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Hier stehen die Messe- bzw. Veranstalter "Informationen".

Im Unterschied zu unseren überwiegend selbst formulierten Artikeln und Kommentaren sind das die vorauseilenden Lobeshymnen der Redakteure und Pressemenschen sowie der Messe-Ausrichter, der Messegesellschaften und der Veranstalter. Allermeist basieren die auf den vorab verteilten Presse- Informationen der Hersteller oder der Vertriebsfirmen. Nur die wenigsten dieser Lobeshymnen waren "wahr" bzw. hatten sich wirklich erfüllt.
Die Fachblätter und Magazine waren meist (finanziell) darauf angewiesen, solche Artikel unkommentiert zu veröffentlichen, weil da allermeist auch sogenannte "flankierende Anzeigen" (hinzu) geschaltet wurden. Über diese selbstverständlich erfundenen nebulösen ("das gabs doch gar nicht") Zusammenhänge gibt es ausführliche Seiten im Hifi-Museum, weil es dort ganz besonders offensichtlich wurde, wie "das Spiel" funktioniert.

Und: wir sollten unterscheiden zwischen "Zeilen" und "Linien"

Es fällt immer wieder auf, daß selbst gestandene Fach-Redakteure und Fach-Autoren diese beiden Begriffe allzuoft verwechseln, vertauschen oder ungeschickt benutzen. Viele PAL- Kameras konnten trotz nomineller 625 Zeilen nur echte 450 Linien aufnehmen und auch darstellen. Gleiches gilt für Videorecorder, Monitoren und Fernseher aller Hersteller. In den gesamten englisch sprachigen Publikationen sind es die verwechselbaren "lines" (und ab und zu die TV-lines) und man muß Nachsicht walten lassen. "Sie" unterscheiden das ganz selten.

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NAB '91-Berichterstattung - Teil 1

aus FEENSEH- UND KINO-TECHNIK Nr. 6/1991 von Rainer Bücken
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Die NAB - Zweigeteilt für heute und morgen

Alljährlich veranstaltet die "National Association of Broadcasters", kurz und bündig NAB genannt, ihre Ausstellung, die mit einer recht hochkarätigen Konferenz verbunden ist.

In diesem Jahr 1991 gab es eine interne Konkurrenz: Zur gleichen Zeit fand - räumlich eng verbunden - die "HDTV-World 91" statt, bei der Ausstellung und Kongreß nur unter einem Thema standen, der mehr oder minder sprunghaften Verbesserung von Bild und Ton.

Zunächst aber ein paar Zahlen

Zunächst aber ein paar Zahlen, die das Umfeld der Ausstellung beschreiben. So präsentierten vom 15. bis 18. April 1991 über 700 Aussteller in der Haupt- und Westhalle des Las Vegas Convention Center, kurz LVCC genannt, dem Außengelände und dem Las Vegas Hilton ihre Produkte, Dienstleistungen und Ideen.

Eines machte dabei wohl allen Besuchern zu schaffen, nämlich die recht langen Wege zwischen und in den Gebäuden.
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  • Anmerkung : Der Autor Gert Redlich war im Frühjahr 1986 zu ersten Male in Las Veags und durchwanderte fast wie im Tran die große Anzahl der Riesenhotels an der Haupstraße und in Down-Town. Auch das Messe-Center war damals zur Computermesse schon gigantisch groß. Das alles wurde auf den nackten Wüstenboden betoniert und bewässert.

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1991 gab es Ärger mit dem Krach und dem Staub

Problematisch war vor allem das Wüten der Abrißbirne. Der gesamte frühere Eingangsbereich nebst Rotunde lag in Schutt und Asche, Bagger und riesige LKWs bemühten sich, die Leistungsfähigkeit der US-amerikanischen Bauindustrie auch im High-Tech-Zeitalter immer wieder unter Beweis zu stellen.

Und wenn es nur dadurch geschah, daß sich stinkende und dreckige Schuttfahrzeuge durch die Besuchermassen zwängten. Da gab es schon Mal Kollisionen.

