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"Das gibt's nur einmal" - die Film-Fortsetzung 1945 bis 1958

Der Schriftsteller Curt Riess (1902-1993 †) hatte 1956 und 1958 zwei Bücher über den Deutschen Film geschrieben. Als Emigrant in den USA und dann Auslands-Korrspondent und später als Presseoffizier im besetzten Nachkriegs-Berlin kam er mit den intessantentesten Menschen zusammen, also nicht nur mit Filmleuten, auch mit Politikern. Die Biografien und Ereignisse hat er - seit 1952 in der Schweiz lebend - in mehreren Büchern - wie hier auch - in einer umschreibenden - nicht immer historisch korrekten - "Roman-Form" erzählt. Auch in diesen beiden Filmbüchern gibt es jede Menge Hintergrund- Informationen über das Entstehen der Filme, über die Regisseure und die kleinen und die großen Schauspieler, das jeweilige politische Umfeld und die politische Einflußnahme. Die einführende Seite dieses 2. Buches finden Sie hier.

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SIEBZEHNTER TEIL • IDEALES DEUTSCHES LIEBESPAAR

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O.W. FISCHER - MARIA SCHELL

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Der erste Film der beiden - „Bis wir uns wiedersehen!"

Um diese Zeit ist das „ideale deutsche Liebespaar" nicht mehr Dieter Borsche - Maria Schell, sondern O. W. Fischer und Maria Schell. Dabei wäre es fast schiefgegangen. Schon beim ersten Film der beiden.

Er heißt „Bis wir uns wiedersehen!" und ist eine sehr tragische Liebesgeschichte, die zwischen einem ehemaligen, nach dem Krieg aus der Bahn geworfenen Offizier spielt, der einen Spielklub leitet und von der Polizei gesucht wird, und einem lungenkranken Mädchen, das dem Tode geweiht ist.

Ja, die Nachkriegszeit und ihre Hoffnungslosigkeit spricht aus jeder Szene dieses Films. Er ist wirklich sehr anständig und fast kompromißlos gemacht, beschönigt nichts, streut kein Sacharin in die Bitterkeiten des Lebens.

Er geht auch schlecht aus - muß schlecht ausgehen. Der ehemalige Offizier begeht Selbstmord. Denn wo soll er hin? Sein Leben wäre auch dann verpfuscht, wenn die Polizei zufällig nicht hinter ihm her wäre oder ihn nicht fände.

Doppelt und dreifach verpfuscht durch die Vergangenheit, durch die Liebe zu einer Todgeweihten, durch eigene Schuld. Und das Mädchen? Auch sie müßte sterben, selbst wenn sie nicht todkrank wäre, denn ihr Leben hätte ja nur einen Sinn an der Seite des Mannes, den sie nicht haben darf. Dies ist also der erste Film, in dem O. W. Fischer und Maria Schell zusammen spielen.
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O. W. Fischer hat sich ganz "gefunden" .....

Zum ersten Male stehen sie als das liebende Paar auf der Leinwand - und dies soll noch viele Male so sein. Beide sind stärker denn je zuvor. O. W. Fischer hat sich ganz gefunden.

Er spielt kaum noch, er ist. Ein paar Worte, und man weiß genau, was dieser Mann spürt, der da vor uns steht, was er denkt, wie ihm zu Mute ist, wie leer, wie ausweglos sein Leben sein muß.

Die Schell wirkt, wenn möglich, noch zarter, noch gebrechlicher als in ihren ersten Filmen. Hier schon wird klar, daß sie eine ganz ungewöhnliche Fähigkeit hat, Illusionen zu erzeugen.

Nur diejenigen, die sie persönlich kennen, wissen, daß dieses zarte Wesen in Wirklichkeit ja gar nicht so zart, sondern sehr frisch, sehr gesund, man darf wohl sagen geradezu robust ist.

Aber auf der Leinwand wirkt sie, ohne viel drücken zu müssen, ohne mehr als Andeutungen zu geben, wie eine Todkranke, ganz Kraftlosigkeit, hinüberdämmernd in ein anderes Leben.
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Ja, dies ist ein in jeder Beziehung erfreulicher Film.

Eine Grundidee, die sehr heutig ist, ein anständiges Drehbuch, eine grandiose Darstellung, eine dezente Regie - Gustav von Ucickv.

Spätere Chronisten werden einmal zu berichten wissen, dieser erste Fischer-Schell-Film habe das Publikum begeistert und es sei sofort nach seinem Erscheinen klar geworden, daß das neue deutsche Liebespaar die großen Erfolgsfilme der nächsten Jahre machen würde. - Hier sei verraten: Dem ist durchaus nicht so.
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Ein Erfolgsfilm ? Nein, die Kinos, in denen er läuft, leiben leer.

Der erste Liebesfilm hat nicht den geringsten Erfolg. Die Kinos, in denen er läuft, bleiben leer. Er wird schnell abgesetzt.

Später, als die Hauptdarsteller ganz große Stars geworden sind, nimmt man ihn noch einmal in den Spielplan auf - vergebens. Er bleibt ein Mißerfolg.

Wieder einmal steht man vor der großen Frage:

Was eigentlich macht den Erfolg eines Films aus?

Und die einzige sinnvolle Antwort: Niemand weiß es. Man kann Erfolg nicht erzwingen. Man kann zwei kommende Schauspieler engagieren und sie einen Stoff spielen lassen, der interessieren müßte - und das Ganze interessiert niemanden.

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Wollen die Menschen nicht, daß Fischer und Schell sterben?

Oder sollte das Debakel dieses ersten Fischer-Schell-Films mit seinem Ende zusammenhängen? Wollen die Menschen nicht, daß Fischer und Schell sterben? Wünschen sie so sehr, daß die beiden einander bekommen, daß sie sie lieber gar nicht sehen als unglücklich? Eine Frage, die niemals entschieden werden wird.

Ein knappes Jahr später der zweite Fischer-Schell-Film, ein sehr bemerkenswerter Film und einer, der viel Geld einspielt. Der Produzent ist F. A. Mainz, der Regisseur Josef von Baky.
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Es handelt sich um den Film vom „Träumenden Mund" .....

Dabei handelt es sich beim „Träumenden Mund" um ein Remake, um die Herstellung eines Films, der schon einmal gedreht worden ist. Es ist nicht das erste Mal, daß die Filmindustrie, die verzweifelt nach guten Stoffen ausschaut, sich damit zu retten versucht, daß sie einen bereits einmal gedrehten Film von neuem dreht.

Aber bis jetzt war das Remake der Ausnahmefall. Mit dem „Träumenden Mund" wird das Remake große Mode, und in den Jahren, die nun kommen sollen, werden namentlich in Deutschland Erfolgsflime von anno dazumal wieder und wieder gedreht.
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Das ist ein Armutszeugnis.

Und das Experiment geht auch nicht immer glücklich aus. Denn der Vergleich mit der ersten Fassung des Films liegt ja auf der Hand. Und dieser Vergleich ist nicht immer schmeichelhaft für diejenigen, die es zum zweiten oder dritten Mal mit dem gleichen Stoff versuchen.

Im Falle des „Träumenden Mund" wird die Sache besonders gefährlich. Denn dieser Film wurde vor rund 25 Jahren immerhin von der großen Elisabeth Bergner gemacht.
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Wer kann es wagen, der Bergner eine Rolle nachzuspielen?

Die Schell wagt es. Schon das spricht für sie. Der Stoff: Ursprünglich gestaltete ihn der bekannte Franzose Henri Bernstein als Schauspiel. Es handelt sich um eine junge Frau, die mit ihrem Mann, einem Musiker, in glücklicher Ehe lebt.

