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Wie funktioniert die Lichtbogen-Lampe ? (aus 1947)

Der Lichtbogen im Kino stark gefiltert

Bei der deutschen Nachkriegsgeneration (nach 1945) war die Lichtbogenlampe mit sogenannten Kohlen (es sind runde Kohle- stäbe) nur noch beim Film und im Kino bekannt. Dort wurden extreme Helligkeiten mit möglichst "schneeweißer" Farbtemperatur benötigt. Und bevor es die Xenon-Lampe gab, war die sogenannte Bogenlampe konkurrenzlos. Wie komplex und diffizil diese Technik war und ist, wurde seltenst klar. Professor Dr. Wolfgang Ernst Finkelnburg hat das bis 1947 bekannte Wissen in seinem Buch sehr ausführlich beschrieben.

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Fortsetzung
IV. Die physikalischen Eigenschaften des Hochstromkohle- (Licht-) bogens.

Jetzt sind Sie im extrem technisch wissenschatlichen Bereich angekommen. Hier wird es sehr anspruchsvoll vom Verständnis und vom Durchblick.
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D. Sonstige Eigenschaften des Hochstromkohlebogens.

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D-1. Kohlenabbau und Materialtransport im Hochstrombogen.

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a) Bedeutung für Theorie und Praxis.

Der „Abbrand" der Bogenkohlen und seine Abhängigkeit von der Belastung ist für den Lichtbogentechniker von Bedeutung, weil er nach ihm den Vorschub der Kohlen bemessen muß. Für die Theorie des Bogens hielt man den Abbrand beider Kohlen bis vor kurzem für unwesentlich, besonders nachdem Steinle 1) bei gründlichen Untersuchungen am Niederstromkohlebogen zu dem Ergebnis gelangt war, daß der Abbrand auch der Positivkohle praktisch ausschließlich durch Verbrennung, d. h. auf chemischem Wege zustande komme.

Beim Hochstromkohlebogen behauptete zwar Podszus (75, 76) das gleiche, doch sprachen unsere S. 79 erwähnten Beobachtungen (16) über den Zusammenhang von Leuchtdichte, Anodenfall und Abbrand der Positivkohle ganz eindeutig dafür, daß der „Abbrand" der Positivkohle beim Hochstromkohlebogen ein für den ganzen Bogenmechanismus entscheidender physikalischer Vorgang ist, und daß diesem gegenüber der chemische Abbau durch Verbrennung eine ganz untergeordnete Rolle spielt.

Anodenabbau erfolgt überwiegend durch Verdampfung

Inzwischen ist auf Grund unserer Messungen wohl allgemein anerkannt, daß der Anodenabbau beim Hochstromkohlebogen ganz überwiegend durch Verdampfung erfolgt, und daß der so entstehende Dampfstrahl gerade die Eigenschaften des Hochstrombogens bestimmt, in denen dieser sich vom Niederstrombogen unterscheidet.

Abbrand der Negativkohle ist ein chemischer Abbau

Beim Abbrand der Negativkohle dagegen handelt es sich nach unseren Beobachtungen (15) bis zu recht hohen Stromdichten an der negativen Kohlenspitze fast ausschließlich um einen chemischen Abbau, d. h. um echte Verbrennung (auch Zündern genannt). Erst oberhalb einer Stromstärke von etwa 400 Amp. beginnt nach Guillery (37) auch an der negativen Spitze die Verdampfung wesentlich zu werden.

Im Gegensatz zum Niederstrombogen ist also beim Hochstromkohlebogen zum mindesten der Anodenabbau nicht nur von technischem, sondern auch von erheblichem theoretisch-physikalischem Interesse und verdient daher genaueste Untersuchung. Das gleiche gilt für den Materialtransport im Bogen.

Wir hatten S. 53 bereits die Frage erörtert, ob der verdampfte Kohlenstoff in der Regel vollständig verbrannt wird und seine Verbrennungswärme daher bei der Energiebilanz des Bogens voll zu berücksichtigen ist oder nicht.

Die gleich zu besprechenden Beobachtungen über den Materialtransport im Bogen zeigen, daß ein wesentlicher Teil des Kohlenstoffdampfes jedenfalls nicht bereits im heißesten Teil des Bogens verbrannt wird und dort zur Strahlung beiträgt, sondern im kühleren Teil der Anodenflamme aufgefangen werden kann. Auch die Einzelheiten des Materialtransports im Bogen sind also von theoretischem Interesse.

b) Die Verdampfung als Hauptursache des Anodenabbaues.

Bevor wir auf die quantitativen Einzelheiten des Abbaues der Positivkohle eingehen, seien die Belege dafür kurz zusammengestellt, daß es sich dabei wirklich im wesentlichen um eine Verdampfung des Materials der Positivkohle handelt.
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  • Erstens emittiert die Anode des Hochstromkohlebogens im Gegensatz zum Niederstrom-Kohlebogen mit ganz außerordentlicher Intensität die Banden des Kohlenstoffmoleküls C2 sowie die Linien des C-Atoms (S. 101).
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  • Zweitens erhält man auf einer in nicht zu großer Entfernung dem positiven Krater des Homogenkohle-Hochstrombogens gegenübergestellten Elektrode eine starke Ablagerung von reinstem Kohlenstoff in Form eines Graphitpilzes.
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  • Drittens ist der Materialverlust der Positivkohle nach unsern Messungen in Luft, Stickstoff, Kohlendioxyd und sogar in reinem Sauerstoff praktisch gleich groß (31), während er, wenn es sich um wirkliche Verbrennung handeln würde, in reinem Sauerstoff weitaus am größten sein müßte (vgl. S. 135).
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  • Viertens ist der durch die Anodenverdampfung entstehende Dampfstrahl, auf den wir S. 166 genauer eingehen werden, durch unabhängige Untersuchungen von Guillery, von uns (vgl. S.48) und von Rohloff yS) direkt experimentell festgestellt worden. Seine Geschwindigkeit stimmt mit der unter der Annahme der Anodenverdampfung vom Verfasser (15) früher berechneten gut überein.

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Anodenabbau also kein wirklicher Abbrand

Nach allen diesen Belegen ist an der Tatsache nicht mehr zu zweifeln, daß der Anodenabbau beim Hochstromkohlebogen nur zum kleinsten Teil ein wirklicher Abbrand ist (wie beim Niederstrombogen), sondern im wesentlichen durch echte Verdampfung bedingt ist. Wir werden gleich eine Methode zur Trennung beider Anteile, der Verdampfung und der Verbrennung, behandeln.

c) Der Anodenabbau in Luft und die Ermittlung des Verbrennungsanteils.

Zur Ermittlung der quantitativen Zusammenhänge haben wir für eine große Zahl verschieden zusammengesetzter Hochstromkohlen die Abhängigkeit des Gewichts- bzw. Längenverlusts der Positivkohle von der Stromstärke gemessen.

Abb. 83 zeigt einige solche Kurven. Man erkennt, daß der Material Verlust der Positivkohle erwartungsgemäß mit der Stromstärke sehr stark zunimmt, daß er aber mit abnehmender Stromstärke nicht gegen Null geht, sondern gegen einen konstanten Grenzwert von etwa 0,02mm Kohlenlänge je Sekunde.

Bei den der Abb. 83 zugrunde liegenden 7mm Kohlen entspricht das (bei einem spezifischen Kohlengewicht von etwa 1,7) einem Gewichtsverlust von 1,2mg/sec. Diesen bei verschwindender Stromstärke noch verbleibenden Grenzwert des Anodenverlusts müssen wir als den durch echte Verbrennung entstehenden Anteil ansehen.

Berechnung des Gesamtverlustes der Positivkohle

Wir bezeichnen im folgenden den Gesamtverlust der Positivkohle je Sekunde mit A, den eben ermittelten Verbrennungsanteil mit A0 und den Verdampfungsanteil folglich mit A-A0. Wir setzen dabei A0 einfach konstant. Das ist natürlich nicht ganz richtig, weil der Verbrennungsanteil A0 von der Größe und Temperatur der glühenden Oberfläche der Positivkohle abhängt. Beide ändern sich aber in dem in Abb. 83 dargestellten Fall oberhalb 20 Amp. relativ wenig, so daß wir in erster Näherung A0 konstant setzen dürfen.

Einen besonders klaren Überblick über die Verhältnisse erhalten wir, wenn wir gemäß Abb. 84 die Größe A nicht gegen die Stromstärke, sondern gegen die Bogenleistung in Watt auftragen. Oberhalb der Bogenleistung, bei der der Siedepunkt des Anodenmaterials erreicht wird, erhalten wir dann einen linearen Zusammenhang zwischen Leistung und Abbrand, der die Ermittlung der zur Verdampfung und Aufheizung von 1g Anodenmaterial erforderlichen Energie gestattet.

Genaue Abbrandmessungen bei allen Stromstärken

Genaue Abbrandmessungen sind daher von großem Wert, müssen aber von den kleinsten bis zu den größten erreichbaren Stromstärken gemessen werden. Für die erwähnte, theoretisch wichtige Größe erhalten wir aus der Neigung der Kurven Abb. 84 für unsere meist untersuchte Positivkohle RW Sola Effekt 134 den Betrag 1,3 * 10 hoch5 Wattsec/g, und der gleiche Wert folgt aus unabhängigen Abbrandmessungen von Haury (25) an der gleichen Kohle im Wechselstrombogen, und für die ähnliche Hartdochtkohle RW Sola Effekt H 65 nach Messungen von Hannappel ([24] Abb. 85).

d) Die Abhängigkeit des positiven „Abbrands" vom umgebenden Gas

Zur Bestätigung der Annahme, daß der Anodenabbau zum überwiegenden Teil durch Verdampfung zustande kommt, wurden Abbrandmessungen an positiven Homogen- und Dochtkohlen vom Verfasser auch in verschiedenen Gasen sowie bei verschiedenen Drucken ausgeführt.

Die Abbrandwerte unterschieden sich (vgl. Tab. 7 S. 135) in Luft, Sauerstoff, Stickstoff und Kohlendioxyd bei Drucken zwischen 1/2 und 15 Atm. um weniger als 10%, während man für wahre Verbrennung ein gewaltiges Überwiegen der Abbrandwerte in reinem und besonders in komprimiertem Sauerstoff erwarten müßte.

Lediglich in Argon erwies sich der Abbrand als überraschend gering. Da gleichzeitig aber die Bogenspannung einen äußerst niedrigen Wert annahm und die für den Hochstrombogen typischen Erscheinungen der hohen Leuchtdichte und der Anodenflamme völlig ausblieben, übt das Edelgas Argon offenbar einen die Hochstromerscheinungen verhindernden Einfluß auf den Bogenmechanismus aus, auf dessen Deutung wir S. 133 eingehen.

e) Pilzwachstum und Mechanismus des Materialtransports im Bogen.

