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typische historische Kamera

Zum Auffrischen und Erinnern . . . .

. . . sind diese Seiten hier gedacht, denn viele wissen nicht mehr oder noch nicht, wie es damals angefangen hat und wie das wirklich funktioniert mit dem Fernsehen, den Kameras, den Videorecordern, den Tonband- und den Magnetband- geräten aus alter Zeit. Viele Bilder können Sie durch Anklicken vergrößern.

2.3 Perosino 1879

Ein Entwurf des Italieners Carlo Mario Perosino zur Lösung des Fernsehproblems aus dem Jahre 1879 enthielt gewissermaßen eine Umkehrung des ersten Senlecqschen Vorschlags: In einer Camera obscura sollte das zu übertragende Bild auf eine mit Selen beschichtete Metallplatte projiziert werden, deren einzelne Punkte durch einen Metallstift nacheinander über eine Batterie mit der Fernleitung verbunden waren. Auf der Empfangsseite wurde das Bild von einem synchron zum Abtaststift geführten Platinstift elektrochemisch reproduziert. Der Erfinder selbst glaubte nicht an eine Verwirklichung seines Apparats.

2.4 Carey 1879

Im Mai 1879 berichtete der Scientific American unte dem Titel "The Telectroscope" im Anschluß an eine Erwähnung des Senlecqschen Telectroscops über die Erfindung eines George R. Carey aus Boston, vor allem über dessen Selen-Kamera, die fähig sei, ein Bild irgendeines Objekts telegraphisch zu übertragen und davon an einem entfernten Punkt einen dauerhaften Abdruck zu liefern. "In diesem Falle mag eine Person in New York vor der Kamera sitzen, während ihr Photo in Boston gemacht wird".

 

Rechts die Kamera mit Vielzellen-Raster, die durch ein vieladriges Kabel mit dem elektrochemischen Empfänger (oben links) oder mit dem Glühspitzen-Empfänger (Mitte rechts) verbunden war.

 

Aber erst im Juni 1880 veröffentlichte der Scientific American unter der Überschrift "Seeing by electricity" die detaillierte Beschreibung des "wundervollen Instruments", das Carey angeblich schon 1877 erfunden hatte. Das optische Bild wurde in einer Kamera - ähnlich wie bei Senlecqs zweitem Modell - auf ein Mosaik von Elementar-Selenzellen projiziert, von denen jede durch eine besondere Leitung mit dem Empfänger verbunden war. Die dort in einer Isolierplatte lagengleich zum Zellen-Mosaik angeordneten Leitungsenden sollten auf elektrochemischem Wege simultan ein Empfangsbild erzeugen. Bei einem anderen Empfänger endeten die von den einzelnen Selenzellen ankommenden Leitungen in "Platin- oder Kohlespitzen", die unter einer evakuierten Glasglocke von den Bildsignalströmen zum Glühen gebracht werden und ein "leuchtendes Bild" liefern sollten.

Auch diese Anordnung ließ sich natürlich nicht verwirklichen; immerhin enthält sie in dem beschriebenen Vielzellen-Raster bereits ein Merkmal späterer Großbildanlagen. Ein zweiter, von Carey 1880 vorgeschlagener Fernseher sollte sequentiell mit nur einem Übertragungskanal arbeiten: Das vom Kamera-Objektiv auf eine Glasplatte projizierte Bild wurde von einem Selen-Ring abgetastet, der sich in einem lichtdichten Gehäuse mit einer Sondenöffung drehte, so daß die Helligkeitswerte des optischen Bildes ständig auf einen frischen Teil der Selen-Oberfläche fielen, während das belichtete Selen Zeit hatte, seinen Dunkelwiderstand wieder anzunehmen.

 

Rechts die Kamera mit sequentieller Abtastung der Bildelemente durch eine spiralförmig bewegte Selenzelle (links), mit einem einzigen Übertragungskanal und einem analogen elektrochemischen Empfänger.

 

Die Selenzelle im Geber und der Metallstift für elektrochemische Wiedergabe im Empfänger sollten von zwei Uhrwerken in Form einer Spirale über das Bildfeld geführt werden; eine zwangsläufige Synchronisierung war nicht vorgesehen. "Ich denke", schrieb Carey 1895, "diese Geräte werden Bilder ohne äußere Zufuhr von Elektrizität übertragen und aufzeichnen, weil Selen, wenn es dem Licht ausgesetzt ist, selbst zum Erzeuger elektrischen Stroms wird". Obwohl sich natürlich auch Careys zweiter Vorschlag nicht realisieren ließ, enthält er doch die erste Beschreibung eines virtuellen Rasters.

