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Von der Flimmerkiste zum PAL-Farbfernsehen

Das vorliegende Büchlein aus dem Jahr 1987 ist eine der wenigen Publika- tionen des ehemaligen "Wiesbadener Fernsehvereins", der 2010 aufgehört hatte, zu existieren.
In diesem Büchlein beschreiben Walter Bruch und weitere Autoren ihre Eindrücke und  Erinnerungen und Erfahrungen aus der Zeit, als das Fernsehen noch in der Wiege lag - mit dem Blick auf die Entwicklung in der Stadt Berlin.

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Auch in Berlin wollte man wieder Fernsehen »machen«

Nachdem in Berlin die ersten Meldungen über die Pläne von Dr. Nestel bekannt geworden waren, in Hamburg mit technischen Vorversuchen für ein künftiges deutsches Fernsehen zu beginnen, überlegten sich die in Berlin zurückgebliebenen Fernsehtechniker der ehemaligen Deutschen Reichspost, wie man auch hier wieder Fernsehen »machen« könnte.

Das vor der Zerstörung von Berlin dort einmal vorbildlich für Europa funktionierende, allerdings noch nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmte Fernsehen war technisch einschließlich der Studios in den Händen der Deutschen Reichspost. Sie hatte für die Betriebsabwicklung des Fernsehens die Reichspost-Fernsehgesellschaft gegründet, und nur für das Programm war die Reichsrundfunkgesellschaft zuständig.

Einige Berliner wollten in Berlin bleiben

Diejenigen Techniker, die Berlin nicht verlassen konnten oder wollten, ehemalige Beamte der Deutschen Reichspost, überlegten sich, wie sie sich einen Auftrag für die Wiederaufnahme technischer Fernsehversuche beschaffen konnten. Es mußten Versuche sein, die nur in Berlin ausgeführt werden konnten.

Berlin war weit ab - doch da gab es Ideen

Als Ziel schwebte vor, Berlin und Westdeutschland einmal über eine Fernsehbrücke miteinander zu verbinden. Bei dem damaligen Stand der Technik war die Fernsehverbindung aber nur möglich über Fernsehtürme alle 50 Kilometer. In der sowjetisch besetzten Zone war es unmöglich, solche Stationen zu errichten. Auch das einmal von Berlin nach Hamburg verlegte Fernsehkabel war demontiert, und es hätte auch den modernen Ansprüchen des Fernsehens nicht genügt. Also war es naheliegend, daß die Berliner Techniker der Post sich zusammen mit den Kollegen in Westdeutschland mit dem Problem einer Fernsehbrücke Berlin-Westdeutschland beschäftigten.

Pfiffige Berliner intervenieren in Bonn

Den cleveren Berlinern gelang es, den zuständigen Ministerialdirigent im Bundespostministerium, damals noch in Frankfurt, Dr. G. Krawinkel, der in der Anfangszeit des Fernsehens in Berlin als Fernsehforscher arbeitete und daher mit seinem Herzen bei den Berliner Kollegen war, zu bewegen, ihnen einen Etat zu bewilligen, der zur Anschaffung bzw. zum Bau einer Fernsehanlage für diese technische Erprobung ausreichte.

August Zinn, ein Glücksfall für Hessen

Anmerkung :
Zu den pfiffigen Berlinern gibt es eine traurige wie auch lehrreiche Story aus Hessen. Der hessische SPD Ministerpräsident Georg August Zinn (1960er Jahre) wurde im Landesparlament von seinen "Genossen" gefragt, "warum denn seinem Kabinett überhaupt kein Hesse angehöre, aber so viele Norddeutsche und Berliner ?"

Als Antwort bekamen die verdutzten (hessischen) Genossen zu hören : "Sie hätten ihn doch gewählt, damit er >die Besten< um sich schare." Daraufhin wurde er nicht mehr aufgestellt bzw. gewählt - wie danach auch Helmut Schmitt und Hans Apel und manch andere zu ehrliche SPD "Genossen". So entstand die Volksmeinung, daß diese Partei eine Schlangengrube sei.

