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Das Filmvorführen war vor 1950 kein Hobby, es war gefährlich.

Darum mussten um 1950 (und davor) alle Vorführer eine Ausbildung machen oder ihre Befähigung bzw. erlernte Expertise nachweisen, auch in der Ostzone, die sich gerade in DDR umbeannt hatte. Dort wurden noch lange Zeit diese leicht brennbaren sogenannten Nitrofilme genutzt.

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1950 - Ausbildung und Prüfung von Filmvorführern in der Deutschen Demokratischen Republik

von Dr. JOSEF REINER, Staatl. Ingenieurschule für Optik, Jena

Die Ausbildung und Prüfung von Filmvorführern

Die Ausbildung und Prüfung von Filmvorführern in der Deutschen Demokratischen Republik ist durch die Bestimmungen über die Filmvorführer vom 5. Mai 1949 - veröffentlicht im Zentralverordnungsblatt der DWK Nr. 43 vom 2. Juni 1949 - neu geregelt worden. Für die Durchführung der Prüfungen hat das Ministerium für Arbeit und Gesundheitswesen in Berlin am 27. Juli und 31. Oktober 1949 zusätzliche Richtlinien erlassen.

Als Filmvorführer gilt im Sinne der neuen Richtlinien jeder, der Bildwerfer, die zur Vorführung von Normalfilm (=Nitrofilm) bestimmt sind, selbständig bedienen kann. Der Filmvorführer muß im Besitze eines amtlichen Befähigungszeugnisses - des Vorführerscheins - sein. Dieser berechtigt ihn zum Bedienen von Bildwerfern sämtlicher Typenklassen. Es gibt im Sinne der neuen Bestimmung keine Vorführerscheine mehr, die nur zum Bedienen von Apparaten bestimmter Typenklassen berechtigen. Sogenannte B-Scheine oder C-Scheine werden nicht mehr ausgestellt.

Die Erteilung des Vorführerscheines

Die Erteilung des Vorführerscheines ist von der erfolgreichen Ablegung einer Prüfung abhängig. Von der Prüfung sind diejenigen Vorführer befreit, die bei Inkrafttreten der neuen Bestimmung bereits im Besitze eines amtlichen Befähigungszeugnisses waren.

Die alten Vorführerscheine sollten bis zum 31. Juli 1949 bei den Ministerien für Arbeit und Sozialwesen der Länder der Deutschen Demokratischen Republik, Abteilung Arbeitsschutz, zwecks Umtausch gegen ein neues Befähigungszeugnis eingereicht werden.

Der § 4 der neuen Bestimmung besagt, daß jene Vorführer, die ihre Prüfung in der Zeit vom 1. Januar 1940 bis zum 30. April 1945 abgelegt haben, sich einer Nachprüfung unterziehen müssen. Eine Nachprüfung ist ferner für die Vorführer vorgeschrieben, die länger als drei Jahre nicht im Berufe gearbeitet haben und ihre Tätigkeit wiederaufzunehmen beabsichtigen.

Aus dem Nachtrag 1 der Richtlinien für die Durchführung der Prüfungen von Filmvorführern vom 31. Oktober 1949 geht hervor, daß Filmvorführern der Westzone, die ihren Wohnsitz nach der Deutschen Demokratischen
Republik verlegen, das Befähigungszeugnis ohne Nachprüfung umzutauschen ist, sofern sie während der letzten drei Jahre als Filmvorführer tätig waren. Der §4 der neuen Bestimmung ist auf diese Person nicht anzuwenden, jedoch werden die alten Befähigungszeugnisse in jedem Falle eingezogen und für ungültig erklärt. Vom 1. Januar 1950 ab gelten auf dem Gebiete der Deutschen Demokratischen Republik nur noch die neuen Vorführerscheine.

Der Prüfungsausschuß

Der § 7 der neuen Bestimmung beschäftigt sich mit dem Prüfungsausschuß. Dieser wird von den zuständigen Ministerien für Arbeit und Sozialwesen der Länder, Abteilung Arbeitsschutz, gebildet und setzt sich aus folgenden Mitgliedern zusammen:

  1. einem Vertreter des Ministeriums als Vorsitzenden des Prüfungsausschusses,
  2. einem Vertreter des Volksbildungs-ministeriums,
  3. einem Vertreter des Landesbrand-schutzamtes und
  4. zwei Filmvorführern.


Letztere werden vom FDGB, IG Bühne, Film, Musik und Artistik, vorgeschlagen und vom Leiter der Abteilung Arbeitsschutz des Ministeriums ernannt. Nach bestandener Prüfung wird der Vorführerschein durch das Ministerium für Arbeit und Sozialwesen, Abteilung Arbeitsschutz, erteilt.

Der Leiter der Abteilung Arbeitsschutz ist berechtigt - nach Anhören des FDGB -, bei groben Verstößen gegen die Sicherheitsvorschriften, bei bewiesener beruflicher Unzuverlässigkeit oder ähnlichen Fällen den Vorführerschein zu entziehen.

