Sie sind hier : Startseite →  Historie und Geschichte→  Fernseh-Historie aus Zeitschriften→  Pionier-Jahre des Fernsehens

100 Jahre Hertz'sche Wellen - Teil 3 (von 5) aus 1989

Vermutlich zu der Sonderausstellung "100 Jahre Hertz'sche Wellen" im Sheraton in Frankfurt am Flughafen wurde diese kleine Broschüre herausgegeben. Und zu dieser Veranstaltung waren sie alle da, die damals etwas zur Aufarbeitungung dieser Historie beigetragen haben. Wir haben inzwischen sogar ein Video von dieser Veranstaltung im Nachlass des Günter Bartosch gefunden. Leider ist die Erinnerung an diese Veranstaltung völlig versandet und darum wird ist hier im Museum enthalten. Weitere Teile über die Entwicklung des Fernsehens finden Sie dann im Fernsehmuseum. Zu den Anfängen geht es hier lang.

.

Über die Anfänge des Fernsehens

Die elektromagnetischen Wellen, die Heinrich Hertz 1887 entdeckte, lassen sich nicht nur zur drahtlosen Verbreitung von Tönen, sondern auch zur Verbreitung von Bildern nutzen. Noch vor der Hertz'schen Entdeckung machte der Ingenieur Paul Nipkow 1884 einen Vorschlag zur Bildübertragung, der seiner Zeit zwar weit vorauseilte, das Prinzip der Fernsehübertragung aber präzis beschrieb.

Da im Gegensatz zum Ton ein Bild als Ganzes nicht übertragen werden kann, muß es z. B. in einzelne Punkte zerlegt, zeilenweise abgetastet und in aufeinanderfolgende Stromimpulse, die nach Helligkeit der Bildpunkte variieren, verwandelt werden.

Nipkows vorgeschlagene spiralförmige Lochscheibe machte sich diese einzelnen Schritte zu eigen. In den Jahrzehnten nach dessen Konstruktionsvorschlag befaßte sich eine Reihe von Wissenschaftlern mit weiterführenden Experimenten, doch zu praktischen Erprobungen kam es nicht.

ERSTE PRAKTISCHE VERSUCHE

Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelang ein Durchbruch, der Forscher und Erfinder beflügelte. Arthur Korn und Edouard Belin führten als erste die Übertragung von Bildern, die sie „Fototelegraphie" nannten, vor, so im Jahre 1910 zwischen Berlin und Paris. Angeregt durch deren Experimente baute daraufhin der ungarische Ingenieur Denes von Mihäly einen von ihm „Telehor" genannten Apparat, mit dem er 1919 Fernsehbilder übertrug.

Erst Mitte der zwanziger Jahre - der Rundfunk bzw. Hörfunk sendete bereits - begannen, parallel mit vergleichbaren Experimenten in England, Frankreich und den Vereinigten Staaten, auch in Deutschland Techniker, sich praktischen Fernsehversuchen zuzuwenden.

So führte August Karolus, Mitarbeiter am Physikalischen Institut der Universität Leipzig, 1924 Vertretern von Industrie und Post eine Apparatur vor, die auf Nipkows Konstruktionsentwurf beruhte: Zwei Scheiben von je 1m Durchmesser mit spiralförmiger Lochanordnung waren, um sie synchron steuern zu können, auf einer Achse montiert. Bei rascher Umdrehung erzeugten die Scheiben 10 Bildwechsel pro Sekunde bzw. übermittelten rund 30.000 Bildpunkte. Die projizierten Bilder hatten eine Größe von 6 x 8cm.

Walter Bruch schreibt in: Die Fernseh-Story, 1969

"Stark durchleuchtete Diapositive und die Schattenbilder von einfachen Gegenständen wurden durch die wandernden Löcher der Nipkow-Scheibe in Bildpunkte zerlegt. Auf der Empfangsseite wurde aus einer gleichmäßig beleuchteten Fläche durch das jeweils darüberlaufende Loch der Nipkow-Scheibe ein Bildpunkt herausgeblendet. Wurde die ganze leuchtende Fläche über die Karolus-Zelle vom Geber so angesteuert, daß der gerade gesehene Bildpunkt schwarz oder weiß erschien, so sah man ein Empfangsbild aus schwarzen und weißen Bildelementen. Zum erstenmal konnte in Deutschland das Prinzip einer Fernsehübertragung gezeigt werden."