Eines Tages erscheint auf der Bildfläche ein berühmter Virtuose, um ein Konzert zu geben. Es stellt sich heraus, daß Virtuose und Mann früher gemeinsam studierten und Freunde waren. Der Virtuose ist eine Weltberühmtheit geworden. Ihr Mann hat es nicht sehr weit gebracht - nicht weiter als zum Konzertmeister eines Provinzorchesters.

Die reizende junge Frau fällt nun dem Virtuosen anheim. Die große Liebe. Die überwältigende Leidenschaft. Aber da ist noch der Mann. Die Frau weiß, er wird ohne sie zugrunde gehen. Kann sie ihn im Stich lassen?

Sie kann nicht. Aber sie kann auch nicht ihrer großen Liebe entsagen. Es gibt keine Lösung. Es gibt keinen Ausweg aus diesem Konflikt. Und da die junge Frau nicht beiden Männern gehören kann, geht sie in den Tod.

Denn sie muß einem Mann gehören, besser, sie muß ihren Gefühlen gehören. Sie lebt in der Welt dieser Gefühle, in ihren Träumen und nicht in der Realität.
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Die gefühlte Wirkung des Fims aus dem "Ungesagten" ....

Das Schauspiel Bernsteins und der Film der Bergner bezogen ihre Wirkung aus dem Ungesagten, dem, was zwischen den Worten, zwischen den Zeilen liegt, aus Stimmungen, die nicht faßbar waren, aus Worten, die nicht aus Vernunftsgründen gesprochen wurden, aus Türen, die vom Wind wie von unsichtbaren Händen geöffnet wurden: aus Vorhängen, die in der Zugluft flatterten, aus den winzigen Details, die man unter dem Begriff Atmosphäre zusammenfassen kann, aber doch viel mehr sind.

Das alles paßte zur Bergner, diesem zarten, scheuen Wesen. Das alles paßte zu jener Zeit, aber, Maria Schell äußert es, nicht mehr zu unserer heutigen Zeit.

Sie sagt: „Man muß den Film machen, ganz modern und selbstverständlich, ohne Geheimnistuerei und künstlerische Extravaganz, einfach so, wie es immer noch alle Tage vorkommt, daß eine Frau sich zwischen zwei Männern nicht entscheiden kann."
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Maria Schell wollte den alten Film nie sehen ....

Sie selbst hat übrigens die Bergner nie in diesem Film gesehen und will es auch gar nicht - sie will ja aus Eigenem geben und nicht nachahmen. Nun, so ganz einfach ist es nicht, den Film vom „Träumenden Mund" zu entromantisieren.

Und wenn auch die Schell wesentlich handfester, ja, moderner, unverträumter als die Bergner ist, so bleibt doch mehr als eine Spur von dem, was dem Autor ursprünglich vorgeschwebt hat. Glücklicherweise!

Denn ohne daß sie es will, zeigt sich uns Maria Schell von einer neuen, bisher unbekannten Seite, nicht so sehr als Romantikerin, sondern vielmehr als die kleine, verspielte, durchaus nicht ernst zu nehmende Frau, die eben, wie alle nicht ernst zu nehmenden Frauen, im entscheidenden Moment doch sehr ernst zu nehmen ist.

Und wir sehen O. W. Fischer ebenfalls von einer neuen Seite. Er spielt nicht, wie man glauben sollte, den großen Virtuosen, der in das kleine Heim seines Jugendfreundes einbricht, sondern diesen Jugendfreund, also eine im Grunde genommen undankbare Rolle.

Aber wie macht er das! Mit wieviel Charme! Wie sehr versöhnt er uns damit, daß der Mann unserer Heldin es nicht weiter gebracht hat als zum Konzertmeister eines Provinzorchesters.
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Die angeschimmelten Worte vom „Trauten Heim - Glück allein"

Wie klar macht er uns, daß die alten, angeschimmelten Worte vom „Trauten Heim - Glück allein" wirklich stimmen kann, daß Gold und Ruhm im Leben nicht alles bedeuten.

Freilich, er hat es leicht, denn die eigentliche männliche Hauptrolle, die des Virtuosen, ist mit Frits van Dongen außerordentlich unterbesetzt - um es milde zu sagen.

Dieser Filmling, der nicht einmal richtig Deutsch sprechen kann, geschweige denn spielen, verschwindet dann auch nach dieser Vorstellung aus den Gefilden des Films.
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Das erste Mal ging es schlecht aus - für den Produzenten

Und wie soll die Sache ausgehen? Das fragen sich alle Beteiligten: der Produzent, der Regisseur, die Hauptdarsteller. Das erste Mal, als O. W. Fischer und Maria Schell zusammen filmten, ging es schlecht aus - und auch schlecht für den Produzenten.

Das darf sich nicht wiederholen, meint F. A. Mainz. Zwar möchten die Schell und auch ihr Regisseur das ursprüngliche Ende beibehalten: den Selbstmord der Heldin, die ins Wasser geht.

Aber der Produzent Mainz ist durchaus dagegen: „Eine moderne Frau bringt sich nicht wegen so etwas um!" Er wünscht einen versöhnlichen Schluß. Er setzt sich nicht durch. Maria Schell geht also erst einmal ins Wasser.

Aber Mainz läßt es nicht dabei bewenden. Er organisiert eine Publikumsumfrage. Neunzig Prozent der Befragten wünschen, daß Maria Schell weiterlebe.
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Nur vier Prozent wünschen Maria als Wasserleiche zu sehen.

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  • Anmerkung : In der Nazi-Zeit gab es die "Bezeichnung" oder das Synonym von der "Reichsdeutschen Wasserleiche", einer Schauspielerin (die Frau von Veit Harlan, Christina Harlan), die in fast jedem Film am Ende ins Wasser ging.

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Es soll also eine zweite Fassung gedreht werden. Aber wie soll denn der Film nun enden?

Bei dem Mann kann Maria Schell nicht bleiben - das wäre völlig unbefriedigend, da würden die Zuschauer mit Recht fragen: Warum denn das Ganze? Dann hätte ja der Virtuose erst gar nicht zu erscheinen brauchen! Und mit dem Virtuosen entfliehen? Das geht wohl auch nicht, denn das wäre ja unmoralisch. Niemandem fällt etwas Vernünftiges ein.

Auch der Frau zwischen den beiden Männern nicht. Und damit endet der Film: Maria Schell läuft unentschlossen durch die Straßen der Stadt.

Unbefriedigend? Das braucht nicht einmal unbefriedigend zu sein. Jeder Besucher könnte sich sein eigenes Ende dazudichten. Die einen verlassen das Theater in der Hoffnung, daß die Schell bei O. W. Fischer bleiben wird, die anderen wissen, daß sie mit ihrem Freund in die Welt flieht ...

GROSSE KONJUNKTUR

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Jetzt ist das Paar Fischer - Schell durchgesetzt.

Und schon ist ihr nächster Film da. Und wieder wird es ein großer und verdienter Publikumserfolg. Ja, selbst die Presse kann nicht mehr nein sagen. Es handelt sich um den Film „Solange Du da bist..."
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Der Inhalt:

Ein Filmregisseur ist es müde, sentimentale Filme, sogenannte Kitschfilme oder, wie es jetzt heißt, „Schnulzen" zu drehen.

Er sehnt sich nach echtem Leben. Ja, wenn er einmal einen Stoff in die Hand bekäme, der dem Leben abgelauscht ist ...

Und eines Tages hat er diesen Stoff. Eine Komparsin, die in einem großen Kostüm filmt, einen Unfall erleidet - ihr Kleid fängt Feuer und sie trägt schwere Brandwunden davon - erweist sich als das richtige Sujet.

Der Regisseur, der sie auf ihrem Krankenlager besucht, erfährt, daß sie ein Flüchtling ist, daß ihr Mann sie nur mühsam ernähren kann, daß sie gar nicht sicher ist, ob sie diesen Mann wirklich liebt ...

