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1945 - 1995 "Der unendliche Traum von der Traumfabrik"

In 26 Kapiteln blickt Horst Goscke auf 50 Jahre Wiesbadener Film-Euphorie zurück und skizziert Höhepunkte und Tiefpunkte der Wiesbadener Ambitionen, mal ein deutsches Hollywood zu werden. Viele bundesweit bekannte Filme und Personen werden aufgeführt und auch das zeitweise wirre politische Drumherum der Nachkriegszeit wird nicht vergessen.

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(12) - Resli züchtet für die kranke Omi Rosen
Thema: 1954 - ein vielversprechender Anfang

Christine Kaufmann, das Rosen-Resli, beim Drehbuchstudium mit Walter Werner.

Das Jahr 1954 beginnt für die Filmstadt Wiesbaden vielversprechend. Noch ist Karl Ritter für den Film „Staatsanwältin Corda" am Jagdschloß Platte mit Außenaufnahmen beschäftigt, da melden sich „Unter den Eichen" schon zwei weitere Produktionen an.

Der Österreicher Franz Antel will auf dem Afifa-Gelände das Lustspiel „Rosen aus dem Süden" inszenieren, und sein Landsmann Harald Reinl bucht das Atelier für „Rosen-Resli" vor. Produzent des Antel-Films ist Victor von Struwe, dessen Gesellschaft zwar in Wiesbaden ansässig ist, hier aber bisher noch nicht drehte. Sein letzter Film entstand in Berlin. Die Eva-Film, aus München kommend, ist für die Verwirklichung des Melodrams „Rosen-Resli" zuständig, das auf dem gleichnamigen Kinderbuch von Johanna Spyris basiert. Für die achtjährige Christine Kaufmann, die die Titelrolle spielen soll, wird Wiesbaden zur zweiten Heimat.

Österreichische Gemütlichkeit „Unter den Eichen"

„Eile gibt es für Franz Antel nicht", liest man am 11. Februar im WIESBADENER KURIER. Aber für einen Scherz ist er immer zu haben. Österreichische Gemütlichkeit macht sich „Unter den Eichen" breit. Gunter Philipp witzelt, Gustav Fröhlich erprobt seinen Charme, Susi Nicoletti zieht die Blicke auf sich, und Lothar Olias, der Filmkomponist, erinnert sich an die Tage, in denen er schon einmal in Wiesbaden war, 1951 bei den Dreharbeiten zu den „Frauen des Herrn S.". Über die Handhabung braucht man nicht viel zu reden. Es geht um einen Diplomaten und einen Operetten-Tenor und natürlich um Verwicklungen, die Liebesabenteuer halt so mit sich bringen. Aber fesch sieht er aus, der Gustav Fröhlich in seiner Uniform. Und Gunter Philipp ist so deppert, wie ihn seine Zuschauer mögen.

Mit dabei - das Wiesbadener Staatstheater

Das Opernballett des Wiesbadener Staatstheaters hatte bei den Aufnahmen zu dem Franz Antel-Film „Rosen aus dem Süden" viel zu tun. Wilfried Seyferth, Susi Nicoletti, Karl Schönböck und Günther Philipp (von links) präsentierten sich in dem Operetten-Lustspiel als Stars.

Das Opern-Ballett des Wiesbadener Staatstheaters ist ebenfalls dabei. Es schafft die verzauberte Atmosphäre, die Antels musikalisches Lustspiel, verchromt mit Johann-Strauß-Melodien, nun einmal braucht.

Und viele, viele Darsteller aus dem Staatstheater-Ensemble sind für Nebenrollen engagiert, Publikumslieblinge wie Viktor Hospach, Arno Hasenpflug und auch der junge Ekkehard Böhmer, der später dann zum Hessischen Rundfunk gehen und zum gefragten Show-Regisseur der Öffentlich-Rechtlichen Fernseh-Anstalten emporsteigen wird.
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Erstmals fällt der Name : Kulenkampff

Kulenkampff ohne Böhmer - das ist nicht vorstellbar. Maria Holst, die die weibliche Hauptrolle in „Rosen des Südens" spielt, lernt in Wiesbaden das Autofahren, Karl Schönböck erschließt sich in hiesigen Wäldern Wanderwege, und Gustav Fröhlich freut sich diebisch, wenn er bei seinen Spaziergängen durch die Kirchgasse von Passanten nicht erkannt wird.

