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Edy Dengel und seine frühen Filme ab 1918

Sie sind hier auf den Seiten eines ganz frühen Filmpioniers, der bereits 1918 mit 17 Jahren einen ersten 35mm Kinokrimi produziert hatte. Es war in dem kleinen selbständigen Städtchen Biebrich am Rhein - später ein Vorort südlich von Wiesbaden.
Diese Aufarbeitung des deutschlandweit einmaligen Engagements eines 17jährigen ist mit einer Menge originaler Unterlagen aufgearbeitet und hier nach Jahreszahlen aufzufinden.
Am besten beginnen Sie auf der einführenden Seite hier.

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Es gab da in 1987 mal ein Magazin "Der Wiesbadener"

Und darin begann auf Seite 6 ein langer Artikel über die "Filmstadt Wiesbaden", wenn man über- haupt solch einen "Begriff" zusammenbauen sollte. Es beginnt mit Edwin Georg Dengel .....

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Der Filmpionier

Weil in den zwanziger Jahren ein Detektivfilm nur dann ein Kassenschlager wurde, wenn die Handlung im Gangstermilieu Amerikas angesiedelt war, verwandelte der Filmschaffende Edwin, genannt Edy, Dengel seine Biebricher Heimat kurzerhand in ein Stück "wilden Westen" : aus der Bachgass wurde die berüchtigte Bowery Street, aus dem Rhein der Hudson und aus Edy Dengel wurde Fred Repps, der furchtlose, pleifenrauchende Detektiv, dem Dolf und Kitty - im realen Leben seine erste Frau Kittv Carvin - assistierten.

Und auch sonst blieb alles in der Familie : gedreht wurde im eigenen Studio, vertrieben im eigenen Filmverleih und vorgeführt in den "Monopol-Lichtspielen" in Biebrich. die er, unterstützt von seinen beiden Schwestern, seit seinem l7. Lebensjahr, es war 1919 - leitete.

Nur die Zensur fand damals in der Filmmetropole Berlin statt und machte dem Jungunternehmer am Rhein regelmäßig zu schaffen. Sein erster abendfüllender Spielfilm war "Das Schloß des Schreckens".

Die Zuschauer waren fasziniert und erschrocken zugleich über die Verwandlungskünste des Vorführers, der, sobald es dunkel wurde im Saal, ihnen als siegreicher Detektiv auf der Leinwand gegenübertrat.

Aus der Wiesbadener Gibb wurde ein Teil New Yorks

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  • Anmerkung : Der hier auf den Edy Dengel- Seiten öfter vorkommende Ortsteil von Biebrich, "die Gibb", war ein Tal nach Norden, in dem sich die einfachen Arbeiter der aufblühenden Biebricher Industrie ansiedelten (ansiedeln durften) und das waren dort die Biebricher Ureinwohner. So wurden sie respektlos von den hochnäsigen Wiesbadener Wohlstandsbürgern und Beamten genannt.

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Aus dem Arbeiter-Vorort Gibb wurde ein Teil New Yorks, in dessen Straßen wilde Verfolgungsjagden stattfanden: das rasende Gefährt der berüchtigten Mädchenhändler entpuppte sich als das erste Biebricher Taxi und das Polizeipräsidium war das Wiesbadener Museum (das lag aber in der Innenstadt). Edy Dengel drehte unter bescheidensten finanziellen Verhältnissen und verstand es, in jedem seiner Filme geschickt die örtlichen Gegebenheiten einzusetzen.

Im Laufe der Jahre entstanden so eine Fülle von Abenteuer-Stummfilmen, die niemals den Anspruch großer Filmkunst erhoben, aber immer gute, spannende Unterhaltung bieten sollten. Und das taten sie, die Streifen

  • "Der Mann mit der Todesmaske",
  • "Das Verbrechen im Pullmann-Expreß" oder
  • "Das Nest der gelben Spinne",


um einige zu nennen. Mit dem Beginn des Tonfilmes geriet Edy Dengels Unternehmen in eine existenzbedrohende Krise, die er nur durch viele kleine Auftragsarbeiten abwenden konnte. Der phantasievollen Verwandlungskunst des Biebrichers war nun ein Ende gesetzt. Jetzt wurden bis in die 1950er Jahre fast ausschließlich Dokumentarfilme und Werbeaufnahmen gedreht.

Und auch hier gelangen dem Filmer einige seltene Aufnahmen von historischem Wert, so zum Beispiel "Der Rhein in Eisfesseln" aus dem Jahre 1929.

Ob Fiktion oder Dokumentarisches : die ersten Kapitel Wiesbadens als Filmstadt (Anmerkung : Es war ja eigentlich das noch nicht eingemeindete selbständige Biebrich) sind eng mit dem Namen Edy Dengel verbunden.

"Das Schloß des Schreckens" galt lange Zeit als verschollen und wurde erst vor kurzem durch Zufall (??) unter einer Treppe (Anmerkung : Die Teppe lag aber im Haus von Edy Dengel in Wildsachen) wiedergefunden. Die restaurierte Fassung war der Publikumserfolg bei den diesjährigen "Wiesbadener Filmnächten".
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1987 konnte er nicht mehr dabei sein

Doch diese zweite, späte Anerkennung durch eine junge Kinogeneration erlebte der 86jährige nicht mehr. Wegen einer schweren Krankheit konnte er der Einladung zur Vorführung im August dieses Jahres 1987 nicht folgen. Ende September 1987 verstarb dann Wiesbadens erster Filmpionier, der vor 12 Jahren nach Wildsachsen umgezogen war.

