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Ein Artikel aus Schneider-Kreuznach Hausmitteilungen 1959-74

Zu den Hausmitteilungen des Dr. Klarmann geht es hier lang. Die Schneider Kreuznach Hausmitteilungen gab es von 1949 bis 1974. Uns liegen sie leider erst ab 1959 vor. Die Inhalte sollten das Haus Schneider /ISCO nicht verlassen, so jedenfalls stand es fast immer hinten drauf.

1960-Informationen über die Entwicklung von Zoom Objektiven

Informationen über die Entwicklung von Zoom Objektiven sind rar, weil das damals alles unter der Glocke der Verschwiegenheit entwickelt wurde. Es gab ja nur wenige Wettbewerber wie Rank Taylor Hobson und Angenieux, die sich hier in Europa auf diesem Gebiet stark gemacht hatten.

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Das VARIOGON 2,8/10-40, sein Aufbau und seine Leistungsfähigkeit

Von G. Barnstedt, Kreuznach 1960 (Mit 7 Abbildungen)

Objektive mit veränderbarer Brennweite sind seit langer Zeit bekannt. Anfangs bestanden nämlich „Tele-Objektive", die Porro schon 1851 zu Fernaufnahmen benutzt hat, aus einer sammelnden und einer zerstreuenden Linse in veränderbarem Abstand und mit dadurch veränderbarer Gesamtbrennweite.

Später konnte man zu geeigneten Normalobjektiven passende „Tele-Negative" in Fassungen mit einem Schneckengang kaufen und kam so auf einfache Weise zu einem Tele-Objektiv mit veränderbarer Brennweite.
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Erste Tele-Objektive von Schneider in 1925

Solche Negativglieder hat auch die Firma Jos. Schneider & Co. noch etwa bis zum Jahre 1925 geliefert. Diese Systeme ließen sich aber nur für eine bestimmte Brennweite einigermaßen korrigieren, ihre relative Öffnung und der Kameraauszug änderten sich mit der Verstellung, deshalb wurden sie bei steigenden Ansprüchen an die Qualität allmählich durch feste Tele-Objektive ersetzt, obwohl sie auch manche Vorteile boten.

Der Vorteile wegen hat man sich um bessere Lösungen bemüht, zunächst für Schmalfilmobjektive, denn gerade bei Filmaufnahmen zeigen sich die Vorteile der Objektive mit veränderbarer Brennweite besonders deutlich, z. B. rascher Brennweitenwechsel, genaues Einstellen des Bildausschnitts und die Möglichkeit zu optischen Fahraufnahmen.

Bei einem Objektiv fester Brennweite kann man den Bildausschnitt eines Gegenstandes nur dadurch ändern, daß man mit der Kamera heranfährt oder zurückgeht, bei einem Vario-Objektiv genügt dafür eine Drehung an einem Hebel oder einem Knopf. Ein Unterschied besteht allerdings: Bei echten Fahraufnahmen ändert sich die Perspektive, bei optischen Fahraufnahmen bleibt sie erhalten.

Abb. 74. Das SCHNEIDER-VARIOGON 1:2,8/10-40
Abb. 75. Linsenschnitt des VARIOGONS 2,8/10-40 oben: bei der kürzesten Brennweite unten: bei der längsten Brennweite
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3 Bedingungen

Vario-Objektive müssen 3 Bedingungen erfüllen, sollen ihre Vorteile voll wirksam werden: Wenn man die Brennweite ändert, müssen

  • 1. die Bildschärfe,
  • 2. die eingestellte Blende und
  • 3. die Qualität erhalten bleiben.


Solche Objektive kamen zuerst etwa in den Jahren 1935 bis 1938 auf den Markt. 15 Jahre später ging die Entwicklung weiter; jedoch erst als elektronische Rechenautomaten für die Konstruktion benutzt wurden, gelang es in kurzer Zeit, eine Qualität zu erzielen, die im ganzen Brennweitenbereich die Qualität der entsprechenden Einzelobjektive erreicht.

Als Kino-Aufnahmeobjektiv mit veränderbarer Brennweite hat die Firma Jos. Schneider das VARIOGON auf den Markt gebracht; für 8mm-Schmalfilm (Format 3,6x4,9mm) geht der Brennweitenbereich von 10 bis 40mm bei einer relativen Öffnung von 1:2,8 (vgl. Abb. 74).

Der Aufau eines Vario-Objektivs

Man kann sich ein Vario-Objektiv aufgebaut denken aus einem Grundobjektiv mit fester Brennweite und einem Vorsatz ohne Brechkraft, also mit unendlich großer Brennweite.

Der Vorsatz wirkt bei großen Gesamtbrennweiten vergrößernd wie ein Galilei-Fernrohr, bei kleinen Brennweiten verkleinernd wie ein Newton-Sucher.

Indem man einzelne Linsen verschiebt, kann man den einen Zustand in den anderen überführen und so die Brennweiten innerhalb der Grenzen beliebig einstellen.

Das SCHNEIDER-VARIOGON 2,8/10-40 besteht aus einem Grundobjektiv mit 4 Linsen und einem 4-gliedrigen Vorsatz mit zusammen 9 Linsen. Die beiden äußeren Glieder des Vorsatzes stehen fest, die beiden inneren werden bei Brennweitenänderung verschoben (Abb. 75). Für die Entfernungseinstellung auf nahe Objekte kann zusätzlich das erste Glied in einem Schneckengang verstellt werden. Zwischen Vorsatz und Grundobjektiv ist Raum für einen Würfel aus zwei Prismen mit verspiegelter Hypothenuse, um für einen Sucher einen Teil des Lichtes ablenken zu können.
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Die Abbildungsqualität des VARIOGONS

Dieses Objektiv erfüllt vollständig die drei Bedingungen. Es läßt sich bei dem genannten Aufbau des Objektivs erreichen, daß die beste Bildebene bei Brennweitenveränderung erhalten bleibt, streng jedoch nur für eine bestimmte Lichtfarbe und Blendeneinstellung.