Alles nur Spielerei ?

Trotz dieses Erfolgs lehnte die Post das Fernsehen als unrentable technische Spielerei ab. Erst 1925 durfte das Telegraphentechnische Reichsamt Verbindung zu einzelnen, von der Industrie bereits unterstützten Wissenschaftlern aufnehmen. Nach einer mehrjährigen Experimentierphase im stillen kam es 1928 während der 5.Großen Deutschen Funkausstellung zu den ersten öffentlichen Fernsehvorführungen.

Im Ausstellungspavillon der Post konnte Mihäly, der mittlerweile in Deutschland lebte, seinen neuesten „Fernseher" vorführen. Das Gerät ließ 30 Zeilen und 12,5 Bilder pro Sekunde zu und präsentierte ein Bild in der Größe von 4 x 4cm. Während der gleichen Ausstellung zeigten Karolus und der in den Diensten von Telefunken stehende Ingenieur Fritz Schröter am Firmenstand zwei Fernsehkonstruktionen, die ebenfalls - etwas weiterentwickelt - auf Nipkows Idee zurückgriffen. Die eine erzeugte unter Verwendung von Vierfach-Lochspirale Fernsehbilder mit 96 Zeilen in einer Größe von 8 x 10cm und mit einer Auflösung von 10.000 Bildpunkten. Die andere bediente sich des schon seit längerem bekannten Spiegelrades, mit dessen Hilfe auf eine für Tageslicht geeignete Leinwand Bilder in einer Größe von 75 x 75cm projiziert wurden.

Berliner Zeitung am Mittag, 1. September 1928

Neues, noch nie Dagewesenes bahnt sich an. Das Fernsehen!
Eine kleine Einrichtung für den Hausgebrauch, ähnlich der, die wir vielleicht schon in Bälde mit unserem Rundfunkempfänger verbinden werden. Tonfilm, Rundfunk und Fernsehen werden vielleicht früher, als wir es selber zu hoffen wagen, eine Einheit sein. Dann bringt uns der Rundfunk das sprechende, singende, das von Musik begleitete lebende Bild auf den Wellen des Äthers ins Haus. Es zeigt uns die Wasserfälle des Niagaras und läßt uns ihren Ton hören. Er führt uns durch die Stätten der Weltindustrie und übermittelt uns in gleichzeitigem Geschehen ihre Melodien.

Frühe Versuche im gleichen Raum

Alle diese Versuche wurden noch im sogenannten Kurzschlußverfahren ausgeführt, d.h. Aufnahmegerät und Wiedergabeapparat waren über eine Drahtleitung miteinander verbunden. Ab 1929 experimentierte die Post mit der drahtlosen Verbreitung von Bildern. Über Welle 475,5m - entsprechend einer Frequenz von 631kHz - des Senders Berlin-Witzleben zu Füßen des Berliner Funkturms führte Mihäly in der Nacht vom 8. zum 9. März die erste drahtlose Fernsehsendung durch. Er benutzte dabei einen von der Post zur Verfügung gestellten Abtaster für ein 30zeiliges Bild. Seinen tonlos übermittelten Sendungen, bestehend aus auf Glasstreifen geschriebenen Buchstaben und einer sich öffnenden und schließenden Zange, folgten - ebenfalls über den Sender Berlin-Witzleben - im Mai 1929 Fernsehvorführungen des englischen Erfinders John Logie Baird.

John Logie Baird kommt nach Deutschland

Dieser war nach Deutschland gekommen, weil er in England mit seinen Fernsehexperimenten auf Unverständnis gestoßen war. 30 Zeilen mit 1.200 Bildpunkten und 12,5 Bildwechseln pro Sekunde - das war die erste von der Reichspost in Absprache mit der Industrie im Sommer 1929 festgelegte Fernsehnorm. Zwar opponierte namentlich Telefunken gegen diese Norm, da sie einen Rückschritt gegenüber einem von dieser Firma bereits entwickelten höherzeiligen System darstellte. Doch wider bessere Einsicht beugte sich Telefunken der Mehrheit der konkurrierenden Unternehmen, von denen sich die Robert Bosch AG, die Loewe-Radio AG, die Zeiss-Ikon AG und die Baird Television Company zur „Fernseh-AG" zusammengeschlossen hatten.

