1954 - eine Eigendarstellung des Bayerischen Rundfunks
Hier kommt eine der ganz frühen Eigendarstellungen des BR, wie "sie" sich selbst sehen möchten. Das haben aber alle "Anstalten" so gemacht und abei manches beschönigt, daß noch sehr im Argen lag. Vor allem die Technik hat immer wieder gemuckt oder ist gänzlich ausgefallen.
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München-Freimann - eines der modernsten Fernsehstudios Europas. Hier entsteht das bayerische Programm!
Die Fernsehabteilung des Bayerischen Rundfunks besitzt seit dem Frühjahr dieses Jahres in München-Freimann (nördliche Fortsetzung des Englischen Gartens) eine der modernsten Studioanlagen Europas. Hier befindet sich die Produktionsstätte, in der das bayerische Fernsehprogramm erarbeitet und gestaltet wird. Von der technischen Seite her sind hier alle Voraussetzungen vorhanden Programmbeiträge von vorzüglicher Qualität zu leisten.
Als man sich beim Bayerischen Rundfunk vor zwei Jahren mit den Plänen befaßte, hier eine Studioanlage zu errichten, gab es nur wenig Vorbilder. Man hatte zwar auf Auslandsreisen wertvolle Einzelerfahrungen gesammelt, aber die großen Studios in den Vereinigten Staaten und England waren für die bayerischen Verhältnisse nicht zu kopieren.
Architekten, Fernsehprogrammleute und Techniker setzten sich schließlich zusammen und überlegten, wie sie im Rahmen des gegebenen Etats am zweckmäßigsten ihre Wünsche realisieren konnten. Nach einjähriger Bauzeit entstand hier eine Anlage, über die sich alle in- und ausländischen Fernseh-Experten, die bisher in den schmucken weißen Bauten zu Gast waren, sehr anerkennend geäußert haben, und die zeigt, daß man auch in verhältnismäßig kleinem Rahmen Mustergültiges schaffen kann.
Das neue Sendergebäude
Daß beim Bau noch ein altes vorhandenes Gebäude - früher befand sich auf dem Gelände ein Luftwaffen-Sender - mitverwendet und der Kostenvoranschlag (750.000 DM) kaum überschritten wurde, unterstreicht die Überlegtheit der hier geleisteten Arbeit. Die Anlage, auf der sich ein 100m hoher Funkturm mit UKW-Sendeantenne und ein Turm mit zwei Parabolspiegeln für die Dezimeter-Richtfunkverbindung befinden, bietet sich im Grundriß als ein wuchtiges T dar.
Der „Querbalken des T", ein fensterloser Bau mit einem großen Tor an der Schmalseite, ist die Studiohalle I und II, die insgesamt 520qm bei 7,20m Höhe umfaßt.
Wenn man die riesige Halle betritt, empfängt man einen imposanten und ernüchternden Eindruck zugleich. Imposant, wenn man sich von der Vielfalt der modernen Technik der Einrichtung in den Bann ziehen läßt, ernüchternd, wenn man daran denkt, daß in diesem Gewirr von Apparaturen unter dem gleißenden Licht der Scheinwerfer die intimsten Szenen eines Fernsehspiels auf den Bildschirm unserer Heimempfänger gezaubert werden.
Das Sendestudio des BR
Die beiden in der Halle vereinigten Studios, je 16m lang und 18m breit, werden von einer dreigeschossigen, pilzförmig in den Raum vorstehenden Regiekanzel aus überwacht. Sie erinnert etwas an die Kommandobrücke eines modernen Ozeantankers.
