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1945 - 1995 "Der unendliche Traum von der Traumfabrik"

In 26 Kapiteln blickt Horst Goscke auf 50 Jahre Wiesbadener Film-Euphorie zurück und skizziert Höhepunkte und Tiefpunkte der Wiesbadener Ambitionen, mal ein deutsches Hollywood zu werden. Viele bundesweit bekannte Filme und Personen werden aufgeführt und auch das zeitweise wirre politische Drumherum der Nachkriegszeit wird nicht vergessen.

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(10) - Hans Albers ist 61 und jetzt 34 Jahre beim Film

Einundsechzig Jahre ist er inzwischen alt und seit 34 Jahren beim Film. Wettergebräunt steht er da, und die Verwegenheit des Tausendsassas blitzt ihm noch immer aus den blauen Augen. Mit Konrad Adenauer hat Hans Albers das Rosen- züchten gemeinsam - und „das Gefühl für die Publikumsseele im kleinen Finger", wie er selbst einen Teil seines Erfolges beschreibt.

Jetzt ist er „Unter den Eichen" auf dem Weg in die Aufnahmehallen. Helmut Käutner wartet dort auf ihn, um mit ihm die nächste Einstellung zu den Film „Käpt'n Bay Bay" zu drehen. Dr. Jonen, der den Film produziert, will in wenigen Monaten noch einen weiteren mit Albers herstellen. „Jonny rettet Nebrador" soll er heißen.
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Mai 1953 - Das Afifa-Gelände muß verkauft werden

Das bringt der „Meteor"- Chef auch in Gespräche ein, die im Mai 1953 über das Afifa-Gelände geführt werden. Innerhalb der nächsten zwei Jahre muß es nun verkauft sein. Bundespräsident Theodor Heuss hat ein Gesetz unterzeichnet, das die Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmbesitzes vorschreibt. Die Afifa gehört zu diesem Besitz dazu. Kauflustige sind schon vorhanden - einer unter ihnen ist Dr. Jonen. Allerdings hofft er, daß er die Unterstützung der hessischen Landesregierung finden wird.

Für die Ateliers, deren Wert zwischen 2,5 und 4 Millionen D-Mark angesiedelt ist, will er dafür eine ganzjährige Nutzung gewährleisten. Für 1953/54 nennt er neben „Jonny rettet Nebrador" die Filme „Orientexpreß", „Das Tagebuch des Jagdfliegers Leon", „Manina", „Das Mädchen von Zacatlan" und das „Drama in Konau". Außerdem plant er mit der „Fono Roma" eine deutsch-italienische Co-Produktion zu verwirklichen.

Jan. bis April - Die Aufnahmehallen stehen wieder einmal leer

Bis in den April 1953 hinein standen die Aufnahmehallen wieder einmal leer. Damit überhaupt etwas getan wurde, entstanden in den Werkstätten Messedekorationen. Viele Mitarbeiter aber gingen stempeln. Aufnahmeleiter Hans Fries entwirft, um die Tage der Untätigkeit zu überbrücken, Handlungsvorgänge für fotografierte Filmromane. Maskenbildner Carl Eduard Schulz, ehemals Chefmaskenbildner der Tobis in Berlin, schreibt seine Memoiren. „Ich habe sie alle, alle geschminkt", sagt er in einem Zeitungsinterview. Sein jetziger Arbeitsplatz, das Filmgelände „Unter den Eichen", verschwindet unterdessen aus den Schlagzeilen.

Wiesbaden sponsert die Maifestspiele 1952

Das Staatstheater liefert mit den Maifestspielen der Stadt die kulturellen Höhepunkte alleine. Gerade wird dort auch eine neue jugendliche Naive engagiert, die allerdings nicht lange dem Ensemble treu bleiben wird. Denn schon bald wird sie zu den gefragtesten deutschen Filmschauspielerinnen zählen: Chariklia Baxevanos.

Das Blatt wendet sich, es gibt wieder Arbeit

Ihren ersten deutschen Film drehte Eva Bartok in Wiesbaden. „Der letzte Walzer" hieß er. Artur Maria Rabenalt (unser Bild) führte Regie.

Als es fast keiner mehr glauben will, kehrt in die Wiesbadener Ateliers doch wieder Leben ein. Die Münchner Carlton-Produktions-Gesellschaft hat die Hallen gemietet. Wochen später weiß man, daß auch sie zu den Kaufinteressenten des Afifa-Geländes gehört.