Dennoch ließ Telefunken es sich nicht nehmen, auf der Funkausstellung von 1929 ein 48zeiliges Fernsehsystem vorzuführen, bei dem Spiegelräder nach dem System Weiller die Bildzerlegung und -Zusammensetzung vornahmen.

GEDAMPFTE ERWARTUNGEN

Ähnlich wie in den Pionierzeiten des Rundfunks, die damals kaum mehr als ein halbes Jahrzehnt zurücklagen, keimte in allerdings vergleichsweise bescheidenem Rahmen eine Bastlerbewegung für das Fernsehen auf. Wie beim Detektor der Ton, so könnten mit einer selbstgebastelten Nipkow-Scheibe, die an ein leistungsfähiges Radiogerät anzuschließen sei, auch Bilder zu Hause in den eigenen vier Wänden empfangen werden.

So warb die noch junge Fernsehindustrie und bot während der Funkausstellung 1929 Einzelteile zum Selbstbau an. Ein Jahr später kam gar ein kompletter Bausatz für Fernseher sowohl nach der deutschen als auch nach der englischen Norm für unter 200 RM auf den Markt. Plötzlich standen sich die vorwärtsdrängende Industrie auf der einen und die zu Behutsamkeit mahnenden Beamten der Post sowie leitende Mitarbeiter des Rundfunks auf der anderen Seite gegenüber, die, wie der Rundfunkkommissar des Reichspostministers, Hans Bredow, unter allen Umständen Rückschläge und Enttäuschungen vermeiden wollten.

Hans Bredow schreibt 1930: Das Fernsehen im Rundfunk

Die Öffentlichkeit sieht mit großen Erwartungen der Einführung des Fernsehens entgegen. Die maßgebenden Stellen des deutschen Rundfunks sind daher vor eine schwere Entscheidung gestellt, da alle Mißerfolge ihnen zur Last fallen werden, alle Erfolge aber selbstverständlich sind. Die Entscheidung, die hier zu fällen ist, ist nicht weniger leicht als vor sechs Jahren der Entschluß, den Unterhaltungsrundfunk aus der Taufe zu heben. Auch wenn die Empfangsgeräte von damals, gemessen mit den Preisen von heute, sehr kostspielig waren, bestand doch für den neu hinzutretenden Teilnehmer die Möglichkeit, ohne nennenswerte Kosten einen einfachen Detektorapparat zusammenzubauen und durch Verbesserungen und Zusatzgeräte zu vervollständigen ...

Anders beim Fernsehen. Hier müssen wir uns auf eine ganz bestimmte, durch Punktzahl, Bildzahl und Art der Synchronisierung gekennzeichnete Sendemethode und mit dieser auf einen vorher definierten Grad der Vollkommenheit festlegen, ehe an eine Einführung gedacht werden kann. Ein Fernsehempfänger ist schwer selbst zu bauen, und die käuflichen besseren Geräte werden die Preisstufe eines hochwertigen Rundfunkempfängers erreichen...

Trotz dieser kritischen Bedenken halte ich es für selbstverständlich, daß alle nötigen Mittel aufgewendet werden, um das Fernsehen und seine technische und künstlerische Eignung für den Rundfunk zu prüfen.

Mehrere Jahre auf Sparflamme in Wartestellung

Die Skepsis der Bürokratie und die damalige Wirtschaftslage führten dazu, daß in den nächsten Jahren die von der Post unterstützten Fernsehexperimente nur noch auf Sparflamme weitergingen. Während die deutsche Fernmeldeverwaltung die Weiterentwicklung der aufnahmetechnischen Geräte der Industrie überließ, experimentierte sie vor allem mit der Verbreitungstechnik. Mit Sendeversuchen auf verschiedenen Frequenzen in den Bereichen von Mittel-, Lang- und Kurzwelle sammelte das Reichspostzentralamt weitere wichtige Erkenntnisse über Zeilenzahl und Bildwechsel pro Sekunde und damit über die Bandbreite, den entscheidenden, aber bisher nur unzulänglich bewältigten Voraussetzungen für die Bildauflösung.

Die seit 1925 bereits bekannte Ultrakurzwelle schien eine brauchbare Alternative anzubieten, so daß das Reichspostzentralamt ab August 1932 erste Versuchssendungen in dem Frequenzbereich zwischen 37,5 MHz und 50 MHz bei einer Bandbreite von 150kHz durchführte. Der Berliner Funkturm, zusätzlich mit einer Sendeantenne zum Fernsehturm erweitert, strahlte 90zeilige Bilder aus und - nach Vergrößerung der Bandbreite auf 500 kHz - ab Ende 1933 gar 180-Zeilen-Bilder.

