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Etwas Geschichte (I) - Die "RCA"

David Sarnoff 1922
Mr. RCA = Sarnoff 1951

L. J. Davis schreibt im Sept. 1987 in der New York Times :

Die Firma, auf die der "GE" (General Electric) Chef Jack Welch sein Auge gerichtet hatte, wurde im Jahr 1919 als die "Radio Corporation of America" gegründet, eine Aktien-Gesellschaft der drei Firmen "GE", "Westinghouse" und der "United Fruit Company".

Die ganzen vergangenen Jahre (also nahezu von Anfang an) wurde die RCA von David Sarnoff (Feb.1891 bis Dez.1971 †) geleitet. Und der war immer (und er wurde auch so betitelt) der "General Sarnoff", - mit freundlichem "respect" vor dem Rang, den er im Zweiten Weltkrieg bekommen hatte.

  • Anmerkung : Auch ein Ehrendoktor Max Grundig ließ sich in seinen späten Jahren sehr gerne mit "Herr Doktor" anreden.


Sarnoff "pflegte" sorgfältig die Geschichten seiner bescheidenen Geburt
in Weißrussland, seiner schwierigen Kindheit als Einwanderer und den Mythos von seiner Rolle als der junge Telegraphist, der damals die einzige Verbindung mit der nächtlichen Rettungsaktion war, als die Titanic unterging.

("Wirst Du ihnen jemals die Wahrheit über Dich sagen ?" wurde einmal der alternde Tycoon gefragt. " Niemals!" rief er.)

Temeperamentvoll aber brillant, also ein Mann, der tiefe Loyalität inspirierte, sah Sarnoff die Möglichkeiten des Radios als ein Medium für das neue Home Entertainment.

So gründete er NBC (die "National Broadcast Corp.") , fusionierte mit der "Victor Talking Machine Company" zu RCA-Victor
und kämpfte sich frei von seinem Gründungs-Gesellschafter "GE". Er entwickelte beharrlich das Fernsehen der Zukunft und dann setzte er - und damit das Unternehmen RCA - die ganze Entwicklungskraft auf seinen Glauben, dass er das Fernsehen sogar einfärben könne. (Am Ende des - amerikanischen - Farbfernseh-Krieges wurde das RCA- NTSC System der US-Standard.)
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Angeblich macht David Sarnoff zu seiner Zeit 3 Fehler :

L. J. Davis schreibt im Sept. 1987 in der New York Times :

Der letzte President Thornton F. Bradshaw (bei uns wäre das der Vorsitzende das Aufsichtsrates) sagte angeblich in 1987 : "Sarnoff war ein großes Genie, aber er hatte zwei Fehler gemacht, denke ich," sagt Bradshaw heute (also in 1987).

  1. "Erstens weigerte er sich, die RCA international aufzustellen. Er dachte, es würde immer einen ausreichend großen Markt in den Vereinigten Staaten für ein weltweites Elektronikunternehmen geben, und er initiierte die Firmenpolitik des Patent-Leasings und das Erforschen und Liefern von Know-how an andere Unternehmen im Ausland. Das versorgte RCA mit einem guten Einkommen (Liquidität) für eine lange, lange Zeit. Aber so übergab er den Japanern die Technologie, mit denen sie die Märkte übernehmen konnten, die eigentlich RCAs für sich reklamierte Heimat-Märkte gewesen wären.

  2. Zweitens dachte er, dass Rundfunk- und Fernseh Programme einzig dazu da sind, um Radios und Fernseher zu verkaufen. Gerade mal quer über die Straße bei CBS (Columbia Broadcasting Sytems) sagte jedoch deren Chef William S. Paley, daß Fernsehgeräte nur die "Botenjungen" wären, und in einem berühmten Coup gelang es Paley, Sarnoffs talentiertesten NBC Mitarbeiter wegzukaufen, und damit verdrängte er Sarnoffs NBC auf den 'dauerhaften  Stand einer zweite Geige'."

  3. Und zu diesem dicken Fehler kam ein dritter hinzu : Zunächst versäumte David Sarnoff, einen geeigneten Nachfolger vorzubereiten, und dann entschied er auch noch, seinem Sohn Bob (Robert) den Job zu geben.

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Anmerkung zur Übersetzung :

Die Bezeichnung "board" steht mal für "Aufsichtsrat" und mal für den "Kreis der Direktoren". Die Funktion eines Vorstandes nach unserer Handhabung ist dort die eines Direktors. In den originalen Text-Quellen ist das oft nicht genau zu entnehmen bzw. zu unterscheiden.

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Auf David Sarnoff folgte sein Sohn Robert

L. J. Davis schreibt im Sept. 1987 in der New York Times :

Robert W. Sarnoff schien von der "Weisheit" und Machart des herkömmlichen Business der 1960er Jahre hypnotisiert. Unter seiner Leitung wurde RCA ein Konglomerat eines "verrückten Gemischtwarenladens".

Während Forschung und Entwicklung bei ihren traditionellen Produktlinien stagnierten, produziert RCA "Grußkarten" und "Teppiche", kaufte Veranstaltungs- Erfrischungen und kaufte die Firma "Hertz Rent-a-car", und kaufte den Verlag Random House.

Bob Sarnoff versuchte auch, in die Computerbranche einzusteigen, jedoch mit einem Kopf-an-Kopf Rennen mit IBM (International Business Machines). Zu dieser Zeit war RCA aber bereits auf verlorenem Posten. (Im Jahr 1971 nahm RCA eine 250.000.000 $ Dollar (250 Millionen) Abschreibung vor und stellte die Produktion von Computern ein.)

"Im Jahr 1975," so erzählt ein ehemaliger führender RCA Manager, "bearbeitete bzw. nötigte Robert Sarnoff dann zwei seiner Vorstandsmitglieder, ihre Entlassungen einzureichen und machte sich umgehend auf den Weg nach Japan, um seine neue Frau Anna Moffo (die Opernsängerin) zu begleiten."

1975 - "Während er in Asien war", so sagte der ehemalige Manager, "trafen sich diese Jungs mit dem restlichen Vorstand, und als Bobby wieder kam, überreichten sie ihm ein Ultimatum. Entweder er würde zurücktreten oder er würde entlassen werden. Er trat am selben Tag zurück."
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1976 - Auf Robert Sarnoff folgte Anthony L. Conrad

Anthony L. Conrad - einer der beiden Geschäftsführer, die Sarnoff angeblich bedroht hatte - folgte auf Robert Sarnoff. Conrad endete 10 Monate später, als entdeckt wurde, dass er es versäumt hatte, seine Einkommensteuer für mindestens fünf Jahre einreichen.
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1977 - Conrads Nachfolger wurde Edgar H. Griffiths

Conrads Nachfolger Edgar H. Griffiths, ein langjähriger RCA Manager, fuhr fort, viele der jüngeren Sarnoff Akquisitionen wieder zu verkaufen, praktizierte dann aber seine eigene Form der Diversifikation, indem er in 1980 für rund 1,3 Milliarden US-Dollar die Firma C.I.T. kaufte, ein Factoring-, Konsumentenkredit- und Leasingunternehmen.

