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Teil einer Lebens-Biografie von Curt Riess

Der Journalist, Reporter, Auslandskorrespondent und Schriftsteller Curt Riess (1902-1993) hat in dieser in 1956/57 verfassten biografischen Zusammenstellung der Ereignisse in Berlin von 1945 bis 1953 eine Art von Roman-Form gewählt und sehr viele Daten, Personen und Einzelheiten aus der Film- und Kino-Welt untergebracht. Eigentlich ist es eine erweiterte Biografie aus seinem Leben. Sonst ist es ist es leider (im gedruckten Original) eine reine - nicht besonders lesefreundliche - Buchstabenwüste.

Zur Geschichte der Berliner Kinos gehört natürlich auch das Ende des 2. Weltkrieges in Berlin und die politische Entwicklung danach. Die einführende Seite beginnt hier.

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16. Februar 1950 - Walter Ulbricht gründet das MFS

Der Terror im Osten Deutschlands und Berlins wuchs. Am 16. Februar 1950 gab der "geistige Tiefflieger" Walter Ulbricht die Gründung des "Ministeriums für Staatssicherheit" bekannt. Der Botschafter Grigorij W. Puschkin hatte die genauen Pläne für das Ministerium schon im Oktober aus Moskau mitgebracht.

Damals protestierte Wladimir S. Semjonow. Die Sache hatte eine zu fatale Ähnlichkeit mit der ehemaligen GESTAPO seligen Angedenkens, um von den Deutschen hingenommen zu werden. So wurde die Gründung der neuen oder wiedererweckten ostzonalen GESTAPO um einige Monate verschoben.
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Das MFS war die alte GESTAPO sogar mit den alten Leuten

Bald sickerte durch, daß in diesem neuen Ministerium zahlreiche ehemals führende Gestapobeamte saßen; und daß der Staatssicherheitsdienst genau wie jene Verhaftungen ohne Haftbefehl vornehmen, die Verhafteten in Konzentrationslager schicken, foltern oder den Russen zur Verschickung nach Sibirien übergeben konnte.

An die Spitze trat Wilhelm Zaisser, einer der gescheitesten und geschicktesten deutschen Kommunisten, der im spanischen Bürgerkrieg die internationale Brigade als »General Gomez« geführt hatte, der in vielen Ländern als sowjetischer Spion tätig gewesen war, ein politischer Desperado mit einem Einschlag ins Kriminelle. Zaisser war wohl der einzige Deutsche, vor dem selbst Walter Ulbricht etwas wie Furcht empfand.

Was ihm vorschwebte und was er nun durchführte, war ein Apparat, noch totaler als die Gestapo, in der mindestens jeder zehnte Deutsche als freiwilliger oder unfreiwilliger Spion tätig war, der es ihm und seinen Auftraggebern, den Russen, ermöglichen würde, alles zu wissen, was in Ostdeutschland und Ostberlin vor sich ging, ja, selbst was dort gedacht wurde.

Von nun an gab es gar keinen Zweifel mehr, daß die Russen Ostdeutschland ebenso abriegeln wollten, wie sie es mit den anderen Volksdemokratien getan hatten.

Der Eiserne Vorhang senkte sich mitten in Berlin.

Die West- und Ostberliner konnten sich zwar weiterhin sehen und miteinander sprechen - aber sie wagten nur noch das Allgemeine zu sagen, und sie wagten bald nicht einmal mehr, zu denken, was zu sagen verboten war.

Und je sicherer die Russen und ihre ostdeutschen Helfershelfer wurden, um so arroganter versuchten sie, die dem Westen gegenüber eingegangenen Verpflichtungen zu verletzen.

Ab 1950 - Eine Politik der Nadelstiche ......

Es war eine Politik der Nadelstiche, der tausend kleinen Schwierigkeiten, die jetzt begann. Keine einzelne Maßnahme, die getroffen wurde, schien uns Korrespondenten damals wichtig genug, um über sie zu berichten, und wenn wir es taten, so schienen unsere Berichte den Redaktionen nicht wichtig genug, sie zu drucken.

Aber wenn ich heute die alten Berichte überfliege, wird mir klar, daß die Russen damals darauf ausgingen, Westberlin zu Fall zu bringen durch blockadeähnliche Mittel, die freilich nicht den dramatischen Impetus einer Blockade hatten - zumindest nicht für die Betrachter außerhalb Berlins.

Insbesondere Willkür und Terror an den Transitstrecken

In den ersten Monaten des Jahres 1950 verging kaum eine Woche, ohne daß es zu irgendwelchen Zwischenfällen in Helmstedt gekommen wäre. Einmal wurden die Lastwagen so langsam abgefertigt, daß der Verkehr fast erlahmte, weil angeblich nur ein einziger Stempel vorhanden war, um die Papiere abzustempeln.