MECHANIK ODER ELEKTRONIK

Anfang der dreißiger Jahre setzte eine Entwicklung ein, die bereits erkennen ließ, daß die Zukunft nicht der mechanischen Abtastung und Wiedergabe nach dem System Nipkow gehörte, sondern dem Fernsehen auf rein elektronischer Grundlage. Es bedurfte nur des Rückgriffs auf die einschlägigen Vorarbeiten des Physikers Ferdinand Braun, der bereits 1897 die nach ihm benannte Kathodenstrahlröhre entwickelt hatte. Die Braunsche Röhre sollte eigentlich der Darstellung elektrischer Ströme und nicht der Übermittlung von Bildern dienen, sie wurde jedoch ab Mitte der zwanziger Jahre von Technikern als elektronischer Strom/Licht-Wandler genutzt.

Vladimir Zworykin

Eine Weiterentwicklung der Braunschen Konstruktion ließ sich der in den Vereinigten Staaten lebende russische Physiker Vladimir Zworykin zur elektronischen Abtastung für Filme und Standbilder patentieren. Auf dessen Vorarbeiten sich stützend, gelang als erstem Manfred von Ardenne Ende 1930 eine Fernsehübertragung auf elektronischem Weg. Dafür verband Ardenne die von Arthur Wehnelt entwickelte Glühkathode mit der Braunschen Röhre und nutzte sowohl bei Aufnahme als auch bei Wiedergabe von Bildern den Elektronenstrahl.

M. v. Ardenne: Mein Leben für Fortschritt und Forschung

Alle an der Entwicklung des Fernsehens maßgeblich beteiligten europäischen Stellen bedienten sich 1930 ohne Ausnahme mechanischer Methoden zur Bildzerlegung und -Zusammensetzung. Mit zunehmender Bildfeinheit mußte der mechanisch-optische Weg zu sehr lichtschwachen Bildern und zu sehr teuren präzisionsmechanischen Bauelementen führen, die dann ein Hindernis für die allgemeine Durchsetzung des Fernsehens gebildet hätten. Ich sah, daß dieser Weg in einer Sackgasse enden mußte. Demgegenüber hatte die Bildsynthese mit abgelenkten Elektronenstrahlen den grundsätzlichen Vorteil, daß bewegte mechanische Teile ganz wegfielen und höchste Präzision der Bildbeschreibung allein auf Grund einer elektronenoptischen Entwicklung erreichbar schien... Diese grundsätzliche Überlegenheit des Fernsehens auf rein elektronischer Basis in den genannten entscheidenden Punkten erwies sich bald nach unseren öffentlichen Demonstrationen als ausschlaggebend. (eine Eigendarstellung von Ardenne: Mein Leben für Fortschritt und Forschung, DDR 1984)

Manfred v. Ardenne hat gute Ideen

Ardennes Forschungen machten auch die führenden fernsehtechnischen Industriefirmen, die bisher ausschließlich auf mechanische Abtastung und Wiedergabe gesetzt hatten, hellhörig. Um den Anschluß auch an die internationale Entwicklung nicht zu verpassen, stellten sie sich um und befaßten sich mit dem Fernsehen auf elektronischer Basis.

Funkausstellung 1932

Ein erstes Resultat ihrer Bemühungen konnten die Besucher der Funkausstellung von 1932 bestaunen: Fernsehempfänger, deren Bilder geräuschlos auf eine Kathodenstrahlröhre projiziert wurden. Als Bildgeber waren allerdings immer noch Nipkow-Scheiben in Betrieb, die das Bild in 90 bzw. 120 Zeilen zerlegten. Schon ein Jahr später hatten auf der Berliner Funkausstellung Fernseher mit der Braunschen Röhre Empfänger auf der Basis von Nipkows Konstruktion restlos verdrängt.

FERNSEHPROGRAMM IN SICHT

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme in Deutschland trat für geraume Zeit die Förderung des Fernsehens durch die öffentliche Hand zugunsten einer forcierten Propaganda für den Hörfunk („Volksempfänger ... in jedes deutsche Haus") in den Hintergrund. Doch als sich die Rundfunkerschließung des Reiches zu einem Selbstläufer entwickelt hatte, erinnerte sich die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft und das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda des propagandistischen Werts des Fernsehens, ließ sich doch mit ihm aller Welt der technische Fortschritt Deutschlands demonstrieren.