Sein Herz jedoch hing an Biebrich. In einem kurzlich ausgestrahlten Fernsehportrait sagte er am Schluß der Sendung auf die entsprechende Frage : "Sehnsucht? Ja. die Sehnsucht, die hab ich, die Sehnsucht nach Biebrich."

Filmstadt Wiesbaden - ein Potemkinsches Dorf?

Wenn hierzulande von einer Filmstadt die Rede ist, assoziiert man mit dem Begriff in der Regel Berlin, Hamburg oder München. Gerne schmückt sich aber auch Wiesbaden mit dem Etikett: Filmstadt.

Gemessen allein am Produktionsvolumen ist dieser Anspruch nur für ganz wenige Jahre gültig. Dennoch hat Wiesbaden eine lange Tradition der Filmherstellung - die Stadt kann auf eine sieben Jahrzehnte lange Geschichte als Drehort - und als Kulisse - zurückblicken. Daneben spielt Wiesbaden für die Filmwirtschaft und Filmpolitik in der "BRD" eine wichtige Rolle.

Sie ist der Sitz der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO), der Filmbewertungsstelle Wiesbaden (FBW) und der Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK).

Das Filmarchiv des Deutschen Instituts für Filmkunde (DiF), die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung und das Kuratorium junger deutscher Film haben in der hessischen Landeshauptstadt ihr Domizil.

Er macht den Rhein zum Hudson - Der Filmpionier Edy Dengel

Wenn Seiltänzer Anfang des Jahrhunderts in Biebrich auftraten, saß er in der ersten Reihe: Edy Dengel. - Der im Feb. 1901 geborene Sohn eines Kohlenhändlers begeisterte sich schon als Kind für die Laterna-Magica, dann machte er mit Freunden einen Kinderzirkus auf und schon bald wurde aus dem Spiel Ernst : Edy Dengel lernte Filme vorzuführen, und bereits 1918 war er Chef eines eigenen Kinos, des 'Monopol' in Wiesbaden-Biebrich. Mit seinen beiden Schwestern leitete er das seinerzeit luxuriöseste Lichtspieltheater am Ort (in dem damals noch selbständigen Ort Wiesbaden Biebrich).

Auf der Leinwand flimmerten nach der Wochenschau und der obligatorschen Komödie oder 'Groteske", wie es damals hieß, vor allem die beliebten Detektivfilme.

Aber auch Vorläufer der 'Sexfilme' fanden im (Biebricher) "Monopol" Kino problemlos ihr Publikum. Titel der sich volksaufklärerisch gebenden Werke lauteten :

  • "DAS TAGEBUCH EINER VERLORENEN";
  • '§ 175 - ANDERS ALS DIE ANDEREN' oder
  • "HYÄNEN DER LUST" - 2. TEIL'.

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Edy Dengel und seine Detektivfilme

Edy Dengel hatten es dann aber doch mehr die Detektivfilme angetan - besonders die mit Joe Deebs oder Stuart Webbs in der Hauptrolle. Der Vorführer des Monopols war sicher der aufmerksamste Zuschauer im Saal - Edy Dengel hat, wie er heute sagt, „mit den Augen gestohlen". Er registrierte die Machart der Filme, die (Charakterisierung der Protagonisten.

1919 war es dann soweit : „DAS SCHLOSS DES SCHRECKENS", Wiesbadens erster (längerer) Spielfilm, entstand. Aus Edy Dengel wurde der Detektiv Fred Repps, an seiner Seite agierte Gehilfin „Pearl Kitty Corvin" alias Kitty Ries - später Edy Dengels erste Frau.

Mit einer Zeitungsanzeige suchte erweitere 'talentvolle Damen und Herren' als Mitwirkende, und mit seiner Laienspielschar machte er fortan Biebrichs Straßen unsicher. Aus hübschen Villen aus der Gründerzeit wurden gar schreckliche Schlösser voller dunkler Verliese und Falltüren, die Bachgass' wurde in Bowery-Street umbenannt, und den Rhein machte man kurzerhand zum Hudson. Denn das war damals „die Mode": Detektivfilme mußten in Amerika spielen!
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Fremdländische Gesellen auf Schloß "Devils-Hood"

Die Story von Edy Dengels Erstlingswerk besteht aus Versatzstücken dessen, was Filme des Detektivgenres seinerzeit zu den Hits an den Kinokassen machte : fremdländische Gesellen treiben auf Schloß Devils-Hood ihr Unwesen; Brown, Chef der Geheimpolizei, tappt tolpatschig in eine Falle, wird des nachts auf Schienen geworfen und vom Zug zermalmt.

Fred Repps muß ran. Erst schickt er Kitty als Kammerzofe getarnt vor, doch seine Gehilfin wird in eine Kiste gesteckt, mit denen Mädchenhändler ihre Ware außer Landes zu bringen pflegen. Aber die haben die Rechnung natürlich ohne Repps gemacht. Nach wilder Verfolgungsjagd über die Dotzheimer Landstraße - oder war es der Highway 66? - kann Edy sie am Bahnübergang stellen, dem Inder gelingt zwar die Flucht, aber den Sprung in den Rhein überlebt er nicht - „Der Hudson hat sein Opfer verschlungen" verkündet der Zwischentitel.

