Sie sind hier : Startseite →  Magazine und Zeitschriften→  (2) Die Funk-Technik (West)→  Funk-Technik 1948 *→  FT 1948/19 Editorial

Historisches Wissen aus Heften, Zeitschriften, Magazinen

Artikel, Zitate und Infos stammen aus der Funk-Technik, der Funkschau, den RTMs, Kameramann, der FKT, den Schriften von Philips und Zeiss Ikon und Anderen. Mehr über die verfälschten historischen Informationen ab 1933 über 1945 bis weit in die 1980er Jahre.

aus der FUNK-TECHNIK Nr. 19/1948 (1. Okt. Heft)
Das Editorial

Nr. 19/1948 - 3. JAHRGANG

Die Entwicklung der europäischen Elektroindustrie
(Informationen über die wirtschaftliche Lage 1948)

Die Strukturänderungen im Wirtschaftsaufbau der einzelnen Länder, die durch die beiden Weltkriege und durch die allgemeine technische Entwicklung ausgelöst wurden, machen sich in kaum einem anderen Industriezweig so stark bemerkbar wie in der Elektroindustrie.

In der Zeit von 1913 bis 1925 verdreifachte sich der Produktionswert der Welt-Elektroindustrie auf über 12 Mrd. Mark. Davon profitierten vor allem die USA mit fast 7 Mrd. Mark, so daß sie nunmehr neben England und Deutschland die dritte elektrotechnische Großmacht waren. Die Weltelektroausfuhr war von 1913 bis 1925 von rd. 700 Mill. Mark auf fast das Doppelte gestiegen, und auch daran waren die USA in erster Linie beteiligt. Hatten sie vorher als Elektroausfuhrland keine bedeutende Rolle gespielt, so standen sie jetzt mit einem Betrag von rd. 350 Mill. Mark auf gleicher Stufe mit Deutschland und England.

Die Abschnürung Deutschlands und Englands durch den Krieg

Aber das waren nicht die einzigen Umstellungen im Welt-Elektrogeschäft. Die Abschnürung Deutschlands und Englands und ihre einseitige Konzentration auf die Bedürfnisse des Krieges hatten dazu geführt, daß andere Länder als Lieferanten auf dem Weltmarkt auftauchten, die vorher kaum eine Rolle gespielt hatten. So gelang es z. B. den Niederlanden, der Schweiz, Schweden und Österreich ihren Elektro-Export wesentlich zu steigern.

Während z. B. die Niederlande 1913 nur Glühlampen ausgeführt hatten, sind sie in der Statistik des Jahres 1925 auch mit Maschinen, Leitungen und insbesondere Apparaten der Telefonie und Telegrafie vertreten.

In die 20er Jahre fällt ein bedeutender Aufstieg der Elektrotechnik und der Elektro-Industrie. Zahlreiche neue Entdeckungen und Entwicklungen begannen ihren Siegeszug. Erwähnt seien nur die drahtlose Technik in allen ihren Zweigen, die Wählertelefonie, die Trägerfrequenztechnik, die Telefonie über große Entfernungen, die Kabeltechnik, der Übergang zu den Großkraftwerken und zu höheren Übertragungsspannungen, sowie die Anpassung des elektrotechnischen Materials an die Erfordernisse des Betriebes und die Umweltbedingungen.

Über die Zollschranken ab 1930

Diese und andere Fortschritte führten dazu, daß der Produktionswert der Elektroindustrie ständig weiter stieg. Demgegenüber fällt auf, daß der Umfang des Welt-Elektrohandels sich kaum ausweitete. Er war 1938 nicht wesentlich höher als 1925. Daraus geht hervor, daß sich viele Länder hinsichtlich ihrer Elektro-Versorgung selbständig gemacht hatten. Viele hatten die Zollmauern so stark erhöht, daß es den früheren Lieferländern unmöglich wurde, sie zu übersteigen.

Als Ausweg wurde von letzteren oft die Errichtung von Fabrikationsstätten in solchen Staaten gewählt. Sie konnten sich auf die Patente und Verfahren der Mutterfirmen stützen sowie auch Einzelteile bei diesen entnehmen. Besonders die deutschen Großunternehmen Siemens und AEG, aber auch die Schweizer Firma Brown-Boveri, der amerikanische International Telefon- & Telegraf Co.- Konzern sowie die General-Electric, die schwedischen Firmen Elektrolux und Ericson, der niederländische Philips-Konzern machten von diesen Möglichkeiten umfangreichen Gebrauch. In fast allen europäischen Ländern entstanden Zweigfabriken dieser Unternehmen, die die Versorgung in großem Umfang übernahmen.

Mal schnell eine elektrotechnische Fabrik aufbauen ?