Es wurde bereits erwähnt, daß bei sehr geringer Bogenlänge, sobald die Spitze der Negativkohle in die Anodenflamme des Hochstrombogens hineinragt, auf dieser ein Kohlepilz zu wachsen beginnt. Bei positiven Beckkohlen lagert sich bevorzugt nicht Kohlenstoff, sondern ein Cerkarbidtropfen ab, der den kathodischen Bogenansatz und damit die Bogenruhe erheblich stört, durch Verspritzen in optischen Geräten Spiegel und Linsen gefährden kann und, da das erkaltete Karbid einen isolierenden Überzug bildet, das Wiederzünden durch Berühren der Kohlen verhindert. Die Spitze der Negativkohle muß daher beim Beckbogen unbedingt aus der Anodenflamme herausgehalten werden.

Die Erscheinung des Pilzwachstums kann besonders schön beim Homogenkohlebogen untersucht werden (15), wenn man bei koaxialer Kohlenstellung die Bogenlänge auf 0,5 - 2mm hält und den Bogen dabei möglichst hoch belastet.

Gezüchtete Kohlepilze

Abb. 86 zeigt zwei auf diese Weise gezüchtete Kohlepilze, deren Gewicht mehrere Gramm betrug. Sie bestehen nach der für uns von den Ringsdorff-Werken ausgeführten chemischen Analyse aus recht reinem Graphit mit einem Aschengehalt von nur 0,14% und besitzen eine überraschend hohe Festigkeit und Dichte. Durch Wägung des Anodenverlusts und des Kathodenzuwachses stellten wir fest, daß man bis über 40% des an der Anode abgebauten Kohlenstoffs an der Kathode als Pilz wieder auffangen kann (15).

Ein Dampfstrahl großer Geschwindigkeit

Die naheliegende Annahme, daß es sich hier einfach um eine Kondensation des verdampften Kohlenstoffs auf der kühleren Kathode handelt, trifft nicht zu, da die Kohlenstoffablagerung auch an Stellen höchster Temperatur erfolgt. Abb. 87 stellt den Beweis dafür dar, daß der Kohlenstoffdampf vom positiven Krater als Dampfstrahl großer Geschwindigkeit fortgeblasen wird und vor der Ablagerung auf der Gegenelektrode keine Zeit zu seitlicher Abdiffusion besitzt. Der auf einer 16mm-Kathode gewachsene Kohlepilz Abb.87 besitzt nämlich ziemlich genau den Durchmesser der verwendeten 7mm-Positivkohle, der seinerseits übereinstimmt mit dem Durchmesser des Anodenflammenansatzes.

Die Tatsache, daß man auch mehrere cm vom positiven Krater entfernt noch Kohlenstoffablagerungen (wenn auch geringen Umfanges) erhalten kann, zeigt, daß selbst in dieser Entfernung der Kohlenstoffdampf noch nicht völlig verbrannt ist; offenbar diffundiert der Luftsauerstoff nur langsam von außen in den Anodendampfstrahl hinein.

Messungen der Pilzbildung mit zwei parallelen Kohlen

Die zur Pilzbildung führende Kohlenstoffablagerung kann nicht nur an der Kathode, sondern auch an einer isolierten, in die Anodenflamme eingeführten Elektrode erfolgen. Um zu untersuchen, ob die Kohlenstoffmoleküle zu einem erheblichen Prozentsatz geladen sind oder nicht, haben wir in die Anodenflamme zwei parallele Kohlen eingeführt, von denen die eine Kathode, die andere dagegen isoliert war.

Als Ergebnis, fanden wir folgendes (15): etwa 2/3 des transportierten Kohlenstoffs lagerte sich auf der Kathode, 1/3 auf der isolierten Kohleelektrode ab. Es wird also sowohl geladener als auch ungeladener Kohlenstoff in der Anodenflamme transportiert.

Schließlich wurde noch ein Versuch gemäß Abb. 88 ausgeführt, bei dem A stets Anode, B und C abwechselnd Kathode bzw. stromlos waren.

Bei B als Kathode fand hier starke Kohleablagerung statt, während C sauber blieb.

War dagegen C Kathode, während B als stromlose isolierte Elektrode in der Anodenflamme stand, so zeigte sich starke Kohleablagerung auf C, schwächere auf B, in Übereinstimmung mit dem vorher beschriebenen Versuch.

Quantitativ ermittelte der Verfasser (15), daß je Amperesekunde an der Kathode maximal 5*10 hoch -4 g Kohlenstoff angelagert wurde. Wir können nun berechnen, wieviel Kohlenstoff maximal nach dem Faradayschen Gesetz durch Ionentransport zur Kathode gelangen kann.

Es bleiben mehrere Fragen offen

Da nach den Rechnungen von S. 178 in unserm Fall rund 5% des Gesamtstroms durch positive Ionen transportiert wird und jedes Ion höchstens als C2+-Molekülion auftreten kann, folgt, daß je Amperesekunde insgesamt im Bogen transportierter Ladung von den Ionen allein höchstens 1,3 10 hoch -5g/sec zur Kathode befördert werden können, also 4% des Gesamttransports.

Damit ist aber nicht gesagt, daß der Rest von 96% in ungeladener Form transportiert wird, da ja in der Anodenflamme Ionen und Elektronen gemeinsam abströmen und den Gegenelektrode treffen können.

Wir glauben, daß eine Untersuchung der Struktur des abgelagerten Kohlenstoffs für das Verständnis der Vorgänge von Interesse wäre. Es muß nämlich erwähnt werden, daß nicht der gesamte Materialtransport in atomarer Form erfolgt, sondern daß in geringem, mit der Überlastung aber zunehmendem Maße auch kleinste Kohleteilchen von der Anode abgeschleudert werden. Ihr Anteil könnte durch mikroskopische Untersuchung der Pilze ermittelt werden.

f) Der Kathodenabbau und seine Gesetze.

Dem Materialabbau an der Kathode kommt nach unserer gegenwärtigen Kenntnis gegenüber dem an der Anode nur geringere Bedeutung zu. Lediglich im Gebiet höchster Stromstärken könnte das anders sein, und hier hat Guillerv (37) interessante Messungen ausgeführt.

Beim Niederstrombogen ebenso wie beim Hochstromkohlebogen ohne kontrahierte Säule, d. h. bis etwa 100 Amp., erfolgt der Kathodenabbau mit Sicherheit fast ausschließlich durch echte Verbrennung (Zündern).

Nach der mit steigender Stromstärke erfolgenden Kontraktion des kathodischen Bogenansatzes zu einem sehr kleinen Kathodenbrennfleck muß aber in diesem die Temperatur so steigen, daß die Verdampfung merklich werden muß.

Daß sie aber auch dann meist noch klein bleibt gegenüber der echten Verbrennung, schließen wir aus der Beobachtung, daß der Kathodenbrennfleck, in dem allein eine Verdampfung möglich wäre, zwar einen kleinen flachen Krater (Brennschlüssel) bildet, dieser sich aber während des Betriebes nicht merklich vertieft.

Materialabbau innerhalb und außerhalb der Brennschüssel

Das bedeutet u. E., daß der ausschließlich durch echte Verbrennung erfolgende Abbau der außerhalb der Brennschüssel gelegenen Kathodenteile annähernd ebenso rasch erfolgt wie der Materialabbau in der Brennschüssel.

Guillerv (37) hat diese Verhältnisse genauer studiert, indem er, teilweise im Anschluß an unsere anodischen Untersuchungen, die Abhängigkeit des Kathodenabbaues, der kathodischen Stromdichte und der Leuchtdichte des Kathodenbrennflecks von der Stromstärke an einer 8mm-Negativkohle bei Stromstärken bis zu 600 Amp. gemessen hat.

Nach seinen Feststellungen nehmen mit wachsender Stromstärke die Stromdichte und die Leuchtdichte im Kathodenbrennfleck zunächst zu, um sich bei etwa 400 Amp. asymptotisch konstanten Grenzwerten der Stromdichte von rund 5000 Amp./cm2 und der Leuchtdichte von etwa 18.000 Stilb zu nähern.

Der bis zu dieser Stromstärke langsam zunehmende Abbrand der Kathode wächst oberhalb dieser Stromstärke sehr viel schneller, woraus Guillerv im Zusammenhang mit der hier beginnenden Konstanz der Stromdichte und Leuchtdichte wohl mit Recht schließt, daß bei etwa 400 Amp. in der Brennschüssel die Siedetemperatur des Kohlenstoffs erreicht ist.

Mit dieser Folgerung stimmt überein, daß bei noch höheren Stromstärken Kathodenabbrände bis zu 0,4mm/sec = 1500 mm/h, d. h. bis zum zwanzigfachen normalen Abbrand gemessen worden sind (Beck [5]), die nicht mehr durch Verbrennung, sondern nur noch durch Verdampfung erklärt werden können.

Kohlematerial und Abbrandverhältnisse

Interessant scheint noch, daß nach neueren, ebenfalls unveröffentlichten Untersuchungen von Guillery die Verhältnisse im kathodischen Krater, ähnlich wie an der Anode des zischenden Homogenkohle-Hochstrombogens, vom Kohlematerial abzuhängen scheinen.

Jedenfalls hat Guillery bei Variation des Graphitmaterials seiner Negativkohle deutliche Abweichungen gegenüber seinen ersten Messungen, u. a. eine Zunahme der Leuchtdichte erheblich über 18.000 Stilb hinaus, gefunden. Ob hier wie bei der Homogenkohleanode, wie wir annehmen möchten, das Wärmeleitvermögen des Materials von Bedeutung ist, müßte noch untersucht werden.

Die Abbrandverhältnisse an der Kathodenspitze sind technisch von Wichtigkeit, weil die Ausbildung einer zu tiefen Brennschüssel an der Kathodenspitze bei Stromstärken über 300 Amp. fast stets zu der störenden, S. 17 und 194 behandelten Erscheinung des Wendelns der negativen Flamme (kontrahierten Säule) führt.

Über die Auskraterung

Eine zu tiefe Auskraterung muß also verhindert werden, und dazu kennt man drei Möglichkeiten.

Bei nicht zu hohen Stromstärken (300-500 Amp.) kann man die Dichte des Kohlematerials von Kern und Mantel der Negativkohle (deren Bau in diesem Stromstärkebereich überhaupt von großer Bedeutung ist!) so abgleichen, daß beide gleich schnell abgebaut werden.

Bei noch höheren Stromstärken, bei denen dieses Mittel nicht mehr ausreicht, kann man entweder nach dem Vorschlag von Heinrich Beck (()) den Hartdocht der Negativkohle im Mantel verschiebbar machen und so schnell vorschieben, daß kein Krater entsteht (sog. Mantel-Kern-Kathode, technisch leider eine Quelle bedenklicher Störungen!), oder man kann nach dem schönen Vorschlag von Guillery und Zill (39) durch magnetische Beeinflussung des Bogens und gleichzeitige Rotation der Negativkohle das Festsetzen des Kathodenbrennflecks an einer bestimmten Stelle verhindern und damit eine Auskraterung überhaupt unmöglich machen. Wir kommen S. 196 auf diese Verhinderung des Wendelns zurück.