Als der Film 1920 in den Park-Lichtspielen Premiere hatte, war der Andrang groß. Nur Jugendliche hatten keinen Zutritt, der Zensur waren einige Gewaltszenen zu überzeugend geraten.

Anfang der 1920er Jahre war Berlin die Stadt des Films in Deutschland. Daß ein gerade 19jähriger mitten in der Provinz einen abendfüllenden „Schlagerfilm" (Original-Ton Edy Dengel) drehte, war da schon eine Sensation.

Klar, daß Edy Dengel mit seinem Werk nach Berlin reiste. Er fand für sein „SCHLOSS DES SCHRECKENS" Anerkennung, man bot ihm sogar an, in Berlin zu arbeiten. Aber vielleicht war die „große weite Welt" dem jungen Mann doch zu weit, zu groß. Edy Dengel kehrte nach Biebrich in die Gibb zurück.

In den folgenden Jahren entstand hier Film auf Film, Fred Repps wurde Serienheld. Auch Kitty war immer mit von der Partie, und Biebrich bewahrte sich ein ums andere Mal als illustres amerikanisches Gangstermilieu. Die Titel der Filme sprechen für sich:
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  • „DER MAN MIT DER TODESMASKE";
  • „MOTT STREET 77"
  • „DAS HAUS DER GELBEN SPINNE" oder
  • „DER TOTE, DER NICHT STARB".

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Frühe Filmstudios wurden 'Glashaus' genannt

Im 'Glashaus', Edy Dengels Atelier in der Gibb, entstanden neben den Fred-Repps-Filmen auch andere Serien, so die PATSY Grotesken - Filme für die ganze Familie.

Multitalent Edy Dengel trat als Schauspieler auf. Er schrieb die Drehbücher und stand hinter der Kamera, sofern er nicht gerade davor gebraucht wurde.

Damit nicht genug. Nach Drehschluß wurden die Filme im eigenen Kopierwerk entwickelt, selbst geschnitten und schließlich in einem der eigenen Kinos uraufgeführt. Den Verleih übernahm dann Edy Dengels Axa-Film. Nur den Rollfilm mußte man also noch einkaufen.

Aber mit den beginnenden 1930er Jahren geriet Biebrichs Klein-Hollywood in eine existenzbedrohende Krise. Der Tonfilm setzte sich durch, damit waren Kosten verbunden, die das Budget der ersten Wiesbadener Filmproduktion gesprengt hätten.

Und dann hatte Edy Dengel eine Abneigung gegen Tonfilme, er verstand und sieht sich bis auf den heutigen Tag als Stummfilmfachmann: Tonfilme habe ich mein ganzes Leben nicht gedreht."

Um 1930 : Der Tonfilm änderte alles.

Mit dem Ende der Spielfilmproduktion blieben Edy Dengel noch einige Nischen, in denen einstweilen kein Ton verlangt wurde : Werbefilme, Wochenschauaufnahmen und Filme über große und kleine Fest in und um Wiesbaden herum. Lange galten Edy Dengels Filme als verschollen.

Die Titel waren zwar in einigen filmhistorischen Abhandlungen vermerkt, die Filme selbst jedoch waren in keinem Archiv zu finden. Kein Wunder, lagen sie doch in vorsich hin rostenden Filmbüchsen unter der Treppe in Edy Dengels Haus in Wildsachsen - von ihm selbst schon fast vergessen.

Das Nitromaterial seines "SCHLOSS DES SCHRECKENS" war erstaunlich gut erhalten geblieben, und im Rahmen der WIESBADENER FILMNÄCHTE konnte sein Erstlingswerk 1986 zunächst in einer Kurzfassung, in diesem Jahr dann in einer kompletten Version - mit zeitgenössischen Untertiteln versehen - wiederaufgeführt werden.

1986 war Edy Dengel anwesend und sichtlich gerührt von dem tosenden Applaus für sein "SCHLOSS DES SCHRECKENS".

Natürlich merkt man dem Film an, daß das Medium noch in den Kinderschuhen steckte und Edy Dengel gerade im Begriff war, das Filmhandwerk zu lernen. Aber der Film zeigt nicht nur einmalige Ansichten des alten Biebrich, er hat einen Charme, der einen noch heute berühren kann.

Edy Dengeis Filme sind insoweit von filmhistorischer Bedeutung, als aus dieser Zeit weitgehend nur solche Filme erhalten geblieben sind, die schon früh zur Filmkunst gezählt wurden und damit als archivierenswert galten. Aber das Alltagskino sah - damals wie heute - anders aus.

Da dominierten Geschäfts- und ,,Kitschfilme", wie Edy Dengel seine Arbeiten selbst nennt, die auf den Geschmack des Publikums zugeschnitten waren. Und so gesehen sagen sie vielleicht mehr über ihre Zeit aus, als manches von der Kritik in den Musentempel erhobenes Werk.

Jetzt schwenkt der Artikel über zur Filmstadt Wiesbaden

Über die lange vergangenen Film-Zeiten in Wiesbaden gibt es mehrere Bücher, Heftchen und Artikel, die fast jedes Jahrzehnt wieder aufgelegt (aufgekocht) werden.

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Vorwiegend Schokoladenseiten - Wiesbaden im Dokumentarfilm

Em Bild soll mehr als tausend Worte sagen - was sagt dann ein bewegtes Bild? Film ist wie kein anderes Medium geeignet, Vergangenheit wieder lebendig werden zu lassen. Abgesehen von den Motiven ist er zugleich Ausdruck der ästhetischen Normen und der Wertsysteme seiner Entstehungszeit. Er eröffnet Einblicke in das Weltbild seiner Macher - manchmal, wie von diesen intendiert, aber mitunter offenbart er auch andere, entlarvende Seiten.