Nachdem im Mai 1934 bekannt geworden war, daß der britische Rundfunk, die BBC, in etwa anderthalb Jahren mit der regelmäßigen Ausstrahlung von Fernsehsendungen beginnen wollte, mußte in Deutschland binnen kurzer Zeit die Grundlage für einen Programmbetrieb aus dem Boden gestampft werden, um den Engländern die Premierenshow zu stehlen.

Zwei UKW Sender fürs Fernsehen

Bereits seit dem Frühjahr 1934 stand ein zweiter UKW-Sender am Berliner Funkturm zur Verfügung, den die Post zur Ausstrahlung des Bildsignals nutzte; der bereits vorhandene Sender verbreitete zeitgleich das Tonsignal. So konnten während der als „Fernkino" bezeichneten Versuchssendungen nach Stummfilmen nunmehr auch Tonfilme mit Hilfe eines Filmgebers verbreitet werden. Für direkte Sendungen von kleinen Szenen und Sketchen nutzten die Fernsehexperten einen Personenabtaster, den das Reichspostzentralamt in der Nähe des Funkturms installiert hatte.

In "Fernsehen und Tonfilm" ist 1935 zu lesen

An technischen Mitteln steht uns eine Bildgeberapparatur zur Verfügung, die es gestattet, Kinofilme auf dem Fernsehwege zu übertragen. Es muß hierbei hervorgehoben werden, daß durch die technische Begrenzung der Bilder auf 180 Zeilen und 25 Bildwechsel eine Auswahl der verwendeten Filmbilder notwendig ist. Es empfiehlt sich, nur einfache Motive zu übertragen. Leider ist auch die Übertragung von normalen Kopien nur selten möglich... Bei Filmen, die sämtliche Schwärzungsunterschiede enthalten, muß man fast stets ein wenig gedecktes, flaues Positiv für die Wiedergabe durch den Fernsehgeber herstellen.

Der Sprung ins "kalte Wasser"

Diese Vorbereitungen schienen den Rundfunkverantwortlichen zu genügen, den Sprung ins kalte Wasser zu wagen. Wie übereilt die kurzfristig angesetzte Programmeröffnung am 22. März 1935 erfolgte, zeigt, daß die erste Sendung mit der Übertragung eines Festaktes nur über fünf Fernsehgeräte im Berliner Haus des Rundfunks empfangen werden konnte. Zu diesem Zeitpunkt gab es nur 50 Empfänger, hauptsächlich bei Post- und Rundfunkmitarbeitern innerhalb der Reichshauptstadt.

Später kamen Empfangsgeräte bei Behörden und Dienststellen von Partei und Staat sowie ausgesuchten Pressejournalisten hinzu. Das interessierte Publikum mußte sich hingegen mit dem Besuch von Fernsehstuben, die vorwiegend in Postämtern eingerichtet waren, begnügen. Außerdem hatte es Zutritt zu posteigenen sogenannten „Fernsehtheatern", in denen auf Projektionswänden bis zur Größe von 3 x 4m die Sendungen verfolgt werden konnten.

Anmerkung: Völlig unter den Tisch gekehrt wurde bei der wiederholten Beschreibung dieser Fernsehkinos: der Eintritt kostete Geld und zwar 20 Pfennige für eine Stunde und das war bei einem Monatsverdienst von etwa 50 Reichsmark damals für viele Berliner bereits sehr viel Geld.

.

EIN MEDIUM OHNE PUBLIKUM

Das neue Medium blieb praktisch ohne Publikum, obwohl die technischen Einrichtungen laufend verbessert wurden. Hatten die ersten Programmansagen noch in einem Raum von der Größe einer Telefonzelle stattfinden müssen, so stand 1936 bereits ein 10qm großes Ansagestudio zur Verfügung. Im gleichen Jahr während der Olympischen Spiele in Berlin erlebte das Fernsehen mit zahlreichen Direktsendungen seine erste Bewährungsprobe als aktuelles Medium. Unterhalb der Ehrentribüne war die eigens zu diesem Anlaß von Walter Bruch entwickelte und wegen ihres riesigen Teleobjektivs „Fernseh-Kanone" genannte elektronische Ikonoskop-Kamera stationiert.