Ein andermal wurden sogar die amerikanischen Militärzüge angehalten. Die Wartezeiten an den Zonengrenzen verlängerten sich ins Unendliche. Dann wieder wurde der Autoverkehr ganz eingestellt; der Vorwand war, daß Glatteis auf den Straßen Menschenleben in Gefahr bringe.
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Gegen alles Recht und Gesetz wurde sehr viel konfisziert

Vorübergehend wurde auch der Wasserweg nach Berlin gesperrt. Immer wieder kam es zur Beschlagnahme von ganzen Waggons mit Paketen für Berlin, die gegen alles Recht und Gesetz konfisziert wurden. Personen, die nach Berlin reisen wollten, wurden an den Grenzstationen bis aufs Hemd ausgezogen. Geld, das sie bei sich führten, wurde einfach beschlagnahmt. Dies alles war methodisch ins Werk gesetzt.

Da man, zumindest vorerst, Westberlin nicht mit ähnlichen Mitteln des Terrors und durch den Apparat der neuen Gestapo beherrschen konnte, wie das in Ostberlin der Fall war, versuchte man, es durch ständige neue Nadelstiche mürbe zu machen.
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Pfingsten 1950 - Gerhart Eisler kommt ins Spiel

Und zumindest ein Mann im Osten glaubte, daß Westberlin zu Pfingsten 1950, also um den 28. Mai 1950 herum, eroberungsreif sein würde. Dieser Mann war Gerhart Eisler.

Um diese Zeit war Gerhart Eisler, offiziell Chef des Amtes für Information der Deutschen Demokratischen Republik, dessen Rechte und Pflichten auf die eines Propagandaministers hinausliefen, noch allmächtig. - Ja, er war sogar bis zu einem gewissen Grade populär.
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Eine richtige Flucht aus New York nach Ost-Berlin

Das hatte mit seiner Flucht aus New York zu tun, die im Mai 1949 stattfand, indem er sich auf das im Hafen liegende polnische Schiff »Batory« begab. Die Weltpresse beschäftigte sich damals ausführlich mit dieser Flucht, die auf Anweisung Moskaus vor sich ging, und für die kommunistische Presse Deutschlands wurde Eisler so etwas wie ein Märtyrer.

Er kam dann schon Anfang Juni 1949 nach Berlin und versuchte, seine Popularität durch Tiraden gegen die Vereinigten Staaten auszubauen. Er erklärte noch auf dem Bahnhof: »Ich weiß, daß die amerikanischen Reaktionäre nicht stark sind. Ich habe sie in ihren Unterhosen gesehen!«
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Eisler hatte viele Ähnlichkeiten mit den alten Nazis

Aber es war leichter für den abwesenden Eisler, populär zu sein, als für den jetzt in Ost-Berlin anwesenden Eisler. Er war nämlich klein, ein wenig dick und fast kahl. Er sah mit seiner Hornbrille ein wenig zu intellektuell für den allgemeinen Geschmack aus.

Dies wäre nicht entscheidend gewesen, wenn es innerhalb der Kommunistischen Partei Deutschlands nicht einen erbitterten Feind Eislers gegeben hätte; der war Walter Ulbricht. Die Gründe für diese Feindschaft lagen in der Vergangenheit.

Im Jahre 1938 hatte sich Ulbricht vor der Kontrollkommission der Partei in Moskau verantworten müssen, unter anderem, weil er in früheren Jahren mit Eisler zusammengearbeitet hatte. Beide, so meinte die Kommission, hätten es an der gebührenden Wachsamkeit gegenüber den Trotzkisten fehlen lassen.

Eisler hätte damals für Ulbricht viel tun können, wenn er sich gleichfalls der Kontrollkommission gestellt hätte. Aber er dachte gar nicht daran. Er saß zu der Zeit in Paris und war natürlich unabkömmlich und wollte um keinen Preis ins gelobte Land nach Moskau.

Später, als der Krieg ausgebrochen und Eisler in Paris interniert war, wurde er sogar vorübergehend aus der Partei ausgeschlossen und konnte sich nur durch eine von Moskau verlangte Selbstkritik rehabilitieren.
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Und Walter Ulbricht hatte es nicht vergessen .....

Das alles war nun lange her, dazwischen lag der Weltkrieg, dazwischen lag Eislers Agententätigkeit in den Vereinigten Staaten, aber Ulbricht hatte nichts vergessen. Nur daß er vorläufig nichts gegen Eisler unternehmen konnte.

Denn dem standen, wie einstmals Goebbels, alle Zeitungen und Zeitschriften zur Verfügung, das Radio, der Film und das Theater. Nach außen hin ein ungeheurer Apparat. Trotzdem machte er sich wenig Illusionen über das, was er von Ulbricht zu erwarten hatte.

