Das Buch der "Filmspiegel" aus Wien "aus dem Jahr 1941 !!"
Österreich war 1941 bereits an das grossdeutsche Reich von Hitlers Gnaden angeschlossen, aber als kleines Anhängsel. Und der Wiener Autor Rudolf Oertel faßt die bis dato bekannte Historie des Kino-Films aus Wiener Sicht zusammen. Bis etwa Seite 120 (von 310) kommen zwangsläufig NAZI-Kultur-Gedanken moderat zum Vorschein, dann aber wird es überraschenderweise sehr befremdlich nationalsozialistsch judenfeindlich, genau wie überall im 3.Reich auch. Die einführende Seite finden Sie hier.
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KULTURFILM, LEHRFILM, AMATEURFILM
Aber unter all den Gaben, die das lebende Bild uns beschert hat, scheint keine kostbarer und beglückender als der Blick in die Wunderwelt des Alls, die uns der Kulturfilm eröffnet. Das tausendfältige, mikroskopisch kleine Leben in einem Wassertümpel, Kampf ums Dasein, Raubzüge, Vermehrung unsichtbarer Infusorien, das langsame Wachsen, Blühen, Verwelken der Pflanzen, die Unergründlichkeit des Firmaments, der Sterne, das Reich der Wolken, der Lichtstrahlen, der Wärmeströmungen, der Kreislauf des Blutes, der durchdringende Blick der Röntgenstrahlen, die Operationskunst des Arztes, aber auch die grandiose Welt der modernen Fabriken, von der Entstehung chemischer Produkte bis zur Serienherstellung der Traktoren, die ganze Symphonie der Arbeit vom unermüdlichen Schürf des Bergarbeiters bis zum Alltag des Bauern... das unendliche All und die kleine Welt der Menschen .. . der Kulturfilm ist der große Zauberer, der uns Geheimnisse schauen läßt, die selbst die kühnste Phantasie nicht großartiger und bunter ersinnen könnte.
- Anmerkung : Das Obige ist wirklich ein einziger Satz.
Schon 1907 hat Pathe in Paris, der Entwicklung vorauseilend, eine eigene Kultur- und Lehrfilmabteilung gegründet. Hier entstanden die ersten bakteriologisch- mikroskopischen Kulturfilme. Im selben Jahr sandte er eine Expedition nach China, unter der Leitung des Wiener Kameramanns Hans Theyer.
Gemeinsam mit seinem Landsmann, dem Kameramann Karl Adelhart, drehte er in China, Japan und Korea 12.000 Meter brauchbare Kulturfilme, die erstmalig die gesamte Kultur des Fernen Ostens dem Film erschlossen. Eine hervorragende Leistung für die damalige Zeit. Es soll festgehalten werden, daß diese ersten Kulturfilme der Welt von zwei Deutschen stammen.
Infolge der leichten Verderblichkeit des Materials mußten die beiden Wiener ihre Filme an Ort und Stelle unter den primitivsten Verhältnissen selbst entwickeln. Eine ihnen vorangegangene Expedition von Franzosen war insofern mißglückt, als das ganze gedrehte, aber nicht entwickelte Filmmaterial auf der Heimreise durch Einwirkung der Hitze zugrunde gegangen war.
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Die Kultur- und Lehrfilmabteilung der UFA
Seitdem die Ufa am 1. Juli 1918 eine eigene Kultur- und Lehrfilmabteilung gründete, hat sie in zwanzigjähriger Arbeit dem deutschen Kulturfilm Weltruf verschafft. Ihre Kulturfilmproduktion verfügt auf dem Aufnahmegelände in Babelsberg-Ufastadt über mehrere Spezialateliers, die mit allen technischen Errungenschaften ausgestattet sind.
Hier werden alle neuen Erfindungen auf dem Gebiete der Kinematographie erstmalig ausprobiert, um die praktische Verwendbarkeit durch den Versuch nachzuweisen. Der Tonfilm wurde hier schon zu einer Zeit entschlossen aufgegriffen, als in Spielfilmkreisen noch der heftigste Meinungsstreit über den Wert der neuen Technik tobte.
Anmerkung : Das stimmt so überhaupt nicht. Von "entschlossen aufgegriffen" kann laut Hand Vogt von Tri-Ergon überhaupt keine Rede sein.
Fernbildlinsen und Teleobjektive, Zeitlupen- und Zeitrafferkameras, Apparate für Unterwasseraufnahmen und schließlich ein eigenes Mikrolaboratorium mit einer allen Anforderungen gewachsenen Mikroapparatur geben das Rüstzeug für die vorbildlichen Filmschöpfungen ab, die hier entstehen.
