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Artikel, Zitate und Infos stammen aus der Funk-Technik, der Funkschau, den RTMs, Kameramann, der FKT, den Schriften von Philips und Zeiss Ikon und Anderen. Mehr über die verfälschten historischen Informationen ab 1933 über 1945 bis weit in die 1980er Jahre.

aus der FUNK-TECHNIK Nr. 07/1948 (1. April Heft)
Das Editorial

Nr. 07/1948 - 3. JAHRGANG

Die Elektro- und Radioindustrie auf der Leipziger Messe

Man gab sich seitens der Messeleitung alle Mühe, den geschäftlichen Charakter der Messe stärker als bisher in den Vordergrund zu schieben, wenn auch noch manches als "nicht ganz geglückt" zu bezeichnen war. So war denn auch der Ablauf der Messe beherrscht vom Geist des nüchternen, wägenden Kaufmanns - und Angebot und Nachfrage schwangen ihr Zepter. Wenn dabei die Nachfrage mit Längen führte, so darf das bei unserer heutigen wirtschaftlichen Lage nicht wundernehmen!

Hier seien zuerst einige Zahlen gebracht, die den äußeren Rahmen charakterisieren:

Leipziger Messe Frühjahr 1947 Frühjahr 1948
Aussteller insgesamt ....... 5 049 6 453
Ausstellungsfläche ........ 57 008 qm 85 583 qm
geschäftüche Besucher insgesamt 270 000 197 397
davon aus der Westzone ...... 32 500 32 334
davon aus dem Ausland..... 2 507 3 725


Der Exportumsatz belief sich im Frühjahr 1947 auf 34,5 Mill. RM und diesmal auf 47 Mill. RM.

Welche Zahlen interessieren uns ?

Uns Radio- und Elektroleute interessiert naturgemäß unsere Sparte am meisten. Der Messeleitung gelang es, die Halle VII auf dem Ausstellungsgelände der Technischen Messe am Fuße des Völkerschlachtdenkmals erheblich zu erweitern. Diesmal standen den 266 Ausstellern volle 5.097 qm gegenüber nur 3.079 qm im Frühjahr 1947 zur Verfügung - damals mußten sich 239 Aussteller in diesen Raum teilen. Die sehr viel größere Steigerung der Fläche im Vergleich zur weniger erheblichen Vermehrung der Aussteller erklärt sich aus der ganz beträchtlichen Vergrößerung des Raumes für die Landes- und Volkseigenen Betriebe der "Ostzone", die ihre fast friedensmäßig eingerichteten großen Stände im Zentrum der Halle aufgebaut hatten und die Vielzahl der übrigen Firmen an die Ränder und die Seitengänge der Halle VII verwiesen.

Es überrascht nicht, daß die Nachfrage nach allen Artikeln der Elektro- und Radiobranche überaus stark gewesen ist. Das entgegenstehende Angebot hätte um eine Zehnerpotenz höher sein dürfen . . . aber auch dann wären noch immer unbefriedigte Käuferwünsche vorhanden gewesen. Infolgedessen war in Einzelfällen manch unreelles Angebot - und auch manche Forderung - zu hören, eben auf Grund dieses erdrückenden Mißverhältnisses. Aber diese Erscheinung verdient lediglich am Rande erwähnt zu werden, eine andere Tatsache war sehr viel prägnanter: kaum ein Einzelteil oder Gerät konnte erworben werden, ohne daß Gegenlieferungen zu leisten waren.