Sie hat zu viel gelitten. Sie kann nicht mehr weiter. Sie will nicht mehr weiter ... sie will Schluß machen mit diesem grauen, öden Leben, Schluß auch mit dem Mann, den sie vielleicht gar nicht liebt.

Der Regisseur ist fasziniert. Hier wäre ein moderner Stoff! Die Tragödie dieser jungen Frau müßte man verfilmen! Und er geht daran. Er sieht in dieser Frau, die ihm bald verfällt, nichts anderes als den Stoff zu einem neuen Werk.

Und spürt gar nicht, daß auch er ihr irgendwie verfällt, daß sie ihm eigentlich mehr ist als nur Stoff.
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Sein Unterfangen gelingt und mißlingt zur gleichen Zeit.

Der Film wird zwar abgedreht, und nach allem, was man sieht, scheint es ein bemerkenswerter Film zu werden. Aber die junge Frau, bisher vom Leben hin- und hergeworfen, wandelt sich, wächst, wird sich endlich über sich selbst und über ihre Beziehungen zu ihrem Mann völlig klar.

Ja, sie liebt ihn trotz allem, und sie wird bei ihm bleiben, auch wenn es bitterstes Elend bedeutet. Und sie wird nicht zu dem Filmregisseur gehen, der inzwischen begriffen hat, daß er sie liebt. Denn für ihn wäre sie doch immer nur Stoff. Sie aber hat begriffen: das Leben ist wichtiger als der Film.
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Film im Film.

Solange es einen Film gibt, gibt es Filme, die versucht haben, das Leben der Filmleute darzustellen. Und seither sind die Fachleute nicht müde geworden zu versichern, daß das Publikum Film im Film nicht sehen will.

Die Leute wollen nicht die Entzauberung. Sie wollen ihre Illusionen behalten. Die Filmleute sagen: Wir wären ja schön dumm, wenn wir dem Publikum verraten würden, wie es gemacht wird! Hier liegt der Hund begraben.

Gerade das will Harald Braun, der Regisseur. Für ihn war ja der Film nie die Traumfabrik, ein Mittel, Illusionen zu erzielen - sondern immer das Mittel zum Zweck: den Menschen zu zeigen, wo sie stehen.

Und so ist auch dieser Film gegen den Film durchaus auf seiner Linie. Die Hauptrolle, die entscheidende Figur, ist die des Regisseurs. Und Harald Braun wußte von Anfang an, wer ihn spielen sollte.
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Gustaf Gründgens soll die Hauptrolle spielen

Nämlich einer, der nicht nur ein großer Regisseur ist, sondern - genau wie der Filmregisseur im Film - ein Menschenfresser. Einer, der mit durchaus erlaubten Mitteln durch den Zauber seiner Persönlichkeit, sein Wissen, seine Dialektik, seinen außerordentlichen Charme seine Schauspieler so beherrscht, daß sie vergessen, wer sie sind, daß sie seine Geschöpfe werden : Gustaf Gründgens

Gustaf hat seit jenem „Ohm Krüger", zu dem ihn Goebbels zwang, nicht mehr gefilmt; im Dritten Reich nicht und auch nach Kriegsende nicht mehr.

Da wurde er erst einmal von den Russen in ein Lager gesperrt. Dann baute er das Düsseldorfer Schauspielhaus auf und machte es über Nacht zur ersten Bühne Deutschlands. Man hat verschiedentlich versucht, ihn für diesen oder jenen Film zu interessieren, aber kein Drehbuch sagte ihm zu.

Das Buch, das ihm Harald Braun schickte, interessierte ihn sofort. Schon war er entschlossen, die Rolle des Regisseurs zu akzeptieren. Aber dann zog er sein Jawort wieder zurück.
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Gründgens muß ablehnen - O. W. Fischer soll spileen

Die Arbeit am Theater ließ keinen Filmurlaub zu. Harald Braun überlegt nicht lange. Er bietet O. W. Fischer die Rolle an.

Wie? O. W. Fischer in der Rolle eines durchaus nicht sympathischen Filmregisseurs?

Wie? O. W. Fischer soll einen Mann spielen, der die Heldin des Films am Ende keineswegs bekommt? Der nicht nur leer ausgeht, sondern zuletzt in einem tieferen Sinne der Geschlagene ist, dessen ganze Welt, dessen ganze Philosophie negiert wird?

Der klassische Liebhaber des deutschen Films in einer Charakterrolle? Freunde und Mitarbeiter raten ihm ab. Mit so einer Rolle kann er seine noch junge Popularität gefährden, über Nacht die Gunst der kleinen und großen Backfische wieder verlieren.

O. W. Fischer aber greift zu. Er beweist dadurch, daß er eine gute Rolle zu schätzen weiß, und sein Erfolg zeigt, daß es nur auf die Rolle, nicht auf die Charaktereigenschaften des Dargestellten ankommt.
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Maria Schell soll auch mitspielen ....

Die Schell hat eine große, aber gar nicht so gute Rolle. Sie ist arm wie eine Kirchenmaus, sie darf nicht einmal besonders hübsch aussehen. Sie ist immerfort gehetzt, bedrängt, in Gewissens- und anderen Nöten.

Sie muß viel weinen, vielleicht ein bißchen zu viel. Freilich, schon hier entpuppt sich das Besondere des Phänomens Schell: das Publikum teilt sich bereits in zwei Gruppen, wenn von ihr die Rede ist, wenn Filme auf den Spielplan kommen, deren Star sie ist.

Für die große Majorität ist die Schell ohne Fehl. Sie mag lachen oder weinen - meistens weint sie ja! - die Leute sind hingerissen. Sie können gar nicht genug bekommen.

Eine kleinere Gruppe äußert in steigendem Maße Bedenken. Und diese Bedenken werden immer deutlicher, ja, schärfer geäußert. Bald wird es nur noch Schell-Anhänger und Schell-Gegner geben.

Das Mindeste, was man von dieser bemerkenswerten jungen Schauspielerin sagen kann, ist, daß sie niemanden kalt läßt. Nicht einmal ihre Gegner - die vielleicht noch weniger als ihre zahlenmäßig so viel stärkere Anhängerschaft.
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Und Hardy Krüger spielt mit .....

In dem Film „Solange Du da bist ..." kommt der junge Schauspieler Hardy Krüger ganz nach vorn. Wer ihn noch nicht gesehen hat, vermutet, daß dies sein erster Film sein muß, schon deshalb, weil Krüger so furchtbar jung aussieht, fast noch wie ein Gymnasiast.

Und nur die wenigsten wissen, daß er, um im Jargon der Filmindustrie zu bleiben, schon ein alter Filmhase ist und mehr als ein halbes Dutzend Filme hinter sich hat.
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Geboren und aufgewachsen in Berlin, .......

..... wurde er wirklich für den Film entdeckt, als er noch zur Schule ging, und zwar 1943 von dem damals ebenfalls noch sehr jungen Regisseur Alfred Weidenmann, der zu Propagandazwecken einen Hitlerjugend-Film „Junge Adler" drehen wollte oder sollte und viele Berliner Schulen aufsuchte, um die für ihn geeigneten Typen zu finden.

Krüger, der damals noch Eberhard hieß, war gerade der Richtige. Das fand Weidenmann, das fand auch Wolfgang Liebeneiner, damals Produktionschef der UFA. Aber Krüger war wenig beeindruckt. Ein Film? Gut. Aber eine Filmkarriere? Nein, das war nicht nach seinem Sinn.