Strafandrohung

Wer als Filmvorführer ohne einen gültigen Vorführerschein tätig ist oder wer eine Person als Filmvorführer beschäftigt, die nicht im Besitze eines gültigen Vorführerscheines ist, wird mit einer Geldstrafe bestraft.
Die Anlage 2 zu § 8 der neuen Bestimmung über die Filmvorführer enthält die Prüfungsordnung sowie die Voraussetzungen für die Zulassung zu Ausbildung und Prüfung.

Antrag auf Zulassung zur Filmvorführerausbildung

Wer den Beruf des Filmvorführers ergreifen will, muß einen Antrag auf Zulassung zur Filmvorführerausbildung an die Abteilung Arbeitsschutz im Ministerium für Arbeit und Sozialwesen richten. Der Antrag auf Zulassung zur Ausbildung wird der Filmvorführer - Prüfungskommission vorgelegt, die über die Möglichkeit der Zulassung entscheidet. Bei positiver Entscheidung der Prüfungskommission wird dem Antragsteller eine Liste mit den zur Ausbildung zugelassenen Lichtspieltheatern ausgehändigt. Es wird ihm gleichzeitig mitgeteilt, daß die Ausbildung entweder durch eine sechsmonatige Tätigkeit an einem für die Ausbildung zugelassenen Lichtspieltheater oder in einer zweimonatigen Ausbildung an einem Lichtspieltheater und Teilnahme an einem vier Wochen dauernden Lehrgang an der Filmvorführerschule der Deutschen Demokratischen Republik möglich ist.

Der Antragsteller muß im Besitze einer Bescheinigung des zuständigen Arbeitsamtes sein, das den Bedarf an Filmvorführern bestätigt. Geschäftsführer von Lichtspieltheatern, bei denen die Einstellung von der erfolgreichen Ablegung der Prüfung als Filmvorführer abhängig gemacht wird, werden ohne Zustimmung des Arbeitsamtes zur Prüfung zugelassen. Die Ausbildung von Filmvorführern für Organisationen, wie z. B. für die MAS oder die Polizei, erfordert ebenfalls nicht die Zustimmung des Arbeitsamtes.

Filmvorführerausbildung für Männer und Frauen

Zur Filmvorführerausbildung können Männer und Frauen zugelassen werden, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, die deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrschen und nachweisen können, daß sie den Beruf des Elektrikers, Mechanikers, Maschinenbauers, Schlossers oder einen gleichgearteten Beruf erlernt haben. Kann der Nachweis über eine abgeschlossene Ausbildung in einem dieser Berufe nicht erbracht werden, so muß zumindest eine fünfjährige Tätigkeit nachgewiesen werden.

Die Ausbildung hat für die Zeit von mindestens sechs Monaten täglich während der ganzen Dauer zweier Vorstellungen zu erfolgen. Sie kann nur in den Lichtspieltheatern durchgeführt werden, die vom Ministerium für Arbeit und Sozialwesen für diesen Zweck bestimmt wurden. Die Anleitung zur Ausbildung erteilt ein vom gleichen Ministerium zur Ausbildung berechtigter Filmvorführer.

Nach Ablauf der vorgeschriebenen Ausbildungszeit erhält der Ausgebildete eine Bescheinigung über die berufliche Eignung und die Anzahl der Vorstellungen, an denen er teilgenommen hat. Diese Bescheinigung wird bei der Anmeldung zur Prüfung vorgelegt.

Die Ausbildungsstätte für Filmvorführer

In den Richtlinien für die Durchführung der Prüfungen von Filmvorführern vom 27. Juli 1949 ist die Staatliche Ingenieurschule für Optik in Jena (Thüringen) als Ausbildungsstätte für Filmvorführer für die Deutsche Demokratische Republik anerkannt worden. Hier werden Lehrgänge für Filmvorführer eingerichtet, die jährlich einmal, bei Bedarf mehrere Male, als Kurse von vierwöchiger Dauer stattfinden.

Als Vorbedingung zum Besuch dieser "Anstalt" wird eine mindestens zwei Monate umfassende praktische Tätigkeit in einem zur Ausbildung zugelassenen Lichtspieltheater vorgeschrieben. Die Ausbildung während dieser Zeit muß an täglich mindestens zwei Vorstellungen und an mindestens zwei verschiedenen Bildwerfertypen erfolgt sein.

Nach Abschluß der Ausbildung an der Staatlichen Ingenieurschule für Optik erhält der Lehrgangsteilnehmer ein Zeugnis ausgehändigt. Dieses Zeugnis wird mit den anderen Unterlagen bei der Anmeldung zur Prüfung der zuständigen Prüfungskommission eingereicht.