Unter der Regie von Arthur Maria Rabenalt verfilmt sie die Oscar-Straus-Operette „Der letzte Walzer". Hauptdarstellerin ist eine Ungarin, die Burt Lancaster 1951 für Hollywood entdeckte, Eva Bartok.

Nun dreht sie erstmals in Deutschland - gemeinsam mit Curd Jürgens. Liebesgott Amor ist auch dabei. Denn zwei Jahre später werden die beiden heiraten.
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  • Anmerkung : Ein anderer Zeitzeuge beschreibt die Ungarin Eva Bartok ganz anders als sie hier hochgelobt wurde.

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Juni 1953 - Vittorio de Sica kommt nach Wiesbaden

Doch Anfang Juni 1953 achtet die Öffentlichkeit eher auf einen Italiener, der eigens aus Rom angereist ist, um die verführerische Darstellerin kennenzulernen. Filmkunstfreunde sprechen mit Ehrfurcht von seinen „Fahrraddieben". International beliebt aber ist er vor allem als Charmeur. Es sind schicksalhafte Tage, die sich Vittorio de Sica für seinen Besuch ausgesucht hat.
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1953 - Die Krönung der englischen Königin - im Fernsehen ...

Vor vielen Gaststätten stehen die Wiesbadener Schlange. Jeder von ihnen hofft einen Platz zu ergattern, um persönlich bei dem bedeutendsten Ereignis dabei sein zu können, das das Jahr 1953 für ihn zu bieten hat, die Krönung Elisabeth der Zweiten.

Möglich macht dies ein paketgroßes Gerät, das, für alle sichtbar, hoch in der Ecke der Gaststätte hängt.

Es wird später zu einem Verkaufsschlager werden. Und es wird das Publikumsverhalten grundlegend verändern. „Pantoffelkino" wird man es nennen.
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Von Wiesbaden aus fand Claus Biederstaedt zum Film.
Chariklia Baxavanos war in Wiesbaden jugendliche Naive.

Bitter für Verleiher und die Filmtheaterbesitzer

Und die Verleiher und die Filmtheaterbesitzer werden bald von der größten Krise reden, die je über sie hereingebrochen ist. Sinnigerweise will die hessische Landesregierung gerade jetzt die Vergnügungssteuer für die Filmtheater erhöhen.

Während die Kinobesitzer mit den Politikern streiten, erhält Claus Biederstaedt, der noch in der vergangenen Saison zum Ensemble des Wiesbadener Staatstheaters gehörte, den Bundesfilmpreis als „bester Nachwuchsdarsteller".

Auch Ivan Desny stand in Wiesbaden erstmals vor einer deutschen Kamera. Ruth Niehaus war in „Weg ohne Umkehr" seine Partnerin.

Bundesfilmpreis für "Weg ohne Umkehr"

Hilde Willer, Liebling des hiesigen Theaterpublikums, wird wenig später von dem amerikanischen Regisseur Victor Vicas für den Film „Weg ohne Umkehr" verpflichtet, der Anfang August „Unter den Eichen" ins Atelier geht. Hauptdarsteller ist Ivan Desny. Für den Franzosen, der in Marcel Paglieros „Die ehrbare Dirne" gerade internationale Aufmerksamkeit gefunden hat, ist die Rolle eines sowjetischen Ingenieurs, der in den Berliner Westsektor flieht, der Anfang einer großen Karriere vor deutschen Kameras.

„Weg ohne Umkehr" erhält nach der Fertigstellung das Prädikat „Besonders wertvoll" und 1954 sogar den Bundesfilmpreis. In Wiesbaden wird man darauf stolz sein - und in Georgenborn. Dort wird man sich daran erinnern, daß in Schloß Hohenbuchau ebenfalls viele Szenen entstanden sind. Nur die Beleuchter hatten ihre Probleme. Denn in den prachtvollen Räumen konnten sie keine Beleuchtungsbrücken errichten. Produktions- gesellschaft ist die Occident.

Und wieder wandert einer nach München ab

Die „Meteor" dreht in München. „Jonny rettet Nebrador", ursprünglich „Unter den Eichen" geplant, wird zum Auftrag für Geiselgasteig. Hat Dr. Jonen das Interesse an Wiesbaden verloren?

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