Griffiths konnte nicht beweisen,
daß er die Antwort auf die Gebete des Unternehmens war. Er legte sein Gewicht auf irgendwelche Grundlagen, und so ging die langfristige Planung in den technologischen Bereichen des Unternehmens verloren. Bei RCA, erinnert sich ein Manager, "langfristige Planung soll sein: "Was sollen wir nach dem Mittagessen tun?"

Im Jahr 1978 stellte Ed. Griffiths Fred Silverman ein, um NBC zu steuern. Griffiths hatte bei CBS und ABC mit den Fernseh-Programmen Wunder bewirkt. Aber bei NBC hatten die Wunder aufgehört. Im Jahr 1978 hatte der Sender noch $ 122.000.000 verdient. Für das Jahr 1980 würden es nur noch 75.000.000 $ sein, mit der Aussicht auf einen weiteren Niedergang.

Dieses verwirrende an Akquisitionen und Desinvestitionen, unabhängig von ihrer Wirkung auf die RCA selbst, waren von großem Vorteil für die beiden Investmentbanker des Unternehmens. Sie "machten" Unmengen an Geld (Profit) an beiden Enden dieser Aktionen, sie brachten zuerst Bobby Sarnoff dazu, neue Unternehmen zu kaufen, und dann verkauften sie sie später wieder für Edgar Griffiths.

Ein ehemaliger RCA Insider sagte dazu : "Andre Meyer [von Lazard Freres] und Paul Mazur [von Lehman Brothers] waren damals David Sarnoffs engste Freunde in der Geschäftswelt. Seit vielen Jahren hatten Lazard und Lehman Brothers ihre Sitze im Aufsichtsrat."

Es gab diesen Banken einen ungewöhnlich großen Einfluß. Wenn sie dem Aufsichtsrat einen Vorschlag für eine Akquisition brachten, dann waren sie nicht einfach mit einem Kunden im Gespräch, sondern sie sprachen zu Kollegen.

Doch zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass Griffiths gehen mußte. Sein in den ersten Monaten des Jahres 1981 angekündigter Nachfolger war Thornton Bradshaw.
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1981 - Die letzte Rettung ? : Thornton Bradshaw

Thornton F. Bradshaw war eine außergewöhnliche Persönlichkeit, der Inbegriff eines Geschäftsmannes. Egal, welche Themen angesprochen wurden, von der aktuellen Geschäftslage bis zum Zustand der Welt, seine Ansichten waren immer gefragt und er hat sie auch großzügig verkündet.

Fünf Fuß 11 Zoll groß, mit runden, roten Wangen und einer genialen Art konte er auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken, sowohl als Professor an der Harvard Business School, als Präsident von Arco, dem Ölkonzern, und in jüngster Zeit, als Vorsitzender der RCA Corporation.

Im Ansatz und Stil war Thornton Bradshaw damit ganz anders als der mürrische, anspruchsvolle Griffiths. Offen und liebenswürdig, lachte Bradshaw einfach und verkörpert eine seltene Qualität: Er verstand es, daß die Menschen (und seine Mitarbeiter) ihm gefallen wollten. Und er bewegte sich leicht in den höheren Sphären der Welt der Kultur - er war zum Beispiel Mitglied im Vorstand des Los Angeles Philharmonic Orchesters und dem Aspen Institute - und es ging ihm auch um Macht.

Er schien der richtige Manager zu sein, die Fahne eines hochkarätigen Unternehmens wie RCA zu tragen, um das Image als verantwortungsbewusstes und verantwortungsvoll geführtes Unternehmens wiederherzustellen. Viele Beobachter dachten, deshalb daß es seine Hauptrolle als Chef wäre, den Stab innerhalb von ein paar Jahren weiterzugeben. Aber er hatte andere Ideen.

Bradshaw begann, die altgedienten inneren Direktoren aus dem Vorstand zu entlassen, (in Amerika nennt man das "feuern") - also quasi rauszuwerfen. Er sagte dazu, daß er deren Anwesenheit prinzipiell ablehne, und diese "Umbesetzung" verschaffte ihm auch die Sicherheit, daß es keine Palastrevolution mehr gegen ihn geben könne, wie die, die Bobby Sarnoff gestürzt hatte.

Thornton Bradshaws Perspektiven und die Ernüchterung

Er kündigte an, dass das Unternehmen RCA zu seinen Wurzeln im Rundfunk und und Fernsehen und bei der Hoch-Technologie zurückkehren wolle.

Er verkaufte die Autovermietung Hertz an die Fluglinie "United Airlines" und er verkaufte die C.I.T. Leasingfirma an "Manufacturers Hanover" - "ein wunderbares Gewinnspiel", wie er es beschreibt.

Um die RCA entsprechend umzubauen, traf Bradshaw einige intelligente aber auch harte und schwierige Entscheidungen.

RCA hatte zwar der Weg in die Rundfunktechnologie angeführt, RCA hatte die erste Minicam eingeführt und RCA hatte bei den Split-Screen Möglichkeiten Pionierarbeit geleistet. Aber ab Anfang 1985 stellte Thornton Bradshaws RCA keine TV-Studioanlagen und keine Fernseh-Kameras mehr her.

Ein Joint-Venture mit dem Vermieter von RCA (dem Rockefeller Center), ein Kabel-TV-Unternehmen zu schaffen, den "Entertainment-Channel", wurde nach der Bekanntgabe des Vorsteuerverlust von $ 34.000.000 (34 Millionen) ganz schnell beendet.

Die vielgepriesene RCA Bildplatte, die von Robert Sarnoff begonnen wurde, wurde nach einem geschätzten Verlust von extrem teuren 575 Millionen Dollar versenkt und abgeschrieben. Die Kunden bzw. die Zuschauer bevorzugten angeblich das Videoband.

  • Anmerkung : Das stimmte so aber nur zum Teil. Es gab auf dem Welt-Markt bereits zwei ernsthafte Wettbewerber, die TED (Telefunken/DECCA) aus Deutschland und die Philips Laservision aus Holland. Die mechanische TED Platte war auch ein teurer Flop, die geniale Philips Laser-Entwicklung war aber das Sprungbrett für die Audio-CD von 1981-83.


Für NBC engagierte Bradshaw 1981 den Hollywood Mann Grant Almerin Tinker, der eine bemerkenswert gute Bilanz mit seiner eigenen TV-Produktionsfirma in Hollywood vorweisen konnte. Tinker hatte harte Regeln. Doch Kabel-Fernsehen, unabhängige Stationen und Videorekorder erodierten den Anteil der Zuschauerzahlen der Fernseh-Sender wie ein Regensturm, der auf eine Sandburg am Strand losgelassen wurde; zwischen 1980 und 1985 fiel der Anteil von fast 90 Prozent auf etwas mehr als 70 Prozent.

