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Das Buch der "Filmspiegel" aus Wien "aus dem Jahr 1941 !!"

Österreich war 1941 bereits an das grossdeutsche Reich von Hitlers Gnaden angeschlossen, aber als kleines Anhängsel. Und der Wiener Autor Rudolf Oertel faßt die bis dato bekannte Historie des Kino-Films aus Wiener Sicht zusammen. Bis etwa Seite 120 (von 310) kommen zwangsläufig NAZI-Kultur-Gedanken moderat zum Vorschein, dann aber wird es überraschenderweise sehr befremdlich nationalsozialistsch judenfeindlich, genau wie überall im 3.Reich auch. Die einführende Seite finden Sie hier.

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DEUTSCHE PRODUKTIONSZENTREN UND PRODUKTIONSFIRMEN

Berlin, München und Wien sind die drei Städte, in denen sich heute die gesamte deutsche Produktion abspielt. Während Hollywood ausschließlich Filmstadt ist und sonst keinerlei kulturelle Bedeutung besitzt, sind die deutschen Filmzentren auch Kulturzentren ersten Ranges, Brennpunkte künstlerischen Lebens, schöpferischer Tätigkeit und wissenschaftlicher Forschung. Sie tragen daher nicht jenes einseitige, ausschließlich filmbetonte Gesicht, das an der amerikanischen Filmstadt fasziniert und abstößt.

Berlin besitzt unter den deutschen Filmstädten die weitaus größte Bedeutung. Schon das Werden des Films hat hier durch Anschütz, Skladanowsky und Meßter starke Impulse empfangen. Nach dem (ersten) Weltkrieg hat Berlin dann die großen Rivalinnen Paris und Rom überflügelt, ist zur eigentlichen Wiege der modernen Filmkunst geworden, darin sogar Amerika ein Vorbild, und hat seinen Rang als erste Filmstadt Europas, als zweite der Welt bis heute im steigenden Maße bewahrt.

Es ist in diesem Buche nicht nötig, ein besonderes Kapitel über den Berliner Film zu schreiben, denn fast alles, was hier bisher (wir schreiben 1941) über den deutschen Film berichtet wurde, hat Berlin zum Schauplatz gehabt. Auch heute beherbergt Berlin die größten und meisten Filmproduktionen des 3.Reiches.
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Die "Ufa" - die Universum Film A.G.

An Alter und Namen steht an erster Stelle die Universum Film A. G., kurz Ufa genannt, deren Atelieranlagen auf dem Ufagelände Neubabelsberg die größten Europas sind. Auf einem Gelände von fast einer halben Million Quadratmeter Gesamtfläche befinden sich etwa ein Dutzend Atelierhallen, die auf das modernste ausgestattet sind.

Ein Tonfilmatelier ist in allem und jedem das gerade Gegenteil des Stummfilmateliers. War dieses vielfach aus Glas, leicht gebaut, und herrschte darin oft ein beträchtlicher Lärm, so ist das Tonfilmatelier fensterlos, absolut schalldicht und jedem fremden Geräusch feindlich.

1929 - Das erste deutsche Tonfilmatelier der UFA

Die Ufa war es, die 1929 in Neubabelsberg das erste deutsche Tonfilmatelier erbaute. Die Anlage ähnelt einem großen Kreuz, dessen Arme von vier großen Atelierräumen gebildet werden, die symmetrisch um ein Mittelgebäude liegen. Die Nord- und Südhalle haben eine nutzbare Baufläche von je 600 Quadratmeter, die West- und Osthalle je 450 Quadratmeter. Die Maximalhöhe für Filmbauten beträgt 9 Meter.

Im Gebäude sind auch die Abhörräume, die Büro- und Hilfsräume, die Stromanlage und Transformatoren untergebracht. Die Ateliers besitzen Doppelwände, selbst Regen- und Fliegergeräusche, im allgemeinen besonders gefürchtet, werden nicht übertragen.

Schalleitende Konstruktionen wurden nach Möglichkeit vermieden, überdies hat man besondere Baumaterialien verwendet, die den Schall absorbieren. Diese Anlagen sind für alle Tonfilmateliers vorbildlich geworden. Auch an den Wänden und Decken gibt es besondere Vorrichtungen zur Schalldämpfung.

