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Das BMFT - Bundesministerium für Forschung beschreibt das Projekt Nr. "EU 95" (Der Text aus der Broschüre ist aus 1990)

Die Eureka 95 Plakette
Die HDTV Ü-Wagen
Der HDTV Recorder
Das BTS HDTV Bild-Mischpult
Die KCH 1000 der BTS
Gorbatschow und Weizecker - natürlich in HDTV
Der Kamerakopf der KCH 1000
Die BCH 1000 in voller Größe

Das europäische HDTV-System will Kinoqualität beim Fernsehen erreichen. (Text von Prof. Dr. Michael Hausdörfer - Darmstadt)

HDTV ist ein neues, europäisches, hochauflö­sendes Fernsehsystem - von der Kamera bis hin zum Fernsehgerät. Es ist völlig kompatibel mit der vorhandenen Studiotechnik, mit den beste­henden Übertragungsstrecken und mit den der­zeitigen Fernsehgeräten. Das System geht von weltweit existierenden derzeit etwa 700 Millio­nen Fernsehempfängern aus und hilft, durch progressive Abtastung und 50 Hz Bildfrequenz, das bereits existierende, riesige Archiv von HDTV-Material - in Form von 35 mm-Kinofilmen - auf besonders einfache und hochwertige Art zu erschließen.

In nicht einmal vier Jahren haben die Europäer
damit ganz bedeutende systemtechnische und technologische Fortschritte gemacht. Damit können sie eine Alternative bieten zu einem Fernsehsystem, das in Japan entwickelt worden war, aber inkompatibel mit allen bestehenden Fersehsystemen ist. Diese japanische Konzep­tion erfordert, neben einer gänzlich neuen Stu­diotechnik, auch besondere Übertragungsstrecken und neue Empfangsgeräte.

1986 wollten Japan und die USA ein inkom­patible System im CCIR als weltweite HDTV-Norm durchsetzen. Weil die Europäer ablehn­ten, scheiterte der Versuch und die Entschei­dung wurde um vier Jahre verschoben. In dieser Zeit sollte in Europa eine HDTV-Alternative entwickelt, deren Machbarkeit und Überlegen­heit nachgewiesen werden.

Was die Europäer in der sehr kurzen Entwick­lungszeit erreichten, bietet eine Alternative zum japanischen Fernsehsystem. Diese Fortschritte waren nur möglich durch eine gemeinsame eu­ropäische Anstrengung und durch das Engage­ment aller nationalen Förderer und der beteilig­ten Partner. Insgesamt entsteht ein deutlich größeres, schärferes, brillianteres Bild als beim her­kömmlichen Fernsehen.

Das entstandene europäische HDTV-System eignet sich für Großbilddarstellungen, sowohl im Heimbereich als auch im Kino, in Vorträgen, für Werbezwecke. Das Bildseitenverhältnis beträgt 16:9 und ist damit gut dem Aufnahme­format der meisten Kinofilme angepaßt. Durch eine besondere Art der Farbverarbeitung, der Signalverarbeitung und der Übertragung wer­den die meisten Schwächen und Störeffekte bisheriger Fernsehsysteme vermieden.

Insgesamt entsteht ein deutlich größeres, schär­feres, brillianteres Bild als beim herkömmli­chen Fernsehen. Dem Zuschauer werden auf diese Weise neue Seh- und Erlebnisqualitäten geboten. Ein hochqualitativer, digitaler Ton un­terstützt den neuen "Erlebniskomfort". Dieser Datenkanal kann nicht nur für Stereoton, Surround-Sound genutzt werden, sondern ebenfalls für mehrsprachige Kommentare, zum Beispiel bei internationalen Veranstaltungen. Das gesendete Signal ist sozusagen für alle Nationen gleich, der einzelne Zuschauer kann sich dann per Knopfdruck die geeignete Spra­che auswählen.

Die HDTV-Übertragung erfolgt kompatibel zu MAC-Normen, so daß moderne Normal-Fernsehgeräte auch HDTV-Sendungen, die HDMAC-codiert sind, darstellen können. Alte Geräte sind mit einem Vorsatz verwendbar.

Neben der Bedeutung von HDTV für den End­geräte-Markt, die Mikroelektronik und einer Fülle von anderen Technologien - dies reicht von der Glasherstellung für Linsen bis zur che­mischen Industrie - hat HDTV auch entschei­dende Bedeutung als Produktionsmittel im Sin­ne eines langfristigen Ersatzes des 35 mm-Kinofilms. Hierbei kann HDTV eine ganz wesentliche Kosten- und Zeitersparnis bedeu­ten.