Historische Dokumentarfilme sind also in doppelter Hinsicht Reisen in die Vergangenheit: in dem, was sie zeigen und in dem, wie sie es zeigen. Sie sind auch immer Spiegel der herrschenden Filmästhetik und den individuellen Abweichungen hiervon, die ihrerseits nur wieder ein Licht auf die Regel werfen.

Wiesbaden steht im Mittelpunkt einer Reihe bemerkenswerter Dokumentarfilme - beginnend in den 1920er und 1930er Jahren. Es sind Filme, die einen faszinierenden und oft auch irritierenden Eindruck von der Entwicklung einer Stadt in gerade sieben Jahrzehnten hinterlassen.

Und wieder : Edy Dengel

Die ersten der Filme, die hier kurz vorgestellt werden sollen, stammen - wen wundert's - von Edy Dengel.

1927 feierte Kloppenheim (Anmerkung : ein kleiner Vorort von einem Vorort in Wiesbaden) sein 1000-jähriges Bestehen mit einem Umzug und einem Festspiel. Edy Dengel stellte seine Kamera an einen günstigen Platz, und da blieb sie dann auch bis zum Schluß der Veranstaltung stehen.

Einige Kreisblenden schaffen Zäsuren, aber Sprünge und Raffungen sind selten, schließlich galt es doch, alle Beteiligten auf Nitro zu bannen, damit sie sich tagsdarauf im örtlichen Lichtspieltheater (Anmerkung : wo in Kloppenheim ???) bewundern können - mit Zylinder oder im Ritterkostüm. Im Rahmen des Festspiels verspricht dann die Wahrsagerin den Zuschauern via Zwischentitel "In tausend Jahren wird Cloppenheim noch bestehen und dieses Land am Rhein wird deutsch noch sein." Einstweilen kann man sie nicht der Lüge bezichtigen.

1929 war der Rhein zugefroren

Zwei Jahre später bot sich den Wiesbadenern ein seltenes Naturschauspiel : der zugefrorene Rhein wurde bei Edy Dengel zum "RHEIN IN EISFESSELN".

Hunderte von Schaulustigen drängen sich an der Uferpromenade, im Hintergrund das alte Biebricher Strandcafe. Ein Vergleich mit der heutigen Ansicht kann nur wehmütige Sentimentalität wachrufen!

Mutige wagen sich aufs Eis, manche gar mit ihrem Auto - wie auch immer : in Edy Dengels Kamera winken sie alle. Würstchenbuden und die Attraktionen der Schausteller sind voll in Betrieb, eine Kapelle spielt neben dem eilends errichteten Karussell auf dem Eis -phantastische Bilder, die Edy Dengel für uns festhielt.

1929 - die ersten Autos in Wiesbaden

Weniger poetisch geht es in dem 1929 entstandenen Streifen "MIT DEM AUTO NACH WIESBADEN" von Heinz Fischer zu. Didaktisch anmutende Crafiken veranschaulichen immer wieder, aus welcher Himmelsrichtung das Auto sich der Stadt nähert. Das Fahrzeug spielt denn auch die Hauptrolle, es muß sich um eine Neuanschaffung gehandelt haben.

Neben dem Auto, typischen Ansichten von Rathaus, Wilhelmstraße und Neroberg enthält der Film auch Einstellungen, die in solchen Stadtporträts selten zu sehen sind. Hinterhöfe lassen erahnen, was jenseits der Schokoladenseite Wiesbadener Alltag war.

Oldtimerfreaks kommen auch in 'WIESBADEN AM RHEIN' auf ihre Kosten; er zeigt Bilder von einer Automobilschau vor dem Kurhaus und von einem Bergrennen auf der Hohen Wurzel. Der Film durfte um 1930 entstanden sein, filmographische Angaben fehlen wie in den meisten dieser Dokumentationen; nur anhand der Motive ist eine zeitliche Einordnung möglich.

1935 - Auch die UFA drehte in Wiesbaden

Nur fünf Jahre später (vermutlich 1935) wurde 'WIESBADEN - EIN KULTURFILM' gedreht, aber wie sehr sich die Zeiten geändert haben, zeigt auch diese kleine UFA-Produktion. Voller Pathos in Bildsprachc und in dem schneidigen Tonfall des Sprechers wird ein für repräsentativ gehaltenes Bild von Wiesbaden gezeichnet - und so ganz nebenbei tauchen Fahnen mit Hakenkreuzen auf.

Filme aus den 1940er Jahren fehlen wohl nicht zufällig, und in den 1950ern sah man sich schnell schon wieder mit ganz anderen Schwierigkeiten konfrontiert: dem 'Chaos' auf Wiesbadens Straßen widmet sich "EINFACH NICHT ZU GLAUBEN".

In dem 'Verkehrsunfällverhütungsfilm' (ein Wort!) von W. Wittke befragt Fräulein Holm vom „Wiesbadener Tagblatt" den Polizeipräsidenten nach Auswegen aus der bedrohlichen Verkehrssituation.

Wenn Retter einen 'verunglückten' Motorradfahrer in einen LKW mit dem Schriftzug der (damaligen) Zigarettenmarke SOLONG (man beachte die - erst heute verständliche - subtile Ironie) verfrachten, ahnt man, daß "product placement keine Erfindung unserer Tage ist.