Und einem seiner wenigen Freunde sagte er: »Wenn ich nicht so bekannt geworden wäre mit meinen Unannehmlichkeiten in Amerika, hätte ich die Stellung hier nie bekommen!«

Er war von Anfang an unsicher. Er war schwierig und streitsüchtig, und schon nach wenigen Wochen hatte er mit fast allen Berliner Mitarbeitern Krach. Übrigens vergrößerte seine bald aus Amerika eintreffende Frau die Schwierigkeiten. Sie hieß, man glaubt es kaum, Brunhilde und benahm sich entsprechend. Sie dachte gar nicht daran, Arbeit zu tun, ließ sich von früh bis spät bedienen und schikanierte die Dienstboten.

Eislers Reden, laut und voller Pathos, wie bei den Nazis

Eisler hielt, nicht zuletzt um die eigene Unsicherheit zu verdecken, viele Reden, sie waren laut und voller Pathos. Sie waren taktlos. Er sagte alles, was ihm gerade in den Kopf kam. Das Polit-Büro der Partei fand, daß er viel Dummes sagte.

So zum Beispiel leugnete er ab, daß es je eine Berliner Blockade gegeben habe, obwohl ganz Berlin das doch besser wußte. Oder er erklärte, es gebe in der Sowjetunion keine deutschen Wissenschaftler, wobei er wieder nicht in Rechnung stellte, daß halb Berlin zugegen war, als jene Wissenschaftler zusammen mit ihren Familien brutal entführt worden waren.

Ja, er wußte wohl nicht einmal, daß die kommunistische Presse die Berliner erst vor kurzem aufgefordert hatte, diesen Wissenschaftlern (Care ähnliche) Pakete zu schicken.
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Eisler bekam Grenzen aufgezeigt

Er wurde gerügt. Und nun mußte er seine Reden erst aufsetzen und dann vorlesen. Bald wollte ein Gerücht sogar wissen, daß Ulbricht selbst diese Reden zensiere. Das war, zumindest vorläufig, nur ein Gerücht.

Aus Unsicherheit wurde Eisler immer schärfer. In den ersten Monaten seiner Berliner Tätigkeit hatte er sich in seinen Konferenzen mit der ausländischen Presse noch einer gewissen Liebenswürdigkeit befleißigt, war jovial, machte Witze; bald wurde er schwierig, unnahbar, dogmatisch. Wenn er von den Vereinigten Staaten sprach, hatte er Schaum vor dem Munde.
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Die amerikanischen Truppen (mit Worten) aus Deutschland vertreiben. solche Sprüche machte er .......

Man hatte das Gefühl, als glaube er, allein durch seinen Wortschwall die amerikanischen Truppen aus Deutschland zu vertreiben. »Wenn die amerikanischen Truppen nicht aus freien Stücken Westdeutschland verlassen, werden sie von einer Welle heftigsten Hasses herausgeworfen, genau wie die Briten aus Indien herausgeworfen wurden!« erklärte er Mitte Oktober 1949.

In dieser Tonart ging es weiter, täglich, stündlich. Eisler machte Fehler, und der größte Fehler war sein Plan für einen Aufmarsch der kommunistischen Jugendorganisationen der Ostzone, eine Million umfassende Organisation von blaublusigen Jungen und Mädchen, FDJ - Freie Deutsche Jugend - genannt, die eine verzweifelte Ähnlichkeit mit der Hitlerjugend vergangener Jahre hatte. Eisler glaubte ganz ernsthaft, daß diese Jungen und Mädchen am 28. Mai Berlin »erobern« würden.
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Die Eroberung Berlins für den 28. Mai 1950 planen

Noch im März 1950 erließ er eine »letzte Warnung vor der Eroberung Westberlins!« an diejenigen, die sich »seinen Friedenskämpfern« entgegenzustellen gedachten. Zwei Monate später erklärten die westlichen Alliierten und die Westberliner Behörden, daß sie diesen Einmarsch der »Friedenskämpfer« nicht gestatten könnten.

Plötzlich schwieg Eisler, zumindest was die Eroberung Westberlins anging. Aber niemand konnte genau wissen, ob das nicht ein Trick war, ob er nicht nur die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von sich und seinen Plänen ablenken wollte.

Wieder einmal stand Berlin im Scheinwerferlicht der Weltöffentlichkeit. Wieder einmal schien es, daß die Frage von Krieg und Frieden in Berlin entschieden werden sollte.

Die West-Presse kam mit geballter Kraft nach West-Berlin

Mehr als zweihundert amerikanische Journalisten trafen vor Pfingsten (1950) in Berlin ein und schätzungsweise ebenso viele britische, französische, schwedische, holländische, italienische, schweizerische usw., die Kameraleute nicht eingerechnet. Die amerikanische Garnison hatte wesentliche Verstärkungen erhalten und wurde nun in aller Öffentlichkeit für einen »Kampf gegen Demonstranten« ausgebildet.

