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Artikel, Zitate und Infos stammen aus der Funk-Technik, der Funkschau, den RTMs, Kameramann, der FKT, den Schriften von Philips und Zeiss Ikon und Anderen. Mehr über die verfälschten historischen Informationen ab 1933 über 1945 bis weit in die 1980er Jahre.

aus der FUNK-TECHNIK Nr. 09/1950 (1. Mai Heft)
Das Editorial

Nr. 9/1950 - 5. JAHRGANG - CHEFREDAKTEUR CURT RINT

Zukunftsmusik

Manche Leute in der Rundfunkwirtschaft haben die Zahl der produzierten — und verkauften -- Rundfunkempfänger des Jahres 1949 wohlgefällig betrachtet. 1 Million und 300 Tausend Radiogeräte fanden im letzten Jahr in Westdeutschland den Weg von den Fabriken über den Fachhandel zum Publikum - wahrlich, eine stattliche Menge und viel Wasser auf die Mühle der Optimisten, die unentwegt die guten Aussichten des Rundfunkapparate- Geschäftes preisen.

Dabei sind die regionalen Verhältnisse unterschiedlich. Im Gegensatz zu allen Erwartungen verzeichnete man in Nord­deutschland trotz Wellenumstellung in den ersten drei Monaten 1950 ein gutes Geschäft - und erst im April glich es sich den geringeren süddeutschen Umsätzen an, die unter Aus­verkäufen und den karnevalistischen Ausgaben der Bevölkerung arg gelitten haben. Die allgemeine Frühjahrs- und Sommer-flaute scheint eingesetzt zu haben. Man wird sie überwinden, wie so vieles schon. Es ist aber kaum damit zu rechnen, daß die Technische Industriemesse in Hannover, auf der die Rund­funkindustrie mit Rücksicht auf die Funkausstellung in Düsseldorf keineswegs geschlossen vertreten ist, einen nennenswerten Auftrieb gibt.

Die Lage hat sich stabilisiert

Vor einem Jahr war Hannover das Signal für die Umkehr der damals ungesunden und un­natürlichen Entwicklung der Rundfunkwirtschaft. Heute ist kein Grund vorhanden, mit Hannover die gleichen Erwartungen zu verbinden, denn heute ist die Lage - gesehen vom Handel her - halbwegs normal. Der Saisonablauf zeigt keine Be­sonderheiten.

Wenn sich Rundfunkfachleute zusammenfinden und die üblichen Themen der horrenden Steuersätze, der Lehrlingsausbildung und der ständig schlechter werdenden Liquidität durch­gesprochen haben, wendet sich die Unterhaltung mit Sicher­heit der Zukunft zu. 1,3 Millionen verkaufter, wenn auch noch nicht restlos bezahlter Rundfunkgeräte berechtigen zu einigen Hoffnungen. Nun, Zahlen können viel beweisen, erwidern die Skeptiker und berechnen nicht weniger überzeugend, wie bald auch in Deutschland der Sättigungspunkt erreicht ist und man auf die „Ersatzquote" angewiesen ist.

Damit sind jene Emp­fänger gemeint, die als Ersatz für überalterte Apparate neu angeschafft werden müssen. Die geschätzte Zahl schwankt natürlich, denn die Lebensdauer von Rundfunkgeräten ist keine feste Größe, sondern ändert sich je nach den Ansprüchen des Besitzers, den Reparaturmöglichkeiten (Röhrenersatz) und schließlich je nach der finanziellen Lage sowie den Preisen der neuen Geräte.

Kommt die Sättigung ? Und was ist danach ?

Soweit gut - aber es soll doch mit allem Vorbehalt eine Zahl genannt werden: 600.000 bis 700.000 Empfänger werden sicher auch in ferner Zukunft nach der „Sättigung" umzusetzen sein ......... - und das ist die Hälfte von 1949! Es ist kein Geheimnis, daß sich die Fachleute keineswegs einig sind über den Zeitpunkt, an dem vielleicht 85% aller westdeutschen Haushaltungen mit Rundfunkempfängern ver­sorgt sind.

Zur Zeit dürften es 53% sein, unter Einschluß der Schwarzhörer vielleicht 56%. 30% aller Haushaltungen, deren Zahl im Westen etwa 13 Millionen beträgt, sind also noch zu versorgen, so daß noch rund 4 Millionen Empfänger absetzbar wären, ehe jene fatale Grenze erreicht ist. Man sagt, daß im letzten Jahr etwa 800.000 Rundfunkempfänger an Neu-Hörer verkauft worden sind. Legt man diese Quote auch weiterhin zugrunde, so wäre noch mit fünf Jahren anhaltender Geschäftstätigkeit zu rechnen.