Vorläufig wollte er erst einmal sein Abitur machen. Dann mußte er, was noch viel weniger nach seinem Geschmack war, in den Krieg. Als der Krieg zu Ende war, fand er sich wie die meisten seiner Kameraden gefangen. Und wie viele ließ er es nicht dabei bewenden, sondern brach aus und erreichte wieder seine Heimatstadt.

Berlin war ein Trümmerfeld. Dort schien für Krüger keinerlei Betätigungsmöglichkeit zu bestehen. Also auf nach Hamburg! Und jetzt war es eigentlich schon fast selbstverständlich, daß er Schauspieler werden würde. Er ging ans Deutsche Schauspielhaus - als Komparse. Gelegentlich machte er auch den Beleuchter. Das hatte den Vorteil, daß er von der hohen Brücke herab die „Kollegen" besser beobachten konnte. Beobachten hieß für ihn lernen.

Krügers nächste Station: eine Wanderbühne.

Ja, dieser junge und schon so ganz in die Gegenwart gehörige Schauspieler lernte wie die ganz Alten: nicht auf einer Schauspielschule, sondern auf einer Schmiere.

Drei Jahre später hatte er seine Lehr- und Wanderjahre hinter sich. Er spielte nun größere Rollen in Hamburg und bald darauf in Berlin. Und wieder fragte der Film bei ihm an. Zum zweiten Mal - und diesmal sagte Krüger, inzwischen Hardy Krüger, nicht nein.

Das Besondere dieses jungen Schauspielers - denn er ist ja nun wirklich einer geworden: obwohl als Typ sehr deutsch, ist er in seinem Gebaren, in seinem Spiel eigentlich sehr undeutsch. Er gehört nicht zu den traditionellen Liebhabern oder gar Helden des deutschen Films.

Er ist ganz wie die berühmten amerikanischen „Liebhaber" von Gary Cooper bis James Stewart, scheu, zurückhaltend, betont unpathetisch, immer leicht in Verlegenheit. Er spielt nie etwas aus, er unterspielt alles.

Man würde, wenn man ihn sieht, auf alles schließen: auf einen Mechaniker, einen Flieger, einen Seemann, einen Werkstudenten - nur nicht auf einen Künstler. Seine Frische, Trockenheit, Einfachheit, seine Ursprünglichkeit und Selbstverständlichkeit haben etwas Bezauberndes.

Noch ist Krüger allenfalls der gute Kamerad .....

Freilich, gerade hier liegt seine Problematik: denn ein Liebhaber - in diesem Fall ist das Wort nicht als Fachbezeichnung gebraucht, sondern in seinem ursprünglichen erotischen Sinne - kann er eben deshalb nicht sein. Keiner, von dem man sich - wie etwa von O. W. Fischer oder von Dieter Borsche - vorstellen könnte, daß er eine Frau, daß er viele Frauen bestrickt und verführt. Er ist eher der große oder meist der kleine Bruder, allenfalls der gute Kamerad. Aber er steht ja noch am Anfang.

Gibt es kein deutsches Filmlustspiel ?

Die unermüdliche Maria Schell und der gleichfalls unermüdliche O. W. Fischer beantworten diese Fragen höchst positiv. Ja, es gibt Möglichkeiten zu einem deutschen Filmlustspiei. Wenn sonst niemand eines macht, dann machen eben die beiden es, die sonst nur traurige, ja, höchst tragische Filme gespielt haben.

„Das Tagebuch einer Verliebten" ist die Geschichte einer jungen Ehe, die Geschichte des Zusammenlebens von zwei jungen Menschen, die sich noch alles mögliche ab-und angewöhnen müssen, bis sie miteinander glücklich werden; eine Mixtur, die aus vielen kleinen hübschen Episoden besteht, aus ein paar großen Szenen, Liebes- und Streitszenen. Es geschieht eigentlich gar nicht viel in diesem Film, nur das, was in unserer Zeit so vielen Männern und jungen Frauen geschieht.

Aber wie ist das gemacht!

Mit wieviel Humor und Augenzwinkern! Und wie wird das von den beiden Hauptdarstellern gespielt! Niemals war O. W. Fischer so gelöst wie in diesem Film, so ganz großer Junge, so uneitel und gerade deswegen so liebenswert. Niemals war die Schell so einfach, so selbstverständlich, so ganz der Situation, in der sie gerade drinsteckt, hingegeben ...

Wie klug von ihr, daß sie sich einmal auch von dieser Seite zeigt und dem Publikum beweist, daß sie nicht immer nur weinen, traurig sein oder gar tragisch sein muß! Und wie klug von O. W. Fischer, daß er von dem eben erst zurechtgezimmerten Podest heruntersteigt. ...

Später erfährt man, daß viele der reizenden Einfälle, die diesen Film belebt haben, von ihm selbst stammten, daß es im Atelier deswegen oft unangenehme Szenen gab, weil die anderen Beteiligten, der Regisseur nicht ausgenommen, ganze Sätze, ja halbe Szenen, die Fischer hinlegte, im Manuskript nicht finden konnten und immer wieder sagten:
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„Was machen Sie da eigentlich, Herr Fischer?"

Aber der Publikumserfolg zeigt, daß hier der Schauspieler "richtiger" handelte als die Manuskriptautoren und die Regie. Freilich, das ist der Beginn einer Entwicklung, die nicht gerade gesund ist, und O. W. Fischer wird es am stärksten zu spüren bekommen.

Es geht eben nun einmal nicht, daß im Filmatelier der Schauspieler die Entscheidung trifft - selbst wenn er, wie das im Falle O. W. Fischer unzweifelhaft der Fall ist, oft wirklich stärker als die andern spürt, was das Publikum will ...
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RUTH LEUWERIK

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O. W. Fischer spielt mit einer jungen Schauspielerin ......

Schon bevor dieser letzte Film des idealen Liebespaars herauskommt, ist die eine Hälfte der anderen untreu geworden. In dem Film „Ein Herz spielt falsch" spielt O. W. Fischer mit einer jungen Schauspielerin, von der man seit Jahren gesagt hat, sie tauge nicht für den Film, sie sei nicht zu photographieren: Ruth Leuwerik.

Und eine neue Filmkarriere beginnt. Ruth Leuwerik hat als Kind eine hervorstechende Eigenschaft: sie ist entsetzlich schüchtern. So schüchtern, daß die Eltern Besorgnis hegen, ob aus ihr einmal etwas werden wird. Vielleicht, daß sie es in einem Büro, abgeschirmt hinter einer Schreibmaschine, zu etwas bringt.

Vielleicht, daß sie in einer Organisation wie dem Roten Kreuz oder als Sozialhelferin ihr Brot verdienen könnte. Die Eltern wären sehr überrascht, wenn sie wüßten, daß das so entsetzlich schüchterne Kind schon entschlossen ist, Schauspielerin zu werden.

Dieser heftige Wunsch, den sie indessen niemandem eingesteht - denn sie ist ja so schüchtern - ist die direkte Folge jener Filme, die sie für zwanzig Pfennig im heimatlichen Essen gesehen hat.
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Jenny Jugo wird bewundert

Im ersten spielte Jenny Jugo die Hauptrolle. Das freche junge Ding, das alle Situationen meistert! Ach, wer doch seine Hemmungen so überwinden könnte, wie die Jugo es tut! Da die junge Ruth so schüchtern ist, bringt sie es nicht über das Herz, mit den Eltern über ihren Herzenswunsch zu sprechen. Die merken schließlich auch so, woher der Wind weht.

Und entgegen den Erwartungen ihrer Tochter raufen sie sich nicht vor Entsetzen die Haare. Der Vater äußert nur einige Besorgnis: „Das ganze Drum und Dran paßt mir nicht ... Wie diese Leute leben!" Diese Leute - das sind die Schauspieler.

