „rohe (crude)" Bilder im Kurzschluß-Verfahren mit einer Apparatur vorgeführt, die als Bildabtaster und -Schreiber offenbar zwei gegenläufige Schlitzscheiben nach Majorana enthielt [115].

Im Januar 1926 zeigte Baird bereits ein 1,5 X 2 Zoll großes Halbton-Bild eines stark beleuchteten Gesichts mit einem Raster von 30 Zeilen bei fünf Bildwechseln/s. Als Bildgeber und -Schreiber dienten Nipkowsche Linsen-Scheiben. Die von der gasgefüllten Photozelle gelieferten Bildströme modulierten eine Trägerfrequenz, weil diese sich leichter verstärken ließ als die Bildsignalfrequenz. Als steuerbare Lichtquelle benutzte Baird eine Neon-Glimmlampe. Das Bild war von „einer trüben rosa Farbe. Es war eben möglich, einzelne Gesichter zu erkennen".

Im Mai 1927 übertrug der Erfinder ein grob gerastertes Bild über eine Fernsprechleitung von Glasgow nach London, im Februar 1928 von London nach New York und zum Dampfer „Berengaria" auf dem Atlantik. Primitive Versuche mit farbigen und stereoskopischen Fernsehbildern führte Baird bereits im August 1928 vor [156], [157], [158].

1925 - C. F. Jenkins

In den Vereinigten Staaten hatte C. F. Jenkins im Juni 1925 Fernseh-Schattenbilder einer Modell-Windmühle gezeigt. Zur Bildrasterung benutzte er anfangs zwei mit verschiedener Winkelgeschwindigkeit rotierende gläserne Ringprismen, später auch Nipkowscheiben. Da er beim Bildabtaster mit einer Selenzelle arbeitete, konnte er nur durchleuchtete Filmbilder brauchbar übertragen. Als Lichtrelais diente eine Kerrzelle. 1928 führte er versuchsweise drahtlos übermittelte Film-Fernsehbilder vor [159].

Auf der Wiedergabeseite arbeitete Jenkins 1929 mit einer Mehrfach- Spirallochtrommel für 48 Zeilen, die bei kleineren Abmessungen größere Bildformate lieferte als die Lochscheibe. Er bediente sich dabei einer elektrischen Grobzerlegung durch mehrere zyklisch nacheinander eingeschaltete Glimmkathoden einer Neon-Röhre [160], deren Licht - wie bei Saint Renee - durch Quarzstäbe verlustfrei zu den Löchern der Trommel geleitet wurde [161].

1927 - H. E. Ives

Im April 1927 konnten H. E. Ives und Mitarbeiter vom Bell-Laboratorium der American Telegraph und Telephone Company (RCA) zum ersten Male für den damaligen Staatssekretär und späteren Präsidenten Hoover eine Fernseh-Sprechverbindung zwischen Washington und New-York über eine 330km lange Freileitung herstellen. Auf der Geberseite tastete der wandernde Lichtpunkt einer Nipkowscheibe in Verbindung mit drei Photozellen das Objekt ab.

Auf der Wiedergabeseite konnten die mit 2.500 Bildpunkten bei 17,7 Bildwechseln/s übertragenen 50-zeiligen Bilder entweder subjektiv in einer Größe von 5cm x 7,5cm durch Nipkow-Scheibe und Glimmlampe oder objektiv durch eine Glimmstreckentafel von 60 x 91cm sichtbar gemacht werden. Die Bildströme wurden hierbei den zu den Bildpunkten kongruent liegenden Außenelektroden einer mäanderförmig gewundenen Glimmröhre durch einen mit der Geberseite synchron und konphas laufenden Kommutator mit 2.500 Kontakten (!) zugeführt. Zur Synchronisierung dienten zwei getrennt übertragene Frequenzen von 17,7 und 2.125 Hz.

„Hinsichtlich der Bildhelligkeit war die sehr lichtschwache Glimmzellentafel ... keine besonders entwicklungsfähige Lösung. Die unzureichende Helligkeit des Empfangsbildes wäre bei gegenseitigem Fernsehsprechverkehr sofort empfunden worden; bei der ersten Vorführung des Bell-Laboratoriums im Jahre 1927 erfolgte jedoch die Bildübertragung nur in einer Richtung, so daß der bestehende Mangel den Technikern damals noch nicht bewußt werden konnte."

1927 - RCA überträgt über 40km drahtlos

Mit dem gleichen Personenabtaster übertrug die RCA 1927 das Bild einer Sängerin drahtlos von Whippany (New Jersey) auf Welle 200 Meter über etwa 40km nach New York, wobei übrigens, wie Ives ausdrücklich betonte, nur die Wechselstrom-Komponente des Bildinhalts übertragen wurde [162].

Dieser „kostspielige Versuch mit einer Zellentafel", der nach der Meinung F. W. Winckels „absolut keine praktische Bedeutung" hatte [163], war immerhin geeignet, die vorgefaßte Meinung einzelner Fachleute über das Fernsehen zu erschüttern.

1926 - A. Korn

Noch 1926 hatte A. Korn erklärt: „Was bisher von Fernsehexperimenten gezeigt worden ist, bezog sich immer nur auf Bilder, welche aus einer verhältnismäßig geringen Zahl von Bildelementen bestanden. Solche Experimente sind zwar oft frappierend und sicherlich instruktiv, sollten aber nicht einer leichtfertigen Unterschätzung der Schwierigkeiten des Problems des praktischen Fernsehens als Stütze dienen. Das elektrische Fernsehen ist daher so lange nicht wirtschaftlich möglich, als es nicht gelingt, Sende- und Empfangsapparaturen für gleichzeitige Übertragung auf einer Vielheit von Wellenlängen mit erschwinglichen Kosten herzustellen und zu betreiben. Nur in dieser Richtung ist die Lösung zu suchen" [164].