Ein konkretes Beispiel :

Halten wir uns an ein konkretes Beispiel: Eine Firma stellte eine sehr ansprechende, für Deutschland neue Kombination Radiogerät/HF-Magnetofon aus. Die Anlage arbeitete ausgezeichnet, der allerbesten Wiedergabe konnte man auch ohne Meßgeräte glauben, daß die Frequenzkurve zwischen 50 und 9.000 Hz !!! nahezu gradlinig verläuft. Diese Kombination nun kostete RM 6.000,-, wobei für RM 2.000,- Zulieferungen an Rundfunkmaterial gefordert wurden. An allen Ständen verlangte man bei Auftragsannahme Gegenlieferungen von Dynamoblech oder Nickel, von Preßmasse oder Trolitul oder gewisse knappe Einzelteile wie Röhren usw. (Damit Mißverständnisse vermieden werden: unser Berichterstatter besuchte als Einkäufer fast alle Stände der Halle VII und darf sich daher das Urteil erlauben, daß nur in wenigen Ausnahmefällen überhöhte Forderungen gestellt wurden.) Die weitaus überwiegende Mehrheit aller Fabrikanten verlangte wirklich nur die Engpaßartikel und auch von diesen nur die notwendigen Mengen.

Sicherlich bedeutet diese geforderte Materialhilfe für die meisten kleinen Handwerker, Einzelhändler und Grossisten eine harte Nuß und eine nicht geringe Verleitung zu weiteren „Kompensationen". Aber andererseits zeigte sie deutlich, in welcher ernsten Lage sich die deutsche Elektroindustrie befindet. Käufer und Hersteller müssen aber zusammen arbeiten, so schwer es auch fällt.

Das Qualitätsproblem

Ein Wort zum Qualitätsproblem. Wir alle wissen, daß der Warenhunger auf dem Weltmarkt, der bisher nach dem Kriege das Verkaufen aller technischen Dinge so einfach machte, bereits vorbei ist. Der ausländische Einkäufer sieht heute mehr denn je auf die Qualität der Erzeugnisse, die er in seinem Lande verkaufen will. Er muß dies auch, denn die Konkurrenz regt sich, weil in vielen Teilen Europas und Übersee bereits wieder ausreichende Mengen an Rundfunkempfängern und Meßinstrumenten, Einzelteilen usw. erzeugt werden, so daß jener Zwang zum Kaufen wegfällt, der den Blick hinsichtlich der Qualität gewaltig trübte.

Wie schaute es nun in Leipzig aus? Leider erfüllt, um es frei zu sagen, noch immer nur ein kleiner Teil der angebotenen Waren jene berechtigten Ansprüche, die zu stellen für die nach dem Weltmarkt orientierten Käufer selbstverständlich ist. Mag es auf dem Gebiet des Starkstrom- und Installationsmaterials noch angehen, so brachte andererseits die Ausstellung der Radiogeräte, Einzelteile und Meßinstrumente so manchen Mißgriff, während aber auch Qualitätsprodukte gezeigt wurden, die in jeder Hinsicht befriedigten.

Große Unterschiede von Qualität und Aufmachung

Drücken wir es genau aus: der Unterschied in Qualität und Aufmachung war sehr erheblich, er reicht von erstklassiger Arbeit in bester Vorkriegsausführung (so zu sehen bei einigen Rundfunk- und Meßgerätefabrikanten der alten Schule) bis zur schlechten Bastelausführung auf den Ständen gewisser neuer Firmen.

Entsprechend stellten sich auch die Exporterfolge ein. Wir hörten einige Male, wie Schweizer und holländische Importeure ihr Erstaunen über derartige Qualitätsunterschiede ausdrückten. Man erklärte uns ganz offen, daß das Beste, was Leipzig zeigte, "gerade eben" an die Durchschnittsqualität in gewissen gutgestellten Ländern - die wiederum die zahlungskräftigsten sind - heranreicht. Man sucht seitens dieser Abnehmer nach „Überluxusgeräten" - und fand sie nicht.

Es muß das vornehmste Bestreben der Messeleitung sein, in Zukunft alle Firmen von der Beteiligung an der Messe auszuschließen, deren Produkte oftmals erschreckend tief unter dem zu fordernden Mindestniveau liegen. Bastelgeräte mit Kistenholzgehäuse und „handgemalter Skala" gehören nicht auf eine internationale Messe!

Karl Tetzner

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