Anmerkung: Das ist die von Helmut Krueger in 2007 so sehr bemängelte Geschichtsverfälschung bezüglich Walter Bruchs Mitwirkung. Es war nämlich die von Emil Mechau entwickelte Kamera, die dieser bei Telefunken im Labor des Dr. Schröter entwickelt hatte. Ob und wieweit Bruch daran überhaupt beteiligt war, ist sehr zweifelhaft. Schröter hatte alle verdienstvollen Mitarbeiter immer namentlich genannt. Der Name Walter Bruch kam dabei vor 1958 nie vor.

.

Ansage zur Eröffnung der Olympischen Spiele, August 1936

Achtung! Achtung! Hier ist der „Fernsehsender Paul Nipkow, Berlin" mit Ton auf Welle 7,06 m und mit Bild auf Welle 6,77 m mit der Olympia-Son-L dersendung. Es senden gemeinsam die Deutsche Reichspost, die deutsche Fernseh-In-dustrie und der Fernseh Programmbetrieb. Direktes Übertragen der wichtigsten Kampfphasen von den olympischen Kampfstätten und in Abwechslung Darbietungen erster deutscher Künstler mit Tonfilmen der Filmindustrie und des aktuellen Bilddienstes des „Fernsehsenders Paul Nipkow, Berlin".

Am heutigen Tage der feierlichen Eröffnung der XI. Olympischen Sommerspiele beginnen wir mit einer Filmsendung von den „Vorbereitungen der Olympischen Spiele" und werden uns anschließend auf das Maifeld umschalten, um Ihnen einen Stimmungsbericht vom Reichssportfeld zu verschaffen.

441 Zeilen Fernsehen im Nov. 1938

Zeitgleich mit der Einführung der Norm von 441 Zeilen im November 1938 ging im Berliner Deutschlandhaus ein Studio von 300qm in Betrieb, das mit vier Ikonoskop-Kameras ausgestattet war, die den Schauspielern den Auftritt auch unter Scheinwerferlicht ermöglichten. Ein Film- sowie ein Diaabtaster ergänzten die Einrichtungen dieses Studios, in dem Fernsehspiele und Shows produziert wurden.

Mit zwei Kameras war ein zweites, wesentlich kleineres Studio bestückt. Für aktuelle Sendungen standen fünf Übertragungswagen zur Verfügung, die schon ab Mitte der dreißiger Jahre nach dem sogenannten „Zwischenfilmverfahren" arbeiteten. Dabei wurde eine 60m lange endlose Filmschleife zunächst zur Aufnahme, nach dem Entwickeln - nach nur 65 Sekunden - zum Abtasten und Senden sowie anschließend wieder zur Aufnahme genutzt.

Wie immer - eine gründliche Planung

Während sich der Auf- und Ausbau der studiotechnischen Einrichtungen ganz auf Berlin konzentrierte, gingen die Planungen für die künftige Fernsehversorgung weit über den Einzugsbereich der Reichshauptstadt hinaus. Mit Hilfe umfangreicher Messungen über die Ausbreitungseigenschaften der für die Fernsehausstrahlung zu nutzenden ultrakurzen Welle wurden 21 Senderstandorte ermittelt. Die zwischen 2 und 20kW starken Sender sollten vorwiegend in Ballungsgebieten errichtet und per Breitbandkabel mit der Fernsehsendezentrale in Berlin verbunden werden.

So begannen im Februar 1937 Bauarbeiten an einem Fernsehsender auf dem großen Feldberg im Taunus zur künftigen Versorgung des Rhein-Main-Gebiets. Im April 1939 stand der Fernsehsender Brocken, der bis nach Hannover, Kassel, Erfurt und Magdeburg reichen sollte, für den Probebetrieb zur Verfügung. Auch München, an dessen Fernsehsender die Post noch im Sommer 1939 mit Hochdruck arbeiten ließ, das Ruhrgebiet, Hamburg, Nürnberg und Wien waren für die erste Ausbaustufe vorgesehen.

FREIGABE DES EMPFANGS

Bereits 1938 stellten die führenden Firmen der Fernsehindustrie während der Funkausstellung Empfänger vor, die für die 441-Zeilen-Norm ausgerüstet waren.