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1950 in einem Turmzimmer im ehem. Reichspostzentralamt

Dort, wo einst die Wiege des Reichspostfernsehens stand, und wo auch Dr. Krawinkel Anfang der dreißiger Jahre arbeitete, im ehemaligen Reichspostzentralamt in der Ringbahnstraße im Bezirk Tempelhof, fing man an. Ein Turmzimmer schien dafür geeignet. In ihm begann man, sich im Dezember 1950 einzurichten. Mit einem Abtaster für Dia und Film, einer Kamera und einem Studio von wenigen Metern Breite ging es los.

Wie in Hamburg auf dem Heiligengeistfeld-Bunker über dem Senderaum im Hochbunker, so stand auch hier die Sendeantenne unmittelbar über dem Turm-Studio. Ganze 200 Watt hatte dieses kleine Senderchen.

Zweimal Fernsehshow in Berlin -Anno 1951!

Die Amerikaner kommen mit 35 Tonnen Material

Im Juni 1951 können die Techniker von der Post ihre ersten Testbilder ausstrahlen. Da trat ein Ereignis ein, das die Berliner Aktivitäten beschleunigen sollte. Im Rahmen des europäischen Wiederaufbauprogramms wurde 1951 die Radio Corporation of America (RCA) nach Berlin entsandt, um vom 13. bis 26. August amerikanisches Fernsehen zu demonstrieren. Sie kam mit 35 Tonnen Geräten, mit Kameras und 110 Heimfernsehempfängern. 16 dieser Fernsehempfänger wurden im Stadtpark Schöneberg zu einer Fernsehstraße aufgebaut.

1951 - Ein richtiger Beamer mit drei mal vier Meter

Das Sommerwetter war diesem Freilichttheater günstig. Andere Empfänger standen im Rathaus, in den Schaufenstern von Berliner Geschäften; der Clou war eine Fernseh-Großprojektion in einer Ruine nahe der Potsdamer Brücke. Drei mal vier Meter war das Bild, makaber der Ort. Die von den Nazis geplante Prachtstraße entlang der Potsdamer Straße sollte dort an der Potsdamer Brücke einen großen runden Platz erhalten.

Eines der dafür vorgesehenen Monumentalgebäude, ein Rundbau mit Säulen, das Haus des Fremdenverkehrs, war als Rohbau im Krieg noch fertiggestellt worden. In diesem Haus sollte ursprünglich ein großes Fernsehtheater eingerichtet werden. In den Ruinen des durch Bomben weitgehend zerstörten Gebäudes - heute ist es völlig abgerissen - war jene amerikanische Großprojektionswand aufgestellt, eine Art Freilichtkino.

Eine Bühne im Stadtpark

Für die Aufnahme der Fernsehprogramme wurde unweit der Fernsehstraße am U-Bahnhof Stadtpark (er heißt heute -1987- Rathaus Schöneberg) eine Bühne errichtet. Aus dem Titania-Palast, einem großen Filmtheater im Nachbarbezirk Steglitz, übertrugen die Amerikaner live Musicalaufführungen. Über einen kleinen Fernsehsender konnte man das Gebiet von West-Berlin versorgen.

Etwa 25.000 Berliner sollen so 1951 erstmalig mit dem Fernsehen konfrontiert worden sein. Die Hälfte davon im Stadtpark Schöneberg, dem heutigen Rudolph-Wilde-Park. Bei der Vorbereitung des Programms - täglich von 19 Uhr 30 bis 23 Uhr 30 wurde gesendet - half der RIAS (Rundfunk im Amerikanischen Sektor).

Damals schon: Westpropaganda für den Osten unwillkommen

Den Großprojektionsempfänger an der Potsdamer Brücke hatte man übrigens deshalb so nahe an die Sektorengrenze gelegt, damit auch Besucher aus Ost-Berlin dieses Fernseh-Programm sehen konnten. Aber da die großprojizierten, wenig hellen Bilder nur in absoluter Dunkelheit gut erkennbar waren, war schon durch eine geringe Umweltbeleuchtung ihre Brillanz wesentlich vermindert. Das kam Ost-Berlin sehr gelegen. Vom nahe gelegenen Potsdamer Platz im sowjetischen Sektor hellten sie das ganze Gebiet mit grellweißem Magnesiumlicht auf - »Lichtkrieg« um Fernsehen!

