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Das Fernsehen in Deutschland bis zum Jahre 1945
(23) Die Speicherung von Fernsehbildern

Die Forderung nach einer Speicherung des elektrischen Fernsehbildes ist immer wieder - und zwar aus verschiedenen Gründen - gestellt worden. Schon P. Nipkow erwähnte in seiner Patentschrift Nr. 30105 vom 6.1.1884 die Möglichkeit, die mit seinem elektrischen Teleskop gewonnenen Bilder photographisch „Punkt für Punkt" zu „registrieren", wenn man „eine ganze Szene wieder hervorrufen" wolle.

1900 - Das Bild der Anzeigetafel magnetisch speichern

1900 schlug O.v.Bronk vor, das Bild einer Vielzellentafel auf „telegraphonischem", d.h. magnetischem Wege zu speichern, um dadurch die störende Trägheit der damaligen elektrischen Übertragungsorgane zu umgehen und „die Bilder zu einer beliebigen Zeit zu übertragen oder zu reproduzieren" [79].

1929 - Die Idee griff D.v.Mihäly wieder auf

1929 griff D.v.Mihäly den Gedanken der magnetischen Speicherung 30zeiliger Fernsehbilder wieder auf, indem er die von seinem Filmabtaster gelieferten Bildsignalspannungen nach entsprechender Verstärkung dem Aufsprechknopf eines Poulsenschen Telegraphons zuführte. Die Drahtgeschwindigkeit betrug 50cm/s. Der Zweck dieser „neuen Erfindung auf filmtechnischem Gebiet", „deren revolutionierende Folgen noch gar nicht zu übersehen" waren [504], geht aus den zeitgenössischen Veröffentlichungen [505] nicht klar hervor.

Wahrscheinlich dachte Mihäly damals daran, auf magnetischem Wege eine Bildkonserve zu gewinnen, die sich wegen der geringen Helligkeit der damaligen Fernsehbilder auf optisch-photographischem Wege noch nicht herstellen ließ.

1929 - J.L. Baird beschrieb ein „Bildgrammophon"

Im selben Jahr beschrieb J.L. Baird ein „Bildgrammophon", bei dem die Bildströme auf einer Schallplatte mechanisch gespeichert, mit einem elektromagnetischen Tonabnehmer abgenommen und - nach entsprechender Verstärkung - einer Glimmlampe zugeführt werden sollten. Unter der Schallplatte lag eine Nipkow-Scheibe mit zehn Spiralen zu je 30 Löchern, durch die man die im Rhythmus der Bildsignale aufleuchtende Glimmlampe betrachten sollte.

Bei 75 Platten-Umdrehungen/min ergab sich eine Bildfrequenz von 12,5Hz. Zur Synchronisierung des Bildgrammophons sollte ein La Coursches Rad benutzt werden. Die mit einer solchen Einrichtung erzielten Bilder erschienen „ungefähr so klar und schön wie die Bilder des Reichspostzentralamtes" mit 30 Zeilen [506].

1929 - R. Levy-Michel und W. Zeitlin und die „Bildschallplatte"

1929 schlugen R. Levy-Michel und W. Zeitlin vor, der „Bildschallplatte" am Rande eine besondere Ringrille mit Synchronisierimpulsen zu geben oder Bild und Synchronisierströme - durch ihre Amplituden getrennt - in einer Rille aufzuzeichnen [507].

1933 - Speicherung auf dem Zwischenfilm

Vier Jahre später gelang es der Fernseh A.G., das Fernsehbild im Zwischenfilm- Großprojektionsgerät für praktisch beliebig lange Zeit zu speichern. Das Verfahren war jedoch wegen der laufenden Kosten des Bildträgers für den Betrieb zu kostspielig, und es störte dabei außerdem die durch den photochemischen Bearbeitungsprozeß verursachte Zeit-Differenz zwischen Bild und Ton, die durch besondere photographische oder magnetische Schallspeicherungsverfahren wieder ausgeglichen werden mußte.

Doch das war für einen Programmaustausch nicht geeignet

Für die bei einem internationalen Austausch von Fernseh-Programmen notwendige Umsetzung einer Fernsehnorm in eine andere schied deshalb das Zwischenfilm-Speicherverfahren aus, sofern es nicht aus dokumentarischen Gründen gerechtfertigt erschien.