D-2. Der Hochstromkohlebogen in reinen Gasen, bei Über- und Unterdruck.

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a) Der Bogen in Sauerstoff, Stickstoff und Kohlendioxyd.

Zur Entscheidung der Frage, wieweit an den besonderen Eigenschaften des Hochstromkohlebogens neben physikalischen auch chemische Vorgänge beteiligt sind, hat der Verfasser (31) Brennversuche, und zwar besonders mit dem Homogenkohlebogen, in den reinen Gasen Stickstoff, Sauerstoff, C02 und Argon bei verschiedenen Drucken ausgeführt 1).

1) Für die Überlassung der dazu erforderlichen Druckapparatur sei der Körting und Malinesen A. Cr. in Leipzig auch an dieser Stelle unser herzlicher Dank gesagt.

Einfluß des umgebenden Gases nicht entscheidend

Die Erscheinungen bei höheren Drucken behandeln wir weiter unten, desgleichen die Versuche in Argon. Beim Betrieb des Bogens in den drei erstgenannten Gasen von Atmosphärendruck stellte sich heraus, daß die allgemeinen Eigenschaften des Bogens nur sehr unwesentlich gegenüber denen in Luft verändert waren.

Dadurch scheint sichergestellt, daß Reaktionen mit dem umgebenden Gas den Bogenmechanismus im allgemeinen nicht entscheidend beeinflussen. Insbesondere erhöhte sich auch in reinem Sauerstoff der Abbau der Positivkohle nicht merklich, was wir schon oben als Beweis dafür anführten, daß dieser nicht durch Verbrennung, sondern überwiegend durch Verdampfung zustande kommt.

Wie die Abbrände lagen auch die Leuchtdichten in Sauerstoff und Kohlendioxyd auf praktisch der gleichen Höhe wie in Luft. Lediglich in Stickstoff lagen Abbrand und Leuchtdichte um 20-30% unter den entsprechenden Werten von Luft (vgl. Tab. 7 S. 135).

Daß die Farbe der den Bogen und die Anodenflamme umgebenden Aureolen sich mit der Gasart änderte, ist selbstverständlich. Diese Veränderung wie überhaupt alle feineren Einzelheiten der Bogeneigenschaften in den verschiedenen Gasen bedürfen noch einer systematischen Untersuchung.

Wir erwähnten S. 41 bereits, daß der Homogenkohlebogen erwartungsgemäß in allen Gasen bei genügender Belastung zischte, womit eine alte Behauptung widerlegt ist, nach der das Zischen durch eine besondere Art der Verbrennung bedingt sei.

b) Das Verhalten des Hocstromkohlebogens in Argon und seine Deutung.

Die Erscheinungen beim Betrieb des Hochstrombogens in Argon waren zunächst überraschend: Die typischen Erscheinungen des Hochstrombogens, Spannungsanstieg und Anodenflamme traten zunächst gar nicht und schließlich bei Belastung einer 6mm-Homogenkohleanode mit über 100 Amp. nur ganz schwach auf.

Entsprechend der sehr geringen Bogenspannung, der äußerst geringen Verdampfung und dem durch Sondermessungen nachgewiesenen sehr geringen und nahezu konstanten Anodenfall stieg auch die Kraterleuchtdichte kaum über 20.000 Stilb.

Das Argonatom und seine "metastabilen" Zustände

Die Ursache für dieses abweichende Verhalten sehen wir in der Existenz der metastabilen Zustände des Argonatoms. Infolge der hohen Temperatur der Bogensäule stellt sich hier eine recht hohe Konzentration an metastabilen Argonatomen ein, die, da elektrisch neutral, auch in das Anodenfallgebiet diffundieren.

Hier wirken sie wie Atome der sehr geringen Ionisierungsspannung von etwa 4 Volt, wirken also anodenfallerniedrigend wie etwa der Zusatz eines Alkalimetalls. Infolge dieser sehr erheblichen Anodenfallerniedrigung (Ionisierungsspannung der metastabilen Atome etwa 4 Volt gegenüber etwa 15,7 Volt der normalen Atome!) genügt selbst bei sehr erheblicher Stromdichte die durch die Elektronen der Anodenstirnfläche zugeführte Energie zunächst nicht, um diese über den Siedepunkt zu erhitzen: der Bogen verhält sich noch bei einer Stromdichte von 350 Amp./cm2 wie ein ausgesprochener Niederstrombogen!

Wir glauben, wenn unsere Deutung richtig ist, in diesem Verhalten des Argonbogens geradezu eine Bestätigung unserer theoretischen Vorstellungen vom Mechanismus des Hochstromkohlebogens (S. 169) sehen zu dürfen.

Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die oben erwähnte Senkung der Brennspannung, des positiven Abbrands und der Leuchtdichte in Stickstoff auch auf einer Beteiligung metastabiler N-Atome beruht und damit physikalische und nicht chemische Ursachen hat.

c) Das Verhalten des Hochstromkohlebogens bei Unterdruck.

Über das Verhalten des Hochstrombogens bei Unterdruck bis herab zu 20 Torr haben wir nur einige orientierende Versuche bei Stromstärken unter 100 Amp. ausgeführt (31), deren systematische Fortsetzung noch aussteht.

Die allgemeinen Bogenerscheinungen scheinen bis herab zu dem angegebenen Druck von rund 1/40 Atm. im wesentlichen erhalten zu bleiben. Infolge der erleichterten Diffusion (größere freie Weglängen!) dehnen sich aber die Bogensäule wie die Anodenflamme sehr erheblich aus.

Dabei erreicht der anodische Bogenansatz eine außerordentliche Gleichmäßigkeit, die sich durch höchste Konstanz der Leuchtdichte wie der gesamten Bogenstrahlung bemerkbar macht. Die Leuchtdichte sinkt andererseits entsprechend der geringeren räumlichen Dichte der Leuchtzentren erheblich ab.

d) Das Verhalten des Hochstromkohlebogens bei Überdruck.

Bogenuntersuchungen bei Überdruck sind seit Lummer 1) verschiedentlich, am Niederstrombogen besonders von Mathiesen 2) und am Beckbogen sehr kurz von Gehlhoff (24), ausgeführt worden. Ihr Ziel war stets die Vergrößerung der Leuchtdichte.
1) O. Lummer, Die Verflüssigung der Kohle, Braunschweig 1914.
2) W. Mathiesen, Untersuchungen über den elektrischen Lichtbogen, Leipzig 1921.

Der von Lummer beobachtete außerordentliche Anstieg der Kraterleuchtdichte des Niederstrombogens mit wachsendem Druck scheint auf einem gleich noch zu besprechenden Irrtum zu beruhen, da seine Messungen inzwischen nie wieder reproduziert werden konnten.

Wir selbst haben (31) auch über das Verhalten des Hochstromkohlebogens bei Überdruck mit der früher von Mathiesen benutzten Apparatur nur eine geringe Anzahl von Messungen bei Drucken bis zu 12 Atü ausgeführt. Ihr grundsätzliches Ergebnis war, daß der Bogenmechanismus sich auch bei Druckerhöhung nicht merklich ändert, daß diese aber eine Volumenverringerung der leuchtenden Entladungsteile und damit eine Vergrößerung der örtlichen Leuchtdichte bei gleichzeitig zunehmender Licht-Unruhe bewirkt.

Tab. 7 zeigt den Vergleich der Abbrand- und Leuchtdichtewerte des Homogenkohlebogens in Luft, Kohlendioxyd, Sauerstoff und Stickstoff bei 1 bzw. 4,5 Atm. Druck. Der Abbrand nimmt erwartungsgemäß nur wenig, die Leuchtdichte wegen der Volumenverminderung merklich stärker zu.

Tabelle 7.

Leuchtdichte- und Abbrandwerte der positiven Homogenkohle RW Gamma S von
6mm Durchmesser beim Betrieb des Homogenkohle-Hochstrombogens bei 70 Amp.
in verschiedenen Gasen und bei verschiedenen Drucken nach Messungen von
Schlüge und dem Verfasser (31).

Gas/Name Gasdruck Atm. Leuchtdichte Stilb Pos. Abbrand mm/sec
Luft 1 30.000 0,45
O2 1 27.000 0,43
O2 4,5 47.000 0,57
N2 1 24.000 0,30
N2 4.5 33.000 0,49
CO2 1 28.000 0,50
CO2 4,5 46.000 0,53

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Vergleich Reinkohlebogen mit Gleichstrom-Beckbogen

Die Abb. 89 und 90 zeigen die Zunahme der Kraterleuchtdichte eines 7mm-Reinkohlebogens der konstant gehaltenen Bogenleistung 1.500 Watt sowie eines 7mm-Gleichstrom-Beckbogens von 2.500 Watt Bogenleistung mit dem Druck.

Beim Reinkohle-Hochstrombogen wie beim Beckbogen finden wir eine 3,3fache Kraterleuchtdichte bei Verzehnfachung des Druckes. Die Leuchtdichte steigt danach bei konstant gehaltener Bogenleistung ungefähr mit der Wurzel aus dem Gasdruck.

Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß die gelegentlich in der Literatur angeführte wesentlich größere Leuchtdichtesteigerung des Beckbogens mit dem Druck, die Gehlhoff (34) auf Grund weniger Versuche mitgeteilt hat, nicht direkt gemessen, sondern ans der pyrometrisch gemessenen schwarzen Temperatur (vgl. S. 111) nach der von Lummer angegebenen, nicht richtigen Behauptung von der Zunahme der Leuchtdichte mit der 8,5-ten Potenz der Temperatur berechnet worden war, während nach unseren S. 114f. behandelten Rechnungen in dem fraglichen Bereich die Beziehung :

Formel Leuchtdichte B = const.*T usw....

angewendet werden müßte.

Steigerung der Leuchtdichte durch (Über-) Druck

Die von Lummer und Gehlhoff angegebenen Steigerungen der Leuchtdichte mit dem Druck müssen also um ein mehrfaches zu hoch sein, und wir sind überzeugt, daß die von uns durch direkte Messung ermittelte Druckabhängigkeit der Leuchtdichte deren richtigen Verlauf zeigt.

Übrigens ergibt eine vom Verfasser durchgeführte Umrechnung der alten von Lummer am Niederstrombogen durchgeführten Messungen mittels unserer richtigen Beziehung eine recht befriedigende Übereinstimmung mit den direkten Messungen Abb. 89.

Wir können nun umgekehrt mittels der richtigen T5.4-Abhängigkeit aus unserer gemessenen Druckabhängigkeit der Leuchtdichte die Druck-Abhängigkeit der Kratertemperatur berechnen.