Die Deutsche Industrieausstellung Berlin 1951

Schon kurz nach dieser amerikanischen Demonstration - noch war das Fernsehen in der Bundesrepublik ja nicht eingeführt - wurde den Berlinern aus Ost und West sowie den in großer Zahl angereisten Fremden ein Blick in die zukünftige Welt des deutschen Fernsehens gewährt.

Auf demselben Ausstellungsgelände am Funkturm, auf dem 25 Jahre zuvor zum erstenmal, zwölf Jahre vorher letztmals Fernsehen in Deutschland vorgeführt worden war, eröffnete Bundeskanzler Konrad Adenauer am 6. Oktober die »Deutsche Industrieausstellung Berlin 1951«. Die Eröffnungsfeier wurde direkt über den Sender Witzleben (auf dem Funkturm) auf die ähnlich wie vorher bei den Amerikanern im Stadtpark Schöneberg in einer Art »Fernsehstraße« aufgestellten Empfänger übertragen. 17 Firmen der deutschen Industrie demonstrierten zum Beweis ihrer Vorbereitungen auf das Fernsehen etwa 40 Empfängermodelle.

Nicht jedes Unternehmen unterhielt zu dieser Zeit schon eine eigene Entwicklung; etliche Hersteller wurden von größeren Firmen unterstützt. Keine der bekannten Marken aber fehlte auf dieser Ausstellung. Eine Fernsehsender-Antenne des NWDR wurde auf dem Funkturm installiert. Sie war von Telefunken in Berlin gebaut worden, während die in Darmstadt wiedererstandene Fernseh-GmbH das Ausstellungs-Fernsehstudio entwickelt und gefertigt hatte.

Richtige Fernseh-Live-Sendungen direkt nebenan

Das Publikum drängte sich vor den Empfängern, um die Fernseh-Live-Sendungen zu sehen, deren Aufnahme man in der benachbarten Ausstellungshalle ebenfalls miterleben konnte. Hunderttausende erlebten hier erstmalig Fernsehen.

Wieder eröffnete man das Programm mit Goethes Faust-Vorspiel. Bekannte Künstler, die heute noch (1987) im Fernsehen auftreten, gaben damals ihr Debüt im Fernsehen. Die ersten Kindersendungen und ein Fernsehquiz ließen ahnen, was später an Programmen zu erwarten war. Auch die Berliner Post zeigte sich, zwar noch zaghaft, auf dieser Industrieausstellung. Von Tempelhof wurden über ihren kleinen Sender Bilder zu ihrem Ausstellungsstand übertragen.

Die NWDRler aus Hamburg nahmen alles wieder mit

Nach dieser »Show« verschwand das Hamburger Fernsehen wieder aus Berlin. Die technischen Einrichtungen für die Fernsehaufnahmen waren in einen Wagen eingebaut, der wieder nach Hamburg zurückfuhr. Sie gehörten zu der Ausrüstung, mit der ein Jahr später das regelmäßige Programmfernsehen gestartet werden sollte. Die Generalprobe war erfolgreich überstanden, sie hatte viel Resonanz in der Presse gefunden.

Erste Berliner Fernsehprogramme

Die Berliner Techniker von der Post, aber auch die Rundfunkleute, die am Programm für die Industrieausstellung mitwirkten, waren auf den Geschmack gekommen. Mit der Unbekümmertheit, die den Menschen dieser Stadt eigen ist, gingen nun auch sie daran, ein eigenes Fernsehprogramm zu produzieren, lange bevor Hamburg das so regelmäßig konnte - oder wollte!

Der NWDR hatte im ehemaligen Zahnärztehaus am Heidelberger Platz im Bezirk Wilmersdorf ein Rundfunkstudio errichtet. Von 1950 an hatten einige, die es nicht lassen konnten, dort auch schon Fernsehversuche gemacht, aber ohne Sender, denn die Sendehoheit lag bei der Post. Auch hatte man kein Motiv, denn Fernsehen für den NWDR sollte allein Hamburg machen.