Wenn ein Fernsehbild mit gegebener Rasternorm in ein solches mit anderer Zeilen- und Bildwechselzahl umgesetzt werden sollte, so mußten die an sich nacheinander übertragenen elektrischen Werte des ursprünglichen Bildes gleichzeitig für eine andersartige Verteilung dieser Werte, d. h. für die neue Norm zur Verfügung stehen. Das setzte aber voraus, daß die elektrischen Werte des ersten Bildes gespeichert wurden.

Das Bild sollte flimmerfrei sein oder werden

Ein ähnliches Problem trat auf, wenn ein Fernsehbild nur mit einem Frequenzband übertragen werden sollte, dessen Breite gerade für die Übermittlung des Bildinhalts ausreichte. Das für eine Fernseh-Übertragung notwendige Frequenzband wird bestimmt durch die Forderung, die Hell-Dunkel-Verteilung des Bildes und deren zeitliche Änderung möglichst getreu zu übertragen.

Bei den Fernseh-Anlagen der dreißiger Jahre wurde jedoch die Bildfrequenz nicht durch die Bewegungsvorgänge im Bilde, sondern durch den Wunsch nach einem flimmerfreien Empfangsbild bestimmt. So wäre z. B. beim Fernseh-Sprechen für eine getreue Wiedergabe der Bewegungen beider Gesprächspartner bereits eine Bildfrequenz von 12,5 statt 25 und damit ein nur halb so breites Frequenzband wie das praktisch benutzte ausreichend gewesen.

Auch hier hätte sich der Widerspruch zwischen den Forderungen nach Flimmerfreiheit des Empfangsbildes und Übertragung des unbedingt notwendigen Frequenzbandes dadurch lösen lassen, daß man das Bild mit der für den Bildinhalt erforderlichen Mindestfrequenz übertragen, das Empfangsbild gespeichert und es mit einer entsprechend höheren scheinbaren Bild-Frequenz vom Speicher abgenommen hätte.

Bislang noch kein machbares Speicherverfahren gefunden

Die magnetische Aufzeichnung auf mechanisch bewegtem Aufzeichnungsträger ließ sich bei höherzeiligen Fernsehbildern mit ihrem breiten Bildsignal-Frequenzband nicht mehr verwirklichen. Es blieb deshalb nur noch die Möglichkeit einer Speicherung der Bildströme in Form elektrischer Ladungen, die bei einem Fernsehbild mit etwa 100.000 Helligkeits-Lage-Definitionen eine annähernd ebenso große Zahl von lade- und entladefähigen Kondensatoren erforderte. Die Herstellung solcher Raster- oder Mosaik-Elektroden mit einer durchgehenden Metallbelegung und einer - beispielsweise durch Sinterung einer Silberschicht gewonnenen - Vielzahl voneinander isolierter Metall-Elemente war aus der Iconoscope-Technik bekannt.

Bei dem vor allem von G. Krawinkel und Mitarbeitern (RPF) in den Jahren 1937 bis 1939 entwickelten elektrischen Bildspeicherverfahren wurden die zu speichernden Bildimpulse durch Modulation des abtastenden Elektronenstrahlstroms den Speicherkapazitäten zugeführt und - nach einer gewünschten Speicherzeit - bei einer zweiten, ladungsabnehmenden Abtastung der Elementarkapazitäten mit einem Strahl konstanter Intensität der Gegenelektrode wieder entnommen, worauf die Speicherplatte zur Aufnahme eines neuen Bildes bereitstand.

Die Größe der Nutzströme hing dabei von den Unterschieden der Elementarladungen, d. h. den Potentialunterschieden der Rasterelemente ab. Um auf der Mosaikplatte eine Potential-Einebnung durch rückströmende vagabundierende Sekundärelektronen zu verhindern, erteilte man den Rasterelementen über ein halbleitendes Dielektrikum ein negatives Potential und erzeugte damit ein Absaugfeld für die ausgelösten Sekundärelektronen. Hierbei trat freilich über die Querleitfähigkeit des Dielektrikums gleichzeitig ein Ladungsverlust von etwa 20 bis 30% ein.

Mit solchen Mosaikelektroden erzielte man Nutzsignale, deren Amplitude bei einmaliger Abnahme etwa 16%, bei zweimaliger Entnahme 12% der aufgebrachten Signal amplitude betrug [508].