Bis heute (1990) . . . . .

Bis heute wurden die wichtigsten Geräte ent­wickelt, Algorithmen erarbeitet, Vorschläge für Standards vorgelegt:

  • ein weltweit einheitlicher HDTV-Pro­duktionsstandard, aber auch lokale Pro­duktionsstandards einschließlich der Normen für Detailprodukte bei den zuge­hörigen Geräten,
  • Übertragungsstandards wie HDMAC,
  • Aufzeichnungsstandards für Studio- und Heimrecorder, Laserbildplatten,
  • Wiedergabestandards, zum Beispiel für flimmerfreie Darstellungen.


In der jetzigen ersten Phase arbeiten über 30 europäische Firmen
und Institutionen wie Hochschulen, Rundfunkanstalten mit. In der zweiten Phase wird sich diese Zahl weiter erhö­hen. Von deutscher Seite sind derzeit 18 For­schungsinstitute und Unternehmen beteiligt.

Die Projektleitung liegt in den Händen eines Direktorates
, das aus Vertretern der Firmen Phi­lips (Vorsitz), Thomson, Bosch und Nokia be­steht. Das Direktorat berichtet regelmäßig einer Kommission aus Regierungsvertretern der Nie­derlande, Frankreich, Großbritanniens und der Bundesrepublik Deutschland und von ihnen be­nannten, unabhängigen Experten.

Durch den fortschreitenden Stand der techni­schen Entwicklung ergeben sich zahlreiche neue Arbeitsfelder und die Notwendigkeit, auch weitere technologische Unterstützung zu erhalten. Hierdurch entstanden neue Vorhaben, zum Beispiel zu digitalem HDTV im Pro­gramm RACE, andere EUREKA-Projekte und auch Verbindungen zu JESSI.

So weit ein Auszug aus der Bilanz Broschüre des BMFT aus dem Jahr 1990.
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Kommentar / Anmerkung zu der "Bilanz" aus dem BMFT :
von Gert Redlich im Juli 2013 - Wenn ein Ministerium respektive ein Minister (Herr Riesenhuber) so viel Geld ausgegeben bzw. bewilligt hat, muß doch etwas Positives dabei rumkommen bzw. es muß als Erfolg "verkauft" werden (können). Doch bereits 1990 kristallisierte sich langsam heraus, daß nicht alle A-Teilnehmer (A-Participiants) wirklich ernsthaft mitziehen würden oder (finanziell) konnten. Immer wieder kamen nationale Egoismen und Rivalitäten ins Getriebe (Pieter Boegels musste es dann richten) und dann kam es noch viel schlimmer.
Die Entwicklung der digitalen Fernsehbildübertragung und vor allem der Speicherung schritt mit solchen riesen Siebenmeilenstiefeln voran, daß die ganze 1986er analoge HDTV Technik sichtbar nicht mehr wettbewerbsfähig war. Der Autor der obigen Abschnitte, Prof. Hausdörfer, wies immer wieder darauf hin, daß hier der Anschluß verloren ginge. Der ursprüngliche deutsche und europäische Ur-Gedanke, daß man den Japanern nicht auch noch den professionellen Fernseh-Markt kampflos überlassen wollte, war zwar aus europäischer Sicht honorig und berechtigt. Doch den Japanern zu unterstellen, daß sie jetzt demütig und introvertiert mit der eigenen technologischen Entwicklung einfach aufhören würden, das war dumm und zukunftsblind.
Wie sich nachher herausgestellt hat, war das Prinzip "Augen zu und durch" nicht vom Erfolg gekrönt. Das Projekt EUREKA 95 wurde mit mehreren hundert Millionen Euro ganz langsam beerdigt. Die Technik war daran vorbei gefahren. Und die meisten der Participiants haben es nicht überlebt.

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Während des EUREKA Projekts gab es HDTV Reports (issues)

Sie kamen in unregelmäßiger Reihenfolge heraus und enthielten so gut wie alles, daß man darüber schreiben konnte. Und natürlich nur das Positive der Medallie. Die Problemchen unter den Teilnehmern, auch die aufrüttelnden warnenden Worte der Vordenker wurden gepflegt unter den Tisch gekehrt oder im Hinterzimmer besprochen oder vertagt.


Einige der Reports haben die Beteiligten aufgehoben und die werden hier eingestellt.

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