Und die Moral von der Geschicht? "Drum auf die Augen im Verkehr, du dienst der Allgemeinheit sehr!"

Die Kernfrage : Was ist historisch und was nicht ?

Wo endet die Geschichte, was kann noch als historisches Dokument gelten? Hier soll der Schlußstrich mit "KUGELN A LA CARTE" von Sven Severin und Marten Taege aus dem Jahr 1969 gezogen werden. Der Kurzfilm nimmt die TV-Hörigkeit der Bundesbürger auf den Arm. Ansichten des Bergkirchenviertels und von Kneipenbesuchern werden ironisch zu Off-Texten des damaligen Straßenfegers Bonanza in Beziehung gesetzt.

Niemand konnte seinerzeit ahnen, was uns noch bevorstehen würde. Diese Filme - explizit oder durch die Hintertür Dokumente zur Geschichte der Stadt Wiesbaden - finden in einer Zeit, in der der lange ideologisch befrachtete Begriff 'Heimat' eine neue Definition erfährt, zu recht große Beachtung.

  • Anmerkung : Über 30 Jahre später in 2019 ist der Begriff Heimat wieder ganz aktuell. Eine rechtsextreme Partei geht damit auf Bauernfang und der geachtete pensionierte Hamburger Politiker Klaus von Dohnanyi (SPD !)- inzwischen fast 90 Jahre alt -, empfiehlt seinen Nachfolgern : Nehmt den Bürgern in Europa nicht Ihre Identität - das funktioniert nicht.

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Rosen-Resli und weißer Flieder - Die Blütezeit des Filmgeländes 'Unter den Eichen'

Geburt, Reifung und Siechtum des immer wieder totgesagten Wiesbadener Filmgeländes "Unter den Eichen"' sind offenbar zyklisch sich wiederholende Stadien einer wahrlich verwickelten Geschichte.

Das Filmgelände 'Unter den Eichen' (es liegt am Nordrand der Stadt Wiesbaden in den Taunuswäldern) verdankt seine Entstehung genaugenommen einem Entschluß, der - fern der Heimat - im Kreml gefallen sein dürfte.

In Berlin, der Metropole des deutschen Filmschaffens, sind nach dem Krieg die Anlaufschwiergkeiten enorm: Ökonomische Engpässe, infrastrukturelle Defizite und nicht zuletzt der Verlust der ideologischen Unbeflecktheit machen der Branche arg zu schaffen. Und als es dann gerade bergauf zu gehen scheint, sorgt die Berlin-Blockade für neue Verunsicherung.

Man begibt sieh auf die Suche nach einem alternativen Domizil im sicheren Westen - keiner konnte seinerzeit ahnen, wie lange die Blockade andauern wurde.

Frankfurt ist als Hauptstadtkandidat im Gespräch, d.h. dort würden dann auch die anstehenden Entscheidungen über die Liquidation der "UFi" fallen (ein 1942 von den Nationalsozialisten gegründeter Filmkonzern, zu dem auch die UFA gehörte).

Manch einer verspricht sich ein Stück vom aufzuteilenden Kuchen abzubekommen - Grund genug, einen Standort in der Nähe des - wie man vermutete, neuen politischen und wirtschaftlichen Machtzentrums im Rhein-Main-Gebiet zu suchen.

Die Wahl fiel auf Wiesbaden - weil die Stadtväter sich der anklopfenden Filmindustrie gegenüber besonders aufgeschlossen zeigten oder weil die Filmbosse sich des besonderen Flair der "Rue" (so wird die Wiesbadener Wilhelmstraße etwa selbstherrlich genannt) nicht entziehen konnten, das ist heute nicht mehr genau zu ermitteln.

1949 - Die AFIFA und das neue Kopierwerk

1949 errichtete die AFIFA (Aktiengesellschaft für Filmfabrikation: sie war während des 3.Reiches für die Kopierwerke zuständig) unter Verwendung von Mitteln des Uli-Vermögens auf dem Gelände "Unter den Eichen" ein modernes Kopierwerk und neue Studios.

Noch im selben Jahr wurde der erste Spielfilm nach dem Krieg in Wiesbaden gedreht. Aber bald kriselt es. Die Studios haben eine Kapazität von 6-8 Filmen pro Jahr; aber immer wieder stehen die Ateliers leer. Das Hick-Hack um die UFi-Gelder sorgt für permanente Unruhe, und nach anfänglicher Euphorie werden Stadt und Land mit Geldspritzen und Bürgschaften immer zurückhaltender.

Wenig später mußten die Wiesbadener Stadtväter miterleben, wie Karl Schulz 1957 das Gelände und die AFIFA Anlagen für den sprichwörtlichen "nAppel unn Ei" kauft.

Noch heute soll es im der Wiesbadener Filmszene Leute geben, die rätseln, wie dieser Coup damals tatsächlich Zustandekommen konnte.

1958 erwirbt der Hessische Rundfunk über seine Tochter "Werbung im Rundfunk" 50% der Anteile von Schulz Taunus-Film. In den 1960er Jahren findet dann das ZDF für gut zwei Jahrzehnte hier ein Zuhause, die erste Sendung kommt am 1.4.1963 aus den Wiesbadener Studios.