Schließlich fassen die Eltern folgenden weisen Entschluß: „Du wirst jemandem vorsprechen! Kind dann werden wir weiter sehen!"
Also spricht die Leuwerik einem Schauspieler in Münster in Westfalen vor - dorthin ist die Familie nämlich inzwischen gezogen. Der fällt zwar nicht vor Begeisterung um, meint aber, das Mädchen habe Begabung. Vor allen Dingen verfüge sie über eine gute Auffassungsgabe, und es lohne sich durchaus, ihr Unterricht erteilen zu lassen.

Die Eltern sind einverstanden. Einzige und letzte Bedingung des Vaters: „Du mußt auch auf die Handelsschule gehen! Du sollst unbedingt etwas lernen, damit Du später, wenn die Sache mit der Schauspielerei etwa nicht klappen sollte, einen anderen Beruf ergreifen kannst."

Der Vater sagt: „Nichts ist schlimmer als eine Schauspielerin, die es in ihrem Beruf zu nichts gebracht hat und doch nichts anderes tun kann, weil sie sonst nichts gelernt hat..."
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Ruth Leuwerik geht nach Berlin

...... und macht ihre Aufnahmeprüfung an der Schauspielschule des Deutschen Theaters. Das heißt, sie macht sie nicht, sie fällt durch, weil sie ein bißchen lispelt. Tief betrübt kehrt sie nach Münster zurück und nimmt Unterricht. Nebenbei lernt sie Schreibmaschine und Stenographie.

Schon ist der (2. Welt-) Krieg ausgebrochen. Der Vater beglückwünscht sich dazu, daß seine Tochter etwas „Richtiges" kann. „In so unsicheren Zeiten mußt Du eine solide Grundlage haben!" Wenn er wüßte ...
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Diese junge Ruth Leuwerik führt ein Doppelleben.

Tagsüber sitzt sie im Büro. Dann kommen die Stunden oder die Sprachübungen. Und abends - das Kino. Ruth ist eine leidenschaftliche Kinogängerin geworden.

Welche Filme reißen das junge Mädchen besonders mit? Alles ist mitreißend, was sich auf der Leinwand ereignet! Es ist die Magie des Geschehens, die sie in ihren Bann schlägt. Daß man Einblick nehmen kann in das Leben anderer, weiß, wie es in den anderen aussieht, in denen, die tun, wozu man selbst nie den Mut hätte.

Und dann, ganz langsam wird die Bewunderung, die Begeisterung für die anderen zur Hoffnung für sich selbst. Geheime Wünsche gelangen aus dem Unterbewußtsein ins Bewußtsein: auch einmal so werden!

So dastehen und spielen! Am liebsten möchte sie diese Wünsche vor sich selbst geheim halten. Denn sie glaubt nicht an sich selbst. Sie ist ja so schüchtern! Und je mehr sie andere bewundert, um so weniger vermag sie an sich selbst zu glauben. Der Vater wird schon recht gehabt haben; auf der Bühne wird sie es niemals zu etwas bringen! Und der Film? Den schlägt sie sich besser gleich aus dem Sinn ...
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Ein erstes Engagement an ein sogenanntes Landestheater

Der Mut zu sich selbst wird ihr noch lange fehlen. Mitten im Krieg bekommt sie endlich ein Engagement an ein sogenanntes Landestheater. Der Name ist romantisch, das Theater selbst nicht.

Es ist eine Schmiere, mit recht geringen öffentlichen Mitteln subventioniert. Immerhin sieht man sie dort, und sie wird ans Stadttheater nach Münster geholt, kommt gerade noch zurecht, um mitzuerleben, wie es im Zeichen des Totalen Krieges geschlossen wird.

Und dann? Fabriken, in denen sie arbeiten muß wie alle Schauspieler und Schauspielerinnen in Deutschland, mit Ausnahme einer Handvoll Prominenter. Da denkt sie nach. Zum Beispiel darüber, daß sie zu schüchtern war, um die ihr anvertrauten Rollen richtig anzupacken.

Das ist kein guter Start für eine Schauspielerin. Aber trotzdem denkt Ruth Leuwerik nicht daran aufzugeben. Sie könnte es gar nicht. Sie ist nicht nur den Menschen gegenüber schüchtern, sie ist es auch dem Leben gegenüber. Und ihr Leben ist die Schauspielerei. Sie könnte aus dem Theater nicht davonlaufen, selbst wenn sie wollte.
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So langsam reift die Erkenntnis : Das muß anders werden!

Und langsam wird ihr klar, während sie in den Fabriken arbeitet: die Pflichterfüllung, wie sie sie auffaßte, war vielleicht eine Pflichtverletzung, die Treue dem Regisseur gegenüber eine Treulosigkeit gegen sich selbst! Sie hat nur gegeben, was einer von ihr verlangt hat. Das muß anders werden!

Sie steht wieder auf der Bühne, sobald der Krieg vorbei ist. Zuerst in Münster, dann wird sie nach Bremen geholt und dort wird ihr plötzlich geradezu blitzartig manches klar. Dort werden ihr die Schleier von den Augen gerissen. Sie begreift: Man kann nur richtig spielen, wenn man ehrlich ist mit sich selbst und anderen. Warten, bis ein Gefühl da ist, und dann versuchen es auszudrücken. So einfach ist das alles. So schwer ...

Von Bremen geht es nach Lübeck. Von Lübeck nach Hamburg.

Sie spielt zuerst im Thalia-Theater, dann im Deutschen Schauspielhaus. Das ist immerhin schon eine der ersten deutschen Bühnen. Und plötzlich stellen die Zuschauer fest, die Kritiker, ja, sogar die Kollegen, daß sie eine wirkliche Schauspielerin ist. Der Umstand, daß sie ungewöhnlich hübsch aussieht, mag wohl auch etwas damit zu tun haben.

Immerhin: sie könnte von der Schauspielerei ganz gut leben. Und so hat sie eigentlich erreicht, was sie erreichen wollte. An den Film denkt sie längst nicht mehr.

Aber der Film denkt an sie, sie ist ja hübsch! Sie bekommt eine Rolle in „Dreizehn unter einem Hut!" Das ist das Lustspiel von einem Mädchen aus reichem, gutem Hause, das hinter einem Mann herfährt, in den es sich verliebt hat.

Ihr selbst macht das Filmen viel Spaß. Freilich, sie findet, daß alles ein wenig zu schnell geht beim Film. Niemand hat Zeit darauf zu warten, bis ein Gefühl wächst, bis eine Schauspielerin weiß, wie sie dieses gewachsene Gefühl ausdrücken kann.

Im Film müssen soundsoviele „Einstellungen" pro Tag geschafft werden. In dieser Zeit - es sind erst wenige Jahre nach der Währungsreform - kommt alles auf Zeit an. Zeit im Film kostet sehr viel Geld. Alle Produzenten sind darauf aus, einen oder zwei Tage einzusparen. Ein Regisseur, der das vermag oder mehr, ist ein großer Regisseur. Einer, der den Drehplan „überzieht", ein Nichtskönner.
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Ruth Leuwerik würde manchmal gern ein bißchen mehr Zeit haben.

Aber sie ist natürlich zu schüchtern, um solche Wunsche zu äußern. Es würde auch niemand darauf hören. Überhaupt: während sie selbst sich alle Mühe gibt, ist das Urteil der Industrie über sie bereits gefällt. Es ist negativ. „Sie ist eben nicht zu photographieren!" ist die übereinstimmende Ansicht der Fachleute.

Der Film „Dreizehn unter einem Hut" ist nicht besser als sein Drehbuch, also mittelmäßig. Er hat auch keinen besonderen Erfolg. Und die Produzenten, Produktionsleiter, Regisseure, kurz alle, die mit Film etwas zu tun haben, bestätigen: „Die ist ja nicht zu photographieren!"