Dr. Schunack, ehemals Ingenieur der Fernseh-AG, hatte eine Kamera gebastelt

Bilder machte man mit einer vorsintflutlichen Kamera, einem riesigen Kasten mit einem Drahtrahmensucher, zusammengebaut von dem in Berlin verbliebenen früheren Ingenieur der Fernseh-AG, Dr. Schunack. Später war die nach Hamburg gegangene Amateurkamera von Hewel dazugekommen. Beide Gruppen wollten jetzt Fernsehen machen. Die Post hatte den Sender. Doch die Rundfunkhoheit für das Programm - und Fernsehen ist auch Rundfunk - lag bei den Rundfunkanstalten und ganz eindeutig durch Verordnung der britischen Militärregierung für ihr Zuständigkeitsgebiet beim NWDR.

Die Post durfte kein "Programm" machen, nur senden

Solange die Post nur Testbilder sendete, war das kein Programm, und es gab keine Kompetenzstreitigkeiten mit dem Rundfunk. Doch beide Organisationen wollten ein Programm. Nur die Post hatte ausreichend technische Einrichtungen, und so einigte man sich ganz unbürokratisch und fand sich zusammen: der NWDR für das Programm und die Post für die Technik.

Man hatte große Pläne: wenn in Hamburg Versuchssendungen nur dreimal in der Woche vorgesehen waren, wollte man in Berlin täglich senden, denn man mußte für die Zukunft an ein abendfüllendes Programm aus Berlin für Berlin denken. Trotz erster positiver Tests war die Fernsehverbindung von Hamburg nach Berlin noch nicht betriebsfähig entwickelt.

Was in Berlin bis Anfang 1953, als der Fernsehsprung von Berlin nach dem Westen und vom Westen nach Berlin die Isolierung aufhob, täglich geleistet wurde, verdient, aus der Vergessenheit hervorgeholt zu werden. Das Studio, von der Post in der Ringbahnstraße beigesteuert, war nicht größer als ein modernes Wohnzimmer, noch nicht einmal mit einer Weitwinkeloptik erlaubte es eine Totale, dazu mußte man mit der Kamera durch die Tür in das »Studio« schauen.

Einmalig und nie wieder - eine Post-NWDR-Gemeinschaft

Heinz Riek, der Leiter der Berliner Zeitfunkgruppe des NWDR, in dessen Zuständigkeitsbereich diese Spielerei mit dem Fernsehen gefallen war, übernahm nebenamtlich die Leitung der Produktion für das Programm der Post-NWDR-Gemeinschaft. Am Tage machten die NWDR-Leute Rundfunk, am Abend Fernsehen. Dazu mußte man sich viel einfallen lassen, beispielsweise für eine Operette die Sänger auf dem Flügel zu plazieren. Ich selber wurde, als ich mir die Live-Sendung »Frau Luna« im Oktber 1952 in diesem Studio ansah, an die Zeiten im allerersten Fernsehstudio im Deutschlandhaus in Berlin 1938 erinnert. Es war harte Schweißarbeit bei 30 Grad Hitze.

Erste Außenübertragungen aus einem Möbelwagen

Die Berliner haben auch als erste wieder eine Außenübertragung versucht. Die Kameraanlage, die am nächsten Tage wieder im Studio stehen mußte, wurde auf einen alten Möbelwagen gestellt und dahin gefahren, wo man sie an das schon vor Kriegsende in Berlin verlegte Fernsehkabel anschließen konnte. Auf diese Weise wurde es möglich, schon 1952 den Empfang für den ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss auf dem Flughafen Tempelhof und die Begrüßung durch den Regierenden Bürgermeister Ernst Reuter zu übertragen. Und das alles, obwohl es nur wenige Fernsehteilnehmer gab. Fast ließen sie sich noch zählen.

Ein Wort zu Gage

Gemessen an den heutigen Honoraren kann man die damaligen nur als Taschengeld bezeichnen. Selbst Künstler der Spitzenklasse mußten sich mit 100 bis 150 DM für ein Sendespiel zufrieden geben. Mehr konnte man auch nicht für die Dekorationen ausgeben, so mußten es auf Packpapier gemalte Kulissen bleiben.