Die Abweichungen, die wegen der Restaberrationen bestehen bleiben, sind jedoch in allen Fällen kleiner als ±0,015mm. Das bedeutet aber, daß die Schärfe erhalten bleibt (Abb. 76). Mit ähnlicher Genauigkeit wird die eingestellte relative Öffnung eingehalten.

Die Abbildungsqualität der Objektive mit fester Brennweite wird durch diejenige des VARIOGONS 2,8/10-40 mindestens erreicht, wenn nicht übertroffen. Das kann durch einige Beispiele belegt werden: In der Einstellung auf 12,5mm Brennweite ist das VARIOGON mit einem Objektiv 1,4/12,5 (Gaußtyp) verglichen worden, in der Einstellung auf 38mm Brennweite mit einem Objektiv 2,8/38 (Taylortyp).

Abb. 76. Die Änderung der Schnittweite beim Verstellen der Brennweite
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Hier kommen einige Versuche

Im ersten Versuch ist der kleinste Baustein untersucht worden, aus dem sich ein Bild zusammensetzt, ein Punkt. Ein künstlicher Stern wurde durch

y' = 0 mm - 1,2 mm - 1,8 mm - 2,4 mm - 3,0 mm

die Objektive abgebildet und das Punktbild stark vergrößert Photographien.

Abb. 77. Vergleich der Punktbilder (150-fache Vergrößerung)

Wegen der Abbildungsfehler und der Beugung entsteht eine Zerstreuungsfigur, die größer ist als das Bild, das den geometrischen Abbildungsgesetzen entspricht. Je kleiner diese Zerstreuungsfigur ist, um so besser ist die Abbildungsqualität.

Die 5 Zeilen der Abb. 77 geben Punktbilder mit folgenden Objektiven wieder :

  • 1. Zeile: 1:1,4/12,5 mm bei voller Öffnung
  • 2. Zeile: 1:1,4/12,5 mm bei Blende 1:2,8
  • 3. Zeile: VARIOGON 1:2,8/10-40 bei V = 12,5 mm und voller Öffnung
  • 4. Zeile: 1:2,8/38 mm bei voller Öffnung
  • 5. Zeile: VARIOGON 1:2,8/10-40 bei V = 38 mm und bei voller Öffnung.


Dabei enthält die linke Reihe die Punktbilder jeweils auf der optischen Achse (Bildhöhe y' = 0) und die rechte Reihe jeweils die in der Formatecke (Bildhöhe y' = 3mm). Die anderen Reihen liegen in Abständen von 1,2mm, 1,8mm und 2,4 mm, gemessen von der Achse, dazwischen. Es zeigt sich eine deutliche Überlegenheit des VARIOGON S.

Abb. 78. Vergleich des Auflösungsvermögens oben
Abb. 79. Vergleich der Kontrastübertragungsfunktionen
Abb. 80. Vergleich der Gütezahlen

Das Auflösungsvermögen

Die nächste Abbildung zeigt einen Vergleich des Auflösungsvermögens der Objektive. Zur Messung sind - wie bei uns üblich (vgl. Hausmitt. Band. 11 (1960), S. 107 bis 109) - Schwarz-Weiß-Gitter unterschiedlichen Abstandes auf Spezialplatten aufgenommen worden.

Unter einem Mikroskop wurde auf den Aufnahmen später bestimmt, welches Gitter gerade noch erkennbar war. In der Abb. 78) ist das so gewonnene Auflösungsvermögen in Abhängigkeit vom Bildort graphisch dargestellt. Wieder erweist sich die höhere Leistung des VARIOGONS. Erst wenn man das Objektiv 1,4/12,5 auch auf 1:2,8 abblendet, zeigt es praktisch die gleiche Leistung.

Kontrastübertragungsfunktionen

Schließlich sind die Kontrastübertragungsfunktionen gemessen worden, um eine Aussage über die Kontrastleistung der Objektive zu bekommen (Abb. 79*). Auch darin spiegelt sich die Überlegenheit des VARIOGONS. Sie wird deutlich, wenn man aus jeder Kurve in geeigneter Weise eine Gütezahl gewinnt und diese Gütezahlen ähnlich wie das Auflösungsvermögen graphisch darstellt (Abb. 80*).

Aus den Kurven der Abbildungen 78 und 80 ist jeweils ein Mittelwert gebildet worden; dabei wurden die maßgebenden Flächenanteile des Filmformates gewichtsmäßig berücksichtigt.

Zusammenfassung (natürlich mit Eigenlob)

Den guten Korrektionszustand kennzeichnet auch die Eigenschaft des VARIOGONS, daß seine kritische Blende - also die Blende, die die größte Schärfe liefert - fast für alle Brennweiten und Bildwinkel zwischen 1:2,8 und 1:4 liegt. Beim Abblenden auf 1:5,6 vergrößert sich nur die Schärfentiefe.

Es war das Ziel bei der Entwicklung des VARIOGONS 2,8/10-40, ein Objektiv zu schaffen, das ohne jeden Kompromiß die beste erreichbare Qualität liefert. Daß dieses Ziel erreicht wurde, beweisen die gezeigten Beispiele. So ist dieses Objektiv mehr als nur ein Ersatz für eine Reihe von Einzelobjektiven, sondern es kann ungehindert alle Vorteile eines Objektivs mit veränderbarer Brennweite entfalten.
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