Der Fußboden besteht aus massivem Holz, Hohlräume sind sorgfältig vermieden, und die großen Türen schließen in Doppelfalzen mit besonderer Verriegelung. Die Zufuhr frischer Luft erfolgt durch eine eigene Belüftungs-anlage. In unmittelbarer Nähe jedes Ateliers befindet sich der Abhörraum für den Tonmeister, darin ein großes pult-förmiges Schaltbrett, das Steuerpult mit Potentiometerknöpfen, mit deren Hilfe mehrere Mikrophone einzeln an- und abschaltbar und in ihrer Lautstärke beeinflußbar sind.

Dann befindet sich auf dem Steuerpult ein Impulsmesser, der Übersteuerungen der Verstärker und damit auch der Tonaufnahmegeräte anzeigt. Von dem Steuerpult aus hat der Tonmeister durch große, schalldicht abgeschlossene Fenster vollständig freien Einblick ins Atelier, während er die von den Mikrophonen aufgenommenen Töne im Kontrollautsprecher abhört, gleichzeitig aber auch die Verbindung mit dem Atelier und dem Aufnahmeraum durch das Telephon aufrechterhalten kann. (H. Umbehr.)
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Außer den Babelsberger Ateliers besitzt die Ufa noch die Atelieranlagen Ufa-Tempelhof sowie das Tonfilmstudio Froelich.
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Das Tobis-Tonfilm-Syndikat und weitere Film-Firmen

Neben der Ufa umfaßt die Tobis gewaltige Filminteressen. Als Tobis-Tonfilm-Syndikat A. G. ist sie Patenthaltergruppe, das heißt Besitzerin aller wichtigen Tonfilmpatente in Deutschland. Die Tobis-Filmkunst G.m.b.H. dagegen befaßt sich mit der Produktion und dem Vertrieb der auf der ganzen Welt bekannten Tobis-Filme. Die Tobis A.G. ist zugleich Besitzerin der Ateliers in Johannisthai und Grunewald.

Als dritte große Berliner Produktionsfirma ist die Terra-Filmkunst G.m.b.H. alljährlich mit einer Reihe bedeutender Filme vertreten. 1937 in enger Verbindung mit der Ufa gegründet (nicht zu verwechseln mit der alten Terra G.m.b.H.), weist sie eine ansehnliche Jahresproduktion auf.

Es gibt in Berlin neben Ufa, Tobis und Terra noch eine Reihe kleinerer Produktionsfirmen, so Aco-Film, Algefa-Film, Cine-Allianz, Deka-Film, F.D.F. Euphano, Carl Froehlich de Co., Germania-Film, Klagemann-Film u. a., die als Auftragsproduktionen jährlich eine Anzahl Filme herstellen. Daneben gibt es noch eine Reihe von Verleihfirmen, die teils allein, teils mehrere gemeinsam diese Filme verleihen.
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Münchens Geschichte als Filmstadt

Münchens Geschichte als Filmstadt beginnt um das Jahr 1907 mit der Gründung der „Peter Ostermayr Film" durch Peter Ostermayr und dessen Bruder Franz Osten. Landschaftsaufnahmen, Kulturfilme und Aktualitäten, deren Abnehmer Pathe und Gaumont waren, wurden gedreht.

Das erste Münchner Filmatelier, Karlsplatz 6, war zugleich öffentliches Photoatelier für den Publikumsbedarf. Ein Jahr später, 1908, wurde auch die Produktion von Spielfilmen (Kinodramen und Lustspiele) aufgenommen, die allmählich eine Länge von 800 bis 1200 Meter erreichten.

1908 wurde die Firma Martin Kopp gegründet, die heute noch arbeitet; sie diente ebenfalls der Herstellung von Landschafts- und Aktualitätenaufnahmen. Kopp war im (ersten) Weltkriege Kriegsfilmberichterstatter der bayerischen Armee und gab eine eigene Wochenschau heraus.