Die einen wollten vom, die anderen ganz schnell aufs Ausstellungsgelände. Und wenn dann der eine oder andere LKW schon mal ein paar Steine auf dem kunstvoll drapierten Kunstrasen verlor, so sollte man froh sein, nicht getroffen worden zu sein.
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1990 war die NAB in die CNN-Stadt Atlanta ausgewandert

Bis zur nächsten NAB, die vom 13. bis 16. April 1992 wieder in Las Vegas stattfindet, soll nicht nur der Abriß, sondern auch der Neubau bewältigt sein. Eigentlich hätte das alles schon ein Jahr früher passieren sollen, denn als Grund für das NAB-Ausweichmanöver von 1990 in die CNN-Stadt Atlanta wurden schließlich immer wieder die Bauarbeiten ins Feld geführt.

Bauzeit ist in Nevadas Wüste eh' das ganze Jahr, und so könnte man im nächsten Jahr (dann in Atlanta) tatsächlich nicht nur auf kürzere Wege, sondern womöglich auch bessere Ausstellungsgegebenheiten hoffen.
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Laut Messegesllschaft 51.217 "Fachbesucher"

Die Zahl der Fachbesucher wurde mit 51.217 angegeben, allein 7.170 waren aus 50 Ländern angereist. Übrigens ist in den USA durchaus üblich, die Aussteller als Besucher mitzuzählen.

Zum einen sind sie das ja auch wirklich und zum anderen ist "big noch immer beautiful", zumindest numerisch betrachtet.
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Die NAB - ist offensichtlich eine nationale Veranstaltung

Daß sich die NAB selbst riesig über Ausländer zu freuen schien, sollte man nicht überbewerten. Trotz aller angestrebten Internationalität herrscht auf den meisten Ständen Provinzialität und Lokal-Patriotismus - nicht umsonst glaubt ein echter USA-ler, für ganz Amerika sprechen zu können.

Auch die Aussteller waren auf internationales Publikum kaum eingerichtet. Nur die Großen der Branche hatten ihre Spezialisten aus der ganzen Welt zusammengezogen, und da kam es dann auch zu recht interessanten Gesprächen.

Offiziell jedenfalls schotteten sich die Aussteller ab, luden nur die US-amerikanischen Kolleginnen und Kollegen zu den Pressekonferenzen ein, und das war bei den Franzosen von Thomson nicht anders als bei Japanern von Panasonic. Nur Ampex, BTS und Sony sorgten für die fach- und sachgerechte Internationalität.
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Die "opening speech" von NAB-Prasident Edward Fritts

"Broadcasting is the fabric of American life", erklärte NAB-Prasident Edward Fritts zur Eröffnung der beiden Ausstellungen und zahlreichen Kongresse. Wenn dem so ist, dann spielt die Politik der FCC, der "Federal Communications Commission" (Anmerkung : eine staatliche Behörde !!!), eine entscheidende Rolle.

Was dort an Standards beschlossen wird, hat quasi Gesetzeskraft, und das nicht nur im Rahmen von HDTV, DAB oder den Radiodiensten.

Ans Ausland gerichtet meinte dazu der FCC-Vorsitzende Alfni Sikes: "FCC policy shall not become an instrument of favoritism or protectionism."

Schön zu hören, schwer zu glauben, wurde doch überall der "amerikanische Weg" gepredigt, nicht zuletzt auch bei HDTV.

HDTV - der Rolls Royce des Fernsehens

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HDTV wird gewiß der Rolls Royce des Fernsehens.

Die richtige Relation zwischen den unterschiedlichen Techniken brachte am ersten Tag Ray Dolby auf den Punkt: "HDTV wird gewiß der Rolls Royce des Fernsehens. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, daß sich die größte Nachfrage auf Chevrolets bezieht."

Anmerkung : Die Chevy's sind die bezahlbaren Volkswagen der Amerikaner.

Doch die Schlagzeilen kommen immer von dem, was morgen sein wird. Und hier dreht sich wohl alles um den richtigen Weg zum besseren Bild.

Doch nicht nur ein Weg steht zur Diskussion, es ist ein ganzes Labyrinth. Hier etwas Klarheit reinzubringen, hatte sich Eddie Fritts, seit 1982 Präsident der NAB, vorgenommen und heftigst für die Premiere der HDTV World gekämpft.
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80 Vorträge an vier Tagen

In 14 Sitzungsreihen gab es an vier Tagen etwa 80 Vorträge und zahlreiche Podiumsdiskussionen. Fritts konnte jedenfalls feststellen, daß die Themen HDTV und "Advanced Television" bereits seit 1986 auf den NABs auch ausstellungsmäßig behandelt wurden.