Jede Vervollkommnung des Rohfilms wurde hier einer Prüfung unterzogen, und es ist beinahe selbstverständlich, daß man bereits an die Herstellung von Farbfilmen heranging, als die verfügbaren Farbfilmverfahren noch nicht den Stand ihrer heutigen Entwicklung erreicht hatten.
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Über die 1941 erzielten Fortschritte im Farbfilmverfahren
Aber auch die mittlerweile erzielten Fortschritte im Farbfilmverfahren stellen den Kulturfilmschaffenden und besonders den, der die biologischen Vorgänge auf den Zelluloidstreifen zu bannen gedenkt, vor ganz ungewöhnliche und oft schwer überwindbare Schwierigkeiten.
Der biologische Film überhaupt ist ein Gebiet, auf dem die Ufa sich ungewöhnliche, immer und immer wieder bei internationalen Wettstreiten, so auf den „Biennalen" in Venedig, bestätigte Verdienste erworben hat. Sie besitzt eine eigene biologische Herstellungsgruppe, der Fachberater von wissenschaftlichem Ruf zur Seite stehen.
Soweit die biologischen Aufnahmen nicht in freier Natur erfolgen, sind auf dem Ufa-Gelände alle nur denkbaren Einrichtungen getroffen, um die biologischen Objekte der Kulturfilmlinse, mag es sich nun um Pflanzen oder Tiere handeln, in ihrer natürlichen Umwelt natürlich ihr Dasein demonstrieren zu lassen. Biologische Filme, wie „Kraftleistungen der Pflanzen", „Der Ameisenstaat" und „Der Bienenstaat", „Mysterium des Lebens", „Natur und Technik", „Können Tiere denken?", und Farbfilme, wie „Tiergarten des Meeres", „Hochzeiter im Tierreich" und „Bunte Kriechtierwelt", sind mit vielen anderen rund um den Erdball gelaufen und haben in allen Erdteilen Zeugnis für deutsches Kulturfilmschaffen und deutsche Wissenschaft abgelegt.
Physik, die Chemie, die Meteorologie, und ..... die Medizin
Aber nicht nur die Biologie, auch die Physik, die Chemie, die Meteorologie, die Hygiene und nicht zuletzt die Medizin stellen immer wieder Themen, die in unterhaltender Form Volksbelehrung bester Art darstellen.
Die Zahl aller dieser Filme ist so groß - allein der Auslandkatalog der Ufa-Kulturfilme zählt rund hundert Bildstreifen dieser Art auf - daß es nicht möglich ist, auch nur die hervorzuheben, die ganz besondere Anerkennung gefunden haben.
Es sei deshalb hier nur an solche Filme, wie der über „Röntgenstrahlen", an die „Symphonie der Wolken", an die Schwimmfilme „Hinein und hinunter", an „Gesunde Frau - gesundes Volk" und an den Großkulturfilm „Wege zu Kraft und Schönheit" erinnert.
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Filme über staatlichen Einrichtungen sowie Wehrmacht und Partei
Die moderne Technik und Industrie, die Verkehrstechnik und nicht zuletzt die staatlichen Einrichtungen des Deutschen Reiches, und hier vor allem die Einrichtungen von Wehrmacht und Partei, sind andere Gebiete, die der Ufa-Kulturfilm immer und immer wieder aufgegriffen und durch eine lebendige Schilderung eindrucksvoll dem Kinopublikum in aller Welt nahegebracht hat.
Selbstverständlich fehlen auch der Sport und die körperliche Erziehung nicht, wie auch Kunst- und Kulturgeschichte ihren bedeutsamen Platz einnehmen. (A. W. Kames.)
Die anderen Firmen neben der UFA
Neben der Ufa stellen natürlich auch andere Firmen, wie Bavaria, Tobis und Wien-Film eigene Kulturfilme her. Einer der interessantesten war seinerzeit „Was ist die Welt?", eine grandiose Schöpfungsgeschichte, dann der Bavaria-Film „Germanen gegen Pharaonen", der in die Geheimnisse und Rätsel der menschlichen Frühgeschichte und in die mystischen Uranfänge der Kult- und Kunstübung einführte.