Tinkers neue Fernseh-Shows verdienten der NBC zwar ganze Duschen von Emmys
, aber nach wie vor sanken die Einschaltquoten erst mal ab. Das änderte sich bis 1985 dramatisch, als NBC nachund nach anfing, Rekordgewinne einzufahren und die Zahl seiner Zuschauer ganz erheblich erhöhte - zu Lasten der Wettbewerber (CBS, ABC usw.) .
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1980 - 1982 - Es gab mehrere Übernahmeversuche

In der Zeit ab 1980 wurde RCA ein Übernahmeziel. Im Jahr 1982 war Donald J. Trump, der New Yorker Immobilienmagnat, ein starker Aktionär.

William M. Agees Bendix Corporation übernahm 7,2 Prozent von RCA mit einem Buchwert von etwa $20 pro Aktie in einem Schlag, was in der Branche als Vorstufe zu einer Übernahme angesehen wurde.
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RCA antwortete darauf : "Mr. Agee hat nicht bewiesen, daß er seine eigenen Angelegenheiten in den Griff bekommt, geschweige denn die eines anderen Unternehmens."

Es war ein deutlicher Hinweis auf Agees in den Medien viel beachtete Beziehung zu seiner Kollegin und spätere Frau Mary E. Cunningham. Die Gefahr ging aber vorüber.

In 1983 kaufte Irwin L. Jacobs, der Minneapolis Räuber, etwas mehr als 4% von RCA. Er liquidierte zwar bald darauf seine Holding, aber Gerüchten zufolge übernahmen die Bass-Brüder von Fort Worth diese Aktien.

Mit Bradshaws laufendem Verkauf von C.I.T. und einer durch die Inflation verursachte Überdeckung in der Pensionskasse konnte RCA knapp 2 Mrd. $ Barmittel einplanen. Jedoch ein "Räuber" (heute in 2014 nennt man das eine "Heuschrecke") könnte Kredite aufzunehmen, um das Unternehmen (feindlich) aufkaufen oder zu übernehmen. Schließlich bezahlt sich das gekaufte Unternehmen aus sich selbst heraus, also einen großen Teil seiner Schulden aus seinen eigenen 2 Milliarden Dollar Barvermögen. Für einige Beobachter sah es so aus, als ob Bradshaws Schicksal damit besiegelt sei.

Der Wert von RCA um 1985

Bis 1985 wurde der Übernahme-Wert von RCA verschiedentlich bei $85 bis $90 pro Aktie geschätzt, während der Marktpreis der Aktie zwischen $34 und $49 pro Aktie liegen würde.

Die Investmentbanker "Kohlberg, Kravis, Roberts & Company" traten an RCA heran und schlugen eine Transaktion vor, eine fremdfinanzierte Übernahme angeführt durch das bestehende Management. T. Boone Pickens Jr. kaufte 50.000 Aktien. Joel A. Silverman, ein "Herzfeld & Stern" Broker, platzierte mit seinen Kunden mehr als 5.000.000 Aktien.

Tatsächlich trat Bradshaw an Disney mit dem Gedanken heran, RCA durch den Verkauf der Tochter NBC gegen solche feindlichen Übernahmeversuche abzusichern. Er sagte dann aber, es bliebe doch alles in seiner Hand, als er erkannte, dass RCA ohne den Sender nicht überleben konnte. Soweit es nämlich Cashflow und Rentabilität betrifft, war RCA inzwischen von NBCs hohen Ertägen abhängig (vor allem in 1985).

Ein Blick auf die wirtschaftliche Situation der USA in 1985

Es schien nur eine Frage der Zeit, bis irgendwo etwas passiert. In den Vereinigten Staaten der 1980er Jahre konnte es sich keine Kapital- bzw. Aktiengesellschaft leisten, für einen längeren Zeitraum eine richtig große Summe "Bargeld" (sie nennen es dort "cashflow") in seinen Bücher zu "bunkern".
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  • Anmerkung : In 2014 wollten die Aktionäre Apple zwingen, die 45 Milliarden US Dollar Barschaft an sie auszuschütten bzw. zu verteilen.

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Und so war das hohe Barvermögen von RCA das Damokles-Schwert. Es könnte im Falle eines feindlichen Überfalls dazu verwendet werden, eine wirkungsvolle Verteidigung zu finanzieren.

Auf Anraten von Martin Lipton, ein Spezialist für Verteidigungsstrategien von "Wachtell, Lipton, Rosen & Katz", hatte RCA bereits die Bedingungen für seine Direktoren ausgegeben, jede Absicht eines solchen Räubers zu vereiteln, der hofft, in den Aufsichtsrat gewählt zu werden und die anderen Mitglieder zu vertreiben oder auszubooten.

Jetzt müsste also ein "Räuber"
eventuell frei gewordene Plätze im Aufsichtsrat mühsam und zeitaufwendig einen nach dem Anderen besetzen.

Der Aufsichtsrat billigte noch eine weitere "Giftpille" : RCA Aktionäre erhielten das Recht, im Falle eines "Überfalles" beliebig viele Aktien im Wert von $300 für nur $150 zu erwerben; ein Überfall würde somit einen automatischen Gegenangriff erzeugen. Die Giftpille würde aber nicht gelten, wenn das Übernahme-Angebot für die Gesellschaft durch den Aufsichtsrat als "freundlich" beurteilt bzw. abgesegnet würde.

Ein "Kriegskasse" von 2 Milliarden Dollar in bar

Die $ 2.000.000.000 waren natürlich ein ganz erheblicher potentieller "Verteidigungswert" (die Kriegskasse). Das konnte zum Rückkauf von RCA Aktien verwendet werden und damit den Preis pro Aktie hoch treiben oder auch um eine andere Gesellschaft zu erwerben.
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Tatsächlich wurde gemunkelt, RCA wäre ein möglicher Käufer
der in Schwierigkeiten geratenen Time Inc. (auch ein großer Verlag). Und im Sommer 1985 machte RCA ein Angebot an MCA, ein Los-Angeles basiertes Unternehmen, das unter anderem die Vermögenswerte von Universal Pictures sowie einen Vergnügungspark verwaltete.

Die Verhandlungen scheiterten jedoch in letzter Minute. Bradshaw erklärte, daß der MCA Chef Lew Wasserman entschied, dass er nicht wollte, dass seine Leute von einem Haufen von Ingenieuren befehligt würden.

In dieser ganzen "Sturm und Drang Zeit" war die ganze RCA Manager Truppe, wie sich einer von ihnen erinnert, "sowohl zuversichtlich als auch eingebildet und einen Tick von überheblich".

Das Unternehmen war inzwischen kräftig umgebaut worden. Bradshaw hatte für seine Nachfolge als CEO Bob Frederick herein geholt, ein stellvertrender President von GE und ihn zum Präsident ernannt und später zum CEO (Chief Executive Officer). Und am 6. November 1985 segnete der Aufsichtsrat den langfristigen strategischen Plan ab.
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Nov. 1985 - Thornton F. Bradshaw und der Verkauf von RCA

L. J. Davis schreibt im Sept. 1987 in der New York Times :

An diesem Morgen des 6. November 1985
, als er die monatliche Sitzung des RCA-Aufsichtsrats im Rockefeller Center leitete, hatte Bradshaw vermutlich das Gefühl gehabt, dass er einen neuen Höhepunkt seiner Karriere erreicht hatte.

