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Das Fernsehen in Deutschland bis zum Jahre 1945
(16) Der Fernseh-Drahtfunk

Im Jahre 1934 hatte die DRP auf Grund der 1933 von J. Laub und F. Kirschstein im Bezirk der Oberpostdirektion Breslau durchgeführten Vorarbeiten „in Berlin nach völlig eigenem Entwurf eine Drahtfunk-Versuchsanlage eingerichtet", um stark bevölkerte, störungsreiche Gebiete mit leitungs-gerichteten Hörrundfunkdarbietungen zu versorgen [440].

1936 - Untersuchung des Fernseh-Drahtfunks

Die gleichen Gründe, die für die Einführung dieses tonmodulierten Hochfrequenz-Drahtfunks maßgebend gewesen waren [441], veranlaßten die DRP Anfang 1936, zu untersuchen, welche Möglichkeiten sich für einen Fernseh-Drahtfunk unter Mitbenutzung des öffentlichen Fernsprechnetzes boten.

Für die Versuche wurde die vom Fernseh-Studio Rognitzstraße gelieferte Bildsignalspannung des 180-Zeilen-Bildes benutzt, die auf einem Träger von 1,3 MHz über das vorhandene symmetrische Breitbandkabel von 11,5km Länge zum RPZ übertragen oder dem Zwischenfrequenzteil eines auf die Ultrakurzwelle des Witzlebener Senders abgestimmten Fernseh-Empfängers entnommen wurde.

Das RPZ gab diese Bildsignale über einen Sendeverstärker auf eine aus zwei gewöhnlichen, 0,8 und 0,6mm starken Fernsprech- Anschlußleitungen im Amt Südring gebildete Schleife von 3,55km Länge, deren Ende durch einen Übertrager mit dem Zwischenfrequenzteil eines Fernseh-Empfängers (FE III) verbunden war. „Es ergab sich eine vollkommen einwandfreie Bildübertragung"; die Bildgüte war verhältnismäßig unabhängig von der Genauigkeit der Entzerrung des Übertragungssystems [442].

1936 - Fernsehen und Hörfunk auf gleicher Frequenz

Es gelang außerdem, „neben der Bildübertragung auf den darunterliegenden Frequenzbändern noch weitere Frequenzen" für Hör-Drahtfunkdarbietungen zu übermitteln (Bild 96). Auch die Bildsendung über eine 3,34km lange, 0,8mm starke Teilnehmerleitung zum Fernsprechamt Flora und von da - nach Zwischenverstärkung - über eine 2,32km lange, 0,6mm starke Doppelader zum Fernsehraum im Reichspostmuseum in der Leipziger Straße" ergab ohne Schwierigkeiten eine einwandfreie Bildübertragung" [442].

Fernsehdrahtfunk-Versuchsnetz nur für Beamte

Auf Grund dieser günstigen Ergebnisse stellte die DRP 1936 im Fernsprechamt Südring (Tempelhof) einen im RPZ aus gewöhnlichen Rundfunkröhren (AL2) aufgebauten vierstufigen Sendeverstärker auf, der das erste Fernsehdrahtfunk-Versuchsnetz über Fernsprech-Anschlußleitungen speiste, die gleichzeitig dem Fernsprechverkehr dienten. Angeschlossen waren vorerst nur Beamtenwohnungen.

Fernsehdrahtfunk bis maximal 4km

Die Reichweite der Fernseh-Drahtfunksendungen war durch den überall vorhandenen Störpegel begrenzt. Eine Gesamtdämpfung der Übertragungsleitung von 6 bis 7 Neper - entsprechend einer Leitungslänge von etwa 4km - erwies sich bei der Sendung 180zeiliger Bilder als zulässig.

1939 - Mit 441-Zeilen nur noch 2km

Beim Übergang auf 441-Zeilen-Bilder ging unter gleichen Bedingungen die Reichweite auf etwa 2km zurück. Die 1939 bei der RPF für diese Zeilenzahl entwickelten fünfstufigen Verstärker (AL4) mit entzerrenden RC-Kopplungsgliedern für ein Frequenzband von 2,1 bis 4,2 MHz konnten als Zwischen- oder Endverstärker verwendet werden und bis zu 25 Teilnehmerleitungen versorgen.

Daneben entwickelte die RPF 1- bis 3stufige netzgespeiste Verstärker, die zur zusätzlichen Entzerrung und Endverteilung dienten. Sie konnten u. a. in Linienverzweigern des Fernsprechnetzes untergebracht werden.

Das Berliner Fernseh-Kabel- und Drahtfunknetz

Bild 97 zeigt das Berliner Fernseh-Kabel- und Drahtfunknetz nach dem Stande von 1942, das sich auf das erste symmetrische Breitbandkabel mit den Haupt-Knotenpunkten (Verteilverstärkern) Rognitzstraße, Fernamt Winterfeldstraße und RPZ Tempelhof stützte. Vom RPZ wurde das Versuchsnetz der Vermittlungsstelle 75 (Südring) ausschließlich über gewöhnliche Fernsprech-Kabeladern versorgt.

Mit konzentrischen Breitband-Ortskabel von Knoten zu Knoten

Die ständigen Anschlußstellen für Fernseh-Übertragungen sowie die meisten Fernseh-Vorführungsräume (Fernsehstellen) und Firmen-Laboratorien waren dagegen durch konzentrische Breitband-Ortskabel 5/18mm (notwendiger Verstärkerabstand 20km) oder 2,5/9mm (Verstärkerabstand 11 km) mit den Knotenpunkten des Netzes verbunden.