Die "HDTV World Conference & Exhibition 1991" wurde von Fritts selbst als "größtes Ereignis in der HDTV-Szene, das je stattgefunden hat", apostrophiert.

Prominente HDTV-Protagonisten waren zusammengekommen, um ihre eher persönlichen Erfahrungen mit dem neuen Medium zu verkünden.

Francis Ford Coppola

Francis Ford Coppola hat seit den 1960er Jahren über 40 Filme produziert, jetzt erläuterte der Filmmann aus San Francisco seinen Traum von der elektronischen Film-Produktion. Bereits seit 1975 integrierte er Sony's Heim-Videotechnik Betamax in seine Filme.

1976 besuchte Coppola die NHK und ließ sich von Dr. Fujio das erste HDTV-System mit 1125 Zeilen und 60 Hertz vorstellen.

"Auf meine Frage, ob das reicht, wurde mir gesagt, daß sei der Stand der Technik, mehr wäre derzeit nicht möglich."

Coppola hätte damals schon gerne ein HDTV-System mit 2500 Zeilen gehabt, doch ist diese Zahl in jeder Beziehung noch traumtänzerisch. Für den Filmemacher braucht das Studio der Zukunft HDTV, es ist Petroleum unserer Industrie".

Der Film der Zukunft muß in Tagen und Wochen produziert werden und nicht in Monaten.
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Commissioner Ervin S. Duggan von der FCC

Daß für eine eigenständige HDTV-Entwicklung kein staatliches Geld zur Verfügung steht, machte Commissioner Ervin S. Duggan, von der FCC (Federal Communications Commission in Washington) deutlich. Trotzdem ist er stolz auf die Leistung der Industrie.

"Digitale Kompressionstechniken und digitale Übertragungstechniken sind Technologien, die in den USA entwickelt wurden, sie sind so wichtig wie unsere Fußabdrücke auf dem Mond."

Mit der Einführung von HDTV macht es sich das FCC nicht leicht, geht es doch um einen medientechnologischen und medienpolitischen Balance-Akt zwischen Narrow- und Broadcasting.

"Kabelfernsehen ist Narrow-Casting und trennt Amerikaner in verschiedene Interessengruppen, erst Broadcasting vereinigt uns", erklärte Duggan. Und weiter: "Die Broadcast-Industrie darf nicht sterben, sie ist das elektronische Herz, das die amerikanische Familie zusammenbringt und zusammenhält, sie ist die Technologie, die Amerika vereinigt hat!"

So ist auch zu verstehen, daß man es sich mit der Spektrum-Verteilung viel Mühe gibt. Mit der Standardentscheidung ist nicht vor Frühsommer 1993 zu rechnen. Auch der FCC-Vorsitzende Al Sikes sieht die terrestrische Ausstrahlung von HDTV als ein nationales Ziel.
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Joseph Flaherty von CBS

Joseph Flaherty von CBS stellte einen historischen Ansatz vor. "HDTV kam am 5. Februar 1981 nach den USA, wurde damals in San Francisco bei der SMPTE vorgestellt, auch wenn damals die TV-Industrie dieses Ereignis nicht beachtete", stellte er bedauernd fest.

"Heute arbeiten weltweit etwa 75 Produktionshäuser für TV, Werbung, Industrie und Ausbildung mit HDTV-Techniken." Auf der anderen Seite geht die HDTV-Technik jetzt in die Offensive.

Flaherty stellte verschiedene Methoden der Programmverteilung als Cable-Cast vor, alle befinden sich freilich noch im Testbetrieb. So werden die Cable-Labs bereits im September 1991 mit einem HDTV-Service beginnen, zunächst nur eine Stunde pro Woche, dann bald mehrere Stunden pro Tag. Die HDTV-Programme werden in 12 Kabel-Netze über Satellit geschickt, die jeweiligen Netz-Betreiber können die Programme im Testbetrieb ebenso nutzen wie für öffentliche Vorführungen.
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Auch in USA - das 35mm Filmprogramm dominierend

Geld kann damit auch verdient werden, denn ein Großteil des Programmaterials ist der gute und bewährte 35mm-Film. "Vor zwei Jahren galt die terrestrische HDTV-Ausstrahlung als unmöglich, erst recht die digitale. Heute sind die USA in der Welt führend in der digitalen Übertragungstechnik, die USA ist damit die einzige Nation der Welt, die höchste Priorität auf terrestrische HDTV-Ausstrahlung legt", erläuterte Flaherty.

