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Historisches Wissen aus Heften, Zeitschriften, Magazinen

Artikel, Zitate und Infos stammen aus der Funk-Technik, der Funkschau, den RTMs, Kameramann, der FKT, den Schriften von Philips und Zeiss Ikon und Anderen. Mehr über die verfälschten historischen Informationen ab 1933 über 1945 bis weit in die 1980er Jahre.

aus der FUNK-TECHNIK Nr. 22/1950 (2. Nov. Heft)
Das Editorial

BERLIN . FRANKFURT/M. • Nr. 22/1950/5.JAHRGANG FUNK­TECHNIK CHEFREDAKTEUR CURT RINT

Weihnachten 1950 - Höhepunkt der Saison

In der Radiowirtschaft ist man nicht unzufrieden. Die Produktion hat ihren Nachkriegshöchststand erreicht, und der Handel konnte bis Anfang November, als diese Zeilen ge­schrieben wurden, noch nicht über einen Rückgang der Um­sätze klagen, der über die üblichen Tagesschwankungen hinausging. Zwar soll in Süddeutschland das Geschäft nicht ganz so gut wie in Nord- und Westdeutschland gewesen sein - aber schlecht war es darum südlich des Maines auch nicht.

Entgegen den meisten Vorhersagen ist der durchschnittliche Erlös (Anmerkung: Kaufpreis) je Gerät dem sinkenden Preisniveau nicht gefolgt, son­dern lag in den drei Monaten seit Ende der Funkausstellung nach wie vor bei rd. DM 270,- bis 300,-, d. h. auf der gleichen Höhe wie im Vorjahr. Damit ist gesagt, daß die Käufer von Rundfunkempfängern in diesem Jahr eine Lei­stungsklasse höher kauften, denn ein Gerät für DM 290,- der Saison 1950/51 kostete vor Jahresfrist ziemlich genau DM 80,- mehr.

Dieses etwas überraschende Festhalten des Publikums an der alten Preisklasse hatte zu einigen Ver­wirrungen bei der Industrie geführt. Hier war man allgemein der Ansicht, daß die Schlager der Saison 1950/51 bei etwa DM 240,- liegen müßten und richtete sich entsprechend ein. Als es nun anders kam, gab es bis in den Oktober hinein bei den Modellen um DM 300,- einige Knappheit, die aber fast überwunden werden konnte.

Der Vardacht auf eine "Schieflage"

Für die Lage (und Nervosität...) bezeichnend waren die Ver­dächtigungen, die daraufhin der Industrie das Leben schwer machten. Besonders eifrige Rufer im Streit bezichtigten sie der „Zurückhaltung knapper Typen", der „Hortung" und ähnicher Dinge. Die Hersteller verteidigten sich nicht ungeschickt mit dem Hinweis auf ihre angespannte Liquidität, die solch verwerfliches Tun überhaupt nicht gestatten würde. Was ge­fertigt wird, muß raus... und bezahlt werden!

Dagegen soll (wir betonen: soll!) es im Handel Leute gegeben haben, die gleich nach der Funkausstellung in Erwartung der vorher­gesagten Materialknappheit und vor allem Preissteigerung mit dem Aufbau eines kleinen Hortungslagers begonnen haben. Nun, soweit sie ihren Irrtum rechtzeitig bemerkten, wird es ihnen nicht schwer gefallen sein, ihre Läger inzwischen zu räumen. Tatsächlich haben sich Steigerungen der Bruttopreise auf dem Empfängersektor in sehr engen Grenzen gehalten; uns sind nur zwei Fälle einer offiziellen Heraufsetzung von Bruttopreisen bekannt geworden.

Rohstoffschwierigkeiten haben sich dagegen stärker bemerkbar gemacht. Am meisten be­troffen sind Tiefziehbleche und Kupfer. Es soll aber nicht geleugnet werden, daß einige Rohstoffe ihren Preisanstieg inzwischen fortsetzten. Führende Männer der Industrie er­klären, daß die Verteuerung der Fertigung durch diese unerfreulichen Ereignisse etwa die Größenordnung von 3 ... 8% erreichte. Sie konnten bis auf Ausnahmen aufgefangen werden, so daß sie sich nicht im Bruttopreis niederschlugen. Der Groß­handel wird diese Tatsache begrüßen, hat er doch stets vor Preissteigerungen gewarnt, die übrigens auch von einsichts­vollen Industrieleuten bekämpft werden. Eine Preissteigerung von Markenartikeln gibt schließlich nur dem Wunsche nach Lohnerhöhungen neue Nahrung.