Um dieselbe Zeit begann der dritte der Brüder Ostermayr - Ottmar - mit der Produktion von Landschafts- und Aktualitätenaufnahmen. Außerdem richtete um jene Zeit der Bierbrauer Neumeier in Straubing - zum Privatvergnügen - eine kleine Filmanstalt mit Kopieranstalt ein; Neumeier war eifriger Photoamateur und als solcher zu dieser „Liebhaberei" gekommen.

1910 gründete Peter Ostermayr die Firma Münchner Kunstfilm, der auch seine Brüder Franz und Ottmar angehörten. Die Münchner Kunstfilm ist die Vorläuferin der Emelka und der aus ihr hervorgegangenen Bavaria.

Am 24. April 1918 geht aus der Münchner Kunstfilm die Münchner Lichtspielkunst G.m.b.H. hervor. 1919 erfolgt abermals eine Firmenumstellung in Münchner Lichtspielkunst Aktiengesellschaft, nunmehr kurz Emelka genannt.

Im gleichen Jahr 1919 erfolgt die Grundsteinlegung des ersten regelrechten Münchner Filmateliers (der Emelka) in Geiselgasteig. Dasselbe wurde 1920 in Betrieb genommen und besteht noch heute als Atelier A2 der Bavaria. Der erste in Geiselgasteig gedrehte und von Franz Osten inszenierte Film war „Der Ochsenkrieg" nach Ganghofer.
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Weitere drei Atelierbauten in München

In den Jahren 1918 bis 1919 entstanden im ganzen weitere drei Atelierbauten in München: in der ehemaligen Reithalle der Ungererstraße ein Atelier der damaligen, mit der Emelka in keinerlei Berührung stehenden Bavaria-Film A.G. im Rokokosaal, dem ehemaligen Volksgarten in Nymphenburg, das Atelier eines Italieners Dominice und ein Atelierneubau in Grünewald.

September 1917 wurde die Firma Arnold & Richter K.G. gegründet, die bis 1927 hundert Spielfilme und eine Reihe von Kulturfilmen herstellte, seit der Tonfilmzeit fünf Spielfilme, ferner Kultur- und Matineefilme.

1919 gründete der Münchner Bühnenschauspieler und Komiker Joe Stöckel, der 1914 erstmalig gefilmt hatte, nach Rückkehr aus dem Felde seine eigene Produktionsfirma, Joe-Marco-Film, in der er als sein Hauptdarsteller in einer Serie von Joe-Marco-Filmen erschien. Er trat 1923 als Regisseur und Hauptdarsteller in die Emelka über.

Der Filmschauspieler und Autor Hans Beck-Gaden (auch als Regisseur tätig) hatte einige Jahre eine Firma, Beck-Gaden, inne, die für andere Münchner Firmen, z. B. Leo-Film, Auftragsfilme herstellte. Die Leo-Film bestand bis 1933.

Anmerkung : kein Wort davon, was da 1933 geschah.

Die Emelka hatte einen Jahresumsatz von achtzehn bis zwanzig Filmen, einen eigenen Verleih- und Lichtspieltheaterpark. Um ihre schon erwähnte Überfremdung durch amerikanisches Kapital zu verhindern, beteiligte sich das Deutsche Reich finanziell an ihr, doch wirkte sich dieser Einfluß praktisch nicht aus, wurde bald wieder abgebaut und betrug 1929 nur mehr 1 Million Reichsmark.

Die Geschichte der Bavaria-Film A.G.

Nach dem "nationalen Umbruch" 1933 trat die Emelka von der Bildfläche ab und an ihrer Stelle entstand die Bavaria-Film A.G. Die Emelka-Wochenschau erschien unter dem Namen Bavaria-Wochenschau weiter. 1936 geriet die Bavaria-Film in Schwierigkeiten und stellte 1937 den Betrieb ein.

Die Produktionsanlagen in Geiselgasteig wurden mit verringerten Kräften provisorisch weitergeführt und gelegentlich an Berliner Produzenten für Aufnahmezwecke vermietet, z. B. 1937/38 an die Tobis für den Großfilm „Fahrendes Volk" in deutsch-französischer Fassung.