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Dauermieter "Unter den Eichen" ist das neue ZDF

Das Fernsehen setzt seinen Siegeszug fort und wird für viele Jahre Dauermieter "Unter den Eichen". Karl Schulz durfte von den Mieteinnahmen ein befriedigendes Auskommen gehabt haben - an der Spielfilmproduktion fand er jedenfalls nur noch wenig Gefallen. Das Wiesbadener Filmgelände fällt - zumindest was die Spielfilmproduktion angeht - für viele Jahre in einen Dornröschenschlaf.

Anmerkung : Auch darüber gibt es einige Zeitzeugenberichte, sogar ganze Bücher, was denn die wirklichen Ursachen für die Abwanderung der Filmfirmen nach Berlin waren. Ein Blick hierhin genügt

In dem Zeitraum 1949 bis 1958 werden in Wiesbaden ca. 35 Spielfilme produziert oder gedreht. Papas Kino treibt sein Unwesen. In den Studios und an Wiesbadener Originalschauplätzen werden vorwiegend Streifen der Machart hergestellt, die die Autoren des Oberhausener Manifests 1962 auf die Barrikaden treibt.

Sie waren fast alle mal da - und dann ?

Die Namen der meisten Regisseure, die in Wiesbaden arbeiteten, sind zurecht in Vergessenheit geraten. Andere sind aus verschiedenerlei Gründen im Gedächtnis geblieben: Rudolf Jugert, Helmut Käutner, Harald Reinl oder Karl Ritter.

Die Liste der Schauspieler, die in Wiesbaden vor der Kamera standen oder die mit Wiesbadener Filmfirmen zusammenarbeiteten, liest sich wie das Who-is-who des deutschen Nachkriegsfilms.

Um nur einige zu nennen: Hans Albers, Götz George, O.W.Fischer, Gert Fröbe, Johannes Heesters, Kurd Jürgens, Willi Millowitsch, Wolfgang Neun, Rudolf Platte. Liselotte Pulver, Magda und Romy Schneider, Dietmar Schönherr, Luis Trenker, Grethe Weiser, Bernhard Wicki und Sonja Ziemann.

Eine wirklich beeindruckende Versammlung von Kinogrößen, die damals mit Wiesbadener Filmproduktionen drehten!

Weniger beeindruckend sind allerdings die Filme, in denen sie mitspielten. Da ist kaum ein Werk darunter, das filmhistorischen Rang beanspruchen kann - aber damit reihen sich die Wiesbadener Filme bloß nahtlos in das damalige provinzielle Niveau des (Anmerkung : deutschen) Filmschaffens hierzulande ein.
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Eigentlich traurige Zeugnisse deutscher Filmkunst

Unter einem Aspekt verdienen die in Wiesbaden entstandenen Filme allerdings auch heute noch Beachtung : Sie sind beredte Zeugnisse einer pubertierenden Republik, die auch in den cineastischen Ergüssen ihre Unfähigkeit zu trauern unter Beweis stellte.

Vier Jahre nach Kriegsende (1949) entsteht mit 'MORDPROZESS DR JORDAN" der erste Spielfilm 'Unter den Eichen'. Er schildert einen Mordfäll, der sich 1912 in Wiesbaden ereignet haben soll, und präsentiert „Ehebruch und drastische Liebesszenen". Dieses Zitat entstammt der Katholischen Filmkritik, übrigens eine Fundgrube zeitgenossischen Moralisierens.

Ein Jahr später (1950) müht sich Johannes Heesters um eine "HOCHZEITSNACHT IM PARADIES". Die Atelieraufnahmen entstanden in Wiesbaden, die Außendrehs fanden - wen wundert's - in Venedig statt. Thema des Films ist eine Variation des Stoffes, der seinerzeit in -zig Abwandlungen über die Leinwand flimmerte: die 90 Minuten dienten dazu, irgendwelche Hindernisse aus dem Weg zu räumen und Mißverständnisse aufzuklären, bis sich Held und Heldin endlich im Hafen der Ehe wiederfinden.
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"DIE TREPPE" und "DER GEHORSAME REBELL"

Im selben Jahr (1950) entstand in Wiesbaden mit "DIE TREPPE"' ein "künstlerisch hochstehender" Film - meinten jedenfalls die Zensoren des Landes Nordrhein-Westfalen.

Regisseur Alfred Braun konzentriert sich auf einen Schauplatz - der dem Film zugleich den Titel gab - um eine, wie es hieß, zeitnahe psychologische Studie in Mietshaus- und Alltagsmilieu der Großstadt nach dem 2. Weltkrieg zu gestalten.

Qualitativ ebenso ein Ausnahmefall ist der abendfüllende Dokumentarfilm "DER GEHORSAME REBELL" (1952) über Martin Luther. Sein Regisseur Curt Oertel schuf bereits in den 1930er Jahren den mit einem Oskar ausgezeichneten Kulturfilm "MIGHELANGELO" und spielte darüber hinaus in der Filmwirtschaft (SPIO) und Filmpolitik (FSK) eine wichtige Rolle. 1960 starb Curt Oertel, und man nahm Abschied von einem "Wächter des Guten, Schönen und Wahren", wie der Wiesbadener Kurier seinerzeit schrieb.

In dieser Fiktion hatte er in der Region kaum Konkurrenz zu fürchten. Den Wiesbadener Filmproduzenten ging es in ihrer Mehrheit eher um ein gutgefülltes Portemonnaie, denn um Nachrufe, die ihnen künstlerische Unsterblichkeit attestierten.