Die Messungen ergeben :

Der Leuchtdichtezunahme um den Faktor 3,3 bei Steigerung des Drucks von 1 auf 10 Atm. entspricht eine Temperatursteigerung um den Faktor 1,25. Die Temperatur des Reinkohlekraters nimmt demnach bei Drucksteigerung von 1 auf 10 Atm. von 4.000°K auf 5.OOO°K zu, die unseres gemessenen sehr schwach belasteten Beckbogens von 5.600°K auf 7.OOO°K!

Wir erwähnten bereits, daß eine systematische Fortführung dieser Versuche nur mit der S. 141 zu besprechenden magnetischen Stabilisierung erfolgversprechend scheint.

Auch dann aber stehen einer technischen Anwendung des Überdruck-Beckbogens die sehr dichten, aus Ruß und Ceritverbindungen bestehenden Bogendämpfe im Wege. Wir haben diese bei unsern Versuchen oberhalb des Bogens abgesaugt und den Kesseldruck durch Nachpumpen konstant gehalten. Für technische Anwendungen aber ist dieses Verfahren kaum brauchbar, obwohl an sich die starke Leuchtdichtezunahme ohne Vergrößerung der elektrischen Bogenleistung und bei kaum vergrößertem Abbrand zur technischen Anwendung reizen muß.

D-3. Magnetische Eigenschaften und magnetische Beeinflussung des Hochstromkohlebogens.


Die systematische Untersuchung der magnetischen Eigenschaften und Beeinflussungsmöglichkeiten des Hochstromkohlebogens ist erst in den letzten Jahren (Anmerkung : etwa ab 1940/41, als die ersten Flächenbombardements der Engländer bessere Flak-Scheinwerfer erforderten) begonnen worden und noch nicht zu einem befriedigenden Abschluß gekommen, obwohl durch geschicktes Probieren von verschiedenen Seiten bereits gute technische Lösungen magnetischer Bogenbeeinflussung gefunden worden sind.

Während diese sich bisher stets auf Gleichstrombögen bezogen, hat in jüngster Zeit Haury (43) im Institut des Verfassers die magnetische Beeinflussung des Wechsel- und Drehstrombogens weitgehend geklärt und seine Ergebnisse auch technisch angewendet.

Die gemeinsame Grundlage aller magnetischen Eigenschaften und Beeinflussungsmöglichkeiten ist die Tatsache, daß die Bogensäule als ganzes ebenso wie die einzelnen bewegten Teile (Ladungsträger oder ganze Gebiete des Bogens wie der Ahodendampfstrom) frei bewegliche Konvektionsströme darstellen und folglich durch ihr eigenes wie durch fremde Magnetfelder abgelenkt und sonst beeinflußt werden können, wobei die Ablenkung bekanntlich stets senkrecht zur Feldrichtung und zur Bewegungsrichtung des oder der Ladungsträger erfolgt.

a) Die Wirkung des Eigenmagnetfelds des Bogenstroms.

Wie jeder elektrische Strom sind auch die stromführenden Teile des elektrischen Lichtbogens von konzentrischen magnetischen Kraftlinien umgeben, deren Wirkung wir zunächst betrachten. Bei Winkelstellung der Kohlen und dadurch gekrümmter Bogensäule (wir sprechen zunächst von der unkontrahierten Säule unter 80 Amp.) ist an der konkaven Seite des Bogens (vgl. Abb. 91) die Feldliniendichte größer als an der konvexen.

Die Folge ist eine von der konkaven zur konvexen Seite gerichtete resultierende magnetische Kraft, die den Bogen gemäß Abb. 91 nach oben abzulenken sucht.

Diese magnetische Kraft kann mit zunehmendem Bogenstrom so groß werden, daß z. B. ein Reinkohlebogen von über 40 Amp. ohne magnetische Stabilisierung in 100°-Winkelstellung nicht mehr ruhig brennt, sondern „von seinen eigenen Magnetfeld ausgeblasen wird".

Und hier steht es : Warum der Lichtbogen Lichtbogen heißt.

Bei etwas geringerer Stromstärke kann der Lichtbogen erfahrungsgemäß bei einer bestimmten Krümmung einigermaßen stabil brennen, und von dieser Form rührt ja überhaupt die Bezeichnung „Bogen" her.

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Die magnetischen Auslenkung und die elektrische Kraft

Denn der magnetischen Auslenkung des Bogens, die ja stets mit einer Vergrößerung der tatsächlichen Bogenlänge verbunden ist, wirkt eine elektrische Kraft entgegen, die ihr bei nicht zu großer Stromstärke das Gleichgewicht halten kann.

Der Bogen hat nämlich das Bestreben, bei kleinst-möglicher Spannung und damit kürzest-möglicher Länge zu brennen, weil dann die mittlere Temperatur und damit das mittlere Leitvermögen im Bogen am größten ist.

Folglich wird an der Innenseite des gekrümmten Bogens die Stromdichte größer sein als an der einer größeren Bogenlänge entsprechenden Außenseite. Die Folge hiervon ist eine Aufheizung an der Innenseite und eine Abkühlung an der Außenseite des „Bogens", wodurch der Lichtbogen als ganzes nach innen verschoben, der magnetischen Auslenkung also entgegengewirkt wird.

Die eigentümlichen Krümmung beider Bogenflammen

Beim voll entwickelten Hochstrombogen mit kontrahierter Säule äußert sich die ablenkende magnetische Kraft in der eigentümlichen Krümmung beider Bogenflammen, d. h. der Anodenflamme und der kontrahierten Säule.

Der thermische Auftrieb der Bogen-Gase

Daß diese typische Form des in Winkelstellung brennenden Hochstrombogens (vgl. Abb. 1) nicht, wie man zunächst meinen könnte, durch den thermischen Auftrieb bedingt ist, folgt daraus, daß der als „Invertbogen" umgekehrt (hängend) brennende Bogen im Großscheinwerfer nicht dem thermischen Auftrieb folgend nach oben, sondern der magnetischen Eigenkraft folgend nach unten durchgekrümmt ist.

Der thermische Auftrieb der heißen Bogengase spielt gegenüber der Wirkung des Eigenmagnetfelds beim Hochstrombogen eine ganz untergeordnete Rolle, wie Höcker (45, 46) inzwischen auch theoretisch hat plausibel machen können.

Die Erklärung dieses Auftriebes

Im einzelnen kommt die z. B. aus Abb. 2 ersichtliche Krümmung der beiden Bogenflammen beim Hochstromkohlebogen in folgenderweise zustande:

Die den Bogen gemäß Abb. 91 nach oben-außen treibende magnetische Kraft kann zwar im gesamten wirkenden Bereich als konstant angesehen werden. Die S. 154 noch zu behandelnde Steifheit der kontrahierten Säule dagegen nimmt vom negativen Fußpunkt nach dem anodenseitigen Ende der Säule hin ab, und das gleiche gilt für die auf der mechanischen Strömungsgeschwindigkeit (vgl. S. 166 f.) beruhende „ Steifheit" der Anodenflamme, die mit der abnehmenden Strömungsgeschwindigkeit zum Flammenende hin nachläßt.

Während die Richtungen beider Flammen (der positiven wie der negativen) also anfangs mit den Richtungen der entsprechenden Kohlen übereinstimmen, werden beide Flammen in ihrem weiteren Verlauf durch das Eigenmagnetfeld immer mehr in Richtung der Winkelhalbierenden der Kohlen nach außen fortgedrückt, womit ihre typische Krümmung (vgl. Abb. 1 und 2) erklärt wäre. Höcker und der Verfasser (27) bezeichnen den Hochstrombogen mit aus diesem Grunde als „eigenfeldbestimmten" Bogentyp.

Beim rotationssymmetrischen Bogen mit koaxialer Kohlenstellung besteht an sich keine Unsymmetrie des Eigenmagnetfelds und damit keine Ursache einer Bogenkrümmung.

Die Anfangskrümmung und das „Ausblasen" des Bogens

Ist aber einmal eine Anfangskrümmung vorhanden - und diese wird oft in geringem Maße durch den thermischen Auftrieb hervorgerufen -, so bewirkt das Magnetfeld wieder eine Vergrößerung der Auslenkung der Bogensäule und kann dann bei genügender Stromstärke den Bogen leicht „ausblasen".

Es ist einleuchtend, daß diese „Blaswirkung" des Eigenmagnetfelds um so stärker wirksam wird, je beweglicher die Bogensäule ist, und das heißt unter sonst gleichen Bedingungen: je größer die Bogenlänge ist.

Das Eigenfeld ist daher entscheidend für die ganze Entwicklung des durch große Bogenlänge und daher große Bogenbeweglichkeit ausgezeichneten sog. Flammenlichtbogens.

Das Denkmodell:
Die Bogensäule aus lauter parallelen Stromfäden

Weiter wächst die „Blas-Wirkung" des Eigenmagnetfelds natürlich mit der Stromstärke. Bei den stromstärksten heute technisch verwendeten Beckbögen von etwa 1.200 Amp. wird durch sie und die echte mechanische Blaswirkung des Anodendampfstrahls besonders bei 90°-Stellung der Kohlen die kontrahierte Säule so stark vom positiven Krater fortgedrückt, daß ein ruhiger Bogenbetrieb ohne stabilisierende Mittel nicht mehr möglich ist. Auf diese kommen wir gleich zu sprechen.

Außer dieser ablenkenden Wirkung hat das Eigenmagnetfeld des Bogens wie das jedes elektrischen Stroms noch eine kontrahierende Wirkung. Denken wir uns nämlich die Bogensäule aus lauter parallelen Stromfäden bestehend, so werden diese alle in der gleichen Richtung vom Strom durchflössen und ziehen sich daher an.

Es steht noch nicht sicher fest, wie weit diese Wirkung an der bei etwa 85 Amp. einsetzenden Umbildung der normalen Bogensäule zur kontrahierten Hochstromsäule beteiligt ist (vgl. S. 151).

Auch die S. 154 noch zu besprechende eigentümliche „Steifheit" der kontrahierten Säule, deren Richtung zunächst stets mit der der Negativkohle übereinstimmt, deutete der Verfasser (16) als Wirkung des Eigenmagnetfelds.

Da jede zufällige Anfangskrümmung etwa am kathodischen Fußpunkt der Säule zu einer einseitigen Feldstärkevergrößerung führt, die sich auszugleichen sucht, sucht die Bogensäule solche Krümmungen zu vermeiden, und zwar um so mehr, je größer ihre Stromdichte an der betreffenden Stelle ist.

b) Die Wirkung eines unbewickelten „Blasmagneten".

Zur Verhinderung des im letzten Abschnitt beschriebenen „Ausbrechens" des Bogens infolge der Wirkung des Eigenmagnetfelds benutzt man in der Praxis (Kinolampen) seit langem sogenannte „Blasmagnete", die in ihrer meist verwendeten Form etwa gemäß Abb. 92 in einem die Positivkohle in der Nähe des Brennendes umfassenden hufeisenförmigen Stück Bandeisen bestehen.

