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Werner Habermann verstorben

aus FERNSEH-UND KINO-TECHNIK 48. Jahrgang Nr. 1-2/1994

Grund zur Beunruhigung gab es schon ab August vorigen Jahres, als  nicht - wie sonst immer - aus dem Urlaub an seinen Schreibtisch zurückkehrte, sondern sich in ärztliche Behandlung begeben mußte. Kurz vor Weihnachten, verschlimmerte sich seine Krankheit dann dramatisch und unerwartet, und am 29. Dezember 1993 ist er seiner tückischen Erkrankung im Alter von nur 61 Jahren erlegen.

Für seine Familie ebenso wie für seine Kollegen und Mitarbeiter ist es ein sehr schmerzlicher Verlust. Wir trauern um einen liebenswerten und aufrechten, mit gutem Humor begabten Menschen und Kollegen, dessen Persönlichkeit eine starke Ausstrahlung besaß, mit der er sich weit über die Grenzen Deutschlands hinaus Freunde erwarb.

1958 als junger Ingenieur zum IRT

Werner Habermann hat schon sehr früh die Grundlagen für seine steile Karriere in der rundfunktechnischen Entwicklung und Forschung gelegt. Den mit einem glänzenden Diplomexamen ausgestatteten jungen Ingenieur hatte Dr. Richard Theile 1958 an sein Nürnberger IRT geholt, und zwar für Arbeiten auf dem Spezialgebiet Theiles, nämlich der Bildaufnahme- und Bildspeicherröhren.

Schon früh begann dann die mehr als zwei Jahrzehnte währende überaus enge und fruchtbare Zusammenarbeit mit Herbert Fix, der bis 1974 die Abteilung Videoübertragungstechnik des IRT leitete. Eine Reihe eindrucksvoller gemeinsamer Veröffentlichungen der Autoren Fix und Habermann legt noch heute Zeugnis ab für diese so erfolgreiche Zusammenarbeit, die sich ab 1960 auf das damals ganz neue Gebiet der magnetischen Aufzeichnung von Fernsehsignalen konzentrierte.

Die AMPEX MAZen verbessern

Damals entstand am IRT unter der Leitung von Herbert Fix und mit maßgeblicher Mitarbeit von W. Habermann der komplette elektronische Teil einer Magnetband-Aufzeichnungsanlage, mit dem die ersten MAZ-Anlagen der Firma Ampex deutlich verbessert werden konnten. Auch für die Aufzeichnung von PAL-Farbfernsehsignalen auf Magnetband legte Werner Habermann wesentliche Grundlagen, als 1967 das Farbfernsehen in der Bundesrepublik Deutschland eingeführt wurde.

In logischer Fortsetzung dieser Arbeiten entwickelte W. Habermann ein automatisches, computergesteuertes Schnittsystem für MAZ-Anlagen, das die Kriterien deutlich machte, die in der Folgezeit für solche Systeme gelten konnten.

Als anerkannter Experte der Fernsehaufzeichnungstechnik vertrat W. Habermann den öffentlich-rechtlichen deutschen Rundfunk in den Arbeitsgruppen des CCIR und der IEC, die sich mit „Video-Recording" beschäftigten. 1978 wurden unter seiner Mitwirkung im IEC für die 1"-Magnetbandaufzeichnung das B-Format und das C-Format definiert. Habermanns hervorragender Ruf als Experte und international erfahrener Delegierter führten dazu, daß ihm 1983 der Vorsitz im TC60 „Recording" der IEC übertragen wurde.

1986 - Leitung des Fachbereichs F

Als 1975 im IRT eine neue Organisationsstruktur eingeführt wurde, übernahm W. Habermann die Leitung des Arbeitsbereichs MAZ, der eine tragende Säule des Fachbereichs Studiotechnik Fernsehen unter der Leitung von Dr. Herbert Großkopf und Dr. Norbert Mayer bildete.

Als Dr. Mayer 1986 in den Ruhestand ging, übernahm Werner Habermann die Leitung des Fachbereichs F. Zusammen mit Gerhard Moll als Stellvertretendem Fachbereichsleiter legte er die Grundlagen für die Neuorientierung der Fernsehtechnik hin zur digitalen Codierung, die zunehmend immer weitere Bereiche der Studiotechnik eroberte.

1982 berichtete Werner Habermann von der ersten HDTV-Vorführung außerhalb Japans in New York und urteilte darüber wie folgt: „Planung und Ausführung eines solchen umfangreichen Systems - das sicherlich weit über das hinausgeht, was in Europa sinnvoll ist - setzt natürlich die Akzeptanz seitens des Publikums voraus". Erst aus heutiger Sicht, mehr als zehn Jahre später, wird deutlich, in welchem Maß Werner Habermanns skeptische Einstellung von damals richtig war.

... zu besonderem Dank verpflichtet

Sehr früh schon hatte Habermann erkannt, daß ein modernes Forschungsinstitut wie das IRT auf ein leistungsfähiges digitales Bildverarbeitungssystem angewiesen ist. Daß wir nun seit einigen Jahren bereits über ein solches leistungsfähiges System aus eigener Entwicklung verfügen, ist nicht zuletzt sein Verdienst.

Als Fachbereichsleiter wurde W. Habermann 1986 Mitglied in der Konferenz der Fernsehbetriebsleiter. Die enge Verbindung der Entwicklung und Forschung im Fachbereich Fernsehtechnik des IRT mit den Rundfunkanstalten der ARD, dem ZDF, dem ORF und der SRG betrachtete Werner Habermann immer als vordringliche Aufgabe, die er mit vollem Engagement und großem Erfolg wahrnahm. Wir sind ihm daher gerade für diesen Teil seiner Arbeit zu besonderem Dank verpflichtet.

Im IRT eine schmerzlich empfundene Lücke

Der Experte Werner Habermann hinterläßt eine schmerzlich empfundene Lücke, die für uns im IRT nicht leicht zu schließen sein wird. Nicht zu ersetzen jedoch ist der Verlust des Menschen und Freundes. Er war kein trockener Fachmann, sondern ein musischer Mensch. Musik war für ihn ein Lebenselixier, das ihm den Horizont für die Welten eröffnete.

Besondere Hochachtung empfanden alle seine Freunde für den Familienvater Werner Habermann und für dessen Lebensleistung als alleinerziehender Vater von vier Kindern nach dem allzufrühen tragischen Tod seiner ersten Frau. Wir alle bewunderten seine ruhige Energie und Kraft, mit der er über mehr als zehn Jahre hinweg und mit erkennbar schönstem Erfolg diese familliäre Aufgabe erfüllte. Um so schmerzlicher empfinden seine Familie und seine Freunde nun den unersetzlichen Verlust. Wir alle trauern um Werner Habermann und vermissen ihn sehr.

Ulrich Messerschmk

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