Fast fünf Jahre vorher (1981), im Alter von 63, war er gewählt worden, um die Zügel der RCA in die Hand zu nehmen, zu einer Zeit als die große alte Institution RCA bereits schwankte.

Bradshaw hatte seitdem die RCA einer Operation am offenen Herzen unterzogen, und es wurde allgemein angenommen, dass er eine Übergangsfigur, also eine Art von Aufpasser sei, um die internen politischen Aktivitäten zu beruhigen, die ein RCA Markenzeichen geworden waren und er sollte einen Nachfolger (einen neuen CEO) für das Unternehmen finden, um es aus seiner finanziellen Flaute zu führen.

Stattdessen hatte er die Arbeit selbst gemacht, nämlich den Verkauf von schwachen Geschäftsbereichen (Divisionen), die Einstellung von Hollywoods Star "Grant Tinker", um den Fernsehsender NBC zu verjüngen und einen Schwarm "Heuschrecken" abzuwehren.

Thornton Bradshaw wurde als RCA Retter gefeiert. Doch bevor dieser Tag zu Ende war, hatte er einen Prozess in Bewegung gesetzt, bei dem RCA aufhören würde, als eigenständiges Unternehmen bestehen.

Auf der Aufsichtsratssitzung enthüllt Bradshaw und sein auserwählter CEO (das wäre der Geschäftsführer), Robert R. Frederick stolz eine langfristige strategische Planung.

RCA würde weiterhin Fernsehgeräte in Bloomington, Ind. montieren. Aber unterstützt von einer Veränderung der Wechselkurse würden die amerikanischen Fernseh-Sets gegenüber denen von japanischen Rivalen produzierten wettbewerbsfähiger werden.

Das Unternehmen würde sich auf spezielle High-Profit-Segmente des Halbleitergeschäfts konzentrieren;
seine 200.000.000 $ Chip-Fabrikation in Camas, Wash., war in der Anfangsphase mit einem Joint Venture mit Sharp in Japan.

Die Abteilung Verteidigung wurde massenweise Komponenten für das "Marine Aegis Waffensystem" fertigen. Von den $ 1.500.000.000 Erlöse aus dem Verkauf seiner "C.I.T. Financial division" und durch wachsende Gewinne bekäme die neue RCA von Thornton Bradshaw eine rosige Zukunft. Die Genehmigung des Plans des Boards war eine ausgemachte Sache.
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Ein geheimes Treffen mit dem Chef von "General Electric"

L. J. Davis schreibt im Sept. 1987 in der New York Times :

Nachdem die Aufsichtsrats-Sitzung vom Nachmittag vertagt wurde, zog Bradshaw seine Abendgarderobe an. Er sollte eine Rede auf einem Fundraiser Treffen des Flottenvereins halten - er war früher im Zweiten Weltkrieg Leutnant auf einem Zerstörer im Pazifik gewesen.

Aber Bradshaw hatte ohne Wissen des Aufsichtsrats und seines momentanen C.E.O. Frederick an diesem Abend noch einen anderen Termin in der Park Avenue-Wohnung von Felix G. Rohatyn von Lazard Freres, dem Investmentbanker von RCA. Der einzige andere Gast, eigentlich der Mann, der Bradshaw eingeladen hatte, war John F. Welch Jr., Chairman und CEO (Chief Executive Officer) der großen "General Electric" Company, also deren oberster Chef.
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Wer war der Chef von "General Electric" - John F. Welch ?

John F. Welch oder auch Jack Welch, der Mann, der jeden Plan umsetzen würde, hatte das Kommando über GE in 1981 übernommen, im selben Jahr, im dem Bradshaw der Chef von RCA wurde.

Sehr agil, vom Ehrgeiz angetrieben, mit stechenden blauen Augen, drehte Welch den großen Laden General Electric von innen nach außen. Er machte allen kritall klar, dass, wenn ein GE-Produkt seinem Markt nicht dominieren konnte, oder zumindest die Chance bestand, dies zu tun, mußte es weg. Seine Parole war : "Entweder lösen wir das Problem oder wir verkaufen den Bereich oder wir "knicken" es."

Zwischen 1981 und 1986 hatte Welch 73 GE Fabriken und Gelände/Gebäude - darunter 30 Produktionsstätten - geschlossen und die Anzahl der GE Mitarbeiter um 132.000 auf rund 300.000 reduziert.

Er erwarb 338 Unternehmen für insgesamt 11,1 Milliarden US-Dollar und er verkaufte 232 Unternehmen oder Produktlinien mit einem Umsatz von 5,9 Milliarden US-Dollar.

Der GE Profit wuchs unabhängig und stabil mit einer verzinsten Rate von 9 % pro Jahr, egal was in der amerikanischen Wirtschaft gerade los war - und der Markt bewertete den Aktien-Wert von GE als den drittgrößten der Nation, nur noch hinter Exxon (ESSO) und IBM.

Wie stand Jack Welchs Firma - der Gigant GE - finanziell da ?

Zum Erntedankfest 1985 war GE aus dem Verkauf der "Utah Division International" wirklich reich an Barmitteln in Höhe von $ 2.400.000.000 (2,4 Milliarden Dollar). Der Verschuldungsgrad von GE war sehr niedrig mit nur 12,9%, und so hätte sich Welch verhältnismäßig leicht eine Menge Geld leihen können.

Wenn er also RCA schlucken wollte, brauchte er diese Kredite auch. GE machte in dem Jahr zwar 29 Milliarden US-Dollar Umsatz, das war schon immens, aber RCA mit seinen 88.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von knapp 9 Milliarden US-Dollar war ein verdammt großer Brocken.

Dennoch, die beiden Unternehmen würde sehr gut zueinander passen, und die $ 2.000.000.000 Barmittel in den RCA Kassen würde die "Schmerzen" lindern, und Thornton Bradshaw war zumindest bereit, zu zuhören.

Die Medien besänftigen - oder täuschen ?

Bradshaws Bereitschaft zu intimen Gesprächen mit GE war immer noch ein gut gehütetes Geheimnis, seine Führungskollegen bei RCA, im Vorstand und die Öffentlichkeit wußten von nichts.

Denn in jenem Monat November 1985, kurz nach Welchs erster Kontaktaufnahme, wurde Bradshaw vom Forbes-Magazin nach einer möglichen Übernahme von RCA befragt.

"Wir müssen uns darüber nicht viele Sorgen machen," sagte Bradshaw dem Reporter Allan Dodds Frank. "Wir sind nämlich 'stachelig'. Die üblichen Übernahme-Künstler, die in dem Markt herumspinnen, würde uns anschauen und sagen: 'Das ist ein beschwerliches Problem und es könnte recht lange dauern.' "

Franks Artikel wies darauf hin, dass jede Übernahme irgend einer Art müsste von der "Federal Communications Commission" und vom Verteidigungsministerium genehmigt werden und daß RCA noch eine wirkungsvolle Giftpillen in Petto hatte.