Die Wirkung eines einfachen Blasmagneten

Die Wirkung eines solchen einfachen, unbewickelten Blasmagneten besteht erfahrungsgemäß darin, daß der Bogen, ohne nach oben auszubrechen, ruhig brennt.

Beim Hochstrombogen (Beckbogen) wird gleichzeitig die ohne Blasmagneten gemäß Abb. 93a zunächst nach vorn herausschießende Anodenflamme zurückgebogen (vgl. Abb. 93b), bei geeigneter Anordnung und Größe des Hufeisens auch noch verkürzt.

Allgemein gilt als Merkregel, daß die Bogensäule durch den beschriebenen Blasmagneten zum Joch hin abgelenkt wird.

Zwei Ursachen

Die Wirkung des Blasmagneten kann auf zwei verschiedenen Ursachen beruhen. Einerseits wird durch den Bogenstrom das ihn mehr als halbkreisförmig umschlingende Eisenband magnetisiert, so daß zwischen dessen jetzt zu Polen gewordenen Enden ein magnetisches Streufeld entsteht, in dem die Bogensäule nach der Linkehandregel abgelenkt wird.

Außerdem aber könnte von Bedeutung noch die damit zusammenhängende Wirkung sein, daß das den Bogen umschlingende Eisenband den Feldlinienverlauf besonders unterhalb des Bogens durch „Anziehen" aller benachbarten Feldlinien verändert und dadurch die zum Ausbrechen des Bogens führende Feldstärkevergrößerung unterhalb des Bogens vermindert. Eine befriedigende Deutung der Anodenflammenverkürzung fehlt bisher.

c) Die Wirkung eines äußeren magnetischen Querfeldes.

Die Wirkung äußerer magnetischer Ouerfelder (Feldlinien senkrecht zur Bogenachse stehend) ist von Hannappel (42) im Institut des Verfassers und unabhängig von Seeliger und Franzmeyer (91) in Greifswald untersucht worden, nachdem schon seit Jahren in der Technik Elektromagnete verschiedenster Ausführung mit wechselndem Erfolg zur Bogenbeeinflussung angewandt worden sind.

Zur Erzeugung des Querfeldes dient ein fremderregter Hufeisenmagnet oder wegen der vielseitigen Regulier- und Einstellmöglichkeiten zwei Elektrostabmagnete, die mit entgegengesetzten Polen gemäß Abb. 95 etwas oberhalb der Horizontalebene der Positivkohle rechts und links seitlich angebracht werden.

Übereinstimmend wurde festgestellt, daß der Bogen gegenüber äußeren Magnetfeldern außerordentlich empfindlich ist und schon geringe Veränderungen der Stellung oder der Erregungsstromstärke der Magnete beträchtliche Veränderungen im Bogenbild hervorrufen.

Zur Erzielung technisch reproduzierbarer Verhältnisse muß deshalb die Magnetform, die Magnetstellung und die Magneterregung genauestens festgelegt sein; man arbeitet ferner der besseren Regulierbarkeit wegen nicht mit den technisch bevorzugten Hauptschlußmagneten, sondern mit Nebenschlußmagneten mit Regulierwiderstand.

Die Theorie ist nur leidlich klar

Die Theorie der Wirkung des Querfeldes ist noch nicht völlig klar, doch lassen sich die wesentlichen Züge schon einigermaßen übersehen. Durch das Eigenmagnetfeld wird der in Winkelstellung brennende Bogen in Richtung der Winkelhalbierenden der beiden Kohlen nach außen gedrückt, und diese Auslenkung wird noch unterstützt durch den mechanischen Impuls des infolge der gleichen Eigenfeldwirkung nach oben abgelenkten Anodendampfstrahls.

Vier störende Wirkungen der Bogenauslenkung

Vier Wirkungen dieser Bogenauslenkung sind besonders störend und durch ein äußeres Querfeld zu beheben:
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  • a) Bei großer Stromstärke (I > 200 Amp.) verhindert die mit der Stromstärke zunehmende Bogenauslenkung jeden stabilen Bogenbetrieb und führt zu einem extrem unruhigen, flackernden und u. U. abreißenden Bogen.
  • b) Die aus der Anodenrichtung nach oben, d. h. von der Negativkohle fort, abgelenkte Anodenflamme stört bei der Anwendung des Bogens.
  • c) Die Bogensäule setzt bevorzugt am oberen Teil der Positivkohle an und bewirkt zusammen mit der nach oben abströmenden Anodenflamme eine ungleichmäßige Kraterausleuchtimg, bei der der untere und die beiden seitlichen Teile des Kraters gegenüber der Mitte und dem oberen Teil benachteiligt (dunkler) erscheinen.
  • d) Da der Bogenstrom über die ausgelenkte, gekrümmte Bogensäule und den stromführenden Teil der Anodenflamme auf einem gegenüber der direkten Verbindung der beiden Kohlenspitzen wesentlich verlängerten Weg die Anode erreicht, ist die Bogenspannung und damit die umgesetzte Bogenleistung höher als erforderlich.

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Empirisch zu ermittelnde Kompensation eines magnetischen Querfeld

Diese unerwünschten Wirkungen der durch das Eigenmagnetfeld und die Anodendampfstrahl-Blaswirkung bedingten Bogenauslenkung können durch ein äußeres magnetisches Querfeld kompensiert werden, dessen Richtung sich aus der Dreifingerregel ergibt, und dessen Stärke vorläufig empirisch ermittelt werden muß.

Es ist ohne weiteres einzusehen, daß ein solches, den Bogen in Richtung der Winkelhalbierenden der Kohlen nach innen drückendes Magnetfeld die Wirkungen (a), (c) und (d) kompensieren muß und einen auch bei höchsten Stromstärken und der technisch günstigen 90°-Stellung stabil brennenden Bogen, eine bessere und gleichmäßigere Kraterausleuchtung sowie eine Verminderung der Bogenspannung und damit der Bogenleistung ergeben muß und das, wie Hannappel nachgewiesen hat, auch tut.

Die Wirkung des Magnetfeldes auf die Anodenflamme

Schwerer zu verstehen ist die Wirkung des Magnetfeldes auf die Anodenflamme. Da deren anodenseitiger Teil als turbulente Säule an der Stromleitung beteiligt ist, unterliegt er der Beeinflussung durch das äußere Querfeld und wird nach unten abgelenkt, so daß die durch ihn bestimmte Richtung der ganzen Anodenflamme annähernd mit der der Positivkohle übereinstimmen sollte.

Erfahrungsgemäß wird aber von der kontrahierten Bogensäule ein theoretisch noch nicht verständlicher Impuls (vgl. S. 154) übertragen, der den nicht stromführenden und daher elektrischen Kräften nicht und magnetischen (infolge der Ladungsträgerkonvektion) nur wenig unterliegenden äußeren Teil der Anodenflamme auf die Anode zurückdrückt, so daß eine starke Verkürzung der Anodenflamme bei gleichzeitiger Konzentration um den positiven Krater gemäß Abb. 94c und Abb. 96 bewirkt wird.

Zieht man nun noch die Positivkohle gegenüber der üblichen Kohlenstellung (Bogen unter 100 Amp.!) gemäß Abb. 96 um mehrere mm zurück, so erhält man eine gegenüber dem unbeeinflußten Fall merklich vergrößerte Dicke der strahlenden Dampfschicht vor dem positiven Krater und damit eine Steigerung der von vorn gemessenen Kraterleuchtdichte um 10-20%.

Auch diese indirekten Wirkungen des Magnetfelds scheinen somit einigermaßen verständlich.

Die Verminderung des Abbrands bzw. der Verdampfung

Noch nicht so klar ist der letzte von Hannappel empirisch festgestellte Effekt des Querfeldes, nämlich die Verminderung des Abbrands, d. h. der für den Bogenmechanismus entscheidenden sekundlichen Verdampfung der Positivkohle um bis zu 40%.

Wir möchten annehmen, daß sie damit zusammenhängt, daß die bei unbeeinflußtem Bogen nach oben abströmende Anodenflamme ja eine Kühlung des Kraters darstellt, die durch die Leuchtdampfkonzentration vor dem Krater (d. h. die geringere Abströmgeschwindigkeit) merklich vermindert wird, so daß der zur Kompensation der Abkühlung sich einstellende höhere Anodenfall und mit ihm die Anodenverdampfung entsprechend kleiner werden.

Alle diese Fragen harren aber noch der sauberen theoretischen Untersuchung. Wir erwähnen noch, daß man nach Hannappel bei „falscher", d.h. umgekehrter Polung des äußeren Querfeldes erwartungsgemäß Bogenbilder gemäß Abb. 97 erhält. Dieser Effekt kann wegen der weitgehenden Trennung der beiden Bogenflammen für die Untersuchung des Strömübergangs zwischen diesen und damit für das Verständnis des Flammenbogens an Bedeutung gewinnen.

d) Die Wirkung eines magnetischen Längsfeldes.

Bei den bisher ausgeführten orientierenden Versuchen (42) war eine Wirkung eines magnetischen Längsfeldes auf die Bogensäule nicht mit Sicherheit feststellbar. Auch theoretisch ist bei homogenen Feldern üblicher Größe ein Einfluß nicht zu erwarten.

Das Längsfeld wurde durch Anbringung eines Solenoids (einer Magnetspule) um die Negativkohle erzeugt, so daß die Säule sich in einem nach der Positivkohle zu inhomogener werdenden Längsfeld befand. Versuche mit einem die ganze Säule umgebenden Solenoid ergaben ebenfalls kein auffallendes Ergebnis. Legte man das Solenoid um die Positivkohle, so ließ sich mit ihr eine Formung der Anodenflamme (sog. „Wagenradeffekt") erzielen.

Die Wirkung des Solenoids (der Magnetspule)

Das Längsfeld des die Negativkohle umschließenden Solenoids hat aber nach Hannappels Versuchen eine gewisse stabilisierende und beruhigende Wirkung auf die kontrahierte Säule bzw. deren Einmündung in die Anodenflamme.

Während hier ohne Magnetfeld der bereits erwähnte „Kampf der positiven und negativen Flamme tobt" und diese Bewegungen der Säule gegenüber dem Krater zu einer erheblichen Lichtunruhe, besonders bei hoch belasteter, stark verdampfender Positivkohle Anlaß geben, beobachtete Hannappel als Folge des achsialen Magnetfeldes eine räumlich festere, stabilere kontrahierte Säule und als deren Folge eine geringere Lichtunruhe.

Nach Guillery (39) dagegen begünstigt bei höheren Stromstärken in theoretisch verständlicher Weise ein achsiales Magnetfeld das Einsetzen des störenden Wendelns der kontrahierten Säule (vgl. S. 17 und 194).

e) Die theoretischen Grundlagen der Stabilisierung des Drehstrombogens durch ein magnetisches Drehfeld.

Die Theorie und Praxis der Stabilisierung des Drehstrom- wie des Wechselstrom-Beckbogens wurde im Institut des Verfassers von Haury (43) geklärt.