Eine besondere Übung wurde unter dem Motto veranstaltet: »Wie wird das Rathaus zurückerobert?« Das war beunruhigend. Und so wollte Bürgermeister Reuter durch einen Aufruf, der an alle Litfaßsäulen geklebt wurde, beruhigen:

»Bürger Berlins! Die Kommunisten versuchen jetzt, durch Inszenierung des Treffens der ,Freien Deutschen Jugend' die Berliner Bevölkerung wiederum in Unruhe zu versetzen. Die für Ordnung und Sicherheit verantwortlichen deutschen und alliierten Stellen haben alle Maßnahmen getroffen.«
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Ein Taxichauffeur mit dem richtigen Gefühl im Bauch

Aber es war gar nicht notwendig, die Berliner zu beruhigen. Niemand hatte 1950 dem Pfingsttreffen mit größerer Ruhe entgegensehen können, als sie. Ein Taxichauffeur, den ich in solchen Fällen immer befragte - Taxichauffeure sind die "vox populi" - meinte: »Sie werden sehen, es wird nichts passieren, genau wie beim letztenmal.« Er wollte damit sagen, daß die Russen auch nicht auf die Flugzeuge der Luftbrücke geschossen hatten.

Vieles sprach dafür, daß sie diesmal nicht schießen, ja, daß die Kommunisten nicht einmal marschieren würden. Denn es war immerhin wahrscheinlich, daß in diesem Falle wir schießen würden. Und das wäre zumindest kein Prestigegewinn für die Kommunisten gewesen.

Und wir ließen keinen Zweifel daran, daß wir zumindest besser gerüstet waren als beim Ausbruch der Berliner Blockade. Wenige Wochen zuvor war der leitende Arzt des amerikanischen Militärkrankenhauses gestorben. Sein Sarg wurde von einer solchen Kolonne von Panzerfahrzeugen zum Bahnhof gebracht, wie Berlin sie seit den letzten Kriegstagen nicht mehr gesehen hatte.
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Als es den Kommunisten die Sprache verschlug

Die Franzosen stellten um die gleiche Zeit eine Militär-Parade samt Schau auf die Beine, die den Kommunisten die Rede verschlug. Und am 25. Mai 1940 konnte die Berliner Bevölkerung auf dem Flughafen Tempelhof die neuesten Düsenjäger und eine Fliegende Festung in Aktion bewundern. Noch etwas anderes sprach dafür, daß die Kommunisten nicht marschieren würden.

Eine ostdeutsche Bank (welche ??) hatte dem östlichen Magistrat zwei Millionen Ostmark vorgeschossen, um die erwarteten jungen Gäste, die Mitglieder der »Freien Deutschen Jugend«, unterzubringen.

Diese zwei Millionen Ostmark waren nun plötzlich nicht mehr da. Sechs Wochen vor dem Jugendtreffen waren sie restlos verbraucht - für Propaganda zu diesem Jugendtreffen.

Diese Propaganda wurde denn auch immer leiser. Man hörte bald gar nichts mehr von Demonstrationen in den Westsektoren Berlins. Eisler wollte nun plötzlich nur noch im Ostsektor demonstrieren und lud die Westberliner ein, dort den großen Friedenswillen der FDJ zu bewundern.

Das Hauptorgan der SED, »Neues Deutschland«, schrieb sogar: »Die FDJ wird zu Pfingsten nicht auf Barrikaden kämpfen und keine Rowdybanden organisieren. Sie wird diszipliniert und noch einmal diszipliniert auftreten - und so jede Provokation vereiteln!«

Damit gab er indirekt zu, daß die SED sehr oft mit ostdeutschen Rowdybanden interveniert hatte.
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Die Eltern der Kinder wollten sie nicht ziehen lassen

Hinter solchen Erklärungen stand auch die für die Russen unbequeme Tatsache, daß zahlreiche Eltern aus der sowjetisch-besetzten Zone ihre Einwilligung für die Reise ihrer Kinder nach Berlin zurückgezogen hatten.

Sie mußten nun durch die Versicherung beruhigt werden, daß die Seitenwände der Lastwagen, auf denen die Kinder durch Westberlin gefahren würden, so hoch seien, daß diese weder die Westberliner Kinder, noch die Westberliner Kinder die Ostberliner Kinder zu sehen bekommen würden.

So weit war es also mit der ursprünglich geplanten Eroberung Berlins gekommen. Die Berliner wurden um so ruhiger, je näher Pfingsten herankam. Aber in den übrigen deutschen Städten wurde man nervös und um so nervöser, je weiter man von Berlin entfernt war.
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Viele Westdeutsche hatten ihre Berlinreisen abgesagt

Viele Westdeutsche hatten ihre geplante Pfingstreise nach Berlin abgeblasen. Fußballklubs, die zu Pfingsten in Berlin spielen sollten, ihr Kommen aufgeschoben, amerikanische Filmfirmen zogen Filme zurück, die zu Pfingsten in Berlin herauskommen sollten, und der American Express, der für den Sommer Tausende von Buchungen für Berlin hatte, hatte für die Zeit vom 20. Mai bis zum 6. Juni 1950 genau zwei.

Amerikanische und britische Beamte und Offiziere erhielten von Verwandten und Freunden aus der Heimat beschwörende Briefe, Pfingsten in der Heimat zu verbringen.