Elektrotechnisches Wissen und Können haben sich in den letzten 20 Jahren so stark verbreitet, daß es keine großen Schwierigkeiten mehr macht, auch ohne Rückhalt auf ältere Unternehmen eine elektrotechnische Fabrik einzurichten, soweit es sich um einfache Massenartikel handelt. Dagegen ist bei großen Objekten wie schweren Maschinen, Hochspannungseinrichtungen, Großtransformatoren usw. eine Wirtschaftlichkeit nur gegeben, wenn ständig genügend Aufträge vorliegen.

Hinzu kommt, daß viele Fachleute in ihren Heimatländern nicht mehr die richtigen Betätigungsmöglichkeiten finden und deshalb gern bereit sind, in fremde Dienste zu treten. So ist es z. B. zu erklären, daß Länder wie Jugoslawien, Ungarn, Spanien und Dänemark ihren elektrotechnischen Bedarf weitgehend aus eigenen Fabriken decken und den Weltmarkt nur noch für Dinge in Anspruch nehmen, deren Fertigung in geringen Stückzahlen nicht lohnt. Den Ansatzpunkt für neue Fabriken bilden vielfach die nach diesem Kriege unter Sequester gestellten Zweigniederlassungen der deutschen Großfirmen AEG und Siemens.

Das Erbe Deutschlands . . . . verteilt . . .

Die gegenwärtige Situation der europäischen Elektroindustrie ist vor allem durch das weitgehende Ausscheiden Deutschlands aus dem internationalen Wettbewerb und durch das Vordringen der nationalen Unternehmen in anderen Ländern gekennzeichnet.

Das Erbe Deutschlands wurde - ob vorübergehend oder auf die Dauer, läßt sich noch nicht absehen - von Unternehmen in der Schweiz, den Niederlanden, England und Schweden angetreten.

Firma Brown-Boveri in der Schweiz

In der Schweiz ist es die Firma Brown-Boveri, die von ihrem Stammwerk in Baden (Schweiz) aus jährlich für rd. 100 Mill. Franken Elektroerzeugnisse nach den europäischen Ländern und nach Übersee liefert. Die Firma hat sich aus den Gewinnen der Kriegsjahre erstklassige Laboratorien und Fabriken eingerichtet, die in der Lage sind, alle gegenwärtig auftretenden Probleme der Energieübertragung systematisch zu bearbeiten. Seit einiger Zeit befaßt sich die Firma auch mit allen Aufgaben der Nachrichtentechnik, insbesondere der Mehrfachausnutzung von Leitungen, dem Bau von drahtlosen Sendern für den Rundfunk und kommerziellen Verkehr sowie mit Hochfrequenz und dielektrischen Beheizungen. Die Schweiz kann als autark und als wichtiger Lieferant des ganzen europäischen Marktes angesehen werden.

Der Aufstieg des niederländischen Philips-Konzerns

Auffallend ist weiterhin der Aufstieg des niederländischen Philips-Konzerns, dessen Stammhaus in Eindhoven ist. Hier sind schon jetzt über 35.000 Menschen beschäftigt. Stellte die Firma ursprünglich nur Glühlampen und Radioapparate her, so bearbeitet sie jetzt das gesamte Nachrichtengebiet, Teile der Starkstromtechnik, die Röntgen- und Hochfrequenzheiztechnik. Ihre Forschungslaboratorien sind aufs modernste eingerichtet und ebenfalls allen Ansprüchen gewachsen. Im letzten Jahre wurden allein 600 akademisch gebildete Elektrotechniker und Physiker eingestellt und bei Forschungsaufgaben eingesetzt.

Der Asea-Konzern in Schweden

Als dritte in Europa in den Mittelpunkt des Interesses getretene Firma ist der schwedische Asea-Konzern zu nennen, der ebenfalls bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit beschäftigt ist und im internationalen Geschäft eine immer wichtigere Roile spielt. Alle diese Unternehmen unterhalten bedeutende Zweigfabriken im europäischen Ausland. Große Anstrengungen zur Entwicklung seiner Elektroindustrie macht ferner England, in dem insbesondere Thomson-Houston und Metropolitan-Vickers ihren Aufgabenkreis bedeutend erweitert haben.

G. H. N.

- Werbung Dezent -
Zur Startseite - © 2006 / 2024 - Deutsches Fernsehmuseum Filzbaden - Copyright by Dipl. Ing. Gert Redlich - DSGVO - Privatsphäre - Redaktions-Telefon - zum Flohmarkt
Bitte einfach nur lächeln: Diese Seiten sind garantiert RDE / IPW zertifiziert und für Leser von 5 bis 108 Jahren freigegeben - kostenlos natürlich.