Frank schloß seinen Artikel mit: "RCA sieht in der ganze Welt wie ein Unternehmen aus, das weiß, wohin es geht, keine leichte Beute für Finazhaie (greenmailers) und Übernahme-Künstler. Und wie Bradshaw noch eins drauf gelegt hatte, schon gar nicht die "üblichen" Übernahme-Künstler.

Der Artikel erschien in der Ausgabe von Forbes mit Datum vom 16. Dezember 1985, der aber bereits am 4. Dezember in New Yorker Zeitungsläden aushing.
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4. Dez. 1985 - Wie man einen solchen "Deal" einfädelt ...

Zu diesem Zeitpunkt hatte Jack Welch schon seinen Zug gemacht. Am selben Tag (4. Dez.) wurde Felix Rohatyn von den "Goldman Sachs" Investmentbankern (von GE) angesprochen. Konnte Rohatyn ein zweites Treffens zwischen Welch und Thornton Bradshaw erreichen ?

Am folgenden Donnerstag, dem 5. Dezember 1985, besucht Welch das Dorset Hotel, in welchem Bradshaw in RCA Duplex-Suite wohnte, während seine Wohnung eingerichtet wurde. Die beiden Männer waren dort allein. Welch unterbreitete Bradshaw, daß GE den RCA Aktionären $61 pro Aktie anbieten würde (die Aktie wurde aktuell mit $47 gehandelt). Aber er sprach auch an, daß das Angebot möglicherweise noch nicht das letzte Wort war. Was auch immer die endgültige Zahl werden würde, der Deal würde in bar erfolgen.

Der RCA CEO, also eigentlich der oberste Chef Bob Frederick, bekam jetzt erstmals am Freitag um 6:30 mit, daß sein Vorsitzender im Board of Directors sich mit dem Gedanken trägt, das Unternehmen zu verkaufen. Er war gerade zu einem Geschäftstreffen in Los Angeles, als ihn ein Telefonanruf von Bradshaw aus dem Bett holte. Frederick flog sofort zurück nach New York.

Am Freitag und Samstag wurden die Mitglieder des RCA-Vorstandes einberufen und über das Welch Ansinnen von GE vorgewarnt. Sie wurden auch darüber informiert, dass eine Vorstandssitzung zu dieser Angelegenheit am Sonntag stattfinden würde.

Mit Ausnahme von Bradshaw und Tinker (von NBC) weigerten sich die Vorstandsmitglieder, auf dieser emotionsgeladenen Basis der letzen zwei Tage die Vorkommnisse zu diskutieren, aber gut informierte Quellen aus der Nähe der Aktionen bieten schon einige Einblicke.

Wie es weiter ging mit "dem Deal"

Am Freitagabend fand John R. Petty - Vorsitzender und CEO der Meeres Midland Bank und auch langjähriges Mitglied des RCA-Vorstandes - eine Nachricht auf seinem Anrufbeantworter, als er zu Hause angekommen war. Er möchte bitte Thornton Bradshaw anrufen. Als Petty am Samstagmorgen zurück rief, erfuhr er von dem Kauf-Angebot von GE.

Zusammen mit Donald B. Smiley, der C.E.O. im Ruhestand der R.H.Macy & Company und Robert Cizik, CEO von Cooper Industries Inc. war John Petty als ein erfahrener Finanzexperte des Vorstandes anerkannt.

Am Samstagnachmittag kam er in New York. Es war aber geplant, daß er an diesem Tag einen speziellen Flug nach Moskau besteigen sollte, um an einer Fachtagung teilzunehmen und diese Verpflichtung konnte er offenbar nicht ignorieren. Zunächst aber hatte er einige Tätigkeiten und Gespräche im RCA Gebäude.

Bei dem Treffen mit Bradshaw hat John Petty dann vorgetragen, dass er einige starke Zweifel an der GE Offerte hatte - insbesondere über Bradshaws Versäumnis, den Vorstand über die November-Sitzung mit Jack Welch über die Auswirkungen einer Übernahme auf die RCA Führungskräfte und die anderen Mitarbeiter zu informieren und über den Art des Verkaufs des Unternehmens ohne irgendeine Form einer Auktion, um den besten Preis zu bekommen. Bradshaw zeigte sich unbeeindruckt / unnachgiebig.

John Petty suchte sich ein leeres Büro mit der Absicht, seine Vorstandskollegen anzurufen und seine Bedenken zum Ausdruck zu bringen. Er versuchte mehrere Nummern, aber niemand war zu Hause; die anderen Rufnummern hatte er nicht zur Verfügung, den er hatte sein Notitzbuch nicht dabei, in dem sie sich befanden. Unerfolgreich bestieg er sein Flugzeug nach Moskau.

Ausgetrickst und verärgert, der RCA Aufsichtsrat

Es gab auch andere wichtige Akteure, die über die mögliche Übernahme verärgert waren - zum Beispiel Bob Frederick. Auf dem Papier hat er den Vorsitz im im Kreis der Direktoren inne, Bradshaw käme eigentlich nach ihm, doch das war weitgehend zeremonielle Makulatur geworden. Die wirkliche Macht im Unternehmen haben der Präsident und der CEO Chief Executive Officer. Aber Frederick war erst im selben Jahr CEO geworden, und Bradshaw maßte sich an, daß er die Kontrolle über den Aufsichtsrat und das Unternehmen behielt.

Angesichts dessen konnte Frederick bei einer Übernahme nur verlieren, und anscheinend war er sich sicher, dass, wenn er die Truppen zum Kampf sammeln wollte, er die Unterstützung von Cizik hatte und vielleicht auch von Smiley. Aber Frederick hatte sich daran gewöhnt (oder gelernt), die Dinge nach dem Schulbuch-Wissen zu beurteilen, doch in den Büchern gab es auf (oder für) diese Situation keine Antworten.

"Wenn Frederick richtig aggressiv gekämpft hätte, gäbe es die RCA heute noch", sagt ein ehemaliger Manager heute. "Erinnern Sie sich, Jack Welch wollte keine feindliche Übernahme. Machen Sie diesen einfachen Test: Stellen Sie sich vor, Jack Welch wäre der CEO von RCA. Jack Welch ist wie Lenny Dykstra. Er ist knallhart. Hast du jemals gesehen, daß Dykstra ein doppeltes Spiel abgebrochen hatte ?"

  • Anmerkung zum Verständnis : Leonard Kyle alias „Lenny“ Dykstra war ein ehemaliger US-amerikanischer Baseballspieler der Baseball Spitzenklasse.


Wie auch immer, Frederick lehnte es ab, zu diesem Thema interviewt zu werden.
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8. Dez. 1985 - Alles war geheim und vertraulich ....