Schließlich erfährt auch Ruth Leuwerik von diesem Verdikt. Sie ist traurig. Aber sie faßt sich schnell. Sie muß eben einen Jugendtraum abschreiben. Von Zeit zu Zeit meldet sich dann noch der eine oder andere Filmregisseur, aber bevor es zum Abschluß eines neuen Films kommt, läßt sich der betreffende Regisseur jeweils den ersten Film vorführen. Und dann läßt er nichts mehr von sich hören.

Selbst ein so großer Kenner wie Erich Engel bricht die Verhandlungen mit Ruth Leuwerik ab, nachdem er ihren ersten Film gesehen hat. Er sagt: „Na ja, Sie werden ja am Theater Ihr Geld verdienen können! Das ist ja auch schön ..."

Und dann die Partnerin des großen Werner Krauß

Und ob! Besonders wenn sie im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg Hauptrollen spielt. Besonders wenn man die Partnerin des großen Werner Krauß ist! Zuerst hat sie entsetzliche Angst, mit einem so bedeutenden Mann auf der gleichen Bühne zu stehen. Diese Angst wird noch verstärkt, da Werner Krauß, im Privatleben nicht immer die Liebenswürdigkeit in Person, sich überhaupt nicht um seine Partnerin kümmert, sie geflissentlich übersieht.

Oder ist er so sehr mit sich selbst beschäftigt? So sehr auf die eigene Arbeit konzentriert? Die Proben zu „Vor Sonnenuntergang" beginnen unter einem schlechten Stern. Ruth Leuwerik ist deprimiert. Sie findet keinen Kontakt zu Krauß. Sie fühlt, daß sie in der Luft hängt.

Der erste Akt ist enttäuschend - für alle. Dann kommt der zweite Akt. Werner Krauß dreht plötzlich auf. Er ist voll Wärme, so voll Leben, so stark, daß er die anderen einfach mitreißt.

Ruth Leuwerik vergißt, daß sie eigentlich furchtbar schüchtern ist. Wenn der Partner so gut ist, dann muß man alles tun, um ihm keine Schande zu bereiten. Sie gibt sich Mühe, wartet nicht darauf, bis das Gefühl sie überkommt. Sie versucht, sich in die „richtige" Gefühlswelt hineinzusteigern.

Und siehe da: Plötzlich starrt Werner Krauß sie an. Plötzlich ist sie da für ihn. Plötzlich horcht er auf, wenn sie spricht. Er gibt ihr Ratschläge, sagt, wie sie das oder jenes machen müßte. Sie ist tatsächlich die Partnerin des größten deutschen Schauspielers geworden.
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Eine Anfrage aus München für „Vater braucht eine Frau"

Während das Stück läuft, kommt eine Anfrage: ob sie zu Probeaufnahmen nach München kommen könne. Harald Braun hat sie für die weibliche Hauptrolle im Lustspiel „Vater braucht eine Frau" vorgesehen. Die männliche Hauptrolle: Dieter Borsche.

Es ist gar nicht so leicht für sie, sich für Probeaufnahmen in München freizumachen. Sie spielt ja fast allabendlich. Der Intendant gibt sie nur ungern frei. Sie tröstet ihn: „Die Rolle bekomme ich ja doch nicht! In drei Tagen bin ich zurück!" In drei Tagen ist sie zurück.
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Aber sie bekommt.die Rolle in München .....

Harald Braun probiert es also noch einmal mit ihr. Er, der ein besonderes Gefühl für Menschen hat und für das Unausgesprochene, ja, für das Unbewußte, begreift sofort, daß dieses junge Mädchen auch heute noch vor Hemmungen vergeht, obwohl sie als Schauspielerin schon einen Namen hat. Er versucht, diese Hemmungen fortzuräumen, als sei er nicht Filmregisseur, sondern Psychiater.

Wenn sie Aufnahme hat, fällt kein lautes Wort im Atelier. Braun ist ungemein liebenswürdig, zuvorkommend, bereit zu warten, wenn die Schauspielerin glaubt, daß sie noch nicht in Stimmung sei, eine Szene nochmals und nochmals zu drehen, bis sie mit sich selbst zufrieden ist.

Es genügt nicht, daß er selbst befriedigt ist. Das genügte nur für eine einzige Szene. Wenn Ruth Leuwerik einmal aus dem Atelier gegangen ist mit dem Gefühl, daß es nicht 'langt', dann wird sie morgen ein wenig schlechter sein - und nächste Woche wird es dann wirklich nicht mehr 'langen' ...
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Ruth Leuwerik weiß genau, worum es geht.
Um Sein oder Nichtsein im Film.

Wenn man auch in ihrer Gegenwart nur Liebenswüidiges äußert, so ist es ihr nicht entgangen, daß Kameramann Friedl Behn-Grund immer skeptischer wird. Wieder scheint sich herauszustellen: „Sie ist nicht zu photographieren!"

Aber Harald Braun läßt so etwas nicht gelten. Er sagt sich ganz richtig, es gibt im Grunde überhaupt keine solchen Menschen. Was tut denn das menschliche Auge anderes als photographieren?

Und wenn Ruth Leuwerik allabendlich vor fünfzehnhundert Kameras, nämlich Zuschauern im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, bestanden hat, so muß sie doch auch vor der einen Kamera im Filmatelier bestehen können! Wenn nicht, dann muß es an der Filmkamera liegen, an den Einstellungen, an der Beleuchtung, an irgend etwas - nicht an ihr!
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Eines Abends : Ruth Leuweriks Komplexe sind nicht mehr.

Später werden Kritiker von ihr sagen, das Besondere an ihr sei, daß sie immer Dame bleibt. Daran ist etwas. Das Besondere an der soeben geborenen Filmschauspielerin ist eine gewisse Zurückhaltung, ja, Schamhaftigkeit.

Während etwa die Schell immer zeigt, ja zeigen muß, was in ihr vorgeht, sozusagen nackt, ja durchsichtig ist, spürt man bei der Leuwerik das ständige Bestreben, sich nicht ganz zu entblößen. Das Geheimnis ihrer großen Wirkung: immer wieder wird sichtbar, wie diese Wirkung entstand, welche Entwicklung diese Schauspielerin durchmachen mußte ...

Eines Abends kommt Regisseur Harald Braun strahlend aus dem Vorführraum. Und Photograph Friedl Behn-Grund schmunzelt. Dieter Borsche fragt: „Wollen wir nicht noch einen Film zusammen machen?"
Ruth Leuweriks Komplexe sind nicht mehr. Die Schüchterne weiß, daß sie es schaffen kann. Es fehlt nur die Rolle. Die erhält sie in ihrem vierten Film „Ein Herz spielt falsch!"
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Ihr vierter Film „Ein Herz spielt falsch!"

Dieser vierte Film ist auch der erste, der kein Lustspiel ist. Ja, er ist sogar ungewöhnlich traurig, geradezu tragisch, und, obwohl das Drehbuch nach einem viel gelesenen Roman in einer großen Wochenzeitschrift entstanden ist (HörZu oder Stern ???), haben die Produzenten Bedenken geäußert, ob das Publikum so etwas sehen will.

Es handelt sich um eine junge Dame aus gutem Hause, eine sehr reiche Dame, die Universalerbin eines großen Industrieunternehmens, das sie nach dem Tod ihres Vaters leitet.

Alles stände zum Besten, wenn sie nicht krank Wäre, sehr krank, ja geradezu hoffnungslos krank. Und da ist auch noch ein junger Mann, der sich ihr aus recht häßlichen Motiven nähert. Er hat es nämlich auf ihr Geld abgesehen. Und er ist um so eifriger dabei sie zu verführen, als er ja weiß, daß sie nicht mehr allzu lange zu leben hat.