"Amerikas Broadcaster haben" - so der CBS-Vice-President - "das größte und beste TV-System der Welt aufgebaut und die Farbe reingebracht, den Stereoton dazugegeben, und das alles ohne Gebühren der Zuschauer oder Regierungszuschüsse zu erhalten. Zuschüsse haben wir nie beantragt und nie erhalten."

Für Flaherty ist der Schritt in die Fernsehzukunft mit dem Schritt der frühen mechanischen Abtasttechnik bis zur farbigen NTSC-Technik zu vergleichen.

Corey Carbonara von der Baylor University in Waco

Einen guten Überblick über den Entwicklungs- und Standardisierungsprozeß in den USA gab Corey Carbonara von der Baylor University in Waco.
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  • Anmerkung : Die Baylor University ist eine Privatuniversität in Waco im US-Bundesstaat Texas (südlich von Dallas nach Houston). Die Hochschule wurde 1845 gegründet und ist mit der Baptistenkirche verbunden.

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Das Advanced Television Test Center und die Cable Television Laboratories haben folgenden Testkalender erarbeitet:
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  • - 12. April 1991 bis 12. Juni 1991: ACTV (ACTV/DSRC),
  • - 19. Juni 1991 bis 12. August 1991: Narrow MUSE (NHK),
  • - 3. September 1991 bis 24. Oktober 1991: DigiCipher (General Instrument),
  • - 31. Oktober 1991 bis 27. Dezember 1991: DSC-HDTV (Zenith),
  • - 8. Januar 92 bis 3. März 1992: ADTV (ATRC),
  • - 10. März 92 bis 30. April 1992: ATVA-Progressive (ATA).

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Ein Einblick in die Begriffe der Amerikaner :

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  • ATRC steht für "Advanced Television Research Center" und das wird durch NBC, Thomson, Philips und das David Sarnoff Research Center gebildet.
  • ATA wiederum bedeutet "American Television Alliance" und wird gebildet vom MIT (Massachusets Institute of Technology) und General Instrument Corporation.

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Bis auf die ersten beiden Vorschläge sind alle Verfahren voll digital. Die Industrie hat - zusammen mit dem FCC - herausgefunden, daß allen TV-Sendern mindestens ein weiterer Kanal spendiert werden kann.

Etwa 1.700 neue 6-MHz-Kanäle sollen möglich sein, ohne daß auch nur ein einziger NTSC-Kanal abgeschaltet werden muß.
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Und jetzt kommen Träume : Michael Sherlock von NBC

Michael Sherlock von NBC malte ein - freilich nicht für jeden - schillerndes HDTV-Szenario an die Wand.

Schon jetzt sei es technisch möglich, bis 160 Kanäle im Kabel zu übertragen. Durch Video-Kompression könnte die Kapazität künftig auf über 200 erweitert werden. Trotzdem gibt es noch etwas, was der weiteren Fragmentierung der Zuschauerinteressen entgegenwirkt: "Die terrestrische Ausstrahlung wird das Rückgrat des amerikanischen TV-Systems bleiben", stellte Sherlock fest.

So ziehen die nationalen Networks in den Hauptsendezeiten derzeit noch etwa 60% der Zuschauer an. Die Broadcaster haben zu bedenken, daß sich dieses Publikum weiter aufteilen könnte.

Wird es 1993 zu keiner Entscheidung kommen, könnten - so Sherlock weiter - andere Medien HDTV-Programme liefern. Die Basis hierfür sind Fernsehempfanger mit dem Bild Seitenverhältnis von 16:9.

Prognosen nennen eine Sättigung von 90% - allerdings erst im Jahre 2015. Dabei kommt es natürlich auf den richtigen Übergang an. Mit einem EDTV-Ansatz könnte man den Programmarkt stimulieren und einen Widescreen-Service auf den gegenwärtigen NTSC-Kanälen ermöglichen, und das bei minimalem sendeseitigen Aufwand.

Hier nun kam das "Advanced Compatible Television-System" zum Zuge, denn das ist das einzige, das wirklich kompatibel ist und im NTSC-Kanal übertragen wird. Dazu paßt auch die Forderung nach leichtem und kostengünstigen Produktionsequipment.