Am Sonntag, dem 8. Dezember 1985, trafen sich der 11-köpfige RCA Vorstand in den Geschäftsräumen der Firma "Wachtell, Lipton, Rosen & Katz". Themen der Diskussion - ob es zum Beispiel eine Debatte über die Suche nach anderen Angeboten gab - wurden nicht festgehalten.

Von GE wurde uns sagt, dass die Niederschrift der Sitzung vertraulich sei. Auf jeden Fall ging die Abstimmung 9-1 zugunsten der Weiterführung der Verkaufs-Verhandlungen mit GE aus, Frederick war dabei der einzige Gegenspieler. Smiley stimmte mit der Mehrheit. Keine Bewertung wurde für John Petty aufgezeichnet. Cizik hatte sich per Telefon aus Texas der Stimme enthalten. Damit war RCA so gut wie verkauft. Welch, Bradshaw, Frederick und deren Mitarbeiter sollten den Deal ausarbeiten.

Die Sitzungen - im GE Apartment in den Waldorf Towers und in Fairfield, dem Sitz der Gesellschaft, dazu bei den jeweiligen Rechtsanwaltskanzleien der Unternehmen - waren streng zwar geheim, aber irgendwie kam es dennoch raus. Die RCA Aktie, die am Freitag um $47 geschlossen hatte, stieg bis Mittwoch auf $63.

(Es gäbe übrigens den möglichen Fall, daß die "Securities and Exchange Commission" eine Strafe wegen Insiderhandels gegen eine Familie in Houston, eines von deren Mitgliedern arbeitete bei Lazard Freres, verhängen könnte und auch gegen einen hohen GE Manager.)
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Der RCA "Deal" im Einzelnen - ein Skandal

Der in den Vorgesprächen vereinbarte Preis war $ 66,50 pro Aktie. Und als Teil der finanziellen Regelungen würden CEO Frederick und acht weitere RCA Führungskräfte neue GE Arbeitsverträge erhalten, die die Zahlung der Grundvergütung bis 1990 garantierten.

Bradshaw würde zwar keinen neuen Arbeitsvertrag bekommen, aber er akzeptiert eine dreijährige Beratung von $ 500.000 (fünfhunderttausend) Honorar pro Jahr.

Darüber hinaus würden die RCA Führungskräfte Barzahlungen für die Annullierung ihrer Mitarbeiter-Aktienoptionen erhalten; Bradshaw bekäme dabei eine kleine Goldgrube (vor Steuern) von mehr als $ 7.000.000 (sieben Millionen).
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Anmerkung : Heutzutage / inzwischen wird soetwas als schwere Vorteilsnahme geahndet und bestraft.
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13. Februar 1986 - Der Deal ist perfekt

Der GE Aufsichtsrat genehmigte den Zusammenschluss am Mittwoch um 18.00 Uhr; der RCA Vorstand folgte um 19.00 Uhr.

Dieses Mal, Frederick und Cizik stimmten mit der Mehrheit. John Petty war weg in Moskau. GE wird nichts über die Dauer der RCA-Vorstandssitzung bekanntgeben.

Und schließlich am 13. Februar 1986 im Grand Ballroom des Marriott Marquis Hotel in New York City, verkündet Thornton Bradshaw offiziell die Konditionen des Verkaufs der RCA an die Eigentümer der RCA, die Aktionäre.

Es war keine erfreuliche Veranstaltung. Einige der Aktionäre prangerten ihren Vorsitzenden öffentlich an. Andere wollten wissen, warum der Deal noch nicht mit einem Austausch von Aktien geschehe, sie würden so die Kapitalertragsteuer sparen, die bei einer All-Cash-Fusion unweigerlich anfällt.

Eine Frau trug Trauer, und viele der Anwesenden sah überhaupt keinen Grund, warum die große alte amerikanische Institution sterben solte, vor allem angesichts der sehr gesunden finanziellen Lage.

Aber die Bevollmächtigten von RCA zeigten, dass die Wiedersacher im großen Ballsaal mit ihren Gedanken an die Vergangenheit und dem möglichen langfristigen Gewinn in der Minderheit waren.

Quer durch die ganze Nation, bei institutionellen Investoren und Vermögensverwaltern und bei privaten Aktionäre bestimmte die Gier nach kurzfristigem Gewinn denTag.

Von den 61 Millionen "anwesenden und stimmberechtigten" Aktien, stimmten 56.100.000 für die Übernahme.

Nur ganz wenige profitierten von dem RCA Verkauf

Einige Monate später kam für den RCA Investmentbanker Lazard Freres der Zahltag. Felix Rohatyn wolte nicht über Einzelheiten sprechen, aber entsprechend den Vereinbarungen bekam er für diese Angelegenheit Provisionen von mindestens 1.000.000 $ (eine Million) und, nach einigen anderen (kollegialen ...) Schätzungen waren es aber etwa $ 16.000.000. (16 Millionen Dollar).

In der Management Ebene der RCA produzierte die Entscheidung über den GE Ausverkauf nur Schocks samt Unglauben. Dieser Streich kam zu plötzlich.

Viele fürchteten um ihre Arbeit in den Händen des "Neutronen Jack" Welch. "Jeder kannte seinen Ruf," sagt ein ehemaliger RCA-Vizepräsident. "Der Deal war sicher ein gutes Jahr für Welch und Bradshaw und vielelicht auch für das Unternehmen, aber auf der jeweiligen persönlichen Ebene war es eine Katastrophe."

Obwohl, bei NBC herrschte Ruhe. Der Sender war an die Spitze der Ratings geklettert und die meisten Führungskräfte dachten, GE würde, genau wie RCA, applaudieren und die Finger von NBC lassen.

In der Tat, Grant Tinker hatte der Änderung rundweg zugestimmt. RCA hatte bislang die NBC Gewinne abgeschöpft und NBC wurde für der Rest der Gesellschaft zur Unterstützung. GE, dachte er, würde dem Sender einen größeren Teil der Gewinne lassen.

In den restlichen Teilen der RCA wich die Überraschung bald der Wut. Dort und in der Finanzwelt begannen die ersten Fragen und auch heftige Kritik war zu hören. Und der Wiederhall dauert bis heute an. (also bis 1987)

Argumente und Rechfertigungen - wirklich ?

Die Frage war also:

Hätte RCA wirklich verkauft werden müssen ?

Bradshaw dachte damals so und ist heute noch der Meinung. Er glaubte, wenn das GE Angebot einmal öffentlich würde, würde das Unternehmen ein Spiel der Börsianer werden. Ein Unternehmen im Spieltrieb der Börsianer, davon war er überzeugt, war ein bereits zerschlagenes Unternehmen.

Bradshaw sagte weiterhin, die meisten der möglichen Käufer würden die Übernahme durch durch den Verkauf von Unternehmensteilen finanzieren, wenn sie RCA erst einmal gekauft hätten; er wollte RCA als Ganzes erhalten

Nach dieser Logik war GE ein sicherer Hafen im kommenden Sturm. (Bradshaw wurde auch von der Vorstellung/Überzeugung motiviert, dass der Zusammenschluss von GE mit RCA gut wäre für Amerika und daß die GE-RCA-Kombination eine mächtige neue Waffe im Handelskrieg mit Japan würde.)