Bei einer praktischen Anwendung des Bildspeicher-Verfahrens - beispielsweise zur Verdopplung der Rasterwechselzahl (Bild 131) - wurden die ankommenden Bilder entweder über einen Eingangs-Umschalter jeweils zwei von vier Speichern gleichzeitig zugeführt, wobei jeder Speicher ein Bild mit halber Bildzeit lieferte. Oder man führte jedes ankommende Bild nur einem Speicher mit halbleitendem Dielektrikum zu und entnahm es dann zweimal. Ein Rasterumschalter legte dabei an die Ablenksysteme der Speicherröhren abwechselnd Zeilen- und Bildablenkspannungen entsprechend der Norm des ankommenden und des entnommenen Bildes. Ein Ausgangsumschalter sperrte gleichzeitig jeweils den Ausgang des Rohres, in dem die Aufzeichnung der ankommenden Signale stattfand, und gab den Ausgang des anderen Rohres zur Abnahme der gespeicherten Ladungen frei. Für die Umschaltungen konnten elektronische oder mechanische Einrichtungen verwendet werden, weil nur mit Bildfrequenz geschaltet zu werden brauchte.

1941 - Die Fese baut spezielle Ladungsspeicherröhren

Im Jahre 1941 baute auch die Fernseh GmbH. Ladungsspeicherröhren, um beispielsweise empfangene Fernseh-Sendungen mit anderer Norm weiterzugeben: Auf eine mit Metallsalzen präparierte Aluminium-Speicherplatte wurde von einem intensitätsgesteuerten Kathodenstrahl ein Ladungsbild aufgebracht. Dieses blieb wochenlang gespeichert und konnte - ähnlich wie bei einer Iconoscope-Röhre - durch einen Abtaststrahl abgenommen und sichtbar gemacht werden.

1944 - Neue Ladungsspeicherröhren für 441 Zeilen

Daneben liefen bei der Fernseh G.m.b.H. seit 1936 Entwicklungsarbeiten „mit dem Ziele einer möglichst lOOprozentigen Umsetzung der Lichtenergie in elektrische Impulse". Durch Abtastung der Speicherelektrode einer Bildspeicherröhre mit langsamen Elektronen gelang es, die unerwünschte Potentialeinebnung durch Sekundärelektronen wirksam zu verringern und 1944 nach diesem Verfahren die ersten Bildübertragungen mit 441-Zeilen-Bildern auszuführen, „wobei gute Empfangsbilder erhalten wurden" [236].

G. Krawinkel entwickelt einen elektronischen Bildspeicher-Oszillographen

Während des Krieges entwickelte G. Krawinkel (RPF) einen elektronischen Bildspeicher-Oszillographen: Ein von einer Großflächenkathode ausgehender Elektronenstrom großen Querschnitts wurde - ähnlich wie beim Bildwandler - durch eine magnetische Linse auf einen Fluoreszenzschirm abgebildet.

In die Flächenkathode waren - umgekehrt wie beim Iconoscope - isolierende Partikel eingebettet, die durch einen intensitätsmodulieijten Elektronenstrahl abgetastet und dabei verschieden stark negativ aufgeladen wurden. Diese Elementarladungen von etwa -5V sperrten den Abfluß der in der Nachbarschaft des isolierenden Flächenelements emittierten Elektronen.

Da die aufgebrachten Ladungen auf den isolierenden Partikeln erhalten blieben, ließen sich auf diese Weise RADAR-Signale oder Kurzzeit-Oszillogramme etwa 10 bis 15 Minuten lang speichern [509], [510].

Trägheit des Auges ermöglicht Umsetzung von 819 Zeilen auf 441 Zeilen

Da ein vom menschlichen Auge wahrgenommener Lichteindruck nach dem Talbotschen Gesetz gleich dem Zeitintegral des Lichtreizes ist, so läßt sich eine Speicherung im Rahmen der Zeiten, die bei Fernsehbildern in Betracht kommen, an sich auch dadurch erreichen, daß man die Lichtwirkung jedes Bildelements nach einmaliger kurzer Erregung durch Verwendung nachleuchtender Bildschirme möglichst während der Dauer einer ganzen Rasterabtastung aufrechterhält und sie erst dann auf den Schwarzwert abklingen läßt.

Von diesem Prinzip wurde jedoch in der deutschen Fernseh-Technik kein Gebrauch gemacht. Es wird zur Zeit mit Erfolg im „Zeilentransformator" der Radiodiffusion Francaise angewandt, der das heutige französische 819-Zeilen Bild für die Besitzer älterer Empfangsgeräte auf die noch aus der Zeit des französisch-deutschen Fernsehens stammende 441-Zeilen-Norm umschreibt.

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