Februar 1938 erfolgte dann die Gründung der jetzigen Bavaria unter Beteiligung des 3.Reichs, und damit erhielt München wieder eine eigene große Filmproduktion auf gesunder finanzieller Basis, die seither künstlerisch Bedeutendes geleistet hat.

Das durch eine einzigartige Naturanlage begünstigte, nahezu 250.000 Quadratmeter umfassende Aufnahmegelände in Geiselgasteig befindet sich seit 1939 in einem großzügigen Ausbau. Da die Atelieranlagen für die Produktion vor Fertigstellung der Neubauten nicht ausreichen, wurde 1939 die Benutzung des modernen Barrandow-Ateliers in Prag gesichert, in dem zahlreiche Bavaria-Filme gedreht werden.
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Wien, die dritte deutsche Filmstadt

Wien, die dritte deutsche Filmstadt, hat schon, wie wir uns erinnern, in der Vorgeschichte der Kinematographie eine große Rolle gespielt. Simon Stampfers Lebensrad, Franz von Uchatius' epochales Projektionslebensrad, das Projektionsobjektiv Joseph Petzvals, von Voigtländer in Wien hergestellt, Ludwig Döblers „erstes Kinounternehmen", die Vorahnung der heutigen Lichtspieltheater, all das ist ein Beitrag zum Werden der Kinematographie, wie ihn nur wenige Städte aufzuweisen haben.

Dann aber, als die Erfindung da war, folgten merkwürdigerweise Jahre des Stillstandes. Die französischen Filme Pathes und Gaumonts herrschten vor, und erst um 1908 begann der Photograph Louis Kolm in seinem kleinen Dachatelier in der Wipplingerstraße 16 mit den ersten Versuchen, „wackelnde Bilder" herzustellen.

Sein kleines Vermögen war bald mit mißglückten Experimenten verbraucht, und erst in Verbindung mit Josef Veltee, dem Inhaber eines Panoptikums auf dem Kohlmarkt, gelang es, Kurzfilme vom Pferderennen im Prater, dem Firmungsrummel am Stephansplatz und ähnliches herzustellen. Der erste längere Film von 120 Meter, unter der Regie von Heinz Hanus, war eine Liebesgeschichte im Pratermilieu und führte den verheißungsvollen Titel: „Von Stufe zu Stufe."

Graf Alexander Kolowrat aus Wien

Der eigentliche Pionier des Wiener Films aber wurde Graf Alexander Kolowrat, von seinen Freunden kurz Sascha, von den Wienern der „Film-Graf" genannt. Um 1910 hatte er auf seinem Schlosse Pfraumberg in Böhmen mit der Herstellung von Kinofilmen begonnen, die er in der Waschküche des Schlosses in einem mit Blech ausgeschlagenen Trog selbst entwickelte.

Graf Kolowrat war hochgebildet, lebenslustig und gesellig, als siegreicher Rennfahrer in ganz Europa bekannt, ein künstlerisch begabter Weltmann, der für alles Neue leicht entflammbar war.

Der Wiener Film sollte sein Lebenswerk werden, und man hat nicht mit Unrecht behauptet, daß er dieser Leidenschaft einen Teil seiner böhmischen Wälder geopfert habe. Als er 1927, einundvierzigjährig, starb, bedeutete das für die Wiener Filmindustrie einen schweren Verlust.

Aus Pfraumberg verlegte er seine Experimente 1910 nach Wien, wo er in der Dresdner Straße und in St. Veit zwei bescheidene Freilichtateliers erwarb und kleine Lustspiele drehte. 1912 gründete er ein Dachatelier in der Biberstraße, mit einem Raum von 8 x 13 Metern. Einer seiner ersten Filme war „Die Dame auf dem Riesenrad". Damals entstand auch der einzige Girardi-Film unter der Regie von Hubert Marischka.
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Der Aufschwung in Wien beim Film

Mit dem (ersten) Weltkrieg setzte dann in Wien, so wie in Berlin, der eigentliche Aufschwung ein. Louis Kolm hatte die Kunstfilm A. G. gegründet; 1916 entstand das Sieveringer Atelier der Sascha-Film, 1919 folgt die Vitafilm A. G., die 1920 auf einem 22.000 Quadratmeter großen Gelände auf dem Rosenhügel mit großzügigen Atelierbauten begann und damit jene Anlagen schuf, die heute den Kern der Wien-Film bilden.