Die Anmeldung zur Prüfung

Die Anmeldung zur Prüfung hat schriftlich zu erfolgen beim zuständigen Ministerium für Arbeit und Sozialwesen, Abteilung Arbeitsschutz. Sie muß spätestens drei Monate nach Beendigung der Ausbildung vorgenommen werden. Der Anmeldung sind folgende Anlagen beizufügen:

  • 1. ein kurzer, eigenhändig geschriebener Lebenslauf,
  • 2. ein Zeugnis des Amtsarztesbüber die gesundheitliche Eignung als Filmvorführer,
  • 3. ein polizeiliches Führungszeugnis,
  • 4. der Nachweis der Ausbildung (entweder der Nachweis über eine sechsmonatige praktische Tätigkeit oder der Nachweis über eine zweimonatige praktische Tätigkeit und das Zeugnis der Staatlichen Ingenieurschule für Optik in Jena),
  • 5. zwei unaufgezogene Paßbilder,
  • 6. eine Erklärung darüber, ob die erste oder eine Wiederholung der Prüfung beantragt wird,
  • 7. der Nachweis über die Entrichtung der Prüfungsgebühren, die bei erstmaliger Prüfung und bei Wiederholung 10DM (Ost) betragen.

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Die schriftliche und mündliche Prüfung

Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses bestimmt den Tag der Prüfung und benachrichtigt die Prüflinge. Unter seiner Leitung werden die Prüflinge etwa 1 1/2 Stunden theoretisch - schriftlich und mündlich - geprüft. Die schriftliche theoretische Prüfung wird an Hand eines Fragebogens vorgenommen, der den Prüflingen zur Beantwortung vorgelegt wird. Die mündliche Prüfung erfolgt durch die einzelnen Mitglieder des Prüfungsausschusses.

Anschließend an die theoretische Prüfung erfolgt die praktische Prüfung im Vorführraum, die je Prüfling etwa eine Zeit von 30 Minuten umfassen soll.

Es werden folgende Fächer geprüft:

  • 1. Optik und Lichttechnik,
  • 2. Elektrotechnik,
  • 3. Film - Feuerschutz, Feuersicherheit,
  • 4. polizeiliche und behördliche Vorschriften, VDE-Vorschriften, Betriebssicherheit,
  • 5. kultur- und gesellschaftspolitische Fragen,
  • 6. praktische Prüfung am Bildwerfer.


Der § 3 der Anlage 2 zu der Bestimmung über Filmvorführer behandelt den „Gegenstand der Prüfung". Danach muß der Prüfling etwa folgende Kenntnisse und Fähigkeiten nachweisen:

  • a) Genaue Kenntnis des optischen, mechanischen und elektrischen Aufbaues der gebräuchlichsten Bildwerfer sowie Bedienung derselben. Kenntnis der Wirkungsweise der Einzelteile der Bildwerfer, Kenntnis der wichtigsten Tonnimgeräte einschließlich der Tonfilm-Koffergeräte.
  • b) Allgemeine Kenntnis der elektrischen Anlage in Lichtspieltheaterbetrieben nach Bau und Wirkungsweise, eingehende Kenntnis der wichtigsten Schaltungen sowie der Behandlung und Bedienung der vorkommenden elektrischen Maschinen und Geräte. Sicherheit im Auffinden von Fehlern und die Kenntnis der Maßnahmen zur Beseitigung von Betriebsstörungen in der elektrischen Anlage.
  • c) Eingehende .Kenntnis der wichtigsten polizeilichen Vorschriften, Brandschutz-, Betriebs- und Arbeitsschutzvorschriften für Filmvorführungen aller Art. Völliges Vertrautsein mit den Eigenschaften des Films und seiner Behandlung sowie allen bei Bränden in Lichtspieltheatern und bei sonstigen Filmvorführungen erforderlichen Maßnahmen.

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Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse

Nach Abschluß der Prüfung bearbeitet die Kommission die Prüfungsergebnisse, die in einem Protokoll niedergelegt werden, das von sämtlichen Mitgliedern der Prüfungskommission unterzeichnet wird. Den Prüflingen, welche die Prüfung bestanden haben, wird das Ergebnis der Prüfung mitgeteilt. Die amtlichen Befähigungszeugnisse werden auf Grund des Prüfungsprotokolls ausgestellt und den Prüflingen ausgehändigt.

Wiederholungsprüfung

Hat der Prüfling die Prüfung nicht bestanden, so wird ihm von der Kommission für die weitere Ausbildung ein Termin festgesetzt und mitgeteilt. Nach ausreichender Ergänzung der Ausbildung kann der Prüfling die Prüfung erneut beantragen und wiederholen.

Wird die Wiederholungsprüfung nicht bestanden, so ist eine weitere Wiederholung der Prüfung nicht zulässig.

In Ergänzung zu den obigen Ausführungen über die Ausbildung von Filmvorführern sei bemerkt, daß die in diesem Jahr an der Staatlichen Ingenieurschule für Optik in Jena stattfindenden Ausbildungslehrgänge bereits voll besetzt sind, so daß neue Anmeldungen nicht berücksichtigt werden können. Die Termine für weitere Lehrgänge werden rechtzeitig durch die Fachpresse bekanntgegeben.

Die Schriftleitung - W. LÖFFLER, Berlin 1950
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