Ein „Gefühlvoller deutscher Durchschnittsfilm"

In "WENN DER WEISSE FLIEDER WIEDER BLÜHT" holt Magda Schneider das Töchterchen Romy zum erstenmal vor die Kamera. Curt Riess ist begeistert: "Romy Schneider hält ihre Natürlichkeit, ihre Unbefangenheit durch. Nichts wirkt je bei ihr gemacht, geprobt oder gar erprobt".

Neben Romy rückt der Film auch die Wiesbadener Schokoladenselten - Theater, Kurpark, Wilhelmstraße -, (das ist die sogenannte Rue) ins rechte Licht.

Nur die katholische Filmkritik muß wieder kritteln: „Gefühlvoller deutscher Durchschnittsfilm. Für Anspruchslose, mit Vorbehalt in Bezug auf die oberflächliche Ehesicht."

Im selben Jahr stand in Wiesbaden auch Hans Albers vor der Kamera. In "KAPT'N BAY BAY", Regie: Helmut Käutner, braucht er vier Anläufe, bis er mit seiner Braut endlich vor dem Traualtar erscheint. Immerhin hat Albers gleich einen passenden Vers parat: "Kehrst du heim, Kapitän, fahrn wir gerne in die Heimat zu Muttern - nach Haus."

Von nun an - an Niveaulosigkeit kaum zu unterbieten

Liefern Albers & Käutner immerhin noch akzeptable Unterhaltung, scheint das Gros der Wiesbadener Spielfilmproduktion an Niveaulosigkeit kaum zu unterbieten sein.

Allein die Titel lassen Schlimmes befürchten:

  • 'WER BIST DU, DEN ICH LIEBE' (1949),
  • 'WENN EINE FRAU LIEBT' (1950).
  • 'LIEBESTRAUM' (1950),
  • 'DER VETTER AUS DINGSDA' (1953),
  • 'DANY, BITTE SCHREIBEN SIE' (1950),
  • 'ZWEI HERZEN VOLLER SELIGKEIT' (1957) oder
  • 'KÜSSE, DIE TÖTEN' (1958).


'ROSEN-RESLI' schildert das Schicksal eines achtjährigen Waisenkindes, die in ihrer Liebe zwischen der 'Sorgenmutler' und eben jenen stacheligen Blumen hin und hergerissen wird. Wer kann sich der Tränen - sei es aus Rührung oder vor Lachen - erwehren, wenn die kleine Christine Kaufmann singt: „Tröstet mich, ihr lieben Sterne. Ich bin einsam und betrübt, nachts kommt niemand an mein Betthen, der mir seine Hände gibt."

Das letzte Wort soll der Kritiker der kath. Filmkritik behalten, der über die Wiesbadener Produktion "ROSEN NAUS DEM SÜDEN" schrieb: „Wirre Handlung, niedere Machart. Erstaunlich, daß sich etwas so Dahingeschludertes als Film auszugeben wagt."
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1986 - Das Nest sucht Kontakt - Die Filmstadt Wiesbaden heute

Die Medienlandschaft hat sich seit Ende der 1950er Jahre stark gewandelt, und eine weitere Zäsur - die "Neuen Medien" - steht bevor. (Anmerkung : die kommerziellen privaten Fernsehsender durften von nun an auf Sendung gehen.)

Von manchen politischen Kräften wird diese Entwicklung eher skeptisch verfolgt, okupieren die elektronischen Medien doch heute schon täglich viele Stunden der Freizeit des Bundesbürgers. Andere Gruppen reden von einer zu erwartenden größeren Programmvielfalt - die Steigerung durfte wohl auch eher eine "quantitative" denn eine "qualitative" (Verbesserung/Steigerung) sein.

Filmfirmen und Filmschaffende jedenfalls erhoffen sich - ungeachtet politischer Grundpositionen - verständlicherweise eine Erweiterung des Auftragsvolumens. Aber das ist noch Zukunftsmusik.
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Ruhesitz für alte ergraute 'Jungfilmer'

Bislang sind nach wie vor Industrie, staatliche Stellen und besonders die etablierten Fernsehanstalten die wichtigsten Auftraggeber der Wiesbadener Filmfirmen. So produzieren besonders die kleineren und mittleren Betriebe Filme und Beiträge fürs Schulfernsehen und für Magazine, die sich an ein jüngeres Publikum wenden ('DIREKT'. SCHÜLEREXPRESS).

Nicht unerwähnt bleiben soll, daß neben den eigentlichen Produktionsfirmen in der Stadt eine Vielzahl von Unternehmen ansässig sind, die Arbeiten in den Bereichen Filmschnitt, Filmton, Trickfilm etc. ausführen.

Wiesbaden ist darüber hinaus Wohnsitz einiger mittlerweile auch schon ergrauter 'Jungfilmer' - ihr Arbeitsfeld, ihr Drehort ist Wiesbaden in den seltensten Fällen.

Die Ifage als Agentur für laufende Bilder

Zu den alteingesessenen Wiesbadener Filmfirmen gehört die Ifage, direkt neben der Taunus-Film gelegen. Die Ifage wurde 1956 als Agentur für laufende Bilder konzipiert, sie war ursprunglich vom Bundespresseamt getragen, ging dann über in private Hände und ist heute im Besitz verschiedener katholischer Institutionen. Die Ifage ist vorwiegend im Bereich des Dokumentarfilms tätig, wichtige Abnehmer sind der Südwestfunk und das ZDF ("REISEBILDER AUS DER DDR") - für die Wahl des Firmensitzes war denn auch die Nähe zum Zweiten Deutschen Fernsehen ein ausschlaggebendes Kriterium.