"Wir brauchen vor allem für Sport- und Nachrichtensendungen praktische und kosteneffektive Lösungen für die Einführung von ADTV. Wir brauchen einen Satz von harmonischen Produktionsstandards, die zu den Diensten passen."

Der ACTV-Service soll eine preiswerte Einführungsstrategie in die HDTV-Welt eröffnen, denn ACTV-Receiver ließen sich zu HDTV-Empfängern ausbauen.
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Mehr Programme oder bessere Qualität

Jack Clifford von der "Providence Journal Broadcasting Corporation" erläuterte die HDTV-Problematik aus der Sicht eines Programmanbieters, der 750.000 HBO-Teilnehmer (Pay-TV) bedient.

Künftig könne er über zwei 6-MHz-Kanäle sowohl HDTV als auch NTSC-Programme anbieten. Doch gerade das sei recht unlogisch im Vergleich zur Einführung der Farbe. Da gab es in den 1940er Jahren einen Wettkampf zwischen dem inkompatiblen (mechanischen) CBS-Verfahren und der kompatiblen RCA-Technik.

Schließlich führte die Forderung des FCC zur Gründung des NTSC - und dem danach benannten Farbübertragungssystem, verbunden mit einer evolutionären Einführungsstrategie.

Das passierte in einer Zeit, in der es hohe Zuwachsraten im TV-Geschäft und keine Konkurrenz durch Farbanzeigen in Tageszeitungen gab. Hinzu kam der Wunsch des Publikums nach Farbsendungen, und dem mußte sich jedes Studio unterordnen, um im Geschäft zu bleiben und auch ein Return-on-Investment zu erreichen.

Die Werbegelder sprudelten in den 1950er und 1960er Jahren offenbar ohne Unterbrechung. Es waren die Goldenen Zeiten der US-Broadcaster.
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Keiner in USA schreit nach HDTV

Doch jetzt haben sich die Zeiten geändert - keiner schreit nach HDTV. "Diese neue Technik ist auch keine Evolution, sondern eine Revolution", so Jack Clifford. "Ich weiß nicht, wie Return-on-Investment für Broadcaster und für Kabelbetreiber möglich sein soll."

Bedenken hat der Programmlieferant auch bei seinem Kabel. "Um HDTV zu übertragen, müssen wir den gegenwärtigen Programm-Service eliminieren. Jetzt übertrage ich in den meisten Anlagen 54 und mehr Kanäle, in einem sogar über 100 Kanäle. Da alle besetzt sind, müßte ich einige Programme herausnehmen, und das für 99 der Teilnehmer, die sich keinen HDTV-Empfänger angeschafft haben. Doch alle bekommen weniger Service,"

Dabei dürften die meisten Kabelbetreiber noch ältere Systeme mit geringeren Kapazitäten unterhalten. Und da sind die Probleme sogar noch gravierender.

Um die Kapazitäten im Kabel zu erhöhen, sind Investitionen von einigen hundert Milliarden Dollar nötig, eine Summe, die sich derzeit kein Kabelbetreiber vorzustellen vermag.

Anders sieht es bei terrestrischen Sendern aus, da könnte es zu einem Return-on-Investment kommen. "Schließlich bekam CNN das größere Publikum nicht wegen besonders klarer und hochauflösender Bilder, sondern wegen des Neuheitenwertes der Bilder. Es wurde aufgenommen, was die Leute sehen wollten.

"Wenn wir jetzt von NTSC nach HDTV gehen, so ist der Unterschied weniger dramatisch als von Schwarzweiß nach Farbe. Weder Werbung noch die Gerätekäufer werden das honorieren", erklärte Clifford seine Vorbehalte.
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Die Kosten spielen schon eine Rolle

Ein weiterer Aspekt scheint nicht minder wichtig. Der typische US-Haushalt wird jedes Jahr kleiner, die aufzubringenden Kosten für Wohnen immer größer. Mit der zunehmenden Zahl der Haushalte kann der Kundenkreis für Großbildfernsehen wohl kaum mithalten.

In den kleiner werdenden Wohnungen scheint - ebenso wie in Japan - kaum Platz für große Bilder zu sein. Bei 16:9-Geräten glaubt Clifford erst bei viel größeren Bilddiagonalen als 30" einen deutlichen Unterschied gegenüber der konventionellen 4:3-Technik sehen zu können.