In Abb. 98 sollen die Punkte A, B, C die Spitzen dreier Kohlen darstellen, an die die drei Phasen der Spannungsquelle angeschlossen sind. A, B und C sind dann unter sich durch Bogensäulen leitend verbunden, wobei der Strom in diesen drei Zweigen seiner Richtung und Stärke nach sich mit der Periode der Spannungsquelle ändert, und die drei Ströme gegeneinander je 120° Phasendifferenz besitzen.

Ab hier Texte und Formeln wegen der Serifen-Buchstaben nicht korrigiert

Zum Verständnis der magnetischen Beeinflussung dieses Drehstrombogens ist es am einfachsten, die magnetische Wirkung der drei Einzelströme in AB, BC und CA auf den zentralen Punkt S zu betrachten und durch einen resultierenden magnetischen Vektor s darzustellen. Konstruiert man diesen nach dem Biot-Savartschen Gesetz für die auf einander folgenden Zeitpunkte einer Drehstromperiode, so erkennt man geometrisch oder rechnerisch leicht, daß dieser vom Drehstrom selbst erzeugte resultierende Vektor ps seinem Betrag nach während der ganzen Periode konstant bleibt, seine Richtung aber dauernd ändert, d. h. sich mit der Frequenz der Spannungsquelle um S dreht.

Diesen resultierenden Eigendrehfeldvektor können wir uns nun durch einen ebenfalls auf den Punkt S bezogenen resultierenden Stromvektor Sr verursacht denken, der stets auf fys senkrecht steht und damit wie Jös mit der Frequenz der Spannungsquelle rotiert. Für die Betrachtung der magnetischen Wirkung des Drehstroms ersetzt dieser resultierende Stromvektor 5R also die schwer zu übersehende Wirkung der drei nach Richtung und Stärke sich dauernd ändernden Ströme in AB, BC und CA. Diese Konstruktion von 3 R und vös ist, wie hier nicht ausdrücklich bewiesen werden soll, unabhängig davon, ob die drei Kohlen in einer Ebene liegen, einen Winkel miteinander bilden, oder parallel stehen.

Die störende Wirkung des Eigenmagnetfelds beim Drehstrombogen besteht nun darin, daß bei gegeneinander geneigten Kohlen die zwischen A und B, B und C sowie C und A entstehenden Fichtbögen sich wie der in Winkelstellung brennende Gleichstrombogen aufzublähen suchen. Diese Wirkung des Eigenmagnetfelds auf jeden einzelnen der drei Bögen ist um so größer, je kleiner der Kohlewinkel ist, weil mit abnehmendem Kohlewinkel die Krümmung der Strombahn wachsen muß. Die Auslenkung ist ferner natürlich wieder der Stromstärke proportional.

Neben dieser grundsätzlich schon vom Gleichstrombogen her bekannten Eigenfeldwirkung muß nach Haury beim Drehstrombogen theoretisch noch eine nur für diesen typische gegenseitige Beeinflussung der drei Einzelbögen hinzukommen, die aus Abb. 99 verständlich wird. Hier sind für einen beliebig herausgegriffenen Augenblick die drei Einzelströme nach Größe und Richtung durch ihre Vektorpfeile dargestellt. Da parallele Ströme sich anziehen, antiparallele sich abstoßen, erkennt man, daß in dem dargestellten Augenblick die bei B und C sich treffenden beiden Ströme sich anziehen, die bei A dagegen wegen ihrer entgegengesetzten Richtung sich abstoßen.

Verfolgt man diesen Effekt des Eigenmagnetfelds von Zeitpunkt zu Zeitpunkt, über eine Drehstromperiode, so erkennt man nach Haury, daß die Einzelbögen infolge abwechselnder gegenseitiger Anziehung und Abstoßung eine seitliche Flatterschwingung ausführen müssen, und zwar mit der doppelten Frequenz der Spannungsquelle.

Die experimentelle Bestätigung dieser Theorie durch Zeitlupenaufnahmen ist durch die Zeitereignisse (Anmerkung : der böse Krieg) vereitelt worden. Zur Kompensation des oben erwähnten Aufblasens der drei Einzelbögen durch das Eigenmagnetfeld (und die Blaswirkung der Anodendampf strahlen) müssen die Bögen durch ein äußeres Magnetfeld in die Ebene der drei Krater zurückgedrückt werden.

Dieses Zurückdrücken kann erreicht werden durch ein äußeres magnetisches Drehfeld, dessen resultierender Vektor J0R in der Tangentialebene der drei gekrümmten Einzelbögen stets auf dem resultierenden Stromvektor Sr senkrecht steht.

Abb. 100 zeigt an einem wieder für einen beliebigen Zeitpunkt dargestellten Beispiel, daß durch ein zu 5r senkrechtes JöR tatsächlich nach der Dreifingerregel jeder der drei Einzelbögen zurückgedrückt wird, und daß die dieses bewirkende Komponente von JöR stets dem Momentanwert des betreffenden Einzelstroms proportional ist.

Hierzu ist in Abb. 100 der resultierende Stromvektor (beliebig angenommener Größe!) aus den drei Einzelströmen konstruiert und ein zu ihm senkrechter resultierender Magnetvektor Sr gezeichnet worden. Die Komponenten von vÖR senkrecht zu den drei Einzelbögen AB, BC und CA haben nun gerade die Richtung, daß sie nach der Dreifingerregel den betreffenden Einzelbogen zurückdrücken, und gleichzeitig eine dem betreffenden Einzelstrom proportionale Größe. Durch Zeichnung ähnlicher Abbildungen für die verschiedenen Zeitpunkte einer Periode überzeugt man sich, daß diese gewünschte Wirkung in jedem Augenblick vorhanden ist, wenn der resultierende Vektor R des äußeren Magnetfelds stets senkrecht steht zu dem resultierenden Drehstromvektor 5R.

Bis hierher wurde der Text mit den Formeln wegen der Serifen-Buchstaben nicht korrigiert.

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f) Ausführung und Ergebnis der Stabilisierung des Drehstrombogens.

Zur experimentellen Verwirklichung des zur Stabilisierung erforderlichen magnetischen Drehfeldes verwendet Haury einen ringförmigen Eisenkern, auf den drei Spulen gewickelt sind, deren jede 120 Grad des Ringumfangs einnimmt. Werden diese drei Spulen im Stern oder Dreieck zusammengeschaltet und vom Drehstrom durchflossen, so entsteht im Mittelpunkt S des Ringes das gewünschte magnetische Drehfeld HR.

Abb. 101 zeigt die verwendete Anordnung. Der Ringmagnet ist so um die parallel stehenden drei 14mm-Nurdocht-Beckkohlen angeordnet, daß diese senkrecht zur Ebene des Rings stehen. Die erforderliche Senkrechtstellung des magnetischen Vektors JOr zum resultierenden Stromvektor  sR konnte wegen der schwer mit Sicherheit voransznbestimmenden Phasenlage zwischen Bogenstrom und Magnetisierungsstrom (Phasenverschiebung z. B. durch die Induktivität des Ringmagneten) nur empirisch vorgenommen werden, wozu der Ring drehbar montiert war.

Wenn der Drehstrombogen ruhig brennt

Bei richtig stehendem Ringmagneten wird der gesamte Drehstrombogen erwartungsgemäß an die Kohlen herangedrückt und brennt sehr ruhig und ohne auffallendes Flackern.

Abb. 102 zeigt den Bogen ohne magnetische Beeinflussung bei einer Stromstärke von 50 Amp. und einer Bogenbrennspannung von 80 Volt. Nach Einschalten des Magneten ergibt sich das Bild Abb. 103; dabei steigt die Stromstärke auf 75 Amp. bei gleichzeitigem Absinken der Bogenspannung von 80 auf 35 Volt!

Dieser Größenänderung der elektrischen Werte entspricht die bedeutende sichtbare Änderung der Brennform des Bogens. Die gewaltige Leuchtdichtesteigerung konnte nicht mehr gemessen werden, da die Versuche aus äußeren Gründen (Anmerkung : der böse Krieg) abgebrochen werden mußten.

Entstörung durch zweiten Ringmagneten

Durch ein zu starkes Magnetfeld kann der Bogen leicht so stark zurückgedrückt werden, daß er nicht knapp vor, sondern innen zwischen den Kohlen brennt. Dieses „innere Brennen" kann auch durch einen Tropfen der abschmelzenden Verkupferung der Kohlen über einen momentanen Kurzschluß eingeleitet werden.

Zur Vermeidung dieser Störung wurde hinter dem großen Ringmagneten ein zweiter kleinerer ebenfalls auf Abb. 101 erkennbarer angebracht, der so gepolt war, daß er die entgegengesetzte Wirkung hatte wie der große.

Der Bogen war dann durch die beiden Magnetfelder richtig eingegrenzt und voll stabilisiert. Ließ man den Bogen dagegen nur mit dem kleinen Ringmagneten brennen, oder drehte man den Ring des Hauptmagneten so, daß dieser dieselbe „falsche" Wirkung hatte, so konnte man den Bogen momentan ausblasen. Abb. 104 zeigt den Augenblick gleich nach dem Einschalten dieser Beeinflussung. Die Stromstärke ist auf 35 Amp. gesunken, die Bogenspannung auf 90-100 Volt gestiegen, gleich darauf erlischt der Bogen.

g) Die magnetische Stabilisierung des Wechselstrombogens.

Das gleiche magnetische Drehfeld kann nach Haury (43) auch zur Stabilisierung des Wechselstrombogens dienen. Bei stroboskopischer Beobachtung erkennt man nämlich sehr schön, daß der Wechselstrombogen während einer Periode gemäß Abb. 105 zwischen den Formen a und b hin und her pendelt, da er zur Zeit des Strommaximums infolge der Ablenkung durch das starke Eigenfeld viel weiter von den Kohlen fortgeblasen wird als zur Zeit des Stromminimums.

Eine Verhinderung dieser auch energetisch ungünstigen Bogenbewegungen erfordert eine fremdmagnetische Kraft, deren Größe der jeweiligen Stromstärke proportional ist, d. h. groß im Fall a und klein im Fall b.

Diese Bedingung erfüllt nach Haury der erwähnte Ringmagnet, wenn er so montiert wird, daß seine Ebene senkrecht zur Winkelhalbierenden der beiden Kohlen steht und der Bogen aus dem Mittelpunkt des Ringes herausbrennt.

Die ideale Bogenbeeinflussung

Bei einer ganz bestimmten Ringstellung ergibt sich dann die ideale Bogenbeeinflussung. Abb. 106 zeigt den unbeeinflußten Bogen von der Seite, Abb. 107 die günstigste Bogenstabilisierung. Bei zu großer Erregerstromstärke wird der Bogen nach hinten durchgeblasen.