Januar 1953 - Endlich die Fernsehbrücke zum Westen

Bis zum 31. Dezember 1952 machte auf diese Weise Berlin sein tägliches Programm. 4.500 Minuten Fernsehprogramm waren bis dahin ausgestrahlt worden. Am 1. Januar 1953 war dann die Fernsehbrücke in Betrieb. Sie arbeitete mit der Zwei-Meter-Welle von einem Sendemast in Nikolassee nach dem etwa 130 Kilometer entfernten »hohen« Berg von 75m bei Höhbeck an der Elbe, ohne Zwischenstation die DDR überspringend. Von dort war der Anschluß zu dem von Hamburg ausgehenden Netz übliche Technik. Von diesem Tag an war auch Berlin an das Gemeinschaftsprogramm angeschlossen, dessen Herstellung sich nun Hamburg, Köln und Berlin teilten.

1953 - Der Volksaufstand erzeugt Publicity für Berlin

Am 17. Juni 1953 wurde das Berliner Fernsehteam erstmalig wirklich gefordert, seine Berichte über den Aufstand in Ost-Berlin gingen in die ganze Welt; sie war an jenem schicksalhaften 17. Juni in Berlin durch das Fernsehen mit dabei.

Genau zehn Jahre später schaute wieder fast ganz Deutschland nach Berlin - es waren jetzt schon Millionen Fernsehempfänger in den deutschen Haushalten installiert. Aber auch europäische und überseeische Länder schauten zu, als John F. Kennedy, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, vor dem Rathaus Schöneberg seinen berühmt gewordenen Satz sprach: »Ich bin ein Berliner!«

Und dann kam das zweite Programm ...

Solange nur einige 10.000 Zuschauer am Fernsehen teilnehmen konnten, war es für die Politiker uninteressant, noch war es für sie nur ein Medium der Unterhaltung. Gut so, denn wegen dieses geringen Interesses ist 1953 der Fernsehvertrag über das Gemeinschaftsprogramm der ARD-Anstalten verhältnismäßig leicht über die Bühne gegangen.

Doch nach und nach mauserte sich das Fernsehen. Im September 1957 suchte man den millionsten Zuschauer, im Dezember 1958 war die Zweimillionengrenze überschritten, und nun interessierten sich auch mehr und mehr die Politiker für das Fernsehen, und die Bundesregierung wünschte sich ein zentrales Zweites Programm. Welche Schritte die damalige Bundesregierung unternahm, bis am 25. Juli 1960 von Bundeskanzler Adenauer für die Bundesregierung der Gesellschaftervertrag der »Deutschland-Fernseh-GmbH« unterzeichnet wurde, ist heute Geschichte.

Vier Bundesländer ziehen vors Bundesverfassungsgericht

Die vier Bundesländer Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Bremen klagten vor dem Bundesverfassungsgericht gegen diese Gründung der Bundesregierung. Das am 28. Februar 1961 vom Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichtes verkündete Urteil spricht der Bundesregierung das Recht auf die Gründung einer solchen Anstalt ab, weil diese nicht mit der im Grundgesetz vereinbarten Rundfunkfreiheit vereinbar war. Zwar werden Bund und Bundespost zugestanden, das Fernmeldewesen technisch zu regeln, also auch Fernsehsender zu errichten, aber keinerlei Kompetenzen bezüglich eines Programms.

Im März 1961 ist es schon wieder vorbei

Am 3. März 1961 zieht sich die Bundesregierung offiziell zurück und legt die Verantwortung für ein zweites Fernsehprogramm in die Hände der Ministerpräsidenten der Länder.

Im Juni 1961 gibts einen neuen Staatsvertrag

Diese unterzeichnen am 6. Juni 1961 den Staatsvertrag über die Errichtung einer neuen, von den bestehenden Rundfunkanstalten unabhängigen gemeinnützigen Anstalt des öffentlichen Rechts zur Ausstrahlung eines zweiten Fernsehprogramms.

Von Anfang an war klar, das ZDF kommt nach Mainz

Dieses Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) sollte nach dem Vertrag seinen Sitz in Mainz haben und von einem Fernsehrat kontrolliert werden, in dem alle politisch und gesellschaftlich relevanten Kräfte der Bundesrepublik Deutschland vertreten sein sollten. Dieser Verwaltungsrat sollte die sachliche und politische Ausgewogenheit des Programms sichern. Bis diese neugegründete Anstalt ihr Programm aufnehmen konnte, verpflichtete sich die ARD, ein Interimsprogramm für sie auszustrahlen.