In München und Hamburg standen die Leute vor den Geschäften an, in denen man Konserven kaufen konnte. Vielleicht gab es doch Krieg! In Berlin fanden keine Panikkäufe statt. Ich sprach bei einigen Reisebüros vor und erfuhr, die Zahl der Pfingstreisen aus Berlin heraus sei durchaus normal. Ich fragte in Sanatorien und Krankenhäusern an und erfuhr, daß auch dort kein besonderer Andrang für die Pfingsttage herrsche.

Wieder kam "vox populi" zu Wort

Der bereits erwähnte Taxichauffeur äußerte die Ansicht, es sei vielleicht falsch gewesen, der Ost Jugend den Eintritt nach Westberlin zu verwehren.

»Alle, die man hereinlassen würde, könnten sehen, wieviel besser es uns geht als denen drüben. Aus hunderttausend Kommunisten könnte man hunderttausend Zweifler machen!«

Ein anderer Bekannter meinte: »Die einzige Frage ist die, ob die Russen bereit sind, hinter den deutschen Kommunisten in ihren Panzern herzufahren, und es auf einen Krieg ankommen zu lassen. Jeder, der Augen hat, sieht, daß sie nicht dazu bereit sind. Pfingsten wird also eine rein deutsche Angelegenheit werden! Einige Berliner werden ins Gefängnis kommen, einige ins Krankenhaus, einige ins Grab. Das wird alles sein!«
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Die sensationsgeilen ausländischen Journalisten sahen ihre Super-Story entschwinden

Die vielen hundert ausländischen Journalisten, deren Blätter sich besondere Sensationen von Pfingsten versprachen, hörten das freilich nicht gern.

Was sie dann berichten konnten, war, daß die ursprünglichen Rollen vertauscht waren. Der Osten war in der Defensive, der Westen in der Offensive; der Osten verbarrikadierte sich, der Westen demonstrierte.

Westberlin war wieder einmal nicht »erobert« worden. Die Leidtragenden: Propagandaminister Gerhart Eisler und seine Mitarbeiter, die Führung der »Freien Deutschen Jugend«, die leitenden Männer der SED, die alle ungemein an Prestige einbüßten, soweit das überhaupt noch möglich war; ferner die vielen hundert auswärtigen und ausländischen Journalisten und Kameramänner, die politischen Reporter und die Bildreporter, die in des Wortes wahrster Bedeutung nicht auf ihre Kosten kamen; es sei denn, daß sie begriffen - und der Welt begreiflich machten -, daß ein großer Sieg errungen wurde, eben weil es gar nicht erst zum Kampf kam.
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Marschieren nach dem »bewährten« Muster der Hitler-Jugend

220.000 Jungen und Mädel von der »Freien Deutschen Jugend« marschierten nach Befehlen, die nach dem »bewährten« Muster der Hitler-Jugend-Befehle ausgeschrieben waren - sieben Stunden lang durch das alte Zentrum Berlins. Das wirkte auf den Bildern östlicher Fotografen recht imposant.

Hinter den Kulissen sah es weniger imposant aus. Die Jugendlichen waren tagelang zuvor in leeren Fabrikgebäuden eingesperrt worden. Ihre einzige sogenannte »Freiheit« bestand darin, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen ohne zu bezahlen, was zu Überfüllung und zur Verärgerung der arbeitenden Bevölkerung führte, sowie sich auf dem Rummelplatz des Treptower Parks zu amüsieren, was für die meisten der eigentliche Höhepunkt der Veranstaltung gewesen sein dürfte.
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Die Teilnahme an der Pfingst-Demo wurde nur mühsam belohnt

Die Rationen waren kärglich: 200 Gramm Zwieback, 200 Gramm Weizenkeks, 200 Gramm Wurst, ein viertel Pfund Bonbons, ein Liter warme Suppe. Und auch diese Rationen waren nur dadurch möglich, daß man wochenlang vorher der Bevölkerung im Umkreis von Berlin auch das Notwendigste vorenthielt.

Trotz dieser kärglichen Rationen gab es eine Menge verdorbene Mägen, wenn auch nur einen Fall von Typhus - das heißt, einen, der offiziell zugegeben wurde.

Die meisten uniformierten Kinder kamen mit aufgelaufenen Füßen und einem kräftigen Schnupfen davon, ein relativ hoher Prozentsatz wurde ohnmächtig (es war leicht festzustellen, da die Ohnmächtigen im Umkreis von einem Kilometer in den Dom geschafft wurden).