Die Erklärung dieser Stabilisierung folgt wie beim Drehstrombogen aus der Betrachtung von Stromvektor und Magnetfeldvektor. Bei richtiger Ringstellung steht nach Abb. 108 der Vektor des magnetischen Drehfeldes im Zeitpunkt des Bogenstrommaximums so auf dem Stromvektor senkrecht, daß der Bogen in der gewünschten Weise abgelenkt wird. Jeweils 1/12 Periode später ist die Bogenstromstärke auf die in Abb. 108 angegebenen Werte gesunken; gleichzeitig aber hat sich der Vektor des magnetischen Drehfeldes so weit gedreht, daß seine ablenkende, d. h. auf dem Bogenstrom senkrecht stellende Komponente um den gleichen Prozentsatz abgenommen hat wie die Bogenstromstärke.

Es wird also in jeder Stromphase eine ideale Stabilisierung erreicht. Diese Stabilisierung wird, wie Haury zeigte, noch weiter dadurch verbessert, daß das stabilisierende Drehfeld bei richtiger Ringstellung auch eine seitliche Ablenkung des Bogens zu verhindern sucht. In Übereinstimmung mit Haurys Theorie tritt dagegen bei falscher Ringstellung (magnetischer Vektor im Strommaximum nicht senkrecht auf dem Stromvektor stehend) eine seitliche Ablenkung der Bogenflammen aus der Ebene der Kohlen heraus auf. Die bei dieser Stabilisierung des Wechseistrom-Beckbogens mit dem Auge wahrnehmbare starke Leuchtdichtevergrößerung konnte wegen des Abbruchs der Versuche (Anmerkung : der böse Krieg) ebenfalls nicht mehr gemessen werden.

D-4. Die Eigenschaften der kontrahierten Hochstromsäule.

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a) Säulenumbildung und Säulensteifheit.

Wir wissen bereits, daß die bei Stromstärken unter 80 Amp. räumlich weit ausgedehnte Niederstromsäule, die die Verbindung von der negativen Spitze zum positiven Krater hin bildet, sich bei höheren Stromstärken zu einem engen Entladungsschlauch mit ausgedehnter Aureole umzubilden beginnt.

Ein Kern und eine Hülle bilden die Bogensäule

Zunächst deutet sich oberhalb 80 Amp. gemäß Abb. 5 ein photographisch dunkler erscheinender Kern an, bis bei Stromstärken über 130 Amp. die Bogensäule gemäß Abb. 1 und 2 aus einem weißlich-rosa gefärbten Kern und einer je nach dem umgebenden Gas verschieden gefärbten schlauchartigen Hülle besteht.

Zwischen Kern und Hülle liegt ein deutlicher Dunkelraum. Diese kontrahierte Säule, die ihres Aussehens wegen von den Lichtbogentechnikern allgemein „negative Flamme" genannt wird, setzt an der Spitze der Negativkohle mit dem S. 18 und 131 bereits behandelten Kathodenbrennfleck äußerst konzentriert an; sie mündet bei richtiger Kohlenstellung dicht vor dem positiven Krater in die Anodenflamme des Hochstrombogens ein.

Die Einzelheiten dieses Einmündens wurden S. 16 besprochen. Es scheint uns nach neueren Beobachtungen nicht unmöglich, daß die Umbildung nicht in einer eigentlichen Zusammenziehung der Säule besteht, sondern daß diese sich oberhalb 80 Amp. mit zunehmender Stromstärke nur nicht mehr ausdehnt, sondern statt dessen ihre Temperatur und damit Farbe ändert.

Nochmalige Umbildung der Säule oberhalb von 1000 Ampere

In der Gegend oberhalb 900 - 1.000 Amp. scheint nach Beobachtungen von Guillery und Zill (39) eine nochmalige Umbildung der Säule stattzufinden, bei der in der Achse der kontrahierten Säule ein feiner hellerer bläulich-weißer Faden sichtbar wird. Abb. 122 zeigt diese „überkontrahierte" Säule nach einer Aufnahme der Brüder Beck (5).

Es sei nochmals betont, daß die Umbildung der Säule oberhalb 100 Amp. unabhängig von den Vorgängen an der Anode stets erfolgt und daher gemäß Abb. 8 besonders gut zu beobachten ist, wenn man eine Positivkohle von so großem Durchmesser verwendet, daß an ihr noch keine Verdampfungserscheinungen zu beobachten sind.

Säulenkontraktion beim Schweißlichtbogen gut sichtbar

Auch beim Schweißlichtbogen hoher Stromstärke, bei dem das Werkstück wie üblich positiv gepolt ist, kann man diese Säulenkontraktion gut beobachten. Während an der Kathode dabei, wie S. 131 erwähnt, Stromdichten zwischen 500 und 5.000 Amp./cm2 auftreten, liegt die Stromdichte der kontrahierten Säule bei 2.000-3.000 Amp./cm2, wenn man annimmt, daß der gesamte Strom im Säulenkern fließt. Das ist aber, wie wir gleich sehen werden, praktisch sicher.

Eine weitere, dem Schweißtechniker wie dem Starkstromtechniker von den Lichtbögen an Hochspannungsisolatoren her bekannte Erscheinung ist die auffällige „Steifheit" der kontrahierten Säule, die bewirkt, daß diese unabhängig von der Stellung der Positivkohle sich stets in Richtung der Verlängerung der Negativkohle einzustellen sucht.

Diese Steifheit ist am größten am Kathodenansatz, an dem auch die Stromdichte am größten ist; sie ist relativ klein im Gebiet der geringsten Stromdichte nahe der Einmündung in den positiven Krater bzw. in die Anodenflamme.

b) Potentialverlauf, Spektrum und Temperatur der Hochstromsäule.

Der Potentialverlauf zwischen Kathode und Anodenflamme ist bisher nur sehr roh bekannt, da Sondenmessungen der üblichen Art sehr starke Eingriffe in die Entladung darstellen, bei denen diese stets erlischt.

Diese Unsicherheit betrifft auch den Kathodenfall, von dem man nur weiß, daß er zwischen 10 und 14 Volt liegen muß. Der Gradient der kontrahierten Säule kann aber grob durch Brennspannungsmessungen bei Variation der Säulenlänge ermittelt werden und liegt nach Messungen des Verfassers (vgl. Abb. 109) im Mittel über die ganze Säulenlänge genommen bei 10 Volt/cm.

Im älteren Schrifttum wird gelegentlich behauptet, daß an der Berührungsstelle zwischen kontrahierter Säule und Anodenflamme auch ein Potentialsprung läge, doch sind Messungen nicht bekannt geworden. Eine exakte Untersuchung der Potentialverhältnisse der Bogensäule einschließlich des Kathodenfalls wäre sehr wünschenswert.

Aufschluß über die Säule durch Untersuchung der Verteilung der spektralen Emission

Genaueren Aufschluß über die physikalischen Verhältnisse im Kern wie im Mantel der kontrahierten Säule gibt die Untersuchung der Verteilung der spektralen Emission über den Querschnitt der Säule (vgl. Abb. 73 und S. 102) sowie die von Schlüge (87) gemessene Verteilung der schwarzen Temperatur Ts über den Säulenradius, die Abb. 82 zeigt.

Hier prägen sich die auch dem Auge bemerkbaren, verschiedenen, durch Dunkelräume getrennten Hüllen der Säule als Maxima und Minima der schwarzen Temperatur sehr deutlich aus.

Die wahre Temperatur der kontrahierten Säule kann vorläufig nur theoretisch berechnet werden, worauf wir S. 192 eingehen. Die Achsentemperatur einer 200 Amp.-Hochstromsäule liegt danach bei 11.000°K 1).
1) Frühere von uns berechnete, wesentlich höhere Werte folgten aus einer Theorie von Mannkopff (ZS. Physik 120, 1943, 228), die wegen Vernachlässigung der Wärmeleitung der freien Elektronen für die Hochstromsäule nicht mehr gültig ist.

Der gesamte Strom fließt dem hoch ionisierten Säulenkern

Der Schluß, daß praktisch der gesamte Stromfluß in dem hoch ionisierten Säulenkern höchster Temperatur erfolgt, ist auch mit neueren Experimenten von Rohloff (79) in Übereinstimmung.

Dieser hat gezeigt, daß jede Verhinderung des Stromflusses in der Säulenachse unweigerlich zum Abreißen des Bogens führt, und schließt daraus auf die Richtigkeit unserer obigen Behauptung, die auch durch die weiter unten behandelte Säulentheorie bestätigt wird.

Rohloff hat weiter die theoretisch noch unverständliche, von der Hochstromsäule in Richtung des positiven Kraters ausgeübte Kraft mit zwei verschiedenen Methoden zu einigen hundert Dyn gemessen. Der daraus gezogene Schluß auf eine gerichtete Elektronengeschwindigkeit von rund 10 hoch 8cm/sec ist aber, worauf auch Rohloff selbst hinweist, mit den aus der Gasdichte berechneten freien Weglängen der Elektronen völlig unvereinbar.

Alle derartigen Versuche über die kontrahierte Säule besitzen aber größtes Interesse, gerade weil hier in der Hochstromsäule noch grundsätzlich ungeklärte Erscheinungen vorliegen. Wir erwähnen schließlich noch als Grundlage späterer Rechnungen, daß nach Schluges Messungen die gesamte Ausstrahlung der 200 Amp.-Säule je cm Säulenlänge in dem von einer Ouarzlinse erfaßten Gebiet nur 60 Watt, d. h. 3% der umgesetzten elektrischen Leistung beträgt.

Leider beziehen sich alle bisher vorliegenden eingehenderen Untersuchungen nur auf Hochstromsäulen bis zu etwa 250 Amp., und selbst oberflächliche Untersuchungen enden bei 500 Amp., während die Säule im Bereich der höchsten uns heute zugänglichen Stromstärken von etwa 2.000 Amp. noch kaum studiert worden ist.

Mit Rücksicht auf die schon erwähnte Beobachtung, daß oberhalb 900 Amp. im Kern der Säule jedenfalls gelegentlich der auf Abb. 122 erkennbare hellere bläulich-weiße Kern erscheint, verdienten Untersuchungen bei höchsten Stromstärken ein besonderes Interesse.

c) Die Deutung der kontrahierten Säule und ihrer Steifheit.

Auf die Theorie der kontrahierten Hochstromsäule, die auch deren allgemeine von der Niederstromsäule abweichende Eigenschaften verständlich machen wird, können wir erst S. 191 eingehen.

Die auffallende Erscheinung der Steifheit der Bogensäule bei höheren Stromstärken dagegen wurde 1940 vom Verfasser (16) und unabhängig zwei Jahre später für den Fall der Lichtbogenüberschläge an Starkstromisolatoren von Obenaus 1) auf die Wirkung des Eigenmagnetfelds des Bogenstroms zurückgeführt.
1) ETZ 63, 1942, 467.