Es gibt aber ein paar Unbekannte - z.B. UKW

Bekanntlich, kommt es immer anders als man denkt . ,. und so tut der kluge Händler gut daran, einige Unbekannte in seine Überlegungen einzubeziehen. Es gibt eine Reihe negativer Faktoren:

die un­sichere Wirtschaftsentwicklung (von der politischen ganz zu schweigen), geringe Kaufkraft, Finanzierungsschwierigkeiten - positiv zu werten dürfte dagegen die Neigung zum Kauf von Auto- und Koffersuperhets als Zweitgeräte sein. So ist es zu erklären, daß ernst zu nehmende Fachleute schon in zwei oder drei Jahren eine fühlbare Umsatzsenkung vermuten.

Viel gravierender wird jedoch die Tatsache sein, daß die Durchschnittserlöse ständig zurückgehen. Die Zeit der teuren Empfänger, die zu jedem Preis abzusetzen waren, gehört der Vergangenheit an, und in der neuen Saison wird die Haupt­nachfrage in der Preisklasse zwischen 190 und 280 Mark(West) zu verzeichnen sein. Mögen die Stückzahlen bleiben - die Umsatz­summen werden sich verringern, so oder so. Es ist eine völlig offene Frage, ob und in welchem Umfange der UKW-Rundfunk die Lücke verkleinern oder gar schließen kann. Die FM-Begeisterung ist in den letzten Monaten merklich abgeflaut, und immer mehr skeptische Stimmen melden sich zu Worte, zumal die Wellenneuordnung für Westdeutschland nicht nur Nachteile brachte.

Warten auf die Messe

Manche Produzenten werden zurückhaltender, aber vielleicht hören wir anläßlich der Hannoverschen Messe mehr über die Auffassungen der Ver­antwortlichen. Das zweite Programm des Nordwestdeutschen Rundfunks, das über die UKW-Sender läuft und sogar regionale Unterschiede zwischen Nord- und Westdeutschland aufweist, läßt allerdings erkennen, wie sehr man seitens der Sendegesellschaften UKW populär zu machen versucht: leichte Musik, heimatgebundene Sendungen, örtliche Reportagen drittklassiger Sportereignisse usw. betonen den Wunsch, die große Masse der Rundfunkhörer mit UKW zu befreunden und ihnen die finanzielle Belastung schmackhaft zu machen.

Noch ist alles im Fluß, und vorgefaßte Meinungen für oder wider sind zumindest voreilig. Wir haben in den Spalten dieser Zeitschrift immer wieder zu einer kühlen Beurteilung der Lage geraten und wollen auch erneut und mit aller Deutlichkeit erklären, daß vor Ablauf dieses Jahres kein fundiertes Urteil möglich ist. UKW benötigt bis zur Realisierung aller Pläne noch drei Jahre, und es wäre unfair, vor Ablauf dieser Frist - ........ - noch ehe das Kind recht geboren ist - endgültig Stellung zu nehmen.

Perspektive Fernsehen

Fernsehen wird die nächste Karte sein, die stechen soll. Wir haben alle erreichbaren Informationen über dieses Gebiet in unserem Beitrag „Fernsehen in Deutschland" in Heft 7/1950 der FUNK - TECHNIK zusammengetragen. Hinzuzufügen wäre lediglich eine kurze, aber wichtige Ergänzung: wenn Fernsehen eines Tages verkaufsfähig ist, wird es sich noch langsamer als UKW-FM ausbreiten.

Zuerst werden wir einen Sender in Hamburg erhalten, in dessen noch unbekannten Reichweitenkreis die Fachhändler ein sehr gutes Geschäft machen werden, wenn sie den Anschluß nicht verpassen.

Der zweite Sender soll im Ruhrgebiet stehen, und für den Händler in seinem Gebiet gilt das gleiche. Die übrigen aber, die Mehr­zahl nämlich, werden auf längere Zeit hinaus die Schatten­seiten zu spüren bekommen, indem sie feststellen müssen, daß der Verkauf von Rundfunkgeräten mehr als notwendig zurück­geht, weil die Leute auf das Fernsehen zu warten beginnen.

Das Geschäft dürfte also in jenen nicht allzu fernen Zeiten noch unterschiedlicher werden als heute - und wohl dem, der innerhalb der Reichweite eines TV-Senders sitzt. Aber auch er wird seine Füße nicht behaglich unter den wohlgedeckten Tisch stellen können, sondern sich ehrlich bemühen müssen, die neue, vertrackte Technik zu lernen. Leider wird er auch viel Geld aufbringen müssen, denn die Lagerhaltung dieser extrem teuren Empfänger und die Anschaffung völlig neuer Meßgeräte erfordert Kapital.

Mit dem Studium der Fernsehtechnik kann man nicht früh genug beginnen. Das erste Rüstzeug vermittelt unsere Artikelfolge „Bauelemente des Fernsehempfängers", die ab Heft 4/1950 in der FUNK-TECHNIK erscheint.

 

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