"Hat RCA übernommen werden müssen ? ", fragt auch George H. Fuchs, ein pensionierter RCA-Vizepräsident. "Das ist Unsinn. Im vergangenen Jahr hatte alleine NBC bereits höhere Gewinne als sie die ganze RCA jemals in ihrer Geschichte geschrieben hatte. Wie kann man behaupten, da wäre nicht genug Kraft und Vitalität, um weiter zu machen?"

Kritiker betonen, dass im Fall von RCA das Fortführen nicht notwendiger Weise das Gleiche geworden wäre wie ein Verkauf an GE. GE war ein freundlicher Bewerber, der das Unternehmen nicht weiter verfolgt hätte, wenn er abgelehnt worden wäre.

Bradshaw hatte bereits seine Fähigkeit zur Abwehr von Heuschrecken gezeigt, so das Argument, und mit der (oben erläuterten) Giftpille bewaffnet, könnte es wieder tun.

Die "üblichen Übernahmekünstler" die Bradshaw in dem Forbes-Artikel erwähnt, hätten RCA vermutlich immer noch als zu stachelig gefunden.

Darüber hinaus gibt es erhebliche Zweifel, ob das Verteidigungsministerium und die FCC eine Übernahme von RCA durch ein anderes als eines der großen amerikanischen Unternehmen wie GE genehmigt hätte. Keines zeigte eine Neigung, mit GE in Wettbewerb zu treten.
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Es gab noch mehr Kritik

Ein Teil der Kritik an der RCA-Fusion hat auf das Verhalten von Bradshaw, Rohatyn und der Direktoren konzentriert.

"Moderne Aufsichtsräte sind weitgehend passiv," sagt Harvard Samuel Hayes, "aber sie haben zwei wichtige Funktionen : Wenn es zu einem Wechsel in der Geschäftsführung kommt und dann wieder, wenn es zu einer Änderung der Eigentumsverhältnisse kommt."

"Der RCA-Aufsichtsrat hat zwei mal versagt," sagt er, "indem er einen CEO berief, der "in der Tat kein CEO war" und durch die Annahme des GE Fusionsangebotes, ohne sich zu versichern, daß es das optimale Angebot aus der Sicht der Aktionäre wäre."

"Wenn ein Unternehmen verkauft werden soll," sagt Hayes, "sei es die Verantwortung des Aufsichtsrates, den bestmöglichen Preis zu verhandeln, auch wenn das bedeutete, es in Teilen zu verkaufen oder an Jemanden, der das Unternehemen auseinander brechen würde. Es war nicht unmöglich, einen zweiten Bewerber nach vorne zu holen. Es war auch nicht unmöglich, GE mit einem zweiten noch höheren Gebot zu konfrontieren. Die Aufsichtsräte können natürlich nicht wissen, was dann passieren würde, aber es ist deren Pflicht, das herauszufinden."

Ein Mitglied des Aufsichtsrates war damit einverstanden, wie es seiner berufung entsprach,
Robert Cizik. Er wollte, daß das Unternehmen unabhängig bleiben sollte, aber wenn es verkauft werden würde, "sollten sich die RCA Fusionsverhandlungen nicht auf ein Unternehmen beschränken."

Und ähnliche Ansichten stehen in den 16 Aktionärsklagen gegen RCA, die in den letzten Tagen des Jahres 1985 eingereicht worden sind. Sie wollen vomgericht feststellen wissen, daß der Aufsichtsrat es versäumt hatte, "RCA auf dem Börsen-Markt zu präsentieren uns sich um eine aktive Auktion zu bemühen."

Die Kläger kritisierte auch den Aufsichtsrat, sogenannten Möchtegern-Käufern "ausreichend Zeit zu lassen, um einen Akquisitions-Vorschlag zu erstellen." Im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleich wurde der Vertrag geändert, damit ein andere Bieter leichter in das Bietergefecht einsteigen könne.

Bei Übernahmen ist Zweckmäßigkeit alles. Einige Kritiker vermuten oder unterstellen, dass Thornton Bradshaws Ignoranz der Direktoren bezüglich der Informationen über das Ergebniss der ersten Begegnung mit Jack Welch und die Verheimlichung der Wunsches für ein zweites Treffen mit Welch das Ergebnis vorbestimmt hätten.

Nur drei Tage vergingen zwischen dem tatsächlichen Erhalt des GE Vorschlags und der Vorstandssitzung um das Angebot zu prüfen. So blieb für die Direktoren nur wenig Zeit, die Angelegenheit zu prüfen oder von allen Kolleginnen und Kollegen, Klaus Petty, zum Beispiel Argumente zu hören, die gegen die Aktion argumentiert haben könnten. Sobald aber die Entscheidung getroffen wurde, fortzufahren, nahm das Geschäft eine Dynamik auf, die zu stoppen bereits schwierig gewesen wäre.

Fragen über Fragen tun sich auf :

"Was ich gerne wissen würde," sagt ein verärgerter Direktor, "ist, was zum Teufel hat Felix Rohatyn gedacht, für wen er hier arbeitet." Rohatyn, eingeweiht in beiden Sitzungen mit Welch, hatte sträflich versagt, den Aufsichtsrat zu informieren.

In Rohatyns Auffassung vertrat Bradshaw den Aufsichtsrat, und in beiden Fällen kam das Materielle erst in der zweiten Sitzung. Er sagt, dass die Verantwortung seines Unternehmens nach dem Angebot alleine durch seine Meinung über die Angemessenheit des Angebotspreises erfüllt wäre.

Nach Louis Löwenstein, Professor an der Columbia University Law School, hatte Bradshaw keine formale Verpflichtung, den Aufsichtsrat von seinen Kontakten mit GE zu informieren.

(Einigen Aufsichtsräte haben jedoch ein düsteres Bild von solchen Vorgängen aufgezeigt. Das Scheitern des Thomas H.Wyman, CEO von CBS, der von Fusionsgesprächen berichtete, beschleunigte seinen Rauswurf im letzten Jahr.) Auch war Rohatyn nicht verpflichtet, um den Aufsichtsrat über diese Kontakte zu informieren.

Und noch eine ungeklärte Frage

Die Frage, "für wen Felix Rohatyn wirklich arbeitete", wirft eine weitere Frage auf.

Ein Argument in den Klagen war, daß der von GE zu zahlende Preis pro Aktie "nicht auf der unabhängigen Bewertung des aktuellen Wertes des RCA-Aktien, der Vermögenswerte oder des Geschäfts basierte." Mit anderen Worten: Wenn Rohatyn schon die Rolle spielte, Bradshaw und Welch zusammen zu bringen, wie konnte die Meinung seines Unternehmens in Bezug auf die Fairness des GE Angebot als "unabhängig" gelten? Wäre es nicht die Pflicht des Aufsichtsrats, eine externe Meinung einzuholen ?