Kein Wunder: die Kinder waren zum Teil von morgens drei Uhr unterwegs, sie marschierten nicht nur sieben Stunden, sie waren, Anmarsch und Abmarsch eingerechnet, bis zu zwölf Stunden unterwegs.
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Die (Ost-) »Berliner Zeitung« hatte eine Vorahnung

Die kommunistische »Berliner Zeitung« fragte schon vorahnend am Tag vor Pfingsten: »Wer ist nicht angesteckt von dem blauen Bazillus der Lebenslust, der unsere Stadt befallen hat?«

Aber von Lebenslust war in Ostberlin wirklich nichts zu spüren. Das hervorstechendste Merkmal des großen Aufmarsches der »Freien Deutschen Jugend«: es wurde nur an Volkspolizei vorbeimarschiert. Auf fast keiner Straße waren genügend Zuschauer vorhanden, um wenigstens eine Reihe zu bilden.

Die meisten Ostberliner waren zu Hause geblieben. Auch das war eine Demonstration. Der Osten tat, als sei schon das Marschieren - in Ostberlin - ein Sieg. Wilhelm Pieck erklärte im Hinblick auf die Westmächte: »Es ist ihnen nicht gelungen, euch junge Pioniere und eure Eltern einzuschüchtern!«

Er sagte freilich nichts von den ursprünglichen Plänen der Kommunisten, nach denen man die »Freie Deutsche Jugend« durch die Straßen Westberlins treiben wollte, und daß man in ultimativer Form vom Westberliner Magistrat das Durchmarschrecht verlangt hätte.

Er sagte auch nichts von der ablehnenden Haltung der Westberliner Behörden, von der entschlossenen Haltung der westlichen Besatzungsmächte, die solche provozierenden Märsche nicht zu dulden gedachten. Weder Pieck noch ein anderer kommunistischer Funktionär erwähnte, daß man erst in letzter Minute den »Marsch auf Berlin« abgesagt und in ein »Friedenstreffen« verwandelt hatte. Denn etwas mußte man ja machen, nachdem soviel Staub aufgewirbelt worden war!

Und dann hinderten Vopos die Kinder, in den Westen zu gehen

Und was ursprünglich der »Marsch« auf Westberlin werden sollte, das sah dann so aus: zwei Sperrgürtel von Volkspolizisten versuchten die »Freie Deutsche Jugend« daran zu hindern, vom Osten in den Westen einzusickern.

Auf der S-Bahn wurde ihr ausdrücklich befohlen, auf den »letzten« Bahnhöfen des »demokratischen Sektors« auszusteigen. »>Freie Deutsche Jugend< aussteigen!« riefen die Bahnhofsvorsteher. Einer rief einmal: »>Hitler-Jugend< aussteigen!« Ein verständliches Versprechen ...

Auch an anderen Warnungen fehlte es nicht. Einige »Freie Deutsche Jugend«-Mädchen kamen zu den Westpolizisten an der Bornholmer Brücke und erkundigten sich schamhaft, ob es wahr sei, daß die Westberliner allen Mädchen der »Freien Deutschen Jugend«, deren sie habhaft würden, die Blusen auszögen. Die Polizisten verneinten.

Einer fügte, als er es mir erzählte, erklärend hinzu, er wisse ja, daß die Mädchen der Ostzone keine Büstenhalter besäßen ...
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Und immer wieder durchsichtige primitive Warnungen

Kinder aus der Ostzone waren gewarnt worden, Orangen oder Bananen aus Westberlin zu akzeptieren, denn die seien alle »von den bösen Amerikanern« vergiftet worden. Andere hörten, Westberliner Polizisten erhielten für jedes Mitglied der »Freien Deutschen Jugend«, das sie verhafteten, hundert Mark Kopfgeld.

Trotzdem kam eine große Menge Ostjugend nach Westberlin. Sie kauften auch Bananen und Orangen, und manchem gelang es, den Preis anstatt in Westpfennigen in wertlosen Ostpfennigen zu erlegen, denn »wir haben ein einheitliches Deutschland!«

Nur wenige kamen in der vorgeschriebenen »Freien Deutschen Jugend «-Uniform. Die meisten hatten sich von Berliner Jungen und Mädchen Kleidung ausgeliehen. In Westberlin hatte man vor vielen Wochen einmal ein wenig Angst gehabt vor dem Einmarsch der Ostjugend. Von dieser Angst war nichts mehr zu spüren.

Musik für die Ost-Kinder

Im Gegenteil, die Ostjugend wurde mit Schmunzeln und Wohlwollen empfangen. Auf der Bernauer Straße im Norden Berlins, deren eine Seite östlich, die andere westlich (französischer Sektor) ist, fuhr ein Lautsprecherauto vor.

Nach etwas Musik forderte eine helle Stimme, die weit in den Ostsektor hinein zu hören war, die »Freie Deutsche Jugend« auf, ruhig in den Westen zu kommen. Die westliche Straßenseite klatschte, die östliche schwieg.