  • „Da geignete Fernsprechleitungen stets verfügbar" waren, gelang es, „von fast allen Teilen Berlins aus Zubringerleitungen für die Fernseh-Übertragung ... zusammenzuschalten" [442].


Die von den Bildabtastern im Deutschlandhaus auf einem genormten Träger von 8,4 MHz gelieferten Bildströme wurden im Studio für die Orts- und Fernkabelübertragung auf den Kabelträger von 4,2 MHz transponiert. Man schnitt dabei das obere Seitenband bis auf einen Rest von 10% ab, so daß praktisch nur das untere Seitenband von 4,2 bis 2 MHz übertragen zu werden brauchte.
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Besondere Leitungen für den Ton

Den Ton zum Fernsehbild führte man den öffentlichen Empfangsstellen über besondere Tonleitungen trägerfrequent auf 315 kHz zu. Im Drahtfunkversuchsnetz Südring wurde er auf den Fernsprechleitungen mitübertragen. Über ein besonderes Schaltnetz konnten die Bild- und Tonverstärker des gesamten Fernseh-Drahtfunknetzes je nach den Erfordernissen des Programms zu jeder beliebigen Zeit gezündet oder gelöscht werden, sofern für diesen Zweck nicht von vornherein Schaltuhren eingebaut waren [443].

1939 - Fernseh-Drahtfunkleitungen mit 4,2 MHz-Träger

Obwohl alle Verstärker- und Übertragungseinrichtungen als Laboratoriumsgeräte gebaut waren, „konnte im allgemeinen ein störungsfreier Betrieb aufrechterhalten werden. Insbesondere zeigten sich alle verwendeten Fernsprechleitungen auch über lange Zeiten unveränderlich, so daß für die Benutzung solcher Leitungen auch für wichtigere Verbindungen keine Bedenken" bestanden, obwohl ihre Dämpfung etwa 10 mal größer war als die konzentrischer Breitbandkabel 5/18mm.

Da im wesentlichen nur das untere Seitenband des 4,2 MHz-Trägers übertragen wurde, waren bei einer Empfangsspannung von 1mV für Bildweiß keine Empfangsstörungen mehr zu bemerken. Unsymmetrische Störspannungen, die durch die als Antenne wirkenden Fernsprechleitungen aufgefangen wurden, ließen sich durch abgeschirmte Übertrager vom Empfänger fernhalten. Laufzeitverzerrungen machten sich bei den Fernseh-Drahtfunkleitungen noch nicht störend bemerkbar [444].

1938 - Öffentliche Fernsehstellen über Fernseh- Drahtfunk in Hamburg

Für Hamburg wurde vom Reichspostministerium am 20. Dezember 1938 die Einführung eines Fernseh-Drahtfunks zur Versorgung der geplanten öffentlichen Fernsehstellen mit dem Berliner Fernseh-Rundfunkprogramm genehmigt. Um dieses Projekt zu verwirklichen, führte man das von Berlin kommende Breitbandkabel 503, dessen Vielbandbündel auf der Endamtseinrichtung des Verstärkeramtes Lohbrügge endete, in Form zweier konzentrischer Breitband-Ortskabel 5/18mm von Lohbrügge zum Fernamt Schlüterstraße und von da - ebenfalls als konzentrisches Doppelkabel - zur Fernsehstelle im Postamt am Jungfernstieg, in der das bis dahin für den internen Fernsehsprechdienst ausgelegte Breitband-Ortskabel vom Postamt Altona 1 endete (Bild 98).

Da der Fernsehsprechdienst in Hamburg 1940 zugunsten des Fernsehrundfunks eingestellt worden war, stand die eine Tube dieses Kabels zur Versorgung der im Postamt Altona eingerichteten öffentlichen Fernsehstelle zur Verfügung. Die übrigen öffentlichen Fernseh-Stuben und Großbildstellen wurden teils vom Fernamt Schlüterstraße, teils vom Jungfernstieg über gewöhnliche Fernsprech- Anschlußleitungen versorgt, wobei man in den unterwegs berührten Fernsprech-Vermittlungsstellen Fernseh-Zwischenverstärker einschaltete.

1941 - Fernseh-Drahtfunkempfänger nicht bei "privat"

Bei privaten Rundfunkteilnehmern wurden - mit Ausnahme der Gauleitung der NSDAP - keine Fernseh-Drahtfunkempfänger aufgestellt. Bild 98 zeigt das grundsätzliche Schaltbild des Hamburger Fernseh-Drahtfunks, der am 17. Juni 1941 eröffnet wurde. Für den Fall, daß die Bildspannung von Berlin ausblieb, war im Postamt Jungfernstieg noch ein Filmabtaster aufgestellt, der aber selten in Tätigkeit zu treten brauchte.

Der Betrieb des Hamburger Fernseh-Drahtfunknetzes mußte 1943 wegen Zerstörung eines Teils der technischen Einrichtungen durch den Bombenkrieg stillgelegt werden.

Die Fernseh-Drahtfunk-Apparaturen wurden, soweit sie erhalten geblieben waren, am 6. März 1946 beschlagnahmt und mußten am 11. März 1946 an England abgegeben werden.


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