Sogar Bargeschäfte akzeptiert

Bis Ende Oktober konnte der Zahlungseingang, im Durch­schnitt gesehen, befriedigen. Sehr gefragte und daher knappe Geräte wurden meist gegen bar gehandelt, wobei auch der letzte in der Reihe, der Einzelhändler, zurechtkam. Er ver­zeichnete eine beachtliche Steigerung der Kassageschäfte, obwohl örtliche Unterschiede nicht übersehen werden dürfen. Trotzdem blieb Teilzahlung die Stütze des Geschäftes. Man versuchte allenthalben, die Anzahlung auf 30% zu erhöhen und die Zahl der Raten auf sechs zu beschränken.

Überall gab die Fertigstellung neuer Wohnungen (mit dem Zwang für die Mieter, sich neu einzurichten) und die sinkende Arbeitslosig­keit dem Geschäft kräftige Impulse. Aufmerksame Beobachter der Lage kamen jedoch zu dem Schluß, daß ein Teil der Um­sätze vorweggenommen wurde, so daß u. U. in der zweiten Novemberhälfte und im Dezember, wenn nicht mit sinkenden Zahlen, so doch kaum mit weiteren Steigerungen zu rechnen ist. Schließlich ist die Kaufkraft der breiten Verbraucher­masse eine mehr oder weniger feststehende Größe, die man bei besonderen Ereignissen durch Rückgriff auf das Spargut­haben steigern kann, die sich aber im ganzen gesehen nur durch langfristigen Wirtschaftsaufschwung verbessern läßt.

Wir. die Größten in Europa

Die Monate August und September brachten Rekordproduk­tionen (173.300 bzw. 205.000 Empfänger im Gebiet der Bundes­republik). Zusammen mit der Westberliner Fertigung werden in beiden Monaten weit über 400.000 Geräte die Fabriken ver­lassen haben.

Deutschland steht damit nach den USA an zweiter Stelle in der Welt und liefert, auf das Rundfunkjahr 1950/51 umgerechnet, 25 ... 30% der gesamten europäischen Produktion. Die Exporte sind nach wie vor gering (die Im­porte übrigens auch ...), so daß der Druck der gewaltigen Produktion voll auf dem Inlandsmarkt liegt.

Was werden die Monate nach Weihnachten bringen? Wird es den Firmen gelingen, die unerfreulichen Verhältnisse der Frühjahre 1949 und 1950 zu vermeiden ? Das sind ebenso wichtige wie schwie­rige Fragen. Sie müssen von jeder Fabrik mit äußerster Sorgfalt für den eigenen Betrieb durchdacht und schließlich beantwortet werden. Jedenfalls steht außerhalb der Debatte, daß man mit Preissenkungen zwar operieren kann (wenn die Läger drücken...), aber dabei ganz empfindliche Verluste einzustecken hat!

Der Rabatt

Für den Handel ergibt sich noch ein weiteres Problem: der Rabatt! Es wird von den großen Spezialgeschäften allmählich als unerträglich angesehen, daß ihr Rabatt auch vom kleinsten Mann in der Vorstadtgasse erreicht werden kann. Aus dem Staffelrabatt ist bekanntlich längst der Einheitsrabatt für alle entstanden. Nun scheint sich eine zwar langsame, aber stetige Verlagerung des Umsatzes zum Spezialgeschäft hin zu vollziehen, so daß dessen Gewicht steigt und seine Stimme an Kraft srewinnt. Vielleicht ist es an der Zeit, diese Dinge schon jetzt anzuschneiden, wenn auch das Frühjahr die klassische Zeit für Rabattverhandlungen bleibt.

Karl Tetzner

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