1926 - G. Arco

G. Arco hatte im selben Jahr statt des Fernsehens eine Gleichtakt- Fernsteuerung von Filmprojektoren durch einen im Rundfunk-Studio ablaufenden „Tempo-Leitfilm" zur lebendigen optischen Illustration des Hörrundfunks vorgeschlagen: Es sollte dadurch allerdings „keinesfalls etwa der sprechende Film in neuer Weise verwirklicht werden", auf dessen „mangelhafte psychologische und aesthetische Begründung" von berufenen Kritikern hingewiesen worden war, sondern es sollten Lehr- oder Kulturfilme durch Rundfunkvorträge erläutert werden. Mutter- und Tochterprojektoren sollten bei diesem „Gleichlauf-Kino" durch Gleichstrom-Motoren angetrieben und durch Tonräder, die von thermostatisch kontrollierten Stimmgabel-Generatoren (Karlographen) gesteuert wurden, im Synchronlauf gehalten wurden.

Praktische Versuche mit diesem Verfahren fanden sowohl auf der 5. Großen Deutschen Funkausstellung als auch zwischen dem Voxhaus und einem Berliner Hörsaal statt [166].

1928 - Schröter

Allerdings stellte Schröter 1928 mit Recht fest: „Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß das Gleichlaufkino nicht einen Endpunkt der Entwicklung auf dem hier betrachteten Gebiet des Zusammenwirkens von Rundfunk und Bild darstellt. Das letzte Ziel bleibt die Übertragung des lebenden Bildes durch den Sender, also das Fernsehen, gleichviel ob von wirklichen oder von kinematographisch aufgenommenen Szenen (Fernkino)" [165].

1928 - Mihäly

Im Februar 1925 traf D. v. Mihäly, der 1924 von Budapest nach Berlin übergesiedelt war, mit F. Banneitz zusammen. Einige Monate später begann eine enge Zusammenarbeit zwischen der Reichspost und dem Erfinder, dessen Mitarbeiter oft noch nach Dienstschluß gemeinsam mit den Angehörigen des Banneitzschen Referats im Laboratorium des TRA arbeiteten.

Im Februar 1928 führte Mihäly - damals beratender Ingenieur der AEG - die erste Übertragung eines Diapositiv - Bildes von seinem Laboratorium in der Hildegardstraße zum TRA über eine von der Reichspost zur Verfügung gestellte Fernsprechleitung durch. Er benutzte dabei als Bildzerleger an Stelle seines früher verwendeten Schwingspiegels die billigere Spiral-Lochscheibe, die einen Raster von 30 Zeilen bei zehn Bildwechseln/s lieferte. Als modulierbare Lichtquelle diente eine Flächenglimmlampe (Osram). Zur Synchronisierung der Apparate verwandte Mihäly wieder phonische Räder in Verbindung mit Stimmgabel-Unterbrechern, deren Gleichlauf-Impulse über eine zweite Fernsprech-Leitung übertragen und auf der Wiedergabeseite nach einem Vorschlag von E.Perchermeier durch Telegraphen-Flügelankerrelais verstärkt wurden [168].

1928 - erste Fernseh-Bildübertragung

Im Mai 1928 stellte die Reichspost Mihäly für eine Vorführung seines Systems vor geladenen Gästen zwei Fernsprechleitungen zur Fernseh-Bildübertragung zwischen seinem Laboratorium und einem Privathaus in der Hardenbergstraße zur Verfügung (Entfernung etwa 2,5km).

Ihre Teilnahme an der „ersten wirklichen Demonstration des elektrischen Fernsehens" am 11. Mai 1928 mit einem von Mihäly in Deutschland gefertigten Apparat bestätigten durch ihre Unterschrift (Bild 18 und 18a) rund 50 Personen, darunter der kritische Verfasser eines Buches über „Elektrisches Fernsehen", Dr. W. Friedel, Regierungsrat im Reichspatentamt, und Dr. A. Neuburger, der über die Vorführung schrieb:
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  • „ ... Vorerst erscheint die Scheibe von rötlichem, flimmernden Licht erfüllt. Dann werden nacheinander verschiedene Gegenstände in den Sender gehalten: Buchstaben, die auf Glasscheiben aufgezeichnet sind, Zeichnungen verschiedener Art, darunter Porträts, gleichfalls auf Glasscheiben, feste Gegenstände, eine Zange, die sich öffnet und schließt, eine Brille usw. Sofort erscheinen auf der Mattscheibe des Empfängers diese Gegenstände. Sie sind klar und deutlich zu erkennen. Jede Bewegung der Hand, das Umdrehen der Buchstaben, das Hin- und Herbewegen, Öffnen und Schließen, alles erscheint sofort und in überraschender Deutlichkeit. Bei der Brille besonders bemerkenswert die Zwischentöne und die Lichter im Glasrand. So ergibt sich auf der Mattscheibe Bild um Bild. Es kann kein Zweifel mehr sein, daß die Frage des Fernsehens ihre Lösung gefunden hat. . Es werden noch mancherlei Fragen zu bearbeiten und zu lösen sein, ehe wir das Fernsehen in unserem Hause genießen können: Die Frage des Abtastens größerer Flächen, das Abtasten im auffallenden Licht usw. Aber ein bemerkenswerter Erfolg ist erzielt, eine Grundlage ist gegeben, auf der sich weiter bauen läßt" [169].

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