Über das normale Ausmaß der Kulturfilme ragte Curt Oertels „Michelangelo" hinaus, der erstmalig den Versuch wagte, in einem abendfüllenden Film das gigantische Werk dieses größten Renaissancekünstlers mit filmischen Mitteln einem breiten Publikum biographisch und kunstgeschichtlich verständlich zu machen.
Eine interessante Dramaturgie, die mit Hilfe von Zeitdokumenten, vergleichender Kunstbetrachtung und Originalaufnahmen der historischen Schauplätze Vergangenes lebendig werden ließ, deutet neue Wege an, die noch manchen Erfolg versprechen.
Wir können mit Stolz sagen, daß Deutschland auf dem Gebiete des Kulturfilms führend ist, so wie es in der Wiener Urania die einzige, seit vielen Jahren täglich spielende Kulturfilmbühne Europas besitzt.
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Der Unterrichtsfilm
Eine Abart des Kulturfilms ist der Unterrichtsfilm. Schon 1919 wurde eine Bildstelle beim Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht gegründet, 1934 wurde dann die Reichsstelle für den Unterrichtsfilm und dessen Einführung in der Schule durch ministeriellen Erlaß festgelegt.
Im März 1940 gab es 31 Landesbildstellen und 1113 Kreis- und Stadtbildstellen, und die Reichsstelle, seit 1940 „Reichsanstalt für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht", konnte in kurzer Zeit 42.000 Vorführgeräte für etwa 70.000 Schulen bereitstellen, denen ein Programm von etwa 405 Filmen für Hochschulen, 230 Filmen für allgemeine Schulen, 70 Filmen für Berufs- und Fachschulen und 20 Filmen für landwirtschaftliche Schulen zur Verfügung stehen. (F. Henseleit.)
Seit dem 2. Weltkrieg hat der Unterrichtsfilm auch für die Truppenbetreuung an Bedeutung gewonnen. Die Filme werden vor den Angehörigen aller Waffengattungen gezeigt; sie gehen in die Lazarette, sie sind hervorragende Mittel nicht nur der Freizeitgestaltung, sondern vor allem auch der weiteren Berufsausbildung der Wehrmachtsangehörigen, die so in lebendiger Verbindung bleiben mit der Welt des Berufes, den sie sonst ausüben.
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Die Titel für die Wehrmachtsangehörigen
Die Filme führen eine Fülle der verschiedensten Themen an die Wehrmachtsangehörigen heran. So gibt es z. B. eine Themengruppe „Schaffendes Volk", in der die sechs Themen „Bauernarbeit", „Fischer", „Altes Handwerk", „Heimarbeit", „Vom Werk der deutschen Frau" und „Brauchtum" zusammengefaßt sind. Unter „Bauernarbeit" finden wir Filme, wie „Ein Bauer bestellt sein Feld", „Roggenernte", unter der Gruppe „Fischer" werden die verschiedenen Arten der Fischerei, aber auch die Rettung Schiffbrüchiger behandelt.
Die Gruppe „Deutsche Rohstoffe" z. B. unterrichtet in sechs Unterrichtsfilmen über „Erzbergwerke", „Hochöfen", „Steinkohlenförderung", „Holzflößerei", „Ziegelsteinherstellung", „Tuchverarbeitung". Die Gruppe „Aus fernen Ländern" dient u. a. der Unterrichtung über deutsche Kolonialarbeit, die Gruppe „Aus dem Reich der Natur" spürt auf vielfache Art den Geheimnissen und Erscheinungen des Lebens nach und die Gruppe „Geschichte" spricht nun unmittelbar zum Soldaten: sie zeigt in fünf Filmen das 3.Reich im Abwehrkampf, in weiteren vier Filmen werden die Waffen des Sieges zum Filmthema.
„Pioniere schlagen eine Brücke", „Eine Batterie geht in Stellung", „Bau eines Flugzeuges", „Stapellauf eines Kreuzers" - alles das wird in diesen kurzen Schmalfilmen behandelt, die alles Wesentliche in wissenschaftlicher Genauigkeit mit den bedeutenden Wirkungsmitteln des Films aufzeichnen.
Der Unterrichtsfilm hat andere Formen als der Kulturfilm. Während der Regisseur des Kulturfilms die Kunst der Weglassung üben darf und gerade dadurch zu besonderen Wirkungen kommen kann, gibt es für den Gestalter des Unterrichtsfilms keine Weglassung, auch kein andeutendes Darüberhinweggehen, er muß eine ebenso präzise wie ausführliche Darstellung seines Themas, dem Lehrstoff folgend, geben und darf einer dramaturgischen Wirkung (auf die er sonst keinesfalls zu verzichten braucht) keine Phase des Films opfern. Auch er kann jedoch unter Beachtung dieser Bedingungen und Voraussetzungen Wirkungen erzielen, die den Zuschauer immer wieder in Bann ziehen.