"Ich habe jedenfalls meine Zweifel bei HDTV, es bringt zu wenig und kostet zu viel. Für uns sind bessere Programme wichtiger als Bilder in einer schärferen Auflösung", schloß Clifford seinen Vortrag, für den er heftigen Beifall kassierte und so manchen HDTV-Protagonisten - nicht zuletzt Dale Cripps, Herausgeber des HDTV-Newsletters, fast sprachlos machte.
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Die Ängste der Europäer

Was wäre eine HD TV-Weltkonferenz ohne europäische Beteiligung ? Schließlich haben europäische Industrie, Forschungsinstitute, Rundfunkanstalten und Fernmeldeverwaltungen viel für die HDTV-Entwicklung getan.

Klaus Schneider vom ZDF machte die unterschiedlichen Auffassungen zwischen altem und neuem Kontinent deutlich. Die Forderung nach einem verbesserten Fernsehen sei nicht durch die unterschiedlichen Organisationsformen des Rundfunks zu suchen, sondern im Wettbewerb unterschiedlicher Medien, die alle über das gleiche Endgerät wiedergegeben werden sollen.

So kommen als Programmquellen mehr und mehr Video- bzw. Camcorderaufnahmen in betracht, außerdem Laser Discs, CD-Video usw.

Bei alledem muß das gegenwärtige terrestrische Fernsehangebot als Rückgrat der Fernsehversorgung aufrechterhalten bleiben. Und das ist aber dauerhaft nur möglich, wenn auch die technische Qualität dieser terrestrischen Fernsehprogramme verbessert wird.

Kein langsamer Übergang zu HDTV sinnvoll bzw. möglich

Einen langsamen Übergang zu HDTV hält Schneider nicht für möglich, und gibt einem evolutionären Ansatz keine Chancen.

"HDTV muß parallel entwickelt werden, technisch und dramaturgisch", stellte der ZDFler fest. In einem Punkt gab sich der Mainzer auch visionär: "Die Übertragung wird digital, und das überall auf Welt!" Damit brachte er auch einen Beschluß der EBU ins Spiel, der einen einheitlichen digitalen Übertragungsstandard forderte.


Um Programme für die neuen 16:9-Fernseher liefern zu können, hält Schneider einen EDTV-Ansatz für zwingend, ohne jedoch detailliert auf PALplus bzw. D2-MAC einzugehen.

In fünf Jahren (Anmerkung : das wäre in 1996) hält Schneider eine Sättigung bei 16:9-Geräten von 4 bis 5% für möglich, und dann wäre es die richtige Zeit, mit einem EDTV-System zu kommen.
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"Eureka 95" - die Kolonne marschiert weiter ......

Vom digitalen Ansatz scheint das Eureka 95 - Projekt nichts zu halten, obwohl es immerhin auch das Projekt 256 gibt, Fred von Roussel von BTS-USA (aus Mahwah, New Jersey) stellte das EUREKA 95 - Konzept vor, sicherlich nicht, um die US-amerikanische Industrie vom digitalen Weg abzubringen.

In der ersten Phase von 1987 bis 1989 wurden 2.000 Mannjahre investiert, von 1991 bis 1992 sind weitere 3.400 Mannjahre vorgesehen, allein zur Olympiade 1992 sollen bis 20 HDTV-Ü-Wagen zur Verfügung stehen.

Bis 1995 - dem geplanten Einführungstermin der neuen Technik - sollen europaweit über 50 HD-MAC-Kanäle zur Verfügung stehen.

Die HDTV Planung der olympischen Sommerspiele 1992

Die Popularisierung der europäischen HDTV- bzw. HD-MAC-Idee soll mit dem " 1000-HD-MAC-Empfänger-Programm" mit den olympischen Sommerspielen 1992 beginnen.

An strategischen Punkten sollen sie aufgestellt werden, 600 bis 700 sollen als Röhrengeräte mit einer Diagonale von 36" produziert werden, der Rest dürfte sich auf verschiedene Rückprojektionsgeräte, vornehmlich in der 50"-Klasse, verteilen.

Täglich sollen dann 8 bis 10 Stunden Programm geboten werden. Bis dahin wird BTS auch die Arbeiten an der digitalen 1,2-Gbit/s-MAZ abgeschlossen haben, die Produktion der Maschinen soll dann 1993 anlaufen.