Gerade im Schnitt befindet sich die vom Bund in Auftrag gegebene Serie "JUGEND UND SEXUALITÄT"; die sieben Filme wurden alle an Wiesbadener Originalschauplätzen gedreht.

Der Bund ist auch Auftraggeber von TV- und Radio-Spots zu Aids. Wer - in Anbetracht der Besitzverhältnisse - Zweifel hegt, ob eine vorurteilsfreie 'lockere' Behandlung dieser Thematik von einer Firma zu erwarten ist, die so eng mit der katholischen Kirche liiert ist, dem wird entgegnet, daß es da „keine inhaltlichen Eingriffe" gibt. (Anmerkung : Wer das glaubt ......)

Zur Zeit produziert die Ifage für zunächst ein halbes Jahr das 14tägige Magazin 'TREFFPUNKT AIRPORT', nachdem zuvor die Filmproduktion Kliebenstein - ebenfalls "Unter den Eichen" zuhause - für sechs Monate Hersteller dieser Sendungen war. Der Auftraggeber, der Hessische Rundfunk, will offensichtlich testen, wer die bessere Schau bietet.

Die Taunus-Film und die "Odeon-Film"

Die Taunus-Film tritt hier lediglich als Co-Produzent auf - in Anbetracht z.B. der nicht gerade überlasteten firmeneigenen Studios "Unter den Eichen" etwas verwunderlich. So stützt sich die Taunus-Film zunächst auf den Dienstleistungssektor: Kopierwerk, Synchronstudio und Videobearbeitung.

Anfang 1987 wurde die letzte Folge der Vorabendserie "KONTAKT BITTE" (Auftraggeber HR Werbung im Rundfunk) abgedreht. In fast sieben Jahren entstanden 52 Folgen - 80 Kilometer Film liefen dafür durch die Kameras. Damit war die ursprünglich vielleicht noch originelle Idee - Leute lernen sich per Kontaktanzeige kennen - aber auch wirklich ausgereizt.

Zur Zeit ist bei der Taunus-Film die Nachfolgeserie 'AUCH DAS NOCH ...' in Arbeit. Wieder sollen Filme über zufällig zustandegekommene Bekanntschaften ein Publikum unterhalten, das bereits vor der Tagesschau vorm Fernseher sitzt.
Drehort für beide Serien war Wiesbaden und auch die dritte "Unter den Eichen' produzierte Vorabendserie, "DAS NEST", ist bewußt hier angesiedelt.

Ihr Produzent, die Odeon-Film, nutzte für die Innendrehs die Studios der Taunus-Film, die Außenaufnahmen entstanden vorwiegend im Wiesbadener Rheingau-Viertel.

Mit "DAS NEST" produziert die Odeon-Film, die vergangenes Jahr unter die Eichen zog, ihre erste Serie für einen ARD-Sender - vielleicht ein zweites Standbein für die Odeon, die bislang ausschließlich "EIN FALL FÜR ZWEI" herstellte.

Diese erfolgreiche Krimiserie wurde erstmals am 11.09.1981 ausgestrahlt, demnächst wird der 55. Fall geklärt, und ein Ende ist nicht abzusehen. Die Serie verkauft sich gut, sogar osteuropäische Fernsehanstalten zählen zu den Kunden. 1988 wird übrigens der Hauptdarsteller gewechselt, den Part des Anwalts Renz, bis dahin gespielt von Günter Strack, wird Rainer Hunold übernehmen. EIN FALL FÜR ZWEI ist optisch in Frankfurt zuhause, attraktive Innenmotive findet man in der Landeshauptstadt.

Ein Blick in die Zukunft

Heute wird Wiesbaden von den hier ansässigen Firmen allgemein eine gute Infrastruktur für die Filmbranche attestiert und der Standort gilt nach wie vor als besonders vorteilhaft. Trotzdem brodelt die Gerüchteküche immer wieder, ist von unbefriedigender Auftragslage und mangelnder Auslastung die Rede.

Gefordert wird mehr Hilfe von der Stadt, man setzt auf die Wende in Hessen, d.h. auf die 'Neuen Medien', oder hofft auf eine Figur, die der Filmstadt Wiesbaden neue Impulse verleiht - dann, so heißt es, könnte sich Wiesbaden neben Berlin, Hamburg und München als viertes Filmzentrum etablieren. Aber das klingt doch arg nach Science-Fiktion und in diesem Genre haben die Wiesbadener Filmproduktionen bislang keinerlei Erfahrung gesammelt.

Sieben Jahrzehnte Filmherstellung in Wiesbaden

 - das ist die Geschichte eines Drehorts, der nur in Ausnahmefällen Schauplatz ambitionierter künstlerischer Glanzleistungen war. Gedreht wurde von den Stummfilmtagen bis heute unterhaltsame Hausmannskost - zubereitet nach dem tatsächlichen oder antizipierten Publikumsgeschmack: anspruchslose Filme "für die ganze Familie" und Krimis, in denen mit Sicherheit die Gerechtigkeit den Sieg davonträgt.

Vielleicht hat der Wiesbadener Filmpionier Edy Dengel ja wirklich recht, wenn er zurückblickend meint, „soviel hatte sich am Publikumsgeschmack in all den Jahren gar nicht geändert".

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