Dem Zug der Zeit folgend, begann man, große Filme mit historischen Stoffen zu drehen. „Samson und Dalila", „Memoiren eines Mönches", „Kurtisane von Venedig", „Hotel Potemkin" u. a. Mit diesen Produktionen wetteiferten Kolow-rats Großfilme „Sodom und Gomorrha", „Salambo" und „Die Sklavenkönigin". Bei letzterer wirkten zweitausend Mann und siebenhundert Reiter mit. Am Laaerberg entstand eine ganze antike Stadt und eine zweite mit 30 bis 40 Meter hohen Bauten für „Salambo" auf der Brecherwiese in Sievering.

Um 1920 gab es in Wien bereits an dreißig Produktionsfirmen und etwa zehn Ateliers. Manche dieser Firmen bestand freilich nur auf dem Papier. Es gab darunter Konjunkturgründungen, denen oft genug schon beim ersten Film das Geld ausging. Dann kam der Konkurs. Der halbfertige Film wurde aus der Konkursmasse von Strohmännern billig erstanden. Die Gläubiger hatten das Nachsehen. Und die neue Firma, die aus den alten Leuten bestand, drehte nun um billiges Geld den Film zu Ende und heimste den Gewinn ein.

Auch die „Vita" hatte kein langes Leben. Sie hatte sich finanziell übernommen, durch großzügige Gründungen von Verleihfilialen in Berlin, London, Paris, New York, ihre finanzielle Leistungsfähigkeit überspannt und ging unter Zurücklassung großer Schulden ein.
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Die einen gingen Konkurs um "den Neuen" Platz zu machen

An Stelle der zugrunde gegangenen Firmen sprossen aber sofort wieder neue auf. So 1922 die Dreamland Film Co. A.G., die auf der Hohen Warte ein prunkvolles Atelier mit vornehmen Büros einrichtete, aber nur einen einzigen Film zustande brachte. Bleibender war das ebenfalls 1922 gegründete Schönbrunner Atelier, das heute noch besteht.

In der Neubaugasse entstand, ähnlich wie in Berlin in der Friedrichstraße, das Filmviertel von Wien. Da es einige für ihre Zeit sehr gute Wiener Filme gab, die sich auch im Ausland durchsetzen konnten, schien der Wiener Produktion eine große Zukunft zu blühen.

Berühmte Schauspieler aus dem Reich, aus Frankreich, Italien, ja sogar Amerika, wurden engagiert. Max Linder, Marcella Albani u. a. filmten in Wien. Daneben standen die Wiener Kräfte Curt Goetz, Franz Höbling, Wilhelm Klitsch, Harry Waiden, Magda Sonja, allen voran aber Liane Haid, die wohl die berühmteste Wiener Stummfilmschauspielerin war.

Als die Weltkonjunktur 1924 den Wiener Film erfaßte

Der große Aufschwung der Wiener Produktion hielt nicht an. Ihr weiteres Schicksal war geradezu typisch für die unsicheren und ungesunden finanziellen Grundlagen der damaligen Filmarbeit.

Die Weltkonjunktur hatte auch den Wiener Film erfaßt. Die Jahreserzeugung erreichte die Ziffer von siebzig abendfüllenden Filmen. Daneben entstanden noch Hunderte von Kurzfilmen aller Art. Das war gewiß eine gewaltige Leistung, aber es war ein Kartenhaus.

Der Wiener Film konnte ohne den reichsdeutschen Markt nicht leben; da kam die Inflation im Reich, die Zollschranken, die damals noch Großdeutschland trennten, übten ihre verhängnisvolle Wirkung aus und verschlossen dem österreichischen Film das entscheidende Absatzgebiet.