Es gab auch einige Punkte, über die sich eine Diskussion gelohnt hätte. So ist die Feststellung, daß mit D2-MAC eine viel bessere Bild- und Tonqualität als mit PAL erreicht würde, sicherlich interpretationsbedürftig.

Und die zum Schlüsselfaktor stilisierte Kompatibilität mit dem existierenden Empfänger-Park ist es sicherlich auch.

Dr. Joseph Donahue - Parallelität von EDTV und HDTV

Dr. Joseph Donahue von "Thomson Consumer Electronics" brach eine Lanze für die Parallelität von EDTV und HDTV. Bei alledem spielt die Henne-Ei-Problematik eine große Rolle:

Ohne Empfänger wird es keine Programme geben und ohne Programme wird sich niemand ein HDTV-Gerät kaufen wollen. Also kann hier nur der evolutionäre Ansatz zum Erfolg führen.

Für die Programm Veranstalter heißt das, mit geringem Aufwand aus dem NTSC-Signal ein ACTV-Signal zu gewinnen. Wer HDTV veranstalten will, muß weitaus mehr investieren, braucht neues Programmaterial und Decoder, Transmitter und meistens einen weiteren Mast.

Bevor aber 16:9-Programme ausgestrahlt werden können, müssen die Empfänger da sein. Und das ist genau das, was derzeit in Europa passiert. Es werden zunächst bei Telefunken 16:9- Empfanger mit einer Diagonale von 34" verkauft (komplett etwa 9.500 DM), und zur bzw. nach der IFA (1991 ??) wird es Programme in 16:9-D2-MAC geben.


Eine Alternative von EDTV und HDTV gilt für Donahue nicht. Vielmehr sollen mit einer Investition beide Techniken ermöglicht werden. Damit HDTV überhaupt eine Chance bekommt, müssen zu einem bestimmten Zeitpunkt die meisten Programme sowohl im Kabel auch die terrestrisch ausgestrahlten in 16:9 ankommen.

"16:9-Empfänger lassen sich nicht einführen, wenn die große Masse der Programme weiterhin in 4:3 gesendet wird", stellte der Thomson-Manager fest. Und weiter:

"Die Kombination von 16:9-EDTV auf gegenwärtigen Kanälen und HDTV-Simulcast bietet die größte Breite vergleichbarer Investitionsmöglichkeiten."
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HDTV und "Media-Fusion"

Lange hat es gedauert, bis das "berüchtigte" Ministry of International Trade and Industry (MITI) mal über HDTV redete.

Aus Tokio war Yoshiki Mikami angereist.

Er machte vor allem deutlich, daß HDTV nicht nur im Broadcast-Bereich wichtig sein wird. Hohe Bildqualität, das breitere Format von 16:9 und andere Feature würden HDTV für zahlreiche Anwendungen interessant machen, so für Kunst, Medizin, Museen, Ausbildung, Photographie, Simulation, Verlagswesen, Design-Studios und Verwaltungen.

Dann sollte ein Videoband laufen, aber auch hier streikte zunächst die Technik. Später klappte es dann doch. Erklärt wurden die Vorteile von HDTV, und hier besonders das breitere Format und das eindrucksvolle, realistische Bild.
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Das breitere Format und das eindrucksvolle Bild

Die ausgezeichnete Farb- und Detailwiedergabe wurde anhand von OP-Aufnahmen gezeigt. Bislang wurden in Japan schon über 50 Operationen mit HDTV aufgenommen. Aufnahmen von einem Patienten können per Kabel, Satellit oder Band schnell verteilt werden, speziell für medizinische Kongresse, zu Universitäten usw.

Auch die Wandlung in andere Medien wurde vorgeführt - so die Ausgabe als Dias oder Druckvorlagen. Auch umgekehrt geht das, Dias, Röntgenfilmen und andere Materialien lassen sich per HDTV übertragen und auf Videoband, Laser Disc und CD-Video übernommen werden. Vorteil derartiger Archive sind die hohe Bildqualität und der schnelle Zugriff, besonders im computerisierten Umfeld.
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Japan hat ein "Hi-Vision-Promotion-Center"

Produziert wurde dieser Film vom Hi-Vision-Promotion-Center (in Japan), in dem alle (japanischen) Hersteller und Anwender seit drei Jahren zusammenarbeiten. Das Schlüsselwort dieser Bemühungen ist "Media-Fusion", eine andere Umschreibung als Multi-Vision oder Multimedia.