Der Unterrichtsfilm (und unter den Unterrichtsfilmen in erhöhtem Maße der Forschungsfilm) ist darauf abgestellt, daß man einen Vorgang genau verfolgen kann, daß man ihn sich immer wieder vorführen lassen kann, um nach dem Gesamteindruck auch die vielfachen Einzelheiten in aller Genauigkeit erkennen und in sich aufnehmen zu können. (F. Henseleit.)
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Reklame-und Werbefilme sowie der Amateurfilm
Wie vielfältig die Formen und Verwendungsmöglichkeiten des Unterrichtsfilms sind, ergibt sich daraus, daß die Großindustrie vielfach solche Filme herstellen läßt, die neben ihrem belehrenden Inhalt zugleich auch noch als Reklame-und Werbefilme Verwendung finden. Technische Filme läßt auch das Forschungsinstitut der Vereinigten Stahlwerke herstellen. Dann gibt es noch Reichsbahnfilme, Filme der Verkehrswissenschaft, Filme für Handelsförderung, Gewerbeförderung, hygienische Filme und so fort.
Weit verbreitet, wenn auch in der Öffentlichkeit nicht so sehr in Erscheinung tretend, ist der Amateurfilm. Amateure haben sich schon in der Anfangszeit mit dem Film beschäftigt, vielfach sind aus ihnen dann Filmpioniere geworden, wie etwa Graf Kolowrat in Wien.
Der Filmamateur ist meist Filmhersteller und Filmvorführer in einer Person. Eine große Verbreitung konnte diese Liebhaberei erst gewinnen, als es gelang, kleinere und billigere Filmapparaturen zu konstruieren. Auch verwendet der Amateur - wie der Unterrichtsfilm - den sogenannten Schmalfilm, der wesentlich kleinere Maße zeigt.
- Schon 1901 stellte Kretschmar in Dresden einen 17,5-Millimeter-Film, dann Ernemann, Dresden (1903), einen 17-Millimeter-Film mit einem eigenen Vorführgerät (Kino) her.
- 1923 erschien der 9,5-Millimeter-Film Pathe-Rural, 1926 der 16-Millimeter-Film von Kodak,
- 1928 von der Agfa,
- 1927 der Ozaphan-Film,
- 1929 der 16-Millimeter-Umkehr-Farbenfilm Kodacolor,
- 1932 der 16-Millimeter-Umkehr-Farbenfilm Agfacolor, 1932 der 8-Millimeter-Film von Kodak, 1932/33 der Lichttonprojektor für 16-Millimeter-Tonfilme, 1935 der 16-Millimeter-Film Kodachrom,
- 1937 der 9,5-Millimeter-Tonfilm Pathe-Vox,
- 1938 der 16-Millimeter-Mehrstrahlen-Farbenfilm der Agfa,
- 1939 der 8-Millimeter-Farbenfilm.
Man sieht aus dieser kurzen Aufstellung, daß der Schmalfilm neben dem Normalfilm seine eigene Entwicklung hat. (Traub-Lavies.)
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Der Bund Deutscher Filmamateure
Mit der raschen Verbreitung der Amateurfilmidee entstanden allenthalben eigene Landesverbände der Filmamateure, so der Bund Deutscher Filmamateure, die auf internationalen Amateurfilmkongressen Erfahrungen und Anregungen austauschten. Auf dem Wiener Kongreß 1938 wurde Deutschland mit der Geschäftsführung betraut.
Der Filmamateur ist ebenso wie der Amateurphotograph eine nicht zu unterschätzende Kulturerscheinung. Es sind ausgezeichnete Amateurfilme, insbesondere Landschaftsfilme, entstanden. Eine besondere Bedeutung besitzt der Amateurfilm als Familienchronik. Abgesehen von seinem gefühlsmäßigen Wert, wenn etwa Kinder in späteren Jahren ihre verstorbenen Eltern „lebend" wiedersehen können, vermag er auch wissenschaftlichen und biologischen Wert zu gewinnen, wenn etwa ein Mensch von seiner Geburt bis ins Greisenalter in seiner Entwicklung filmisch verfolgt worden ist. Oder wenn einmal eine Reihe von Generationsfilmen erbbiologische Vergleiche und Untersuchungen erlauben wird.
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