Anstelle der bisherigen Bildschirme im Miniaturformat wiesen die neuen Empfänger Mattscheiben in einer Größe von 20 x 23cm bis zu 40 x 50cm („Heimprojektionsempfänger") auf. Trotz der hochentwickelten Empfangstechnik zögerte der Reichspostminister noch immer, das Fernsehen für die Allgemeinheit freizugeben und damit Serienproduktion und Einzelverkauf von Empfangsgeräten zu ermöglichen. Der Propagandaminister hielt nicht viel vom neuen Medium, sondern förderte nach Kräften den Hörfunk.

1939 - Der Fernseh-Einheitsempfänger

Doch ein Jahr später schien es soweit: Als Gemeinschaftsprodukt war auf der Funkausstellung, die erstmals auch gleichzeitig als Fernsehausstellung firmierte, der deutsche Fernseh-Einheitsempfänger mit einer neukonstruierten rechteckigen kompakten Braunschen Röhre zu sehen. Zum öffentlichen Verkauf des Einheitsempfängers kam es aber nicht mehr, obwohl der Postminister den gebührenfreien Fernsehempfang für die Öffentlichkeit freigab.

Edgar Suhling:
Der deutsche Einheits- Fernsehempfänger E1, 1942

Bisher war es üblich, Fernsehröhren runder Form mit stark gekrümmtem Leuchtschirm zu benutzen. Die geforderte räumliche Beschränkung bei großem Bildformat läßt sich mit einer solchen Röhrenform schlecht vereinbaren, weil erhebliche Teile der runden Schirmfläche infolge des rechteckigen Bildformats ungenutzt bleiben. Deshalb wurde für den Einheitsempfänger eine Röhre mit viereckigem Leuchtschirm entwickelt, dessen Fläche nur unwesentlich größer als das geplante Bildformat ist und bei welcher der vom Kathodenstrahlnicht überstrichene Teil... eingespart wird.

Wieder mal kam "ein" Krieg dazwischen

Alle weitgesteckten technischen Ziele konnten nicht mehr verwirklicht werden, da der angefangene Zweite Weltkrieg in Deutschland ganz andere Prioritäten setzte als ein in Propagandistenaugen eher unnützes Medium zu fördern, dem das Massenpublikum fehlte. Dennoch ließen die nationalsozialistischen Machthaber die Programmacher des Fernsehens gewähren, die weitgehend unter Ausschluß der Öffentlichkeit ihre Arbeit fortsetzten. Erst in den letzten Kriegsjahren war auch damit Schluß. 1943 fiel zunächst der Fernsehsender in Berlin einem Bombenangriff zum Opfer, so daß die Sendungen nur noch über Kabel an die wenigen Empfangsstellen, hauptsächlich in Lazaretten der Reichshauptstadt, übermittelt werden konnten. 1944 wurde das Studio als Filmatelier genutzt und stand somit für das Fernsehprogramm nicht mehr zur Verfügung.

Die Autoren kommen von ARD, ZDF, DRA und IRT

1989 - Herausgeber: Arbeitsgruppe „Geschichte der Rundfunktechnik"
der Technischen Kommission ARD/ZDF Text: Dr. Ansgar Diller, Deutsches Rundfunkarchiv (DRA)- Redaktion: Dipl. Ing. Wolf gang Weinlein (SWF) - Dipl. Ing. Albrecht Hafner (SWF) Gestaltung: T.G. & Partner, Baden-Baden - Copyright: Institut für Rundfunktechnik, München (IRT) - Bildnachweis: Archiv für das Post- und Fernmeldewesen, 3/85 (2) Archiv für das Post- und Fernmeldewesen, 5/53 (2) - Aus der Berliner Postgeschichte (Gesellschaft für deutsche Postgeschichte e.V., Bez.-Gruppe Berlin), 4/85 (1) Unterrichtsblätter der Deutschen Bundespost, 3/85 (1) Heide Riedel, Fernsehen - Von der Vision zum Programm. Berlin 1985 (5) Peter Holtschmidt, Geschichte und Technik der Fernsehempfänger, Selbstverlag 1984
.

.

- Werbung Dezent -
Zur Startseite - © 2006 / 2024 - Deutsches Fernsehmuseum Filzbaden - Copyright by Dipl. Ing. Gert Redlich - DSGVO - Privatsphäre - Redaktions-Telefon - zum Flohmarkt
Bitte einfach nur lächeln: Diese Seiten sind garantiert RDE / IPW zertifiziert und für Leser von 5 bis 108 Jahren freigegeben - kostenlos natürlich.