Überhaupt war in diesen Pfingsttagen nur der Westen aggressiv. Ein Teil der Raketen, die am Sonnabend über dem »Stadion Mitte« abgeschossen wurden, und die als blaue »Freie Deutsche Jugend«-Fähnchen explodieren sollten, enthielten Flugblätter, die zum Widerstand gegen das sowjetische Terrorregime aufforderten.
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»Iwan zieh Leine!«

Häuserwände, Autos und vor allem S-Bahnfensterscheiben waren mit Zetteln beklebt, deren Texte lauteten: »Iwan zieh Leine!« oder »500.000 deutsche Kriegsgefangene möchten Pfingsten auch in Berlin sein!«

Daß es so kommen würde, mußte den Veranstaltern von vornherein klar sein. Warum sagten sie das Pfingsttreffen nicht ab? Um die Jugend nicht zu enttäuschen? Es gab einen besseren Grund und jeder, der Augen hatte, konnte ihn erkennen.

Da waren die vielen hundert Stalinbilder, die im Festzug vorbeigetragen wurden, da war Piecks Rede an die Jugend: »So bin ich gewiß, daß jeder von euch in tiefer Freundschaft mit Stalin verbunden ist.«

Da waren die Transparente, die vorbeigetragen wurden: »Die Oder-Neiße-Grenze ist die deutsche Friedensgrenze!« Da waren die Listen zur Achtung der Atombomben, in die sich die Jugendlichen eintragen mußten. Da waren die Worte des kommunistischen Präsidenten des Weltbundes Kommunistischer Jugend, Guy de Boisson, nun sei er überzeugt, die deutsche Jugend werde nie gegen die Sowjetunion Krieg führen!

Das war der Sinn des Treffens: die deutschen Kommunisten wollten für Moskau demonstrieren, daß die deutsche Jugend hinter ihnen stehe.

1950 - Melvin Lasky organisiert einen Kongress

Westberlin und darüber hinaus die gesamte westliche Welt antwortete auf diese amtlich größte Demonstration mit einer anderen Demonstration. Es handelte sich um einen internationalen Kongreß besonderer Art. Er war nicht von einer Regierung, er war nicht von einer internationalen Organisation veranstaltet.

Er war das Werk eines jungen Mannes namens Melvin Lasky, der vor ein paar Jahren als amerikanischer Korrespondent nach Berlin gekommen war und hier die Zeitschrift »Der Monat« gegründet hatte.

Das war keine Berliner Zeitschrift, keine deutsche Zeitschrift, es war eine, die in jedem Sinne europäisch genannt zu werden verdient, ein Spiegel des geistigen Europas, ja, der ganzen geistigen Welt von heute.

Man weiß, wie das im allgemeinen mit wissenschaftlichen und kulturellen Kongressen ist. Sie werden mit viel Lärm angekündigt. Die berühmten Teilnehmer werden bei ihrer Ankunft und bei ihrer Abfahrt fotografiert und interviewt.

Die Zeitungen schreiben, die Augen der Welt seien auf den Kongreß gerichtet... Sie sind es meist nicht.

Viel zu oft Vorträge vor halbleeren Häusern

Die Träger berühmter Namen, die Autoren großer Romane und Dramen, die Verfasser umstürzender wissenschaftlicher Werke reden vor halbleeren Häusern. Was sie zu sagen haben, interessiert allenfalls ein paar tausend Menschen, die über alle Länder und Erdteile verstreut sind.

Einwohner der Stadt, in der der betreffende Kongreß abgehalten wird, wissen überhaupt nicht, daß er abgehalten wird. Das war diesmal ganz anders.

Der »Kongreß für kulturelle Freiheit« vom 26. bis 30. Juni 1950

Der »Kongreß für kulturelle Freiheit«, der vom 26. bis 30. Juni in Berlin stattfand, hatte einen ungeheuren Widerhall - in Berlin selbst. Als er begann, drängten sich die Menschen auf den Straßen der Nachbarschaft um den Titaniapalast, dem repräsentativen Konzertgebäude Berlins, um wenigstens einen Blick der über hundert Berühmtheiten zu erhaschen, die zu dem Kongreß gekommen waren ...

Denn, das spürten die Menschen auf der Straße, hier ging es um ihre Sache, um ihre ganz persönliche Sache. Sie hatten erlebt, was das ist, wenn einem Freiheit versagt ist. Es war kaum mehr als ein Jahr her, daß sie erlebt hatten, was dann geschah: Dann gab es kein Licht und keine Heizung, keine Verkehrsmittel, keine Milch für die Kinder und weniger als das, was zum Leben notwendig ist, für die Erwachsenen.

Der Kongreß fand in Berlin statt, weniger als vierzehn Monate nach Beendigung der Blockade. Nur fünf Jahre nach Beendigung des Krieges. Noch vor sechs Jahren hätte keiner von den Prominenten, die zum Kongreß kamen, in einer öffentlichen Berliner Versammlung erscheinen können.

Sie waren alle Antifaschisten, die nur dort existieren konnten, wo das demokratische Prinzip regierte - oder in Konzentrationslagern. Das galt ebensogut für Arthur Koestler wie für Ignazio Silone, für Professor Borghese wie für Hans Oprecht, für Bertrand Russell wie für Jules Romain, für Haakon Lie wie für den Berliner Oberbürgermeister Reuter.
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Nur fünf Jahre nach Beendigung des Krieges ...