Dieses interimsmäßig von der ARD ausgestrahlte zweite Programm wurde dann, nachdem das ZDF seine Sendungen aufgenommen hatte, in die Dritten Programme der beteiligten ARD-Anstalten übergeführt.

Philosophieprofessor Dr. Karl Holzamer wird ZDF Intendant

Als Intendant für das ZDF wurde der Mainzer Philosophieprofessor Dr. Karl Holzamer, ein alter Rundfunkhase, gewählt, der 15 Jahre lang diesen Posten innehatte und maßgeblich das ZDF aufgebaut hat.

Der Anfang für diese Anstalt war schwer. Aus dem Nichts - die Techniker hausten in Baracken - ein Fernsehprogramm aufzubauen, das in förderlicher Konkurrenz und in anregendem Kontrast zu dem der neun ARD-Anstalten wirken sollte, denen ein zehnjähriger Aufbau vorausgegangen war, das ist den Männern und Frauen von Technik und Programm, die sich um Holzamer geschart hatten, gelungen.

In viel zu engen gemieteten Räumen in Wiesbaden und von Landesstudios produzierte man die aktuellen Programme. Ein neues Sendezentrum auf dem Lerchenberg in Mainz, wo schon ein Verwaltungsbau entstanden war, ist 1984 bezogen worden.

So hatten wir in der Bundesrepublik Deutschland bislang zwei zwar unterschiedlich organisierte Programmgruppen: föderalistisch die eine, zentralistisch aufgebaut die andere, jedoch auch föderalistisch ausgerichtet. Nachdem inzwischen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen worden sind, wird neuerdings die deutsche Fernsehlandschaft auch durch privatwirtschaftlich organisierte Programmveranstalter belebt, so durch die Sender SAT 1 und RTL plus.

1967 - Das deutsche Farbfernsehen startet in Berlin

Eine Jubiläumsausstellung in Berlin, die »25. Große Deutsche Funkausstellung«, war Anlaß für die Eröffnung des regelmäßigen Farbfernsehprogramms für ganz Deutschland. Am 25. August 1967 drückte Vizekanzler Willy Brandt, bis Ende 1966 Regierender Bürgermeister von Berlin, auf einen Knopf, und das Fernsehbild sollte in den Farbempfängern farbig werden.

Doch der Knopf war nur eine Attrappe. Die etwas komplizierte Einschaltung der Farbe im Studio sollte die Bildmischerin vornehmen. Wie alle, die seit Jahren Farbfernsehen geübt hatten, wartete auch sie fieberhaft auf den Start. Der Finger von Brandt war erst in der Nähe des Knopfes, da wurden die Bilder schon farbig. So startete das deutsche Farbfernsehen schon einige Sekunden früher als vorgesehen.

Aug. 1967 - Vico Torriani wird populär

Am Abend des 25. August 1967 folgte dann als erste große Fernseh-Show live in Farbe die 25. Sendung der beliebten Spielshow des ZDF »Der Goldene Schuß« aus der Berliner Deutschlandhalle, zum ersten Mal mit Vico Torriani als Spielmeister. Von diesem Tage an gab es täglich Farbfernsehprogramme über alle deutschen Sender. Noch war die Farbe Ausnahme, deswegen wurde jede Farbsendung extra angekündigt; heute ist Schwarz-Weiß die Ausnahme und wird in der Vorschau als solche gekennzeichnet.

Farbe gab es eigentlich schon 1951

Für Berlin waren das aber nicht die ersten öffentlichen Farbprogramme. Am 13. August 1951 schon, noch vor der Einführung des Schwarz-Weiß-Fernsehens, als die Amerikaner die große Fernsehshow in Berlin machten, hatten Engländer und Amerikaner auch Farbfernsehen demonstriert. In einer stark abgedunkelten Messehalle am Berliner Funkturm drängten sich die Berliner, damals noch aus Ost und West, vor den Fernsehempfängern.

Doch es war kein vollelektronisches Fernsehen. Wie schon einmal im Jahre 1928 bei der ersten Berliner Fernsehdemonstration surrten Motore und drehten sich Scheiben, aber Scheiben jetzt nicht für die Abtastung des Bildes, Scheiben jetzt vor Braunschen Röhren, um das Bild farbig zu machen. Aber das Bild flimmerte, immerhin flimmerte es farbig.

1951 - Ein Fernsehstudio für's Buntfernsehen von CBS

In der Ausstellungshalle hatte man ein Fernsehstudio aufgebaut. Bekannte Berliner Künstler traten auf, sie wurden stark und bunt geschminkt, ehe sie vor die Kameras traten, vor denen sich auch wieder die rotierenden Scheiben befanden. Die amerikanische Gesellschaft Columbia Broadcasting System (CBS) zeigte den Berlinern ihr Farbfernsehsystem, das in diesen Tagen in den USA versuchsweise eingeführt worden war.

So wurden also wenige Wochen, bevor auf demselben Ausstellungsgelände die deutsche Fernsehgeräteindustrie ihre ersten eigenen Schwarz-Weiß-Empfänger vorführen konnte, die Darbietungen des amerikanischen Farbfernsehens eröffnet. Ein halbstündiges buntes Programm, betitelt »Obst und Gemüse« mit Edith Scholl-wer, Maria Beling, Ingeborg Graven-horst, Heinz Hahn sowie mit Heinrich Riethmüller und seinen Rhythmikern, der später stets in Hans Rosenthals Fernsehsendungen dabei war.

1951 - vergessen - Die Deutschen hatten noch andere Sorgen

Diese erste Nachkriegsouvertüre des Farbfernsehens in Europa, in Berlin, mit einem mehrtägigen Live-Programm haben viele vergessen, denn 1951 hatten wir noch andere Sorgen als farbiges Fernsehen. Wir waren noch anspruchslos und bewunderten die Bilder als technische Demonstration. Sie waren schön bunt, doch bei schnellen Bewegungen sah man farbige Säume an den Konturen. Bilder in natürlichen Farben gab es noch nicht. Die Empfänger waren große Kisten, mit dem zwar verkleideten, aber doch recht häßlich einseitig vor dem Kasten sitzenden »Farbrad«, und die Bilder genügten keineswegs unserem Geschmack, wenngleich er sechs Jahre nach Kriegsende noch sehr anspruchslos war.

Deutsche Fernseh-Experten lehnen CBS-Verfahren ab

Diese erste Demonstration in Deutschland regte den technischen Direktor des NWDR, Werner Nestel, der schon einmal vorher die Initiative zum Schwarz-Weiß-Fernsehen ergriffen hatte, an, die Fernsehfachleute der Rundfunkanstalten, der Post und der Industrie nach Hamburg zu einer Tagung einzuberufen, um über die Zukunft des deutschen Fernsehens zu beraten und sich Gedanken über ein späteres Farbfernsehen zu machen. Einstimmig wurde von den anwesenden Experten das CBS-Verfahren abgelehnt und empfohlen, auf ein vollelektronisches Farbfernsehen zu warten.

Grundbedingung : Schwarz-Weiß kompatibel

Die deutschen Experten wollten unbedingt ein Fernsehen, bei dem die sogenannte Kompatibilitätsbedingung erfüllt sein sollte. Das heißt: die dann sicher vorhandenen vielen Millionen Schwarz-Weiß- Empfänger sollten bei der Einführung des Farbfernsehens nicht unbrauchbar werden. Sie sollten Farbfernsehsendungen verarbeiten können und sie dann so einwandfrei - wenn auch nur in Schwarz-Weiß - wiedergeben, als wären es gewöhnliche Schwarz-Weiß- Sendungen. Das bedeutet also, die Farbsendungen müssen mit den Schwarz-Weiß- Sendungen verträglich, »kompatibel« sein.

Aber auch die für den Empfang dieser Farbfernsehsignale bestimmten Farbfernsehempfänger mußten sich so dimensionieren lassen, daß sie Schwarz-Weiß- Sendungen als solche in Schwarz-Weiß, also »farblos«, wiedergeben konnten (Rekompatibilität).

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