Aber das war es nicht allein. Die Francsspekulation, die auf dem Wiener Markt ihre üppigsten Blüten getrieben hatte und mit einem riesigen Verlust an Volksvermögen endete, führte 1924 zum großen Wiener Börsenkrach, und bei der engen Verquickung des Films mit der Spekulation war das Groteske unvermeidlich: in wenigen Monaten gingen fast alle Wiener Produktionsgesellschaften in Konkurs oder beendeten sonstwie ihr unsicheres Dasein.

Ein paar Ziffern beleuchten die katastrophale Entwicklung am deutlichsten. 1921 betrug die Zahl der gedrehten Filme etwa siebzig, 1923 waren es fünfunddreißig, 1924 nur mehr sechzehn, 1925 ganze fünf!
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Und dann kamen die kapitalstarken Amerikaner

Und just in diesem Moment der äußersten Schwäche setzte mit ihrer ganzen Vehemenz die amerikanische Konkurrenz ein. Obwohl Österreichs Kinos damals höchstens einen Jahresbedarf von dreihundertfünfzig Filmen hatten, wurden über zweitausend Filme frei eingeführt. Es ist klar, daß durch dieses Massenangebot jede eigene Industrie erschlagen werden mußte, und die österreichische Regierung wagte es anfangs ebensowenig wie die anderen europäischen Regierungen, dem amerikanischen Kapital entgegenzutreten.

Spätere staatliche Maßnahmen, ähnlich der deutschen Kontingentierung, konnten die Situation nicht grundlegend ändern. Als der Tonfilm kam, war die österreichische Filmindustrie nur noch stärker auf das deutsche Sprachgebiet angewiesen und überhaupt nur in engster Anlehnung an das 3.Reich lebensfähig.

Die Jahre bis 1938 waren die Notzeiten des Wiener Films. Es gab überhaupt keine regelrechte Produktion, sondern eher nur Gelegenheitsarbeiten, was allerdings einzelne hervorragende Leistungen nicht ausschloß. Besonders die Tobis Sascha hat durch die Initiative ihres Generaldirektors Ing. Fritz Hirt, durch enge Zusammenarbeit mit dem 3.Reich den Wiener Film wenigstens einigermaßen am Leben erhalten können.
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Als die Wiener Künstler nach Berlin "emigrierten"

In diesen trüben Jahren sind viele österreichische Künstler den Weg nach Berlin gegangen und haben dort Arbeitsmöglichkeit und Erfolg gefunden. E. W. Emo, Willy Forst, Karl Hartl, Gustav Ucicky, Rudolf Forster, Paul Hörbiger, Hans Moser, Angela Salloker, Luise Ullrich verdanken Berlin entscheidende Förderung und eine Gastfreundschaft, die das Wichtigste umschloß, was ein Künstler braucht, die Möglichkeit, sein Talent zu entwickeln, sein Können zu zeigen, sich durchzusetzen.

Der Anschluß Österreichs an das Reich 1938 hat dann nicht nur den Wiener Künstlern, sondern auch dem Wiener Film selbst eine neue, gesunde und dauerhafte Existenzbasis gegeben. Als sichtbares Zeichen dieser glücklichen Wandlung wurde 1939 die Wien-Film gegründet, die nun als fünfte große deutsche Produktionsfirma die besondere Aufgabe hat, Wiens Kulturwerte im Rahmen des gesamtdeutschen Filmschaffens zur Geltung zu bringen. Dies ist ihr mit einigen hervorragenden Filmen in überraschend kurzer Zeit in vollem Maße gelungen.

Auch in Wien hat mit finanzieller Unterstützung des 3.Reichs ein großzügiger Ausbau der Atelieranlagen eingesetzt, der selbst durch den (2. Welt-) Krieg nicht unterbrochen worden ist. Die größte Synchronhalle Europas ist hier 1941 vollendet worden, und neue Tonfilmateliers werden entstehen und die Möglichkeit geben, allmählich die Produktion zu verdoppeln.

So ist gerade die Geschichte des Wiener Films ein Beweis dafür, daß eine Filmproduktion heute nur im Rahmen eines großen, wirtschaftlich mächtigen Reiches möglich ist, daß kleine Staaten keine Aussicht haben, jene gewaltigen Mittel aufzubringen, die eine moderne Filmproduktion dauernd braucht, um auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu bleiben.
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