Und noch war kein Friede, als sie nach Berlin kamen, und der Friede schien ferner denn je. Es stürmte und regnete in der Welt. Es war kein gutes Wetter, kein Wetter, bei dem große Schriftsteller, Künstler und Wissenschaftler ausgehen.

Es war ein Wetter, bei dem sie - durch die Jahrhunderte - zu Hause geblieben wären und sich distanziert hätten. Das alles war diesmal, in Berlin, ganz anders.

Die geistigen Führer unserer Zeit wußten genau, was sie taten, wenn sie nach Berlin kamen. Sie zogen sich keine Gummischuhe an, sie nahmen keinen Regenschirm mit.

Sie waren kampflustig und bereit, etwas zu riskieren. »Wir sind keine weltfremden Dichter«, rief Silone aus. »Wir sind in Kriegen und Bürgerkriegen aufgewachsen!« Und Arthur Koestler sagte: »Wir wollen ein Kampfbündnis schließen!«

Worum ging es bei diesem Kongreß, wo das Geistige so handfest war und das physisch eben Erlittene geistig gedeutet wurde?

Der "Wert von Einzelmenschen"

Der Amerikaner Melvin Lasky sagte es, daß es sich um nichts handele als »um eine Begegnung von einzelnen, die den Wunsch hatten, den Wert von Einzelmenschen« zu bekunden; und daß eine solche Bekundung notwendig sei.

Es ging also gegen geistige - und auch physische - Diktatur, es ging gegen die geistige und auch physische Vergewaltigung des Einzelmenschen, die identisch war mit der Vergewaltigung der Millionen. Es ging gegen die Diktatur des Ostens.

Es war der erste Kongreß dieser Art. Die Ironie wollte es, daß die Kommunisten so oft ähnliche Kongresse inszeniert hatten - den letzten erst vor kurzem in Stockholm, wobei große Schriftsteller und Künstler in völliger Uniformität zu allen Maßnahmen, die der Kommunismus ergriffen hatte oder noch ergreifen würde, begeistert »ja« brüllten.

Die Kommunisten machten das nicht schlecht. Sie hatten ja Übung. Um so ärgerlicher waren sie, daß nun die dialektische Initiative, wenn man es einmal so formulieren darf, vom Osten auf den Westen übergegangen war; daß der ständigen künstlichen Vernebelung Einhalt geboten wurde durch eine Klärung der Begriffe, in einer Zeit, in der, wie es auf dem Kongreß hieß, »die Wahrheit ihre ursprüngliche Überzeugungskraft verloren hat«.
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Die Kommunisten ärgerten sich und schimpften.

Sie nannten die Kongreßteilnehmer »senile Greise«, »Abschaum, der sich in den dunkelsten Spelunken herumtrieb«, »dieses Gelichter«. Der kommunistische Pressedienst schrieb, es gebe keine Stadt in Europa, in der eine derartige Versammlung von »Kriegshetzern und Agenten ungestört tagen könnte, ohne daß das Volk dagegen Sturm liefe«.

In London, Paris und Rom wäre ein »ungestörter Verlauf« der Veranstaltung unmöglich gewesen, nur in Berlin sei er »unter dem Schutz amerikanischer Bajonette« möglich.

Jedoch es gab gar keine Bajonette

Aber während des ganzen Kongresses war kein einziges amerikanisches Bajonett zu sehen. Und darüber hinaus gab es nicht einmal Absperrungen vor dem Titaniapalast. Nur die Hälfte der Polizisten war erschienen, die dort während eines Furtwängler-Konzertes den Verkehr ... regelten.

Das Bedeutsame des Berliner Kongresses war eben, daß er, fern davon, durch Bajonette ermöglicht zu werden, ein Protest gegen Bajonette war. Das begriffen auch die Teilnehmer, die immer wieder darauf hinwiesen, daß im Augenblick nicht nur dieser Kongreß, sondern alle Kongresse, die die geistige Auseinandersetzung in unserer Zeit zum Thema hätten, nach Berlin gehörten.

Sie sprachen von Berlin als der »Insel«, als der »Oase hinter dem Eisernen Vorhang«, dem »Schauplatz der größten historischen Auseinandersetzung unserer Zeit«, als dem »Symbol des Widerstandes«. Die Zuhörer klatschten begeistert Beifall.
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Die Helden standen eigentlich draußen vor der Tür

Die Berliner im Sitzungssaal, die Berliner draußen auf der Straße, die später durch Rundfunk und Zeitung davon erfuhren, klatschten nicht. Sie wurden nicht gern gefeiert. Es war ihnen unbehaglich. Vielleicht waren sie Helden während der Blockade gewesen, aber wenn man sie danach fragte, so sagten sie allenfalls, daß es ziemlich schlimm gewesen sei. Übrigens hatte um diese Zeit der Krieg in Korea bereits begonnen.
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