Sie ist S. 16 und 138 bereits behandelt worden. Da jede Krümmung der Säule an der Innenseite eine Verdichtung der Feldlinien und damit eine Vergrößerung der Feldstärke bewirkt, suchen die der Feldstärkedifferenz an der Innen- und Außenseite der Krümmung entsprechenden Kräfte die sie verursachende Krümmung wieder zu beseitigen. Daß die dadurch bewirkte Steifheit der Bogensäule am Kathodenansatz besonders groß ist, liegt an der dort besonders großen Stromdichte, die an dieser Stelle auch ein Maximum der magnetischen Eigenfeldstärke ergibt.

Der Verfasser glaubte ursprünglich auch, die Säulenumbildung auf eine magnetische Wirkung, die S. 139 bereits erwähnte magnetische Anziehung zwischen den parallelen Stromfäden der Säule, zurückführen zu können.

Doch hat die inzwischen von Höcker und dem Verfasser (46) durchgeführte Theorie der Hochstromsäule ergeben, daß der magnetische Beitrag zur Umbildung der Niederstromsäule in die kontrahierte Hochstromsäule offenbar weniger bedeutend ist, als wir zunächst glaubten. S. 191 kommen wir auf die Theorie der Säule zurück.

D-5. Chemische Eigenschaften des Hochstromkohlebogens.


Zum vollständigen Verständnis und zur Beherrschung der Vorgänge des Hochstromkohlebogens ist auch die Kenntnis der in seinen verschiedenen Gebieten und in den Kohlen ablaufenden chemischen Prozesse erforderlich. Leider ist über diese noch recht wenig bekannt, obwohl schon die Tatsache des verschiedenen Einflusses verschiedener Verbindungen des gleichen Metalls im Docht auf die Strahlung etwa des Beckbogens zeigt, daß die chemischen Vorgänge direkt oder indirekt (letzteres ist wahrscheinlicher!) auch für die Bogentechnik nicht unwichtig sind.

a) Chemische Vorgänge im Homogenkohle-Hochstrombogen.

Relativ einfach liegen die Verhältnisse noch beim Homogenkohle-Hochstrombogen, weil bei diesem im wesentlichen Kohlenstoff verdampft. Erfahrungsgemäß wird dieser innerhalb der Anodenflamme nicht, oder nach Ausweis der Pilzbildungsversuche (S. 129) jedenfalls nicht vollständig verbrannt, was wohl daran liegt, daß die genügende Menge Sauerstoff nicht von außen in den Anodendampfstrahl hineindiffundieren kann.

Die Verbrennung findet also normalerweise an der Außenfläche der Anodenflamme statt, und sie muß dort stattfinden, weil der normal belastete Hochstromkohlebogen ja nicht rußt. Einsatzpunkt und Ausmaß des Rußens des Homogenkohle-Hochstrombogens sind noch nicht im einzelnen untersucht wwden, obwohl die Tatsache interessant scheint, daß der Bogen immer sehr plötzlich zu rußen beginnt.

Bei der Besprechung des Homogenkohlebogens muß aber der nur teilweise der Chemie zuzurechnende merkwürdige Effekt erwähnt werden, daß nach Abb. 71 die Anodenflamme mit größter Intensität die C2-Spektren emittiert, obwohl bei der Temperatur von mindestens 6.000°K Kohlenstoffmoleküle nicht mehr existieren dürften, sondern quantitativ in C-Atome zerfallen sein sollten. Die Ursache für diesen Effekt ist noch nicht bekannt.

b) Die chemischen Vorgänge im Beckbogen.

Beim Beckbogen liegen die chemischen Verhältnisse recht kompliziert. Daß das verdampfende CeF3 thermisch dissoziiert, zum Teil aber auch mit dem Kohlenstoff Cerkarbid CeC2 bildet, ist wohl sicher.

Jedenfalls haben wir in der Anodenflamme dicht vor dem positiven Krater eine sehr weitgehende Dissoziation aller Moleküle. Daß dabei Fluor frei wird und auch in den Abdämpfen des Beckbogens noch (wenn auch in geringer Konzentration) vorhanden ist, ist experimentell sichergestellt und beweist die Notwendigkeit guter Entlüftung der Brennstände oder der Absaugung direkt über dem Bogen. Nach der noch zu behandelnden Theorie von Steenbeck (S. 175) könnten die freien Fluoratome eine recht wichtige Rolle im Anodenfallgebiet spielen.

Wissen aus 1926 über „normales" Abströmen des Anodendampfstrahls

Über die angeblich im bzw. vor dem positiven Krater des Beckbogens verlaufenden chemischen Umsetzungen hat Bassett (4) schon vor über 20 Jahren (also etwa 1926) gemacht. Insbesondere soll sich bei „normalem" Abströmen des Anodendampfstrahls unter langsamer Abkühlung und gleichzeitiger Reaktion mit dem Lutftsauerstoff wieder CeF3 und außerdem C02 bilden, und ersteres kann tatsächlich als weißer Rauch in den Abdämpfen des Bogens nachgewiesen werden.

Es soll nach Bassett aber auch für das Rußen verantwortlich sein, das erfahrungsgemäß entsteht, sobald infolge falscher Kohlenstellung, zu geringer Bogenlänge oder zu starker Strombelastung der Anodenmaterialdampf nicht normal abströmen kann, sondern seitlich abgedrängt und unter intensiver Durchmischung mit der kalten Luft plötzlich abgekühlt, besser abgeschreckt wird.

Es ist sehr möglich, aber noch keineswegs erwiesen, daß diese Reaktionen tatsächlich in der von Bassett angenommenen Weise ablaufen. Erst quantitative Berechnungen der Gleichgewichte unter Zugrundelegung der jetzt einigermaßen gut bekannten Temperaturen, sowie gasanalytische Untersuchungen, nicht zuletzt auch der Betrieb des Bogens in verschiedenen Gasen (vgl. S. 132), können den wünschenswerten sicheren Aufschluß geben.

Erhebliche Störungen durch Tropfenbildung

Daß sich im Beckbogen Cerkarbid CeC2 bildet, ist experimentell dadurch gesichert, daß bei geringer Bogenbelastung und zu geringer Bogenlänge sich auf der Spitze der Negativkohle ein bräunlicher Niederschlag (im Glühzustand in Form eines Tropfens) bildet, der sich bei der Untersuchung als Cerkarbid erweist und besonders stark bei Ce02-Zusatz zum Docht auftritt. Im praktischen Betrieb stört diese Karbidbildung, wie S. 128 bereits im einzelnen dargelegt, erheblich.

Mit wachsender Bogenbelastung nimmt die Karbidbildung an der Negativkohle rasch ab; im Kinoprojektionsbetrieb sucht man sie ferner dadurch zu vermeiden, daß man dem Docht der Negativkohle gewisse Salze zusetzt, die die Karbidbildung unterdrücken. Fluoride haben sich hier bewährt. Im positiven Krater schwach belasteter Ceroxydkohlen kann die Karbidbildung so stark werden, daß siedende Karbidtropfen sichtbar sind, die den Kraterrand u. U. sogar seitlich durchfressen.

Diverse Zweifel an anderen Messungen sind angesagt

Es muß schließlich noch mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß die bis in die neueste Zeit (also 1947) gelegentlich im Schrifttum auftretenden Behauptungen, wonach die Siedetemperatur des Cerkarbids mit der Kratertemperatur des Beckbogens identisch und die maximale Kraterleuchtdichte durch die Strahlung glühender Cerkarbidtröpfchen bestimmt sei, jedenfalls in dieser ausschließlichen Form nicht richtig sein kann, weil nach unseren Messungen S. 122 f. die Dampftemperatur mit der Belastung erheblich zunimmt.

Die von Schmidt (90) behauptete Emission eines Anodenflammenkontinuums CeC2-Tröpfchen ist nach der S. 100 erwähnten neuen Untersuchung von Michel ja auch zum mindesten sehr zweifelhaft geworden. Bei dieser Gelegenheit sei schließlich betont, daß das äußerst anschauliche und wohl deshalb immer wieder (z. B. auch im Handbuch der Lichttechnik) abgedruckte Schema Abb. 110 von Bassett (4), das die Verteilung der verschiedenen Moleküle, Radikale und Atome in den verschiedenen Gebieten des Beckbogens zeigt, zwar eine sehr anschauliche Vorstellung vermittelt, was man vor über 20 Jahren von diesen Dingen wußte, heute aber keineswegs mehr als richtig angesehen werden kann.

c) Chemische Vorgänge in den Hochstromkohlen.

Wir haben bisher von den chemischen Vorgängen im eigentlichen Hochstrombogen gesprochen. Für das physikalische wie technische Verhalten des Beckbogens sind aber, soweit wir wissen, auch die chemischen Vorgänge von Bedeutung, die sich beim Glühen im Docht der Beckkohlen abspielen.

Hierbei ist zu unterscheiden zwischen dem mit der Fabrikation verbundenen Glühvorgang, dessen Temperatur bei Hartdochtkohlen wesentlich höher liegt als bei Weichdochtkohlen, und dem Glühen des Brennendes der Positivkohle, das ohne Zweifel Veränderungen der Dochtschichten bewirken muß, die wenig später den Kratergrund bilden. Daß diese Glühvorgänge den Bogenmechanismus beeinflussen, geht daraus hervor, daß gleichartig zusammengesetzte Kohlen nach verschiedener Glühbehandlung die schon mehrfach erwähnten verschiedenen Eigenschaften bezüglich Bogenspannung, Belastbarkeit, Leuchtdichte und Anodenflammenlänge zeigen.

Röntgenspektroskopische UNersuchungen von Ceritsalzen

Einen ersten Versuch zur Klärung dieser Vorgänge hat Stintzing (93) gemacht, der verschiedene und verschieden behandelte Ceritsalze röntgenspektroskopisch untersucht hat. Als wesentliches Ergebnis dieser Arbeiten soll hier nur erwähnt werden, daß beim Glühen des Ceritfluorids in Luft ein Oxyfluorid der Zusammensetzung MeOF entsteht, indem Me für die verschieden seltenen Erden Ce, La usw. steht.

Auch Änderungen der Kristallkorngröße durch das Glühen hat Stintzing festgestellt. Zur Hochstromkohlenchemie gehört schließlich noch die Frage nach der verschiedenen Wirkung der verschiedenen Modifikationen des Kohlenstoffs (Koks, Ruß, Graphit), die so auffällig zuerst bei den Zischerscheinungen S. 41 ff. und dann bei der Leuchtdichte des Niederstrombogenkraters (S. 62) von uns festgestellt wurde, obwohl bei den hohenTemperaturen des positiven Kraters eigentlich nur die Graphitmodifikation stabil sein sollte.

Wir vermuten, daß die Zeit, während der jede Kohleschicht vor ihrer Verdampfung sich auf Glühtemperatur befindet, zur vollständigen Graphitierung nicht ausreicht. Allgemein also können wir feststellen, daß zur Ergänzung der phsyikalischen Bogenuntersuchungen eine genauere Untersuchung der Bogenchemie sehr erwünscht wäre.

Ende Originalseite Seite 159
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