2.5 Ayrton und Perry 1881

Die zahlreichen, damals erscheinenden Veröffentlichungen über das "Telektroskop" und ähnliche Erfindungen lenkten die Aufmerksamkeit selbst namhafter Wissenschaftler auf das Problem des Fernsehens. In einem Brief an die Zeitschrift Nature betonten die englischen Forscher William Edward Ayrton und John Perry, den Wissenschaftlern seien alle Mittel für ein "Seeing by telegraphy" seit geraumer Zeit bekannt. Offenbar wollten sie damit von vornherein etwaige Prioritätsansprüche Graham Bells in Frage stellen, der dem Vernehmen nach angekündigt hatte, er habe "beim Franklin-Institut die versiegelte Beschreibung einer Methode des ,Seeing by telegraph' hinterlegt".

 

Bei ihrem eigenen Projekt, zu dem sie drei Jahre zuvor ein im Punch veröffentlichtes Bild angeregt habe, wollten Ayrton und Perry das zu übermittelnde Bild ebenfalls auf einem reellen Vielzellen-Raster projizieren. Jede der quadratischen Elementar-Selenzellen war über eine besondere Leitung mit je einem Galvanometer auf der Empfangsseite verbunden, dessen Nadel mit einer Drosselblende die Beleuchtungsstärke eines lagengleich zu der entsprechenden Selenzelle angeordneten Quadrats steuerte.

 

"Es ist völlig klar", meinten die Erfinder, daß auf diesem Wege "das Bild eines entfernten Gegenstands durch Elektrizität als Mosaik übertragen würde". Sie beschrieben noch eine "günstigere" - auf einer Entdeckung John Kerrs beruhende Anordnung: Als Elemente des Empfänger-Mosaiks wollten sie die verspiegelten Polflächen kleiner, mit den Selenzellen verbundener Elektromagnete verwenden, die bei der Reflexion polarisierten Lichtes dessen Schwingungsebene proportional den ankommenden Bildsignalströmen drehen und dadurch hinter dem Analysatore in Hell-Dunkel-Bild des Originals liefern sollten.

 

Auch das Fernseher-Projekt von Ayrton und Perry wurde "wegen seiner komplizierten Natur" und seines "kostspieligen Charakters" nicht ausgeführt, obwohl hier zum ersten Male ein - durchaus realisierbares - elektromagnetisches Lichtventil vorgeschlagen wird. Die Forscher begnügten sich damit, am 3. März 1881 in einer Sitzung der Londoner Physikalischen Gesellschaft ein vereinfachtes Demonstrationsmodell zur Erläuterung des Prinzips vorzuführen.

2.6 Sawyer 1877

Eine Woche nach der Veröffentlichung des Artikels "Seeing by Electricity" über Careys Erfindung teilte unter demselben Titel William Edward Sawyer aus New York dem Scientific American mit, "das Prinzip und sogar die Apparate, um Gegenstände über einen einzelnen Telegraphendraht in der Ferne sichtbar zu machen", seien schon zu Beginn des Jahres 1877 einigen Fachleuten "beschrieben" worden. Nach seiner Methode sollten die Helligkeitswerte des fernzusehenden Bildes in einer Kamera durch eine spiralförmig bewegte Röhre vom Querschnitt eines Bildelements auf eine flache Spirale aus Selendraht gelenkt werden.

 

Im Gehäuse des Empfängers rotierte synchron und konphas mit der Röhrensonde des Gebers eine Funkenstrecke; sie war mit der Sekundärwicklung eines Induktors verbunden, dessen Primärwicklung über die Fernleitung im Stromkreis der Selenspirale lag. Sawyer nannte keine konstruktiven Einzelheiten seines Projekts; er schrieb nur: "Bei genügend großer Geschwindigkeit" der Funkenstrecke "ist es klar, daß ... ein genaues Bild des Objekts... vor dem Auge des Betrachters am... Empfanger reproduziert würde".

 

Als einziger war sich Sawyer der Schwierigkeiten bewußt, die damals einer Lösung des Fernsehproblems entgegenstanden: Es waren dies die Trägheit des Selens, die Notwendigkeit, das Bildfeld in mindestens 10000 Bildelemente zu zerlegen, der Mangel an einem empfindlichen Lichtrelais und das Fehlen des bei sequentieller Bildsignal-Übertragung erforderlichen Synchronisiersystems. "Es besteht keine Wahrscheinlichkeit", meinte er, "daß irgendein Plan dieser Art jemals in die Praxis umgesetzt wird, denn einige der Schwierigkeiten sind bei allen Plänen unüberwindlich". Immerhin will er als erster - noch vor Senlecq - die Trägheit des menschlichen Auges, die Visions-Persistenz, für den Aufbau des Empfangsbildes ausnutzen.

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