Eine Stahlwand zwischen dem Bug der Kanzel und der gegenüberliegenden Wand trennt beide Studios schalldicht ab. Wird sie hochgezogen, so hat man ein einziges großes Aufnahmestudio von über 500qm Grundfläche. Die eigenartig wirkenden Wände sehen wie ein Sieb aus. Sie sind mit Lochziegeln gemauert. Dahinter befinden sich schallschluckende Stoffe, die sowohl jedes Geräusch von Außen absorbieren, wie auch im Studio selbst jeden störenden Nachhall unterbinden. Diese Wände dienen auch als Klimakanäle, um im ganzen Umfang des Studios kalte Luft im Sommer bzw. warme Luft im Winter mit geringster Luftgeschwindigkeit einblasen zu können, ohne Zug zu erzeugen. Die Studio-Decke besteht aus drei übereinander liegenden Decken, von denen die beiden äußeren der Dämmung des auf das Studio von außen eintreffenden Schalles dienen, während die innere Decke den im Innern des Studios erzeugten Schall schluckt.
Um die beiden Studios herum zieht sich an der Wand eine Beleuchtergalerie. An Stahlrohrgerüsten hängen dort die Scheinwerfer. Vom „Spotlight" mit scharf gebündeltem Lichtkegel bis zur Flächenleuchte, die die Szene gleichmäßig aufhellt, sind alle Lampentypen vertreten. Sie können nicht nur an der Galerie angebracht werden, sondern auch an mechanischen Zügen, die von der Decke herunterhängen, aufgehängt werden. Spiegelblank und glatt ist der Fußboden. Die Kameras auf Rollstativen oder auf den großen „Kamera-Kranen" mit drei Mann Besatzung können so erschütterungsfrei bewegt werden. Eine in München entstandene Idee ist auch, daß die Kulissen nicht am Boden festgenagelt, sondern von Gummisaugern gehalten werden.
Im oberen Stockwerk der Regiekanzel hat der Beleuchter seinen Platz. Von einer originellen „Licht-Orgel" aus (einem Schaltpult mit einer Vielzahl von Druckknöpfen) kann er die Scheinwerfer steuern und sie in ihrer Helligkeit kontinuierlich regeln. Auch diese Lichtorgel ist eine besondere Münchener Raffinesse.
Die Kanzel
Ein Stockwerk tiefer ist in der Kanzel die Regiezentrale. Dort überwachen Techniker und Regisseure gemeinsam den Ablauf der Sendung. Sechs Bildschirme zeigen dem Regisseur die Situationen an, die gerade die einzelnen Kameras „schießen". Er bestimmt, welches Bild gesendet wird. Durch eine Kommandoanlage kann er seine Kameramänner ständig erreichen und ihnen genaue Anweisungen geben.
„ . . . Kamera zwo auf 75mm gehen ..." (das heißt, mit einem andern Objektiv arbeiten), „Kamera drei, Achtung! Großer Schwenk", „Kamera eins, näher heran - so ist's gut", so etwa lauten die kurzen Kommandos. Durch einen Knöpfchendruck wird immer das geeignetste Bild der in Tätigkeit befindlichen "Elektronenaugen" auf Sendung geschaltet.
Durch einen kleinen Verbindungsbau, in dem sich ein weiteres kleines Studio für die Ansage befindet, gelangt man von der Regiekanzel aus zu den technischen und Büro-Räumen. Da sind die Überwachungsräume für die komplizierten Kameras, die Anlagen, mit denen Filme abgetastet werden und auch Apparaturen zur Fixierung der mit den Fernsehkameras aufgenommenen Szenen. Zusammen mit der Schaltzentrale sind diese technischen Räume zu einem weiteren Komplex zusammengefaßt.
Davon getrennt sind die Schminkräume, die Künstler-Garderoben (für die Damen mit reizenden weiß-rot-gestreiften Liegestühlen), die Büros für die verschiedenen Abteilungen und - was nicht fehlen darf - die Kantine, die schon allein durch ihre lustige, in gelben und violetten Pastelltönen gehaltene Wandbemalung eine künstlerische, vom Schwabinger Geist berührte Note zeigt.
Um den Studio-Komplex gruppieren sich ein eigener Filmbau, in dem die Filme geschnitten, gelagert und sendefertig gemacht werden können, das Magazin für die Dekorationen und den Kleider-Fundus, eine Trafostation und die zwei großen, bereits erwähnten Stahltürme.