Er kennt in der Stadt jede Ecke. Wer ihn fragt, woher er diese Kenntnisse habe, erntet ein verschmitztes Lächeln. Fröhlich hatte als Dreikäsehoch nämlich in Wiesbaden gelebt. Zu seinen unvergeßlichen Lausbuben-Streichen gehörte das Entpflastern der Bürgersteige. Auch an seine hiesige Schulzeit erinnert er sich bei Gesprächen gern.

Die Stars - Abends in Wiesbaden

Otto Gebühr, der „alte Fritz" vieler Preußen-Filme, malt gerne mit Senf und Zigarettenasche. In einem Wiesbadener Weinlokal, in dem er abends mit Kollegen sitzt, porträtiert er Albert Florath. Dem gefällt das „Kunstwerk" so gut, daß er alles daran setzt, es zu erhalten - leider vergeblich. Die Stars haben schnell ihre Lieblings-Gaststätten gefunden. Den einen zieht es in ein namhaftes Kellerrestraurant, der andere schätzt eine bekannte Küche im Kurviertel. Die Spielbank lockt natürlich auch.

Schlangenbad und die Winzerhalle in Frauenstein

Tagsüber geht es zu Außenaufnahmen in die nähere Umgebung. Harald Reinl entdeckt für „Rosen-Resli" Schlangenbad und als Ausweichatelier die Winzerhalle in Frauenstein. Olga Tschechowa, Käthe Haack und Paul Klinger, die zum Darstellerteam gehören, ziehen bei den Dreharbeiten viele Blicke auf sich. Immer wieder gruppieren sich Passanten in respektvollem Abstand hinter der Kamera. Im Wiesbadener Cafe Blum werden die Hinterräume zu einer rauchigen Bar umgestaltet. Gisela, die Künstlerwirtin aus Schwabing, singt für den Reinl-Film ein kesses Chanson. Christine Kaufmann, das Rosen-Resli, hat in diesen Stunden drehfrei.

Die letzten Stunden von Otto Gebühr

Ein alter Gärtner, der das Resli (Christine Kaufmann) in die Kunst des Rosenzüchtens einweiht, war Otto Gebührs letzte Rolle.

Kummer macht der Produktion der 77 jährige Otto Gebühr. Er leidet an einer Angina pectoris. Die Krankheit belastet ihn so sehr, daß Reinl den Drehplan umstellt, alle Szenen mit Otto Gebühr vorzieht. Drei Stunden, nachdem die letzte Klappen mit ihm gefallen ist, stirbt der beliebte Schauspieler im März 1954. Im Hotel „Bären" erliegt er einem Herzschlag.

Auf dem Südfriedhof erweisen ihm Kollegen von Bühne und Film die letzte Ehre. Dr. Heinrich Jonen spricht Worte der Erinnerung. Nach den Feierlichkeiten wird der Sarg nach Berlin überführt. Auf dem Sophienfriedhof findet Otto Gebühr, der im Stummfilm der frühen zwanziger Jahre erstmals in der Rolle Friedrich des Großen auf der Kinoleinwand erschien, dann seine letzte Ruhestätte.
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Das "Resli" in Konkurrenz zu „Die Faust im Nacken"

Der Drehplan ruft das Darsteller-Team vor die Kamera zurück. Wenige Monate später wird Christine Kaufmann als Rosen-Resli für Schlangen an den Kinokassen sorgen. Das ist kein kleiner Erfolg - zumal in anderen Lichtspielhäusern ja im selben Jahr Alfred Hitchcock in „Das Fenster zum Hof", Marlon Brando in „Die Faust im Nacken" und Federico Fellini in „La Strada" locken.
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