In neun von zehn Fällen würde es nun so sein, daß irgendein Arzt auftritt, um die Todgeweihte doch noch zu retten. Siehe Dr. Holl.

Nichts dergleichen geschieht in „Ein Herz spielt falsch!" Die Todgeweihte stirbt, aber der schlechte Kerl, der es auf ihr Geld abgesehen hat, wird durch die Liebe zu ihr geläutert und ist am Schluß kein schlechter Kerl mehr.
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O. W. Fischer spielt hervorragend ......

O. W. Fischer spielt ihn, jetzt schon unzweifelhaft der erste Liebhaber, ja, Charakterdarsteller des deutschen Films. Und er bekommt es fertig, daß dieser unsympathische junge Mann, dieser Mitgiftjäger eigentlich gar nicht mehr unsympathisch wirkt, daß man ihn versteht, wenn man auch keineswegs alles billigt, was er tut, daß man sogar mit ihm fühlt und ein tiefes Glück darüber empfindet, daß er schließlich über sich hinauswächst.

Eine außerordentliche Leistung von O. W. Fischer. Eine, die ihm zu denken geben müßte. Denn hier beweist er, daß eine gute Rolle nicht unbedingt dasselbe ist wie die Darstellung eines guten, sprich anständigen, noblen Menschen.

Und daß es eben nicht darauf ankommt, wie gut, anständig und nobel eine Filmfigur ist, sondern darauf, was der Schauspieler aus einer Rolle macht. Und doch wird dieser O. W. Fischer, der hier einen Schurken liebenswert macht, der auch noch in vielen Filmen problematische Charaktere darstellen und mit dieser Darstellung gewaltige Erfolge erzielen wird, schließlich dazu kommen, Rolle und Darstellung zu verwechseln und sich eines Tages auf die exklusive Darstellung von anständigen und noblen Charakteren festzulegen.
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Ruth Leuwerik beweist zahllose Ausnahmen von der Regel

Die Leuwerik zeigt durch den ungeheuren Erfolg, den sie mit diesem Film hat, daß es im Film überhaupt keine Regeln gibt oder doch zahllose Ausnahmen von dieser Regel.

Sie bringt es fertig, daß die Leute sich das Herz gern einmal brechen lassen. Sie bekommt es fertig, daß die Menschen weinend aus den Kinos gehen und doch glücklich sind, drin gewesen zu sein. Das ist viel, sehr viel.

Das hat eigentlich bisher nur die Garbo fertiggebracht. Und die Leuwerik ist ja auch in einem gewissen Sinne der Garbo gar nicht so unähnlich - jener Frau, die sie in ihrer frühesten Jugend gesehen hat und deren Gesicht sie so lange nicht losließ; an die sie nie, nie dachte, wenn sie auf der Bühne stand, weil sie Angst hatte, sich mit dieser Frau auch nur in Gedanken zu vergleichen.
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CURD JÜRGENS - EVA BARTOK

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„Der letzte Walzer" mit Eva Bartok und Curd Jürgens

„Der letzte Walzer", dessen Drehbuch nach dem Textbuch einer Oskar-Straus-Operette gleichen Namens nachempfunden worden ist, hat filmgeschichtliche Bedeutung.

Er bringt zum erstenmal das Liebespaar Eva Bartok-Curd Jürgens zusammen auf die Leinwand und ist so der Start für unzählige Skandale und Skandälchen, Gerüchte und Artikel, Interviews und Dementis, die sich in den nächsten Jahren neben anderem um Eva Bartok ranken werden.
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Die Story des Films „Der letzte Walzer" ist keine.

Es handelt sich da um irgendeine tolle Gräfin im zaristischen Rußland, die einem jungen, zum Tode verurteilten Offizier noch einen letzten Walzer während eines Balles gewähren will. Aber natürlich wird der Offizier nicht hingerichtet; dann kommt die Revolution, und alle Beteiligten treffen sich - wie im dritten Akt einer Operette - in Paris wieder.

Nur, daß die Großfürsten jetzt Chauffeure oder Portiers sind, während die Gräfin es natürlich wieder mal geschafft hat - allerdings ist sie jetzt nicht mehr Gräfin, sondern Revuestar.
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Auf der Bühne war Curd Jürgens längst ein großer Star

Die männliche Hauptrolle: Curd Jürgens. Er ist schon seit zwanzig Jahren beim Theater und auch beim Film. Der große, blonde, ungewöhnlich gut aussehende - schon fast zu gut aussehende - Schauspieler hat trotz seiner außerordentlichen Begabung eigentlich niemals besonderen Erfolg im Film gehabt.

Es hat nicht an Versuchen gefehlt, ihn einzusetzen. Aber er hat immer vsieder versagt, oder das Publikum hat ihn immer wieder abgelehnt. Willi Forst hielt eine Menge von ihm. Andere Regisseure interessierten sich für ihn. Trotzdem schien es, als werde Curd Jürgens sich im Film nie einen Namen machen können. Auch das wäre nicht sehr schlimm gewesen. Denn auf der Bühne war er längst ein großer Star.

Curd Jürgens hatte in Berlin begonnen.

Die letzten Jahre des Krieges verbrachte er hier und dort.

Es war kein Zufall, daß er so viel reiste. Es war auch kein Zufall, daß er schließlich verschwand. Er war nämlich wirklich das, was er später in „Des Teufels General" spielen mußte: ein überzeugter Gegner des Nationalsozialismus, der nicht den geringsten Wunsch verspürte, für Hitler in den Krieg zu ziehen und sich totschießen zu lassen.

Das letzte Kriegsjahr verbrachte er illegal bald hier, bald dort. Er wurde geschnappt, an die Front geschickt, kehrte aber wieder zurück - im Auftrag von Himmler persönlich. Daß die Papiere gefälscht waren, merkte niemand. Dann verschwand er endgültig - tauchte unter bis zum Ende des Krieges.

Er eilte von "Triumph zu Triumph" ....

Dann kam er nach München, spielte am dortigen Staatstheater zwischen Trümmern, schuf eine eigene Gesellschaft, mit der er in der Umgebung von München Theater spielte, wurde Theaterdirektor von Straubing, ging dann wieder nach Wien ans Burgtheater zurück, wo er schon während des Krieges gespielt hatte, und eilte von Triumph zu Triumph.

Für den Film war er einfach zu hübsch

Gelegentlich trat er auch in Filmen auf; man fand, er habe viel Charme, aber er war zu hübsch. Ernsthafte Regungen traute ihm kein Regisseur zu - und das große Publikum schon gar nicht.

Er geht durch den „Letzten Walzer" wie einer, der am Abend vorher zu viel getrunken hat und nicht die geringste Ahnung hat, worum es eigentlich geht, geschweige denn, wie die Sache ausgeht.

Manchmal hat man das Gefühl, als habe er nicht einmal das Drehbuch gelesen; und das kann man ihm auch nachfühlen! Der böse Großfürst, der nachher Portier in oder vor einem Nachtlokal wird: O. E. Hasse.

Jawohl, O. E. Hasse muß solche Filmrollen spielen und kann noch froh sein, daß er sie bekommt. Zwar interessiert sich Hollywood bereits für ihn - aber in Deutschland hat es sich noch nicht herumgesprochen, daß er der wahre Nachfolger des großen Albert Bassermann ist.

Die Hauptrolle aber spielt Eva Bartok. Und sie erhält bereits eine ungeheure Gage für diese Rolle, eine größere als die meisten deutschen Schauspielerinnen und Filmschauspielerinnen.
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Warum?
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Zugegeben, Eva sieht sehr hübsch und pikant aus .......