Daß 35mm-Film und HDTV zusammenkommen, ist bekannt. Nun gibt es seit einem Monat eine besondere Studiengruppe von Sportzeitungs-Verlegern und Geräteherstellern. Damit kein Photograph stundenlang auf den entscheidenden Moment warten muß, um den Auslöser zu aktivieren, soll ein HDTV-Band mitlaufen.

Alle angeschlossenen Redaktionen sind nach dem Spiel mit den wichtigsten Szenen versorgt, aus denen sie sich dann vom Band Still-Pictures nehmen können. So bekommen Redaktionen bereits wenige Minuten nach dem Spiel die aufregendsten Photos.

Noch gilt es einige Probleme zu lösen, so muß aus der additiven RGB-Mischung eine subtraktive YMC-(Yellow, Magenta, Cyan)- Druckfarben- Mischung werden.

Drei technische Elemente, nämlich Photographie, Newspaper-Printing und TV-Technologie werden hier integriert. Mit anderen Worten: Die Fusion zwischen Film, Papier und Video-Medien beginnt praktisch zu werden.
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Das bringt auch neue Fragen mit:

Wo liegen künftig die Unterschiede zwischen Zeitungs-Verlagen und TV-Stationen ? Sind erst die Zeitungsverleger mit Geräten des HDTV-Photoqualität- Video-Kamera-Networks ausgestattet, ist der Unterschied zwischen Zeitungs Verlegern und Broadcast-Stationen verwischt.

Media-Fusion macht das verständlich, nicht einfach in technologischer Hinsicht, auch in Management und Geschäftsabsichten. Dieses Beispiel ist nur eines von Hunderten von für Media-Fusions-Fällen.

Einen breiten Raum nahmen auch die verschiedenen Programmbeispiele ein, die aus allen Bereichen gezeigt wurden. All das wurde mit großer Begeisterung aufgenommen. Hätte man geahnt, daß am letzten Tag der NAB zum zweiten Mal NHK's-Versuch scheitern würde, einen Satelliten (BS-3h) für Hi-Vision in den Orbit zu hieven, so wäre sicherlich mehr Distanz entstanden.

Diesmal war es auch keine (europäische) Ariane, die gesprengt werden mußte, sondern eine US-amerikanische Rakete. Nun setzt NHK alles auf eine Karte und entwickelt selbst Rakete (H1) und Satellit. Einmal muß es doch wohl klappen.
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NHK - der staatliche japanische Rundfunk - gab sich offen

Jedes Jahr öffnet NHK die Tore und lädt ein zum "offenen Haus". Erstmals war NHK nun mit allen aktuellen Forschungsarbeiten in die USA gekommen, um sich dort zu präsentieren. Nicht zuletzt, um sich auch als technologischer Partner anzubieten.

NHK steht ja nicht nur für Hi-Vision, obwohl hierfür die meisten der 30 Exponate genutzt wurden. Interessant dürfte eine portable aktive Flachantenne für DBS-Empfang sein.

Die neuen Direktempfangssatelliten BS-3 sollen eine Leistung von 120 W pro Kanal abstrahlen. Selbst Flachantennen für mobilen Empfang waren zu sehen, auf Schiffen, Eisenbahnen und Flugzeugen dürfte das durchaus sinnvoll sein, bei Autos jedoch nur bedingt einzusetzen.

  • Anmerkung aus 2021 : In USA ist Fernsehen im Auto inzwischen verboten.


Zu sehen war auch eine tragbare Hi-Vision-Kamera, ausgerüstet mit drei 2/3"-CCDs mit jeweils 1,3 Millionen Pixeln. Das Gegenstück gab es auch, nämlich Prototypen von Plasma-Displays für Hi-Vision-Wiedergabe. Der erste Schritt soll ein 33"-Display mit über 800 x 1024 Zeilen werden, dann wird es einen 40"-Schirm geben. Vorbereitet wird auch ein 53-inch-Display.

Hi-Vision-Empfänger mit MUSE-Decoder waren an zahlreichen Stellen zu sehen, sie werden in Japan bereits ab 30.000 DM verkauft. Es werden auch Hi-Vision-NTSC-Downkonverter angeboten.

Rainer Bücken
(Fortsetzung folgt)
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