"Die Suche nach eine zweiten Meinung ist nicht ungewöhnlich bei einem Unternehmenszusammenschluss dieser Größe, der wahrscheinlich zu Kontroversen führt," sagt David A. Sirignano, Chef des S.E.C.-Büros für Kaufangebote. "Das gilt vor allem," fügt er hinzu, "wenn einige Mitglieder des Aufsichtsrats der Meinung sind, dass die Investmentbank viel zu sehr eingebunden worden ist und es dazu auch noch ein Erfolgshonorar oder so etwas Ähnliches gibt. Sie wären ganz sicher geneigt, eine zweite Meinung einzuholen." Ein Erfolgshonorar würde für Dienstleistungen für das Management gezahlt werden oder für die Vermittlung dieses Deals, im Gegensatz zu der "fairness" Auffassung.

Was bei diesem Problem von besonderer Bedeutung ist, zu der Zeit des GE Angebotes gab es erhebliche Zweifel daran, wie fair der Preis wirklich war. Der Aktionärs-Klage behauptet, dass RCA "deutlich mehr" Wert war als die angebotenen $ 66,50.

Analysten und Broker an der Wall Street hatten wiederholt und öffentlich erklärt, dass die RCA Aktie ernsthaft unterbewertet war. Die Aktie wurde zuletzt in denspäten 1940er Jahrengehandelt, als GE mitgeboten hatte. Einige Analysten schätzen den Wert der Aktie auf $70, andere sehen ihn sogar bei $90.

Diese Schwankungen werden weitgehend von den Einschätungen über den Fernsehsender NBC reflektiert. Alle waren sich einig, dass NBC eine guten Job macht, die Frage war nur,wie gut.

Das GE Schnäppchen und die Zerschlagung

Der RCA-Vorstand genehmigte den Zusammenschluss im Dezember 1985. Zwei Monate später führten Nielsen und Arbitrons eine ihrer Quartals Publikums-Umfragen durch. Sie bestätigte den starken Vorsprung von NBC vor seinen Konkurrenten und der Sender wurde als besonders beliebt gezeigt, vor allem bei den Zuschauern von 18 bis 49 Jahre, der Altersgruppe, die Werbetreibende als zumeist wünschenswert betrachten. Nach alldem Wissen bekam GE ein Schnäppchen.

1987 - Zwei Jahre nach der Übernahme hatten die Reste der alten RCA einen neuen, schlanken "Look". Viele von Jack Welchs Veränderungen waren vorhersehbar:

  • Die Division RCA Victor Records wurde an die Bertelsmann AG, einem westdeutschen Medienunternehmen verkauft.
  • Die "Teppich Mühle" (?? was war das ?) und einige andere Überbleibsel aus den Pre-Bradshaw Jahren wurden ausgegliedert .
  • Das David Sarnoff Research Center in Princeton, NJ, wurde für die nächsten fünf Jahre an SRI International gegeben, mit einem in Verträgen versprochenen Zuschuß von $ 250.000.000 .


Es gab auch ein paar Überraschungen. Die NBC-Funknetze wurden der Westwood One Inc., ein Los Angeles Unternehmen angeboten, das die Mutual Broadcasting Systems besitzt.

Die RCA-Fabriken, die Rundfunk- und Fernsehgeräten hestellten und auch deren GE Gegenstücke wurden von Thomson SA, der Elektronik-Riese im Besitz der französischen Regierung, verkauft. (Thomson bekam das Recht, die General Electric Marke für 10 Jahre und der RCA Marke unbegrenzt zu nutzen.)
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Auch der Sender NBC mußte bluten

Die Erwartungen, dass der Fernsehsender NBC sich selbst überlassen werden würde, erwies sich als falsch. Der neue Präsident des Senders, Robert C. Wright, der 1986 den alten Chef Tinter ablöste, war angeheuert worden für eine senderweite Budgetkürzung, und der schlug vor, daß NBC ein Lobbysender für politische Parteien werden solle.

Beide Vorschläge produzierten einen Aufruhr und beide wurden wieder ins Regal gestellt. Ein Drittel der Mitarbeiter des Senders streikten gegen GEs Weigerung, die Bedingungen für einen neuen Vertrag zu verhandeln. Im vergangenen März schickte ein Vortrag von Jack Welch vor einer geschlossenen Sitzung des NBC Führungskräfte einen Schauer über den Sender.

GE sei stolz auf die Erfolge des Senders, sagte er, aber er schlug vor, dass einige NBC Manager "Puten" (turkeys) wären, die sich in Kürze auf die Suche nach einer anderen Beschäftigung machen würden.

Tatsächlich waren sie nicht alleine. Mehr als 8.000 ehemalige RCA Beschäftigte (von ehemals 88.000) wurden vom "Neutronen Jack" entlassen, und weitere 3000 wurden vorab in den Ruhestand geschickt. Und mehr als 30.000 gingen mit den verkauften ehemaligen RCA Bereichen weg.

Und hier ist fast schon das Ende der RCA Geschichte.

Thornton Bradshaw kommt inzwischen täglich in sein Büro im 30. Stock im Rockefeller Center. Er sitzt im GE Aufsichtsrat. Robert Frederick bewohnt ein Büro in einem anderen GE Gebäude in der Lexington Avenue. Gemäß einem GE Sprecher, "spielt Frederick keine aktive Rolle in der Gesellschaft." Er ist also geparkt oder abgestellt, obwohl er mal von GE zu RCA geholt worden war.

Wie erwartet, verwendet Jack Welch das neue Kapaital aus den RCA Barmitteln für die Rückzahlung von einigen "seiner" (also GEs) Schulden. Durch die damit gesenkten Zinsen und durch den starken Ertrag des Senders NBC stiegen die GE Aktien um je 14 Cents - ein gutes Ergebnis von GE für 1986. Welch hatte eigentlich in den ersten Jahren nach der Übernahme von RCA eine Verwässerung des Ergebnisses erwartet.

Welch hat somit insgesamt 1.300.000.000 $ (Milliarden) aus dem Verkauf von Geschäftsbereichen der alten RCA realisiert, nicht dazu gerechnet den Verkauf der kombinierten RCA-GE Unterhaltungselektronik-Bereiche.

Er hat immer noch mehr als 2,8 Milliarden Dollar Bares in seinen Büchern und es ist bekannt, daß er wieder auf der Suche ist, etwas zu kaufen.

Im Juli 1987 leuchtete das rote RCA Logo noch hoch oben auf dem Rockefeller Center als Meilenstein. Es war nun genau 50 Jahre her, dass Rockefeller begierig daran interessiert war, daß David Sarnoff ihr damals neues Gebäude für RCA mietete und nur seinem Unternehmen war es erlaubt, mit einem Leuchtschild oben auf dem Hochhaus zu werben. Es hängt noch da, auch wenn RCA nichts anderes mehr ist als "drei Buchstaben" innerhalb von GE.

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