Aber das ist auch alles. Nein, es ist nicht alles! Frau Bartok hat auch ein Privatleben. Und sie steht nicht etwa auf dem Standpunkt, ihr Privatleben sei ihre Privatsache. Sie gehört, im Gegenteil, zu jenen Stars, die den größten Wert darauf zu legen scheinen, daß alle Welt von ihrem Privatleben erfahre.

Keine Nackttänzerin könnte sich mit größerer Selbstverständlichkeit entblößen als diese hübsche Ungarin. Immerhin: eine Nackttänzerin will mit ihrer Nacktheit etwas ausdrücken. Eva Bartok glaubt offenbar, indem sie ihr Privatleben enthüllt, indem sie wöchentlich, ja, man darf wohl sagen täglich in der Skandalpresse landet, das Publikum anzureizen.
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Also muß es auch etwas "Pikantes" zu sehen geben ....

Das alles hat mit Film im allgemeinen nichts zu tun und nichts mit ihrem ersten deutschen Film und den Filmen, die sie in nächster Zeit drehen wird. Es ist der ganz einfache, gewissermaßen mit größter Naivität und Keckheit durchgeführte Versuch, das Publikum mit der Hoffnung ins Kino zu locken, etwas Pikantes mitanzusehen.

Denn eine Frau, die so oft geheiratet hat, so oft geschieden wurde, die so oft Männer verließ und von Männern verlassen wurde, die ununterbrochen in London oder Paris, München oder Wien auftaucht und ununterbrochen in Begleitung anderer Herren - die muß doch etwas Pikantes zu zeigen haben!

Ach, sie hatte nichts anderes zu zeigen als ihr hübsches Gesicht und ihr gänzliches Unvermögen als Schauspielerin. Dieses Unvermögen ist manchmal von geradezu groteskem Ausmaß.

Unbegreiflich, wie diese junge Dame jemals über einen Drehtag hinausgekommen ist! Unbegreiflich, daß ein Gesicht so gar nichts, aber auch überhaupt nichts ausdrückt!

Und dann ihr Organ! Es ist kein Organ. Sie hat nicht die Stimme, die man dieser zierlichen, pikanten jungen Frau zutrauen würde. Wenn sie den Mund auftut, kommen sehr rasche, sehr dunkle Töne heraus.

Ihr Deutsch? Es ist so entsetzlich, daß ihre nächsten Filme synchronisiert werden müssen. Der Name der Schauspielerin, die sich dazu hergeben muß, wird freilich nicht genannt, so daß die Filmbesucher glauben, die Bartok habe wirklich Deutsch gelernt. Sie wird nie Deutsch lernen ...
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Aber was hat das alles mit dem Privatleben der Erwählten zu tun?

Willy Fritsch und Lilian Harvey waren einst ein Liebespaar - auf der Leinwand. Gewiß, Backfische jeglichen Alters vermuteten, ja, hofften sogar, daß sie es auch im Leben wären. Aber die beiden taten ihnen nicht den Gefallen, ihr Privatleben dementsprechend zu gestalten oder auch nur etwas über ihr Privatleben zu publizieren.

Und die alte UFA und die damalige Presse hielten es für unter ihrer Würde, das morbide Interesse der Fans zu befriedigen. Gewiß, es gab in den letzten Jahren eine Reihe von Geschichten um Maria Schell und Dieter Borsche, um Maria Schell und O. W. Fischer. Aber es handelte sich doch nur um Gerüchte.

Und wenn die Betroffenen gefragt wurden, befleißigten sie sich äußerster Diskretion, versuchten sie die Neugier der Unberufenen zu ignorieren.
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Eva Bartok suchte geradezu das Licht der Öffentlichkeit ....

Eva Bartok aber macht nicht den geringsten Versuch, aus dem Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit herauszukommen.

Und das ist ohne Zweifel nicht die Schuld von Curd Jürgens, dem das alles mehr als peinlich wird. Man kann gewisse Zeitungen kaum noch aufschlagen, ohne etwas über Curd Jürgens und Eva Bartok zu lesen.

Langsam bekommt man das Gefühl, als ob die beiden nicht in ein Restaurant gehen, um dort zu essen, sondern damit die Bartok dem Jürgens eine Ohrfeige geben kann und möglichst viele Leute Zeugen dieser Ereignisse werden.

Man kommt zu dem Schluß, daß die beiden nicht ein Hotel aufsuchen, um dort zu wohnen, sondern damit Frau Bartok so laut über die angeblichen Mißhandlungen durch ihren Freund Curd Jürgens klagen kann, daß das ganze Hotel zusammenläuft und die Direktion schließlich die reizende Ungarin bitten muß, sich doch anderswo Unterkunft zu suchen.

Es spricht für das deutsche Publikum, daß die Lektüre solcher Skandale nicht dazu beiträgt, die Popularität der Künstler zu erhöhen. Im Gegenteil.

Wenn die Popularität fast den Nullpunkt erreichet ...

In den nächsten Jahren wird die Popularität der Bartok geradezu den Nullpunkt erreichen, die von Curd Jürgens - der ja um diese Zeit noch keineswegs so durchgesetzt ist, daß er sich allzuviel erlauben könnte - bedenklich absinken.

Gelegentlich der Berliner Filmfestspiele des kommenden Jahres wird es sogar bei der Uraufführung des Films „Rummelplatz der Liebe" zu einem solchen Skandal kommen, daß die beiden Hauptdarsteller - eben Eva Bartok und Curd Jürgens - fluchtartig das Feld räumen müssen. Eines Tages erfolgt dann der endgültige Bruch.
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Aber erst mal kommen die "Zufälle" .....

Ist es ein Zufall, daß Curd Jürgens nach diesem Bruch seine besten Filme dreht, die ihn aus dem relativen Nichts zu einem der höchstbezahlten Filmstars der Welt machen werden?

Ist es ein Zufall, daß Eva Bartok sich, kaum daß diese Entwicklung eingetreten ist, wieder mit ihm versöhnt und daß die so oft geplante und noch öfter dementierte Heirat nun endlich zustande kommt?

Und wen überrascht es, daß diese Heirat sehr schnell wieder in die Brüche geht? Daß Frau Bartok plötzlich in Hollywood auftaucht und daß die dort angesiedelten Skandaljournalistinnen von einer Liaison mit einem bekannten Produzenten zu berichten wissen?

Daß die Bartok in Hollywood durchfällt, ist nicht weiter erstaunlich. Schönheit ist billig in der Filmmetropole, und mehr als schön sein kann sie eben nicht.

Es wäre dann noch zu melden, daß die Bartok ganz plötzlich ein Kind bekommt, kurz nachdem sie sich von Curd Jürgens hatte scheiden lassen. Sie, die bisher der Presse immer Rede und Antwort gestanden hat, will den Namen des Vaters nicht nennen. Curd Jürgen hatte diesbezüglich - aber viel später - zugegeben, daß er aufgrund eines sehr frühen Autounfalles keine Kinder zeugen konnte.
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Auf einmal will Eva Bartok in Ruhe gelassen werden.

Immerhin stellt sie sich der Presse, um ihr zu sagen, daß sie nichts zu sagen habe.

Die Publicity, die mit dem Neugeborenen getrieben wird, geht selbst über das hinaus, was man im Falle der Mutter an Geschmacklosigkeit gewohnt ist. Das Baby wird dazu benutzt, der Welt von einer völlig veränderten Bartok zu berichten: Sie sei in sich gegangen, habe die höheren oder tieferen Werte des Lebens entdeckt. Aber sie ist nicht so sehr in sich gegangen, daß sie dergleichen der Presse vorenthalten könnte. So geläutert ist sie nun wieder nicht.

Soviel über das „deutsche Liebespaar" Jürgens-Bartok. Unglaublich nur, daß der deutsche Film nach einigen Jahren Eva Bartok immer noch